Tremouille

[786] Tremouille (spr. Tremullj'), angesehenes französisches Geschlecht, welches seinen Namen von der Herrschaft la Tremouille in Poitou führte. Merkwürdig: 1) Louis II., Herr von la T., Viconte von Thouars u. Prinz von Talmont. geb. 1460, führte die Truppen an, welche König Karl VIII. 1487 gegen den Herzog von Bretagne schickte (s. Frankreich S. 540). 1495 zeichnete er sich bei dem Übergang des französischen Heeres über die Apenninen u. bei Fornua aus u. erhielt die Statthalterschaften von Poitou u. Anjou. Er blieb anchbei dem König Ludwig XII. in Gunst, obgleich er früher dessen Gegner gewesen war, u. führte 1500 die französische Armee nach Italien, wo er die Lombardei eroberte. Unglücklich aber lief 1503 seine Expedition gegen Neapel ab; 1509 zeichnete er sich bei Agnadello aus, aber 1513 wurde er bei Novara von den Schweizern überfallen u. geschlagen (s. Schweiz S. 642) Er trug 1515 in der Schlacht bei Marignano viel zur Entscheidung bei, vertheidigte 1522 u. 1523 die Picardie gegen die vereinigten Kaiserlichen u. Engländer u. fiel 1525 bei Pavia. Nach ihm ist ein Bube in der spätern französischen Spielkarte genannt. Lebensbeschreibung von Jean. Bouchet, Par. 1524, wieder abgedruckt in D. Godefrois Hist. de Charles VIII., Par. 1684, Fol. 2) Francois von la T., Enkel des Vorigen, heirathete 1521 Auua von Lapal, eine Tochter der Charlotte von Aragonien, Prinzessin von Tarent, u. erhielt durch diese Ehe Ansprüche auf das Königreich Neapel, welche seine Nachkommen auf den Friedeuscongressen von Münster, [786] Nymwegen u. Ryswijk geltend zu machen suchten. 3) Henri Charles, Herzog von la T., Fürst von Tarent, geb. 1620 in Thouars; wurde in dem Jesuitencollegium zu Poitiers erzogen u. ging dann heimlich nach Holland, um unter Friedrich Ludwig von Oranien zu dienen. Er wurde hier protestantisch, wohnte dem Feldzug von 1640 als Freiwilliger bei u. erhielt dann ein Cavallerieregiment. 1647 kehrte er nach Frankreich zurück u. warb für den Hof zwei Regimenter, aber da ihn der Cardinal Mazarin hinhielt, trat er der Ligue der Prinzen gegen den ersten Minister bei u. nahm an den Kriegen der Fronde lebhaften Antheil. 1653 eroberte er Rocroy, zog sich aber nach Holland zurück, von wo er erst 1655 nach Paris zurückkehrte. Hier ward er Anfangs gut aufgenommen, da er sich aber weigerte gegen den Prinzen Condé zu agiren, in Compiegne verhafter u. nach Amiens gebracht, von wo er auf seine Güter in Poitou verwiesen wurde. Hier blieb er bis zum Pyrenäischen Frieden. 1663–70 lebte er wieder in Holland, wurde in Angers katholisch u. st. 1672. 4) Charlotte Katharine de la T., Tochter des Herzogs Ludwig III., von T.; vermählte sich 1586 mit. Heinrich I., Prinzen von Condé, u. wurde, als ihr Gemahl 1588 starb, beschuldigt ihn vergiftet zu haben. In St. Jean d'Angely ward sie zum Tode verurtheilt, doch sollte die Hinrichtung bis zu ihrer Entbindung aufgeschoben werden. Nach dieser verwandelte König Heinrich IV. die Strafe in Gefangenschaft, u. sie blieb 6 Jahre in Haft, wonach das Parlament von Paris ihren Proceß revidirte u. sie für unschuldig erklärte; 1597 wurde sie katholisch u. st. 1629.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 786-787.
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