Drusen [1]

[352] Drusen, Völkerschaften in Syrien (Asiatische Türkei), südlich von den Maroniten, theilweis auch mit diesen gemischt, am westlichen Abhange des Libanon u. im Antilibanon, einen Landstrich von ungefähr 100 QM., zwischen Beirut u. Sur, u. vom Mittelmeer bis Damask bewohnend. Sie sind kaukasischer Abstammung, reizbar, rachsüchtig, schlau, treulos, eifersüchtig, tapfer, kriegerisch, stets zur Abwehr gerüstet, ihre Unabhängigkeit liebend, u. diese stets mit Glück gegen die Türken, ebenso wie gegen die Araber vertheidigend, dabei gastfrei, bis zu einem gewissen Grade gutmüthig, mäßig, reinlich u. arbeitsam, dabei fast ohne alle geistige Bildung; Schreiben u. Lesen ist ihnen beinahe gänzlich unbekannt; die Blutrache gilt als geheiligt; sie bauen Getreide, Wein u. Tabak u. treiben Seidenzucht; sie sprechen eine Mundart des Arabischen; ihre Religion, ein Gemisch von Heidenthum, Judenthum, Muhamedanismus u. Christenthum, ist eine Geheimlehre, von der im Ganzen noch sehr wenig bekannt wurde; sie verehrt den Khalifen Hakem von Ägypten als heilig, lehrt die Seelenwanderung (die Seele verläßt den sterbenden Körper, um sogleich wieder in ein eben geboren werdendes Kind überzugehen) u. Wiederkunft des Propheten (Menschwerdung Gottes); Polygamie (sogar Ehe zwischen leiblichen Geschwistern) ist erlaubt, kommt aber nur ausnahmsweise bei den Vornehmen vor; eigentliche Priester gibt es nicht, nur Eingeweihte od. Erleuchtete (Akals, zu denen vorzugsweise die Emirs u. Scheiks gehören, die einen geheimen Orden in verschiedenen Graden bilden, im Besitz der heiligen Bücher sind u. geheime [religiöse] Versammlungen halten) u. Uneingeweihte od. Unwissende (Dsiahhels, der große Volkshaufe, der fast ohne alle Kenntniß von Religion ist); religiöse Ceremonien, Fasten, Beschneidung, Verbot des Wein- u. Schweinefleischgenusses[352] etc. haben sie nicht. Ihre Gesammtzahl wird von 100,000 bis zu 160,000 Köpfen angegeben, darunter ungefähr 20–30,000 waffenfähige Männer, die sämmtlich zum Kriegsdienst verpflichtet sind; ihr Vasallenverhältniß zur Pforte ist fast nur nominell u. beschränkt sich auf Tributpflichtigkeit; ihre Regierungsform ist ein Gemisch von Feudalismus u. Demokratie, an der Spitze steht der ziemlich zahlreiche Adel (Emirs u. Scheiks), der sich in Deir-el-Kamar, dem Hauptort des Landes, zur Berathung der öffentlichen Angelegenheiten, Bestimmung der Abgaben etc. versammelt; nur zeitweilig wird ein Großemir gewählt, dem jedoch keine besonderen Truppen zur Verfügung stehen. Die Emirs bilden eine eigene Kaste, heirathen nur innerhalb derselben, unterhalten u. befehligen die ausgerüsteten Truppen, sind beinahe gänzlich unabhängig u. können weder an Eigenthum noch Freiheit gestraft werden, in ihren Händen befindet sich auch größtentheils der Grundbesitz. Vgl. S. de Sacy, Exposé de la religion de Druses, Par. 1838, 2 Bde.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 5. Altenburg 1858, S. 352-353.
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