254. Otto Jahn.

[455] Wien 17. Juli 1789.

Liebster bester Freund

und verehrungswürdiger Br.

Sie sind gewiß böse auf mich, weil Sie mir gar keine Antwort geben! – Wenn ich Ihre Freundschaftsbezeugungen und mein dermaliges Begehren zusammenhalte, so finde ich, daß Sie vollkommen Recht haben. Wenn ich aber meine Unglücksfälle (und zwar ohne mein Verschulden) und wieder Ihre freundschaftliche Gesinnungen gegen mich zusammenhalte, so finde ich doch auch, daß ich – Entschuldigung verdiene. Da ich Ihnen, mein Bester, alles was ich nur auf dem Herzen hatte in meinem letzten Brief mit aller Aufrichtigkeit hinschrieb, so würden mir für heute nichts als Wiederholungen übrig bleiben, nur muß ich noch hinzusetzen 1mo daß ich keiner so ansehnlichen Summe benöthigt sein würde, wenn mir nicht entsetzliche Kosten wegen der Kur meiner Frau bevorständen, besonders wenn sie nach Baden muß; 2do da ich in kurzer Zeit versichert bin in bessere Umstände zu kommen, so ist mir die zurückzuzahlende Summe sehr gleichgültig, für die gegenwärtige Zeit aber lieber und sicherer wenn sie groß ist; 3tio muß ich Sie beschwören, daß wenn es Ihnen ganz unmöglich wäre mir dieses mal mit dieser Summe zu helfen, Sie die Freundschaft und br. Liebe für mich haben möchten, mich nur in diesem Augenblick mit was Sie nur immer entbehren können zu unterstützen, denn ich stehe wirklich darauf an. – Zweifeln können Sie an meiner Rechtschaffenheit gewiß nicht, dazu kennen Sie mich zu gut; Mißtrauen in meine Worte, Aufführung und Lebenswandel können Sie doch auch nicht setzen, weil Sie meine Lebensart und Betragen kennen, folglich – verzeihen Sie mein Vertrauen zu Ihnen. Von Ihnen bin ich ganz überzeugt, daß nur Unmöglichkeit Sie hindern könnte, Ihrem Freund behilflich zu sein; können und wollen Sie mich ganz trösten, so werde ich Ihnen als meinem Erretter[455] noch jenseits des Grabes danken – denn Sie verhelfen mir dadurch zu meinem fernern Glück in der Folge; – wo nicht – in Gottesnamen, so bitte und beschwöre ich Sie um eine augenblickliche Unterstützung nach Ihrem Belieben, aber auch um Rath und Trost.

Ewig Ihr verbundenster Diener

Mozart.

P.S. Meine Frau war gestern wieder elend. Heute auf die Igel befindet sie sich Gott Lob wieder besser; – ich bin doch sehr unglücklich! – Immer zwischen Angst und Hoffnung! – und dann! – Dr. Closset [der Hausarzt] war gestern auch wieder da.

Im August wurde, weil man Mozart doch vom Hofe aus auch eine Aufmerksamkeit erzeigen mochte, dafür, daß er nach einer Unterredung mit dem Kaiser das Berliner Anerbieten ausgeschlagen hatte, der Figaro wieder auf die Bühne gebracht, und obendrein erhielt der k.k. Kammercompositeur, da jenes Werk von Neuem mit dem größten Beifall aufgenommen wurde, vom Kaiser den Auftrag eine komische Oper zu schreiben. Es war Così fan tutte osia La scuola degli amanti. Im Januar 1790 wurde dieselbe bereits aufgeführt. Leider aber starb Joseph II., ehe er sie gehört und ehe er für das Wohl des Componisten dauernd hatte sorgen können. Diesen veranlaßte also die dauernde Ungunst seiner äußeren Lage sich auch in diesem Frühjahr wieder an Puchberg zu wenden.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 455-456.
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