|
[295] 1.
Ich singe dir mit Herz und Mund,
Herr, meines Herzens Lust,
Ich sing und mach auf Erden kund,
Was mir von dir bewußt.
2.
Ich weiß, daß du der Brunn der Gnad
Und ewge Quelle seist,[295]
Daraus uns allen früh und spat
Viel Heil und Gutes fleußt.
3.
Was sind wir doch? was haben wir
Auf dieser ganzen Erd,
Das uns, o Vater, nicht von dir
Allein gegeben werd?
4.
Wer hat das schöne Himmelszelt
Hoch über uns gesetzt?
Wer ist es, der uns unser Feld
Mit Tau und Regen netzt?
5.
Wer wärmet uns in Kält und Frost?
Wer schützt uns vor dem Wind?
Wer macht es, daß man Öl und Most
Zu seinen Zeiten findt?
6.
Wer gibt uns Leben und Geblüt?
Wer hält mit seiner Hand
Den güldnen, werten, edlen Fried
In unserm Vaterland?
7.
Ach Herr, mein Gott, das kommt von dir!
Du, du mußt alles tun,
Du hältst die Wacht an unsrer Tür
Und läßt uns sicher ruhn.
8.
Du nährest uns von Jahr zu Jahr,
Bleibst immer fromm und treu
Und stehst uns, wann wir in Gefahr
Geraten, treulich bei.
9.
Du strafst uns Sünder mit Geduld
Und schlägst nicht allzu sehr,
Ja endlich nimmst du unsre Schuld
Und wirfst sie in das Meer.
[296]
10.
Wann unser Herze seufzt und schreit,
Wirst du gar leicht erweicht,
Und gibst uns, was uns hoch erfreut
Und dir zu Ehren reicht.
11.
Du zählst, wie oft ein Christe wein
Und was sein Kummer sei,
Kein Zähr- und Tränlein ist so klein,
Du hebst und legst es bei.
12.
Du füllst des Lebens Mangel aus
Mit dem, was ewig steht,
Und führst uns in das Himmelshaus,
Wann uns die Erd entgeht.
13.
Wohlauf, mein Herze, sing und spring
Und habe guten Mut,
Dein Gott, der Ursprung aller Ding,
Ist selbst und bleibt dein Gut.
14.
Er ist dein Schatz, dein Erb und Teil,
Dein Glanz und Freudenlicht,
Dein Schirm und Schild, dein Hilf und Heil,
Schafft Rat und läßt dich nicht.
15.
Was kränkst du dich in deinem Sinn
Und grämst dich Tag und Nacht?
Nimm deine Sorg und wirf sie hin
Auf den, der dich gemacht!
16.
Hat er dich nicht von Jugend auf
Versorget und ernährt?
Wie manches schweren Unglücks Lauf
Hat er zurückgekehrt!
17.
Er hat noch niemals was versehn
In seinem Regiment,[297]
Nein, was er tut und läßt geschehn,
Das nimmt ein gutes End.
18.
Ei nun, so laß ihn ferner tun
Und red ihm nicht darein,
So wirst du hier im Frieden ruhn
Und ewig fröhlich sein.
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte
|
Buchempfehlung
Als Hoffmanns Verleger Reimer ihn 1818 zu einem dritten Erzählzyklus - nach den Fantasie- und den Nachtstücken - animiert, entscheidet sich der Autor, die Sammlung in eine Rahmenhandlung zu kleiden, die seiner Lebenswelt entlehnt ist. In den Jahren von 1814 bis 1818 traf sich E.T.A. Hoffmann regelmäßig mit literarischen Freunden, zu denen u.a. Fouqué und Chamisso gehörten, zu sogenannten Seraphinen-Abenden. Daraus entwickelt er die Serapionsbrüder, die sich gegenseitig als vermeintliche Autoren ihre Erzählungen vortragen und dabei dem serapiontischen Prinzip folgen, jede Form von Nachahmungspoetik und jeden sogenannten Realismus zu unterlassen, sondern allein das im Inneren des Künstlers geschaute Bild durch die Kunst der Poesie der Außenwelt zu zeigen. Der Zyklus enthält unter anderen diese Erzählungen: Rat Krespel, Die Fermate, Der Dichter und der Komponist, Ein Fragment aus dem Leben dreier Freunde, Der Artushof, Die Bergwerke zu Falun, Nußknacker und Mausekönig, Der Kampf der Sänger, Die Automate, Doge und Dogaresse, Meister Martin der Küfner und seine Gesellen, Das fremde Kind, Der unheimliche Gast, Das Fräulein von Scuderi, Spieler-Glück, Der Baron von B., Signor Formica
746 Seiten, 24.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.
456 Seiten, 16.80 Euro