Obrigkeit

1. Böse Obrigkeit ist eine Dornenhecke um einen Grenat.


2. Böse Obrigkeit soll man zu Tod beten.Pistor., 922.

Diese Methode scheint nur, wie die Geschichte zeigt, sehr spät oder gar nicht zum Ziel zu führen; man hat sich daher wol zur Abwechselung schneller wirkender Mittel bedient, um ihrer los zu werden.


[1089] 3. De Obrigkêt drepp (trifft) selten den Rechten. (Rendsburg.)


4. De Obrigkêt muss en'm so tief eis Maul sahn as'm andern, sagte der Bettelvogt, und schlug beiden (Bettlern) die Zähne aus.


5. Der Obrigkeiten Cammer ist wie ein Leib dess Wassersichtigen, wenn der zunimmt, so nemmen die glieder ab.Lehmann, 673, 175.


6. Der Obrigkeiten Officirer sind offt nur motten, die der Fürsten vnnd Herrn Gefell heimlich fressen.Lehmann, 573, 32.


7. Die Obrigkeit beisst in die Füsse. (Lit.)


8. Die Obrigkeit hat das Heissen und Verbieten, die Unterthanen haben das Thun und Lassen.Pistor., VIII, 36.


9. Die Obrigkeit ist ein lebendiges Gesetz.Graf, 486, 15.


10. Die Obrigkeit ist Gottes Dienerin.Graf, 515, 200.

Die Finnen sagen: Die Obrigkeit ist der Unterthanen Spiegel. (Bertram, 52.)


11. Die Obrigkeit muss einem so tief ins Maul sehen wie dem andern.

Sie muss beide Theile hören, Gerechtigkeit üben ihre höchste Aufgabe.


12. Die Obrigkeit muss sich mit jhren Dienern behelffen wie S. Franziskus mit seinen Brüdern.Petri, II, 150.


13. Die Obrigkeit muss strafen wie der Vater das Kind.

Dän.: Øvrighed straffer, som en fader barnet paa den sted, som det gjør mindst skade. (Prov. dan., 449.)


14. Die Obrigkeit soll Adleraugen und Hühnerflügel haben.

Um die Bösen scharf zu überwachen und die Guten zu beschützen. Die Chinesen geben der schlafenden Obrigkeit ein Leichengesicht: Magistrat qui siége visage de cadavre. (Cibot, 158.)

Dän.: Øvrighed skal have ei ørne-vinger, til at flyve efter rov; men høne-vinger til at bedække kyllingerne. (Prov. dan., 449.)


15. Die Obrigkeit soll drey Aemter und drey Namen führen; sie soll helfen, nähren, wehren, und soll heissen: Heiland, Vater, Retter.Zinkgref, I, 209; Sailer, 337.


16. Die Obrigkeit soll hören und nicht hören.

Dän.: Øvrighed skal høre og ikke høre. (Prov. dan., 449.)


17. Die Obrigkeit soll nicht nur für sich beten lassen, sie soll selber beten.

D.h. sie soll das für die Unterthanen thun, was diese erbeten.

Dän.: Øvrigheden bør saa vel at bede for undersaaterne, som disse for øvrigheden. (Prov. dan., 449.)


18. Die Obrigkeit und die Unruh in der Uhr dürfen nie schlafen.

Dän.: Øvrighed har altid at tage vare, er som uroe i soger værket. (Prov. dan., 449.)


19. Eine gute Obrigkeit ist eine Uhr, die zeigt und nicht schlägt.Parömiakon, 1522.


20. Eine Obrigkeit, gebratene Aepfel und den Schnupfen findet man überall.L. Börne, Gesammelte Schriften (Hamburg 1840), VIII, 95.


21. Eine Obrigkeit soll allenthalben blumen suchen, damit sie den Krantz jhrer statt zieren.Lehmann, 670, 140.


22. Eine Obrigkeit soll haben drei Stück: Weisheit, Grossmuth und Glück.Zinkgref, I, 200.


23. Eine Obrigkeit soll jedem erlauben, so viel Gutes zu thun als er kann, aber nichts Böses.

Dän.: Øvrighed tvinger, ingen til at gjøre godt, men forhindrer at gjøre ondt. (Prov. dan., 449.)


