241. Neue Zeitschrift für Musik, IX, 164.

[432] Lieber Hoffmeister!

Ich nehme meine Zuflucht zu Ihnen und bitte Sie mir unterdessen mit etwas Geld beizustehen, da ich es in diesem[432] Augenblick sehr nothwendig brauche. – Dann bitte ich Sie sich Mühe zu geben, mir sobald als möglich das Bewußte zu verschaffen [vgl. unten Nr. 258]. – Verzeihen Sie, daß ich Sie immer überlästige; allein da Sie mich kennen und wissen, wie sehr es mir daran liegt, daß Ihre Sachen gut gehen möchten, so bin ich auch ganz überzeugt, daß Sie mir meine Zudringlichkeit nicht übel nehmen werden, sondern mir ebenso gern behülflich sein werden als ich Ihnen.

Im Februar des folgenden Jahres hatte Mozart auf directen Befehl des Kaisers für ein Gartenfest in Schönbrunn die Musik zum Schauspieldirector zu schreiben. Ebenso nur auf ausdrücklichen Befehl des Kaisers ging endlich nach vielen Kabalen am 1. Mai der Figaro in Scene. »Am 28. April«, schreibt der Vater an die Tochter, »geht le nozze di Figaro zum ersten Male in die Scene. Es wird viel sein, wenn er reussirt, denn ich wei, daß er erstaunlich starke Kabalen wider sich hat. Salieri mit seinem ganzen Anhange wird wieder suchen Himmel und Erde in Bewegung zu setzen. Duschek [der kurz vorher von Prag nach Wien gekommen war] sagte mir neulich, daß Dein Bruder so viele Kabale wider sich habe, weil er wegen seines besondern Talents und Geschicklichkeit in so großem Ansehen stehe.« Und am 18. Mai: »Bei der zweiten Aufführung der Nozze di Figaro in Wien sind fünf Stücke und bei der dritten sieben Stücke repetirt worden, worunter ein kleines Duett drei Mal hat müssen gesungen werden.«

Die Oper wurde den Sommer hindurch viel gegeben, dann aber, als im November Martin's Una cosa rara einen ungemeinen Beifall fand, von den Gegnern die Gelegenheit benutzt, Mozarts Werk einstweilen vom Repertoir zu verdrängen. Dieses und mancher andere Kummer, sowie stets wachsende Nahrungssorgen – am 27. Oct. 1786 war das dritte Kind, Leopold, geboren worden und die Wochenbetten der Frau waren stets langdauernd – verbitterten Mozart den Herbst dieses Jahres sehr, sodaß er schon den Plan gefaßt hatte, im Frühjahr nach England zu gehen und also doppelt[433] froh war, als im Januar 1787 Prager Musikfreunde, die sowohl die Entführung als den Figaro vergötterten, eine Einladung an ihn ergehen ließen, er möge zu ihnen nach Prag kommen und Concerte geben. Ueber diesen Aufenthalt verbreitet sich der folgende Brief. Er ist gerichtet an Gottfried von Jacquin in Wien, Sohn des berühmten Botanikers, dessen gesammtes Haus Mozart innig befreundet war.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 432-434.
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