Regen

[1021] Rêgen, verb. reg. act. welches mit bewegen gleichbedeutend ist, im Hochdeutschen aber am häufigsten nur von einer geringen, schwachen Bewegung gebraucht wird. 1. Eigentlich. Ohne deinen Willen soll niemand seine Hand oder seinen Fuß regen, 1 Mos. 41, 44. Weder Hand noch Fuß regen können. Den Mund regen. Die Zunge nicht regen können. Da niemand eine Feder reget, Es. 10, 14. Ingleichen als ein Reciprocum, sich regen, eine Bewegung machen. Man darf sich hier nicht regen. Es ist so enge, daß man sich hier nicht regen kann. So bald sich nur der Haushund regt, Haged. Regt kein Leben sich mehr in dir? Zachar. Sich regen, in der vertraulichen Sprechart, sich munter, lebhaft bewegen, lebhaft arbeiten, wofür man auch sagt, sich rühren, außer welchem Falle es von einer lebhaften, heftigen Bewegung im Hochdeutschen wohl nicht gebraucht wird, ob es gleich in der Deutschen Bibel in diesem Verstande vorkommt. Reget euch auf Erden, 1 Mos. 9, 7. Die Grundfeste des Himmels regeten sich und bebten, 2 Sam. 22, 8. Das Nieders. rögen oder regen wird daselbst auch für jagen gebraucht. 2. Figürlich. 1) Entstehen, sein Daseyn durch schwache Wirkungen merklich machen, am häufigsten von Empfindungen und Gemüthsbewegungen; als ein Reciprocum. Die Bosheit reget sich schon bereits heimlich, 2 Thess. 2, 7. Die Liebe reget sich bey ihm. Es regten sich allerley Begierden in mir. 2) * Bewegen, in dessen figürlichen Bedeutung; ein im Hochdeutschen unbekannter Gebrauch. Was regte sie zum Lügen? Opitz. 3) * Erwähnen, Meldung thun; auch nur im Oberdeutschen, wo dafür auch beregen üblich ist. Die oben geregte oder beregte Sache.

Daher die Regung, S. solches an seinem Orte besonders.

Anm. Die Mittelwörter sind von diesem Zeitworte im Hochdeutschen nicht üblich; doch gebraucht man das Mittelwort der gegenwärtigen Zeit des Reciproci. Die sich regende Begierde.

Bey dem Ottfried rechan, im Tatian und bey dem Willeram regan, im Nieders. rögen, welches aber auch anrühren bedeutet, bey dem Hornegk recken, im Arab. regg, regga, regf, wo regd auch zittern ist. Es ahmet den Laut einer schwachen Bewegung in vielen Fällen nach, und da dieser Laut auch mit den aus der Luft herab fallenden Wassertropfen verbunden ist, so erhellet daraus, warum zwey so verschiedene Dinge einerley Nahmen haben. Reichen, regieren, regere, das Nieders. rojen, rudern, ringen u.a.m. sind nahe damit verwandt, so wie rücken, recken, rühren, eigentlich rügeren, Intensiva davon sind.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1021.
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