Schwank: Der gute montag

[179] Nachdem ich meim hantwerk nachzug

an dem reinstram, es sich zutrug,

eins morgens frü zu bet ich lag,

gedacht: heut ist guter montag,

da wil dem meister feiren ich.

in dem entschlief ich senftiglich

wider ein stunde oder zwu,

biß der tag rucket baß herzu.[179]

im schlaf erschin mir ein gesicht,

des inhalts ich mit kurz bericht:

ich sach gar selzamer manier

ein wundergroßes selzams tier,

das tet her auf sechs füßen gen,

im maul het es scharpf eberzen,

sein bauch war als ein füdrig faß,

sein schwanz schebig und reudig was.

ich erschrak und floch hin von im;

da redt das tier menschliche stim:

fleuch nit, du hast mich doch aus gnaden

auf heut freuntlich zu dir geladen.

ich sprach: wer bist? zeig mir das an,

ich mag dich schlecht nit bei mir han,

weil du so gar unbschaffen bist,

des rechten haus hast du vermist,

sichst mich für ein unrechten an.

das tier antwort mir: lieber man,

du tust mich aus der maß wol kennen,

voraus balt ich mich dir tu nennen,

wiß, das ich der gut montag bin.

wolauf ins wirtshaus mit mir hin

zu andern gsellen, die dein warten

mit speis und trank, würfel und karten!

die haben mich geschickt nach dir,

und ob du nit wolst gen mit mir,

so wolt ich dich mit gwalt hintragen.

ich tet zum guten montag sagen:

wie bist du denn so stark und kreftig?

der gut montag sprach: ich bin scheftig

in merk und steten überal,

die hantwerksbursch mit überschwal

hab ich all unter meinen fanen,

dergleich hersch ich vil hantwerksmanen,

die mir gar willig zu hof reiten,

samt den gsellen zu allen zeiten.[180]

ich sprach: wie das du hast sechs bein?

er sprach: mein gang ist schwind, allein

kom allemal über sechs tag;

oft man mich nit austreiben mag

biß gar hinein auf die mitwochen

weder mit schelten noch mit pochen,

wiewol ich bring gar wenig nutz,

wo man mir fleißig heltet schutz.

ich sprach: wie hast so scharpfe zen?

er antwort: wo ich ein tu gen,

vil ganzer beutel ich zerkifel,

vil zenk und hader ich antrifel;

ich beiß mannichen durch die schwarten,

auch zerbeiß ich würfel und karten,

und beiß auch manchen aus der stat,

das er ertags kein meister hat.

ich sprach: wie ist so groß dein bauch?

er sprach: da verschlinget mein schlauch

gelt, kleider, kleinot und hausrat,

den werkzeug oft samt der werkstat,

haus unde hof, ecker und wisen,

tut in meim bauch sich als verlisen.

ich fragt: wie ist deins schwanzes wadel

schebig und hat so manchen tadel?

mir guten montag, er da sprach,

folgt stets ein böser sonntag nach,

das er das verdient wochenlon

hat an dem montag vor verton.

wer mein all wochen wartet aus,

dem nistelt kein storch auf sein haus,

ich guter montag mach tol köpf,

lere beutel und volle kröpf,

die hent verdroßen und stutfaul

und dem meister ein henkent maul,

das er die ganz woch sauer sicht.

welch meister sich auch nach mir richt,

mach ich sein werkstat ler und öd,

hosen und rock schitter und blöd,[181]

wie du denn wol sichst an dem haufen,

die mir guten montag nachlaufen.

in dem wurt im haus ein gerümpel,

die katzen machten ein getümpel,

warfen ein hafen dstiegen ab,

darvon sich ein groß gschrei begab.


Der beschluß

Da erwacht ich, dem traum nachsan,

stunt auf, fieng zu arbeiten an,

weil der gut montag in den dingen

so mancherlei unrats ist bringen,

als trunkenheit, fraß und das spil,

daraus denn unglücks folget vil,

als zoren, hader und zwitracht,

lamhauen und auch menschenschlacht,

faulkeit, armut unde krankheit,

welchs als nit gschech ob der arbeit.

zu entgen sollichs ungemachs,

saß in die werkstat ich, Hans Sachs.


Anno salutis 1559., am 3. tage Augusti.


Quