Sicht, die

[80] Die Sicht, plur. die -en, das Abstractum des Zeitwortes sehen, die Handlung des Sehens. Man gebraucht es für sich allein nur[80] noch in solchen Wechselbriefen, welche sogleich bey dem Empfange bezahlet werden müssen, und sich gemeiniglich so anfangen: Herr – – zahle auf Sicht dieses u.s.f. oder Ich – – zahle auf Sicht dieses u.s.f. das ist, bey Ansicht dieses, so bald mir dieses vorgezeiget wird, welches Ansicht auch von einigen wirklich für Sicht gebraucht wird. Zuweilen stehet es in eben diesem Wechselgeschäfte im entgegen gesetzten Verstande für Nachsicht, eine gewisse bestimmte Zeit zu bezeichnen, nach deren Verlauf, von der Präsentation des Wechsels an gerechnet, derselbe bezahlet werden muß. Der Wechselbrief lautet auf acht Tage Sicht, verstattet acht Tage Nachsicht, mit einem Italiänischen Kunstworte Respiet. Auch im gemeinen Leben wird es daher noch zuweilen für Nachsicht des Gläubigers gegen seinen Schuldner gebraucht. Jemanden um Sicht bitten, ihm Sicht geben. In beyden Fällen ist es nur im Singular und gemeiniglich ohne Artikel üblich, außerdem gebraucht man es nur in den Zusammensetzungen Absicht, Ansicht, Aussicht, Nachsicht, Vorsicht, Gesicht u.s.f. in welchem letztern es um der Partikel ge willen zugleich ungewissen Geschlechtes ist.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 80-81.
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