Männerjubel

Erhabne Tochter Gottes! Gerechtigkeit,

Die du den Dreimalheilgen von Anbeginn

Umstrahltest, und umstrahlen wirst am

Tage der ernsten Gerichtsposaune.


Und du, o Freiheit! heiliger Überrest

Aus Edens Tagen! Perle der Redlichen!

In deren Halle sich der Völker

Kronen begrüßen, und Taten schwören.


Und du, der Geisterkräfte gewaltigste!

Du löwenstolze! Liebe des Vaterlands!

Die du auf Mordgerüsten lächelst,

Und in dem Blute gewälzt, noch siegest.


Wer wagts, zu türmen Riesengebirge sich,

Zu schaun den Anfang eurer Erhabenheit?

Wer gründt der Tiefen tiefste aus, nach

Euch sich zu beugen, vor euch, Erhabne?


Und wir – o tönet, tönet den Jubel nach,

Ihr ferne Glanzgefilde des Uranus!

O beugt euch nieder, Orione!

Beugt euch! wir sind der Erhabnen Söhne.


Es glimmt in uns ein Funke der Göttlichen;

Und diesen Funken soll aus der Männerbrust

Der Hölle Macht uns nicht entreißen!

Hört es, Despotengerichte, hört es!
[67]

Ihn senkte, seine Welt zu verherrlichen,

Der Gott der Götter Adams Geschlecht ins Herz,

Des preisen wir den Gott der Götter!

Hört es, ihr Knechte des Lügners, hört es!


Was überwiegt die Wonne, der Herrlichen,

Der Töchter Gottes würdiger Sohn zu sein?

Den Stolz, in ihrem Heiligtum zu

Wandeln, zu dulden um ihretwillen?


Und lärmten gleich dem hadernden Ozean

Despotenflüche geifernd auf uns herab,

Vergiftete das Schnauben ihrer

Rache, wie Syrias Abendlüfte –


Und dräute tausendarmigter Pöbel, uns

Zu würgen, tausendzüngigte Pfaffenwut

Mit Bann den Neuerern; es lachen

Ihrer die Söhne der Töchter Gottes.


Und würden unsre Kinder vom Schwert verfolgt,

Zu heulen über uns in der Finsternis

Des Wolfs, und mit dem Löwen seine

Beute zu teilen, bei Kannibalen


Sich Väter, und im Sande von Afrika

Das Gastrecht aufzusuchen, sie dulden gern,

Verlachen eure Blutgerüste,

Folgen den Vätern zu Schwert und Folter.


Drum tönet, tönet, tönet den Jubel nach,

Ihr ferne Glanzgefilde des Uranus,

Drum beugt euch nieder, Orione!

Beugt euch! wir sind der Erhabnen Söhne.

Quelle:
Friedrich Hölderlin: Sämtliche Werke. 6 Bände, Band 1, Stuttgart 1946, S. 64,68.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Flucht in die Finsternis

Flucht in die Finsternis

Robert ist krank und hält seinen gesunden Bruder für wahnsinnig. Die tragische Geschichte um Geisteskrankheit und Tod entstand 1917 unter dem Titel »Wahn« und trägt autobiografische Züge, die das schwierige Verhältnis Schnitzlers zu seinem Bruder Julius reflektieren. »Einer von uns beiden mußte ins Dunkel.«

74 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon