An die Leser.

Es ist eine gar possierliche Sache um die Autorsucht, und um den Ruhm, den man durch das Büchermacherhandwerk zu erwerben trachtet.

Ich setze selbst sehr wenig Werth auf den Mann, der blos dadurch beliebt wurde, daß er ein gutes Buch schrieb. Es ist sehr viel leichter hundert schöne Grundsätze predigen, als einen einzigen ausüben. Am Schreibtische, wenn keine Leidenschaft ins Spiel kömmt, lassen sich herrliche Sachen sagen, und gewöhnlich sieht doch der Mann ganz anders auf dem Papiere aus, als in seinen Handlungen.[3]

Aber dennoch ist so etwas in mir (ich gestehe es frey) das mich kitzelt, wenn mich jemand versichert, er habe etwas von mir mit Vergnügen gelesen – Ich meine immer, es müßte ein verständiger Mann seyn, der so etwas sagt – Ob es wohl andern Leuten auch so geht?

Was ist daher natürlicher, als daß ich Ihnen Allen, die Sie mit so nachsichtsvoller Güte die beyden ersten Theile dieses Büchelchens aufgenommen haben, herzlich danke? Mögte der dritte eben so glücklich seyn, Ihren Beyfall zu gewinnen! Vielleicht schriebe ich dann noch – Nicht die zwanzig, davon wir neulich redeten – aber doch ein oder ein Paar dazu, um ein Ganzes daraus zu machen, und Sie nicht in Ungewißheit über das Schicksal der Personen zu lassen, welche ich die Ehre gehabt habe Ihnen vorzustellen.[4]

Allein da werde ich denn nach Gelegenheit etwas dazu lügen müssen, so wie ich Ihnen bis jetzt würklich nur wahre Begebenheiten erzählt habe.

Im Grunde sollte freylich wohl alles wahr seyn, was in einem Roman steht. Man kann sich ja auch nichts so Tolles erdenken (das versichre ich Sie) was nicht irgend einem Erdensohne begegnet wäre, und keinen so albernen Streich, den nicht schon einmal ein Mensch gemacht hätte. Wenn man aber freye Hand hat, eine Menge Abentheuer auf Eines Menschen Kopf zu erzählen; so kann man der Geschichte wohl eher diejenige Einheit geben, welche Sie vielleicht hier vermissen. Indessen wollen wir doch überlegen, wie wir das Ding so einrichten, daß alles in einander passe.[5]

Unglücklicherweise lebe ich jetzt einsam, in dem Schooße meiner Familie ruhig, fern von den großen Thorheiten der Welt, und an einem Orte, wo es wahrhaftig so viel herzlich gute Menschen giebt, daß, wenn ich Ihnen die Scenen schildern sollte, die ich jetzt vor mir habe, Sie sehr einfache Gemälde sehen, und ich denenjenigen, welche nur die lächerliche Seite ihrer Mitmenschen vor Augen gestellt haben mögen, wenig Unterhaltung würde verschaffen können.

Ueberlegen Sie das alles! Und wenn Sie dennoch, nach Lesung dieses Theils eine Fortsetzung des Romans meines Lebens begehren – Ey nun! so muß man sehen, wie man Rath schafft.

Quelle:
Knigge, Adolph Freiherr von: Der Roman meines Lebens, in Briefen herausgegeben. 4 Teile, Teil 3, Riga 1781–1783, S. 1-6.
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