Zwang

1. Die andern thun gross zwang vnnd noth, die trifft zuletzt ein böser Todt.Lehmann, 936, 22.

»Der Lucifer, jhr Rottgesell, hold sie endlich doch zur Höll.«


2. Kein Zwang wehret lang.Schottel, 1132a.


3. Mässigen Zwangs bedürffen die Heiligen auff dem Altar.Petri, II, 475.


4. Wa keyn zwanck1 ist, da ist auch keyn ehr1, sagt jhener glockner, da schlug er seine heyligen.Franck, II, 104b; Tappius, 127a; Klosterspiegel, 22, 16; Henisch, 1653, 1; Lehmann, 935, 3; Lehmann, II, 825, 5; Hoefer, 987; Simrock, 12223.

1) Hoefer führt dies Sprichwort unter 987 aus Seb. Franck an, bemerkt aber dabei, in seiner Ausgabe des Tappius (Argentin, 1539) stehe es in der Fassung: »Wo kein Zwank ist, da ist auch keine Ehe«, und fragt, ob das Sprichwort überhaupt heissen solle: »Wo kein Zwang ist, da ist keine Ehe.« Ich bin der Ansicht, die obige Fassung des Sprichworts, wie sie sich in meiner Ausgabe des Tappius (Argentin, 1545) findet, ist die ursprüngliche und richtige; »Ehe« für »Ehre« in der von 1539 ist ohne Zweifel nur ein Druckfehler, und das Sprichwort: »Wo kein Zank ist, da ist keine Ehe«, war eine spätere scherzhafte Parodie des obigen, wofür auch schon der Sinn spricht. Der Glöckner schlägt seine Heiligen, ist nur als Akt der Disciplin aufzufassen, der sich nicht nur die Beamten, sondern auch die Heiligen zu unterwerfen haben, und sagt dadurch: »Wollt ihr die Ehre als Heilige, so müsst ihr euch auch angemessen führen.« Dafür spricht auch das Sprichwort: »Wo keine Zucht ist, da ist auch keine Ehre

Holl.: Daar geen dwang is, is geene eer, zei de koster, en hij słoeg de beelden in de kerk. (Harrebomée, I, 169a.)


5. Was man mit Zwang thut, wird selten gut.

Mhd.: So wat men myt betwange deit, dar zo is irst den luden leit ouch wie it in na kome zo goede, zo vromen ind zo bliden moede. (Groote, Köln. Reimchronik, 40.)

It.: Cosa fatta per forza non vale una scorza. (Pazzaglia, 139, 2; Gaal, 1806.)

Lat.: Non durat actus, homo, quos facit ipse cactus. (Sutor, 164.)


6. Wo ist Zwang, da ist kein Klang.

Frz.: Où il y a de la gêne, il n'y a pas de plaisir.


7. Wo kein Zwang, da ist keine Ehre.Zinkgref, IV, 352; Simrock, 12223.

Bei Tunnicius (275): Dâr nein dwank is, dâr is ôk nein ere. (Nullus ubi timor est, honor et reverentia cedunt.) Dwank, hier in der Bedeutung von Bangigkeit, Furcht, sodass der Sinn ist: Wo keine Ehrfurcht ist, da ist keine Ehrerbietung.

Holl.: Daer gheen dwanc en is, daer en is gheen eer. (Tunn., 8, 16.)

Lat.: Debet adesse timor vel perit omnis honor. (Fallersleben, 159.) – Thryx nonnisi plagis, amentatur. (Seybold, 440.)


8. Wo Zwang ist, da ist auch Ehr.Petri, II, 804.

Schwed.: Twång gjör fattig man bång. (Grubb, 829.)


9. Zeitiger Zwang vnd gute Lehr die Jugend bringt zu grosser Ehr.Petri, II, 820.


10. Zwang, arbeit vnd lehr, bringt kinder zu grosser ehr.Henisch, 818, 27; Petri, II, 828.


11. Zwang hat keinen Fortgang.

Lat.: Ingenia coacta male respondent. (Binder II, 1504; Schonheim, I, 17.)

12. Zwang hat keinen Klang.

Erzwungene Sachen haben keinen Werth. Im wälschtiroler Cembrathale sagt man: Una cosa per forza – non vale una scorza. (Hörmann, 21.)

Mhd.: Twanc selten holden dienst gît. (H.v. Meissen, Leiche, 191, 8.)


13. Zwang ist ein starck Pflaster, es zeucht Gold aussm Seckel.Lehmann, 935, 2; Eiselein, 661; Simrock, 12224; Körte, 7194.

Schwed.: Twång är ett starkt dragpläter. (Grubb, 828.)


[663] 14. Zwang ist kein (guter) will.Lehmann, 897, 20; Simrock, 12225; Gaal, 1806.


15. Zwang lehrt Sang.

Holl.: Dwang leert zang. (Harrebomée, I, 169a.)


16. Zwang macht bang.

Holl.: Dwang maakt bang. (Harrebomée, I, 169a.)


17. Zwang macht keine Christen.Simrock, 12222; Körte, 7193.


18. Zwang thut wehe.

Lat.: Quicquid exprimitur, grave est. (Philippi, II, 127.)


19. Zwang und Noth bricht Trew vnnd Eyd. Lehmann, 150, 152; 936, 25.


20. Zwang werdt nit lang.Franck, II, 6a; Lehmann, 935, 1; Lehmann, II, 903, 35; Graf, 524, 303; Lohrengel, I, 923; Petri, II, 829; Mayer, II, 221; Eiselein, 661; Simrock, 12221; Grubb, 675; Körte, 7192.

Frz.: Chose violente n'est pas permanente.

Holl.: Geen dwang duurt lang. (Harrebomée, I, 169a.)

It.: Cosa sforzata è di poca durata. (Giani, 708.)

Lat.: Non durant actus quos perficis ipse coactus. (Gaal, 1806.)

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 5. Leipzig 1880, Sp. 663-664.
Lizenz:
Faksimiles:
663 | 664
Kategorien:

Buchempfehlung

Hoffmann, E. T. A.

Die Serapionsbrüder

Die Serapionsbrüder

Als Hoffmanns Verleger Reimer ihn 1818 zu einem dritten Erzählzyklus - nach den Fantasie- und den Nachtstücken - animiert, entscheidet sich der Autor, die Sammlung in eine Rahmenhandlung zu kleiden, die seiner Lebenswelt entlehnt ist. In den Jahren von 1814 bis 1818 traf sich E.T.A. Hoffmann regelmäßig mit literarischen Freunden, zu denen u.a. Fouqué und Chamisso gehörten, zu sogenannten Seraphinen-Abenden. Daraus entwickelt er die Serapionsbrüder, die sich gegenseitig als vermeintliche Autoren ihre Erzählungen vortragen und dabei dem serapiontischen Prinzip folgen, jede Form von Nachahmungspoetik und jeden sogenannten Realismus zu unterlassen, sondern allein das im Inneren des Künstlers geschaute Bild durch die Kunst der Poesie der Außenwelt zu zeigen. Der Zyklus enthält unter anderen diese Erzählungen: Rat Krespel, Die Fermate, Der Dichter und der Komponist, Ein Fragment aus dem Leben dreier Freunde, Der Artushof, Die Bergwerke zu Falun, Nußknacker und Mausekönig, Der Kampf der Sänger, Die Automate, Doge und Dogaresse, Meister Martin der Küfner und seine Gesellen, Das fremde Kind, Der unheimliche Gast, Das Fräulein von Scuderi, Spieler-Glück, Der Baron von B., Signor Formica

746 Seiten, 24.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.

424 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon