150. Mozarteum.

[281] Wien 12. Mai 1781.

Sie wissen aus meinem letzten Schreiben daß ich den Fürsten um meine Entlassung gebeten habe, – weil er mir es selbst geheißen hat. – Denn, schon in den 2 ersteren Audienzen sagte er mir: »Scheer er sich weiter, wenn er mir nicht recht dienen will.« Er wird es freylich läugnen, aber deswegen ist es doch so wahr als Gott im Himmel ist. Was Wunder denn, wenn ich es endlich (durch Bube, Schurke, Bursche, liederlicher Kerl und dergleichen mehr im Munde eines Fürsten rühmliche Ausdrücke ganz außer mir) das scheer er sich weiter endlich für bekannt angenommen habe. Ich gab den folgenden Tag dem Graf Arco eine Bittschrift um sie S.H. Gnaden zu überreichen, und auch wieder das Reisegeld, welches in 15 Fl. 40 Kr. als das Diligencegeld und 2 Ducaten Verzehrungsgeld, besteht. – Er nahm mir beydes nicht an, sondern versicherte mich daß ich gar nicht quittiren könnte, ohne Ihre Einwilligung zu haben mein Vater. »Das ist Ihre Schuldigkeit«, sagte er mir. Ich versicherte ihm gleichfalls daß ich so gut als er und vielleicht besser meine Schuldigkeit gegen meinen Vater kenne, und es wäre mir sehr leid wenn ich sie erst von ihm lernen müßte. – »Gut also«, sagte er; »ist er damit zufrieden, so können Sie Ihre Entlassung begehren, wo nicht, so – können Sie sie – auch begehren.« Eine schöne Distinction! – Alles was mir der Erzbischof in den drei Audienzen Erbauliches sagte, besonders in der letzten – und[281] was mir jetzt wieder dieser herrliche Mann Gottes Neues erzählte, machte eine so treffliche Wirkung auf meinen Körper, daß ich abends in der Oper mitten im ersten Acte nach Hause gehen mußte, um mich zu legen; denn ich war ganz erhitzt – zitterte am ganzen Leibe – und taumelte wie ein Besoffener auf der Gasse, – blieb auch den folgenden Tag als gestern zu Hause – den ganzen Vormittag aber im Bett, weil ich das Tamarinden-Wasser genommen.

Der Herr Graf hatte auch die Gewogenheit sehr viel Schönes an seinen Hrn. Vater von mir zu schreiben, welches Sie vermuthlich schon werden haben einschlucken müssen. Es werden freylich einige fabelhafte Stellen darin seyn, – doch wenn man eine Comödie schreibt, so muß man, wenn man Beyfall haben will, etwas outriren und nicht so genau der Wahrheit der Sache treu bleiben, – und Sie müssen auch der Dienstfertigkeit dieser Herrn etwas zu Gute halten. – Ich will nur, ohne mich zu beeifern, denn mir ist meine Gesundheit und mein Leben lieber – (ist mir leid genug wenn ich dazu gezwungen bin) ich will also nur den Hauptvorwurf den man mir über meine Bedienung machte hersetzen. – Ich wußte nicht daß ich Kammerdiener wäre, und das brach mir den Hals. – Ich hätte sollen alle Morgen so ein paar Stunden in der Antecamera verschleudern. – Man hat mir freylich öfters gesagt, ich sollte mich sehen lassen, – ich konnte mich aber niemals erinnern daß dies mein Dienst sey, und kam nur allzeit richtig wenn mich der Erzbischof rufen ließ. –

Nun will ich Ihnen nur kurz meinen unbeweglichen Entschluß vertrauen, so aber daß es die ganze weite Welt hören mag. Wenn ich beym Erzbischof von Salzburg 2000 Fl. Gehalt bekommen kann und in einem andern Orte nur 1000, so gehe ich doch in den andern Ort, – denn für die andern 1000 Fl. genieße ich meine Gesundheit und Zufriedenheit des Gemüths. – Ich hoffe also bey aller väterlichen Liebe die Sie mir von Kindheit auf in so hohem Grade erwiesen haben und wofür ich Ihnen zeitlebens nicht genug dankbar seyn kann (am allerwenigsten aber in Salzburg), daß wenn Sie Ihren Sohn gesund und vergnügt haben wollen, mir von dieser ganzen Sache gar nichts zu schreiben und sie ganz in[282] die tiefste Vergessenheit zu vergraben, – denn ein Wort davon wäre schon genug um mir wieder neuerdings und Ihnen selbst – gestehen Sie es nur – Ihnen selbst – Galle zu machen.

Nun leben Sie recht wohl und freuen Sie sich daß Sie keinen H–f–t zum Sohne haben.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 281-283.
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