|
[529] Einleitung
Einmal nur in unserm Leben,
Was auch sonst begegnen mag,
Ist das höchste Glück gegeben,
Einmal feiert solchen Tag!
Einen Tag, der froh erglänzend
Bunten Schmucks der Nacht entsteigt,
Sich gesellig nun begrenzend
Segensvoll zum Berge neigt.
Darum öffnet eure Pforten,
Laßt Vertrauteste herein;
Heute soll an allen Orten
Liebe nah der Liebe sein!
Zwischengesang
Laßt fahren hin das allzu Flüchtige!
Ihr sucht bei ihm vergebens Rat;
In dem Vergangnen lebt das Tüchtige,
Verewigt sich in schöner Tat.
Und so gewinnt sich das Lebendige
Durch Folg aus Folge neue Kraft,
[529]
Denn die Gesinnung, die beständige,
Sie macht allein den Menschen dauerhaft.
So löst sich jene große Frage
Nach unserm zweiten Vaterland;
Denn das Beständige der ird'schen Tage
Verbürgt uns ewigen Bestand.
Schlußgesang
Nun auf und laßt verlauten,
Ihr brüderlich Vertrauten!
Wie ihr geheim verehret,
Nach außen sei's gekehret!
Nicht mehr in Sälen
Verhalle der Sang.
Und jubelnd übermaßen
Durchziehet neue Straßen!
Wo wir ins Leere schauten,
Erscheinen edle Bauten
Und Kranz an Kränzen
Die Reihen entlang.
So äußeres Gebäude
Verkündet innre Freude;
Der Schule Raum erheitert,
Zu lichtem Saal erweitert;
Die Kinder scheuen
Nicht Moder noch Zwang.
Nun in die luft'gen Räume!
Wer pflanzte diese Bäume,
Ihr kinderfrohen Gatten?
Er pflegte diese Schatten,[530]
Und Wälder umgrünen
Die Hügel entlang.
Die Plage zu vergessen,
Das Gute zu ermessen,
So aufgeregt als treulich,
So treusam wie erfreulich
Stimmet zusammen
In herzlichem Sang!
Wie viel er ausgespendet,
Auch weit und breit vollendet,
Die Unzahl sich verbündet,
Unsäglich Glück gegründet,
Das wiederholet
Das Leben entlang.[531]
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte (Ausgabe letzter Hand. 1827)
|
Buchempfehlung
Der satirische Roman von Christoph Martin Wieland erscheint 1774 in Fortsetzung in der Zeitschrift »Der Teutsche Merkur«. Wielands Spott zielt auf die kleinbürgerliche Einfalt seiner Zeit. Den Text habe er in einer Stunde des Unmuts geschrieben »wie ich von meinem Mansardenfenster herab die ganze Welt voll Koth und Unrath erblickte und mich an ihr zu rächen entschloß.«
270 Seiten, 9.60 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.
456 Seiten, 16.80 Euro