Southey

[630] Southey (spr. ßauthĭ), Robert, engl. Dichter und Geschichtschreiber, geb. 12. Aug. 1774 in Bristol, gest. 21. März 1843 in Greta am See von Keswick, war der Sohn eines Leinwandhändlers und besuchte die Westminsterschule, mußte sie aber nach vier Jahren verlassen wegen eines Artikels gegen die körperliche Züchtigung auf englischen Schulen, den er in der von ihm begründeten Zeitschrift »Flagellant« erscheinen ließ. Er studierte in Oxford Theologie, begeisterte sich für die französische Revolution und wollte mit Coleridge, der ihm gleichgesinnt entgegenkam, nach Amerika auswandern, um einen kommunistischen Staat zu begründen. Seine damaligen Ideen spiegeln sich in den Tragödien »Wat Tyler« und »The fall of Robespierre«, 1794 (letztere mit Coleridge verfaßt), im Epos »Joan of Arc« (1795), das von reicher Phantasie, aber auch von jugendlicher Überspannung zeugt, und in zahlreichen Jugendgedichten, die er später teilweise zu unterdrücken suchte. Gleichzeitig hielt er mit Coleridge politische Vorlesungen in Bristol; auch heirateten die beiden Freunde zwei Schwestern namens Fricker. Aber im November 1795 wurde S. von einem Onkel nach Lissabon mitgenommen und legte in einem sechsmonatigen Aufenthalt auf der Pyrenäischen Halbinsel den Grund zu seiner großen Belesenheit in portugiesischer und spanischer Literatur. Zurückgekehrt, trat er in das Rechtsinstitut Gray's Inn ein, söhnte sich mit den bestehenden Verhältnissen aus, wurde ein Hauptgegner der eben sich enthüllenden Eroberungsgelüste Frankreichs und entfaltete eine angestrengte schriftstellerische Tätigkeit. 1800 finden wir ihn wieder in Portugal. dann aber bezog er ein Landhaus zu Greta im Lakedistrikt und blieb dort als glücklicher Familienvater mit geringen Unterbrechungen bis an das Ende seines Lebens. 1807 erlangte er eine Staatspension und wurde 1813 poet-laureate. Seit 1839 war er infolge einer Lähmung bewußtlos. Seine literarische Tätigkeit ist höchst umfangreich; er schrieb 109 Bände, dazu 52 Artikel in »Annual Review«, 3 in »Foreign Quarterly«, 94 in »Quarterly Review«, und stets machte er fleißige Studien zu seinen Arbeiten. Sein Epos »Thalaba the destroyer« (1801) in reimlosen Versen (deutsch zum Teil von Freiligrath) hatte Einfluß auf W. Scott und Shelley; »Madoc« (1805) behandelt ähnlich eine wallisische Sage; »The curse of Kehama« (1810), seine größte Dichtung, mehrere Hindusagen; »Roderick, the last of the Goths« (1814) die Zerstörung des Westgotenreichs. Als Hofpoet verherrlichte er im »Carmen triumphale« Wellingtons Siege, dichtete Oden auf die Alliierten und schrieb nach Georgs III. Tode die panegyrische »Vision of judgment« (1821); in der Vorrede brachte er für Byron die Bezeichnung »Satanische Schule« auf; Byron hat ihn dafür in seiner »Vision of judgment« gegeißelt. Als Dichter hat S. Formgewandtheit, aber nicht Tiefe, wird daher heute höchstens in Auszügen gelesen. Als Prosaist hat er sich dauernde Beliebtheit erworben durch das oft ausgelegte »Life of Nelson« (1813; deutsch, Stuttg. 1837), dem sich »Lives of the British admirals« (4 Bde.) und »Life of Wesley« (1820; deutsch, Hamb. 1841) glücklich anreihten. Auch hinterließ er eine »History of Brazil« (1810–19, 3 Bde.), eine »History of the Peninsular war« (1823–28, 2 Bde.), »The book of the Church« (3. Aufl. 1825). »Letters from England by Don Manuel Espriella« (1807, 3 Bde.), »Colloquies on the progress and prospects of society« (1829, 2 Bde.). Allerlei Lesefrüchte und Beobachtungen hat er gesammelt in »The Doctor« (1834–37, 5 Bde.; neue Ausg. 1856) und »Omniana« (1812, 2 Bde.). Endlich gab er die »Select works of British poets from Chaucer to Jonson« (1831) sowie Umarbeitungen mittelalterlicher Romane (z. B. »Amadis of Gaul«, 1803, 4 Bde.) heraus. Southeys »Poetical works« erschienen gesammelt in 11 Bänden London 1820, in 10 Bänden 1854, in 1 Band 1863. Vgl. »Life and correspondence of R. S.« (hrsg. von seinem Sohn Charles Cuthbert S. 1849; neue Ausg. 1862, 6 Bde.), »Selections from R. Southey's letters« (hrsg. von seinem Schwiegersohn Warter, 1856, 8 Bde.), sein »Commonplace-book« (hrsg. von Warter 1849–51), die Memoiren seiner Nichte Sarah Coleridge (1873, 2 Bde.), seinen Briefwechsel mit Karoline Bowles (1881), die Biographien Southeys von Browne (Lond. 1859), Dowden (2. Aufl., das. 1888) und Dennis, Robert S., story of his life, written in his letters (Boston 1887).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 630.
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