24. Gottlose Oberkeit, der Vnderthanen Bossheit vnd der Weiber Hoffart vrsacht jammer aller art.Theatrum Diabolorum, 389a.


25. Man muss Obrigkeiten nit geben was Gottes ist, sondern Gott mehr gehorchen als Menschen.Lehmann, 578, 129.


26. Newe Oberkeit, newe Gsetz.Theatrum Diabolorum, 328b.


[1090] 27. Obrigkeit, bedenk' dich recht, Gott ist dein Herr und du sein Knecht.Körte, 4623; Simrock, 7624; Graf, 515, 201.


28. Obrigkeit ohne Gewalt wird nicht alt.


29. Obrigkeit ohne Macht wird verlacht.

Dän.: Øvrighed uden formue er som en seeneløs hand. (Prov. dan., 449.)


30. Obrigkeit soll offt der newen misshandlungen vergessen vnd der alten getrewen dienst gedencken.Lehmann, 739, 16.

Dän.: Øvrighed som vil meget udspørge og vide, skal og meget oversee og tilgive. ( Prov. dan., 449.)


31. Strenge Obrigkeit ist verhasst: die zu lind ist, wird veracht.Lehmann, 570, 60.

Dän.: Streng øvrighed er forhadt, mild foragt. (Prov. dan., 449.)


32. Weil die Obrigkeiten in der Schrift werden genannt Götter, so meint jeder Amtmann, er sei ein Oelgötz.Eiselein, 285.


33. Wenn böse Obrigkeiten böse Unterthanen haben, so straft Gott Buben mit Buben. Zinkgref, I, 200.


34. Wenn der Obrigkeit die quellen verstopfft sein, davon sie jhre intraden schöpfen, so verseigert jhr Standt.Lehmann, 679, 218.


35. Wenn die Obrigkeit lebt wie Luzifer, so werden die Unterthanen zu Teuffeln.Lehmann, 576, 114.


36. Wenn die Obrigkeit nicht mit ernst einsiehet, so thut ein jeder, was er will.Lehmann, 565, 10.


37. Wenn die Obrigkeit nicht Ohren hat, die Vnterthanen zu hören, so hat sie kein Kopff zu regieren.Lehmann, 574, 94; Einfälle, 533.

Dän.: Haver ikke øvrighed ørene til at høre undersaaterne, saa har de og ikke hoveder til at regiere. (Prov. dan., 449.)


38. Wenn im standt der Obrigkeit nicht schmidt sein, die feste Handhaben an ordnungen Schmieden, so weren sie so lang als der Schnee auff Pfingsten.Lehmann, 584, 48.


39. Wer bey der Obrigkeit recht vnd gerechtigkeit sucht, die, was recht ist, nicht weiss, der find nicht, was er sucht.Lehmann, 634, 73.


40. Wer kann wider die Obrigkeit, säd' de Diern, do schull se von 'n Feldhöder in de Wäken (Wochen) kommen.Hoefer, 241; Goldschmidt, 95.


41. Wer Obrigkeit, Jungfrawen vnd Priester schendet, der schendet sich selbs.Mathesy, 179a.


42. Wer seine Obrigkeit nicht ehrt, ist keiner guten Obern werth.Soltau, Reineke Fuchs, II.


43. Wie die Obrigkeit sich verhält, so folgt ihr die andere Welt.Chaos, 977.

Lat.: Homines in regis mores se formant. (Livius.) (Binder II, 1316.) – Regis ad exemplum totus componitur orbis. (Claudius.) (Chaos, 977; Froberg, 557; Philippi, II, 153.)


44. Wo die Obrigkeit die Unterthanen (die Freiheit) unterdruckt, da unterdruckt gewiss bald Gott die Obrigkeit.Opel, 383.


[Zusätze und Ergänzungen]

45. Wer kann wider die Obrigkeit, sagte das Mädchen, und liess sich von dem Gensdarmen küssen.Philad. Sonntags-Journal, I, 26.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 3. Leipzig 1873.
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