Nasse

[437] Nasse, 1) Christian Friedrich, Mediziner, geb. 18. April 1778 in Bielefeld, gest. 18. April 1851 in Marburg, studierte seit 1796 in Halle, ließ sich in Bielefeld als Arzt nieder, ging dann nach Göttingen, Leipzig, Dresden, wurde 1816 Professor und Direktor des Klinischen Instituts in Halle und 1819 in Bonn. Er war Vertreter der physiologischen Richtung in der Medizin, übte zuerst die physikalische Diagnostik am Krankenbett und erwarb sich auch Verdienste um die Psychiatrie. Er schrieb: »Handbuch der speziellen Therapie« (Leipz. 1830–38, 2 Bde.); »Untersuchungen zur Physiologie und Pathologie« (mit seinem Sohn Hermann, Bonn 1835–39, 2 Bde.); »Handbuch der allgemeinen Therapie« (das. 1840–45).

2) Hermann, Physiolog, Sohn des vorigen, geb. 25. Mai 1807 in Bielefeld, gest. 1. Juli 1892 in Marburg. studierte in Bonn, Paris und Berlin, habilitierte sich 1831 als Privatdozent in Bonn und wurde hier 1837 Professor und Direktor des Physiologischen Instituts. Er gab mit seinem Vater »Beiträge zur Physiologie und Pathologie des Blutes« (Bonn 1835--1839) heraus und schrieb noch: »Über den Einfluß der Nahrung auf das Blut« (Marburg 1856) und »Über Lymphe und deren Bildung« (das. 1872); auch arbeitete er für Wagners »Handwörterbuch«.

3) Werner, Psychiater, Bruder des vorigen, geb. 7. Juni 1822 in Bonn, gest. daselbst 20. Jan. 1889, studierte in Bonn, Marburg, Prag, Wien und Paris, praktizierte seit 1847 als Arzt in Bonn, wurde 1854 Direktor der Irrenanstalt in Sachsenberg bei Schwerin, 1865 in Siegburg, 1866 in Andernach, 1881 in Bonn und zugleich Honorarprofessor an der Universität. Er schrieb: »Vorschläge für Irrengesetzgebung« (Marburg 1850) und gab die »Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie« heraus.

4) Erwin, Nationalökonom, geb. 2. Dez. 1829 in Bonn, gest. daselbst 4. Jan. 1890, habilitierte sich 1854 in Bonn als Privatdozent, wurde Ostern 1856 zum Professor in Basel ernannt, im Herbst d. J. nach Rostock und von da 1860 nach seiner Vaterstadt berufen. Von 1869–79 war N. Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses, in dem er der freikonservativen Partei angehörte, seit 1889 lebenslängliches Mitglied des preußischen Herrenhauses. Er war einer der Gründer des Vereins für Sozialpolitik und seit 1874 bis zu seinem Tode dessen Vorsitzender. Seine literarischen Arbeiten gehören vornehmlich den Gebieten des Bank-, Münz- und Steuerwesens, dann der Agrargeschichte an. Neben zahlreichen Abhandlungen schrieb er: »Bemerkungen über das preußische Steuersystem« (Bonn 1861); »Die Preußische Bank« (das. 1866); »Über die mittelalterliche Feldgemeinschaft und die Einhegungen des 16. Jahrhunderts in England« (das. 1869); »Geld- und Münzwesen«, in-Schönbergs »Handbuch der politischen Ökonomie« (3. Aufl., Tübing. 1891); »Agrarische Zustände in England«, in Bd. 27 der »Schriften des Vereins für Sozialpolitik« (Leipz. 1884).

5) Bertold von, preuß. Beamter, Bruder des vorigen, geb. 9. Dez. 1831 in Bonn, studierte die Rechte, trat 1853 in den preußischen Justizdienst, ging 1856 zur Verwaltung über, war 1861–67 Regierungsassessor beim Oberpräsidium der Rheinprovinz, wurde 1867 erster Landrat des Unterlahnkreises, 1874 Hilfsarbeiter, 1877 vortragender Rat im Ministerium des Innern, 1881 Regierungspräsident in Trier und 1888 Unterstaatssekretär und Direktor der Medizinalabteilung im Kultusministerium. 1890–1905 Oberpräsident der Rheinprovinz, seit 1893 Wirklicher Geheimer Rat, hat er eine segensreiche Tätigkeit entfaltet, erhielt bei seinem Ausscheiden aus dem Dienste den erblichen Adel verliehen und lebt gegenwärtig in Bonn.

6) Otto, Physiolog, Sohn von N. 2), geb. 2. Okt. 1839 in Marburg, gest. 20. Okt. 1903 zu Freiburg i. Br., studierte in Marburg, Berlin und Wien, habilitierte sich 1866 als Privatdozent in Halle, wurde da selbst 1872 außerordentlicher Professor, 1880 Professor der Arzneimittellehre und physiologischen Chemie in Rostock und trat 1899 in den Ruhestand. Er untersuchte die Zerfallsprodukte der Eiweißkörper, arbeitete über Fermente, Oxydationsvorgänge und Synthesen im tierischen Organismus, über Glykogen, Speichelwirkung, über die Physiologie der kontraktilen Substanz, der Muskelfaser, der Darmbewegungen etc. Er schrieb: »Beiträge zur Physiologie der Darmbewegungen« (Leipz. 1866); »Zur Anatomie und Physiologie der quergestreiften Muskelsubstanz« (das. 1882); auch bearbeitete er für Hermanns »Lehrbuch der Physiologie« Chemie und Stoffwechsel der Muskeln.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 437.
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