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[118] Mayland den 26 ottob 1771


Dein schreiben aus dem Triebenbach habe richtig erhalten, mir ist Lieb daß ihr euch gut unterhalten. mache unsere Empf: an das sämtliche von schidenhofische hauß ich werde für die euch erwiesene Höflichkeiten mich seiner zeit bedanken. vielleicht wird von dem grossen Beyfall, den die Serenata des Wolfg: hat, schon einige Nachricht nach Salzb: gekommen seyn; indem der junge h: kerschbaumer, der einige Täge hier ist, vorgestern den 24ten im Theater ein Augen und Ohrenzeug war, wie Sr Königl: Hoheit der Erzherzog und die Erzherzogin nicht nur durch Händeklatschen 2 Arien wiederholten lassen, sondern unter der Serenata so wohl als absonderlich nach derselben beyde von ihrem Balco sich gegen dem Wolfg: herunter geneiget, und durch Bravißimo Maestro rufen und händeklatschen ihm ihren gnädigen Beyfall bezeiget, dem dann iederzeit das händeklatschen der Nobleße und ganzen volkes nachfolget.

Heute ist opera, gestern war nichts, weil freytag war. morgen und übermorgen, nämlich sonntag und Montag ist abermahl Serenata x. Den 24ten ist ein grosses unglück geschehen. Es war eine [118] Cuccagna (das ist ein Preisgebung vieler Esswaaren und Wein x: so Dir mündlich erklären werde) folglich warenBalchi an dem Ort aufgemacht, damit die Leute es sehen kunten. ein dergleichen Balco ist eingebrochen, folglich sind über 50 Personen nicht nur schwer beschädiget worden, sondern viele haben sich arm und Beine, andere die Hand, andere den fuß, andere den Rüggrand, andere ein paar Rippen x: abgebrochen, löcher in Kopf gefallen, 2 frauenzimmer sind gleich tod geblieben, und zwar die 2 schwestern des h: de Dominicis, welcher mit dem h: von Troger bey euch war; ein Religiös ist bald darauf gestorben; andere viele sind in der gefahr auch zu sterben. zum glück sind wir sehr späth dahingekommen, weil h: Cammer-fourier von Zinner den Hofwagen späth geschickt, so ist h: germani und seine Frau auf den Hof Balco neben dem Erzherzog gegangen, und wir auch. wären wir früher gekommen, so wären wir alle auf den nämlichen Balco gekommen, der eingebrochen ist, weil er dem Printzen gegenüber, und noch näher bey der Cuccagna, folglich sehr gut war. Dieses unglück ist bey zeiten geschehen ehe noch der Balco völlig voll war, sonst wären noch über 30 gegen 40 Personen hinauf gekommen. Danken wir dem allmächtigen gott! wir gehen auf keinen Balco mehr. Du siehst, daß es war ist, was in meinem vorigen Brief geschrieben habe: und darfest sicher glauben, daß bey solcher Gelegenheit wenig, ohne gefahr, zu sehen ist. so dir mündlich seiner zeit von täglichen zufällen, die sich hier zutragen, erzehlen werde. der Erzherzog und seine Frau befinden sich wohl und sehr vergnügt, welches Sr M: der Kayserin eine sonderbare freude seyn wird, weil man besorget war daß er an Seiner Braut wenig vergnügen haben werde; indem sie nicht schön ist: sie ist aber ungemein freundlich, angenehm und tugendhaft, folglich von iederman geliebt, und hat den Erzherzog sehr eingenommen, dann sie hat das beste Herz und die angenehmste Art von der Welt. Lebts beyde gesund, wir kissen euch 100000000 mahl und bin allzeit Dein

getreuer

Mzt


Wir empf: uns allen guten freunden und freundinen.

[119] Wenn Du kleidung nötig hast, so laß machen, was nothwendig ist, weder Du noch die Nannerl sollen sich die nothwendigkeit abgehen lass: was seyn muß, das muß seyn. und Nimm Dir nichts schlechtes, man macht keine Ersparung, wenn man etwas schlechtes kauft. lasse Dir ein schönes kleid auf die feyrtäge machen, und das, so zu wieñ gemacht worden trage alle tage. nur nichts wollenes; das ist kein teufl werth.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 3. München/ Leipzig 1914, S. 118-120.
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