Uz, Lyrische und andere Gedichte

[233] [Johann Peter Uz:] Lyrische und andere Gedichte. Neue und um die Hälfte vermehrte Auflage. Mit allergnädigsten Freiheiten, Ansprach, zu finden bei Jacob Christoph Posch 1755. In 8vo. 12 Bogen. Die erste Ausgabe dieser Gedichte ist bereits vor fünf Jahren erschienen, und von Kennern wohl aufgenommen worden. Man erkannte ihren Verfasser, welches der Herr Regierungssekretär Utz in Anspach ist, sogleich für einen wahren Schüler des Horaz, der von dem Feuer seines Musters beseelt werde, und etwas mehr gelernt habe, als ihm hier eine Gedanke und da eine Wendung, nicht sowohl abzuborgen, als abzustehlen. Die Vermehrungen, welche er jetzo hinzugetan, sind so beträchtlich, daß er die Oden in vier Bücher hat abteilen können. Die ersten zwei enthalten die bereits gedruckten Stücke; aber so, wie sie sich der verbessernden Hand eines Verfassers, der aller Welt eher, als sich ein Genüge tun kann, entreißen dürfen. Er hat überall verändert und auch fast überall glücklich verändert. Wir sagen fast, und hoffen, daß er es denjenigen nicht übel ausdeuten wird, die sich, vielleicht aus einer Art von Prädilektion hier und da seiner erstern Gedanken gegen die letztern annehmen. Unter den neuen Oden, welche das dritte und vierte Buch ausmachen, wird man verschiedne von dem erhabensten Inhalte finden, und einen philosophischen Kopf wird die, welche er »Theodizee« überschrieben hat, nicht anders als entzücken können. Sie sind[233] überhaupt alle vortrefflich, obgleich nicht alle von einerlei Fluge. Und auch dieses hat er mit dem Horaz gemein, welcher sich oft in die niedre Sphäre des Scherzes und angenehmer Empfindungen herab läßt, und auch da die geringsten Gegenstände zu veredeln weiß. Nur an den schmutzigen Bildern hat unser deutscher Horaz eine gleiche Kunst zu zeigen, verweigert. Die Anständigkeit ist das strenge Gesetz, welches seine Muse auch in den Entzückungen des Weines und der Liebe nie verletzet. – – Die übrigen Vermehrungen bestehen in dem »Sieg des Liebesgottes«, welches scherzhafte Heldengedichte man auch bereits kennet, und in einigen poetischen prosaischen Briefen, welche Teils freundschaftlichen, Teils kritischen Inhalts sind. Der vierte ist besonders merkwürdig. Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 16 Gr.

Quelle:
Gotthold Ephraim Lessing: Werke. Band 3, München 1970 ff., S. 233-234.
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