Wettlauf

[90] Publikum ungeduldig scharrt –

Scharren lassen – hier Start –

Taschentuch? keins –

Schweiß –

Heiß –

Zum Beweis

Des Nichtaufgeregtseins:

Billet Spucke kneten.

Achtung: eins!

Nicht mehr Zeit auszutreten –

Was? Rauchen verbeten? –

Sie da, der Dritte, weiter zurücktreten –

Soo! – Endlich Musik –

Der bekannte

Augenblick,

Wo –

Wenn der Trikot[90]

Nur nicht so spannte –

Schweinerei –

Wäre fatal –

Achtung: Zwei!

Teufel nochmal!

Heiliger Joseph, steh mir bei!

Achtung: Drei!

Tapelti, tapelti, tapelti

Mut!

Gut!

Kopf senken!

Arme vom Leib!

Frieda denken!

Herrliches Weib!

Schade, daß Mund stinkt!

Das war sie! – lacht! – winkt –

Oh, oh! Oh, oh!

Mein Trikot!

Vorne gespalten.

Taschentuch vorhalten –

Jetzt Quark!

Nur laufen!

10 000 Mark –

Wochenlang saufen –

Wenn's glückt –

Schulden bezahlen –

Tante verrückt –

Meyers prahlen –

Sieger gratuliert –

Photographiert –

Händedruck –

Tun als ob schnuppe –

Wändeschmuck –

Lorbeer-Suppe –

Zeitungs-Reklame –

Filmaufnahme –

Frieda seidenes Kleid –

Otto platzt Neid –

Engelmann – Wut –

Anton – Pump –[91]

Aushalten! Mut!

Weg da! Lump! –

Einer von beiden –

Weg abschneiden –

Puff!

Was bild't sich –

Uff!

Gilt nicht!

Feste druff!

Gar nicht kümmern!

Schädel zertrümmern!

Zuchthaus –

Flucht – Haus –

Schande –

Tante –

Sterben –

Beerben –

Unsinn! Was Quatsch! Quatsch!

Teufel noch mal!

Laternenpfahl.

Mehr links, ach! ach!

Stopp! Frieda! Halt! Krach!

Kladderadatsch!

Knätsch daun! au! aus!

Ohhhhhh! – Publikum Applaus.

Quelle:
Joachim Ringelnatz: Das Gesamtwerk in sieben Bänden. Band 1: Gedichte, Zürich 1994, S. 90-92.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Gryphius, Andreas

Leo Armenius

Leo Armenius

Am Heiligen Abend des Jahres 820 führt eine Verschwörung am Hofe zu Konstantinopel zur Ermordung Kaiser Leos des Armeniers. Gryphius schildert in seinem dramatischen Erstling wie Michael Balbus, einst Vertrauter Leos, sich auf den Kaiserthron erhebt.

98 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon