Ein herrlicher Lob-Psalm Gottes

Wegen seiner grossen Allmacht und Barmhertzigkeit.


1.

Von Gnade wil ich singen

Des Herren ewiglich

Vnd meine Stimm erschwingen,

O Gott, zu preisen dich.

Mein schwacher Mund sol sagen

Mit grossem Wolbehagen,

Wie deine Güt und Treu

Ohn End' und Wandel sey.


2.

Der Himmel sol erweisen

Die Wunder deiner Händ'

Und deine Warheit preisen

Biß an der Welt jhr End'.

Herr, wer ist dir zu gleichen?

Wer kan dein Lob erreichen?

Wer gibt dir etwas zu?

Wer ist so starck wie du?


3.

Wie herrlich läst du sehen

Dein' über-grosse Macht

Vor denen, die da stehen

Als Zeugen deiner Pracht.

Du stillest Meer und Wellen,

Wenn sie sich grausam stellen,

Ja durch den starcken Lauff

Schier schwingen Himmel-auff.


4.

Herr, du hast lassen werden

Das blaue Sternen-Dach;

Du hast gemacht die Erden,

Der Menschen Schlaff-Gemach.

Dein' Hand ist starck und mächtig,

Dein Nahm' ist groß und prächtig,

Dein' Herrligkeit und Zier,

Die pranget für und für.


5.

O wol dem Volck' im Lande,

Das freudig jauchtzen kan

Und im erwünschten Stande

Dich lieblich schauen an!

Diß Volck wird sich mit Treuen

In deinem Liecht' erfreuen,

Auch wird sein Mund allein'

In dir, Herr, frölich seyn.
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6.

Nun du bist jhre Stärcke,

Du Held in Israel;

Sie rühmen deine Wercke,

Den Armen hilffst du schnell.

Du wirst jhr Horn erhöhen

Und sie mit Güt' ansehen.

Ich weis, du bist sehr mild,

O Zions güldner Schild!


7.

Du bist von langen Zeiten

Doch unser Fürst' und Gott.

Du pflegst für uns zu streiten,

Du starcker Zebaoth.

Du kanst den Feind so trennen,

Daß wir dein Allmacht kennen

Und ruffen auff dem Plan:

Der Herr hat diß gethan.


8.

Du lässest Brunnen quellen

Und tausend Bächlein gehn;

Bald müssen sie sich schnellen,

Bald wiedrumb stille stehn.

Du lässest richtig lauffen

Den Mond und seinen Hauffen,

So bald die schwartze Nacht

Die Sonn' hinweg gebracht.


9.

Du läst den Frühling kommen,

So bald das grosse Liecht

Der Erden hat benommen

Ihr dürres Angesicht.

Du läst die Ströhme brausen,

Du läst die Wellen sausen,

So offt das grosse Meer

Laufft schrecklich hin und her.


10.

Kompt her von allen Enden,

Kompt her in schneller Eyl'

Und jauchtzet Gott mit Händen,

Frolocket unserm Heyl.

Ermuntert euch, jhr Frommen,

Vor sein Gesicht zu kommen.

Sein ist und bleibet das,

Was trocken heist und naß.


11.

Kompt, lasst uns nieder knien

Vor seiner Majestat,

Die uns den Leib verliehen,

Die Seel' ertheilet hat,

Daß sie gepriesen werde

Von Schafen jhrer Heerde,

Die sie so hertzlich liebt,

Ja Gut und Leben gibt.


12.

Ihr Völcker, kompt mit Springen,

Kompt her in gutem Fried

Und helfft dem Herren singen

Ein köstlichs Lobe-Lied.

Erzehlet doch mit Freuden

Sein' Ehr' und Ruhm den Heyden,

Was grosse Wunderthat

Sein' Hand verrichtet hat.


13.

Der Herr' ist hoch zu loben

Für aller Götter Zahl;

Die nicht wie er erhoben,

Sind Götzen allzumal.

Er ist es, der regieret

Das, was der Welt-Kreiß zieret.

Er steht mit grossem Ruhm'

In seinem Heiligthum.


14.

Bringt her, bringt her dem Herren,

Bringt her jhm' Ehr' und Macht!

Sich in sein Lob zu sperren

Sey jedermann bedacht.

Ihr Völcker, kompt getreten,

Den Herren anzubeten.

Es fürcht jhn alle Welt,

Den grossen Wunder-Heldt.


15.

Seht, wie die Berge weltzen

Für seiner Herrligkeit;

Seht, wie die Hügel schmeltzen

Wie Wachs zur Sommers-Zeit.

Seht, wie nach seinem Willen

Sich alle Tieffen stillen;

Seht, wie des Blitzes Pracht

Die Lufft so feurig macht.


16.

Was wil man doch mit Worten

Die Wunder zehlen viel,

Die er an allen Orten

Verrichtet sonder Ziel?

Kompt, lasset uns jhn preisen,

Lob, Ehr' und Danck erweisen;

Denn seine Güt und Treu'

Ist alle Morgen neu.


Quelle:
A. Fischer / W. Tümpel: Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts, Band 2, Hildesheim 1964, S. 204-207.
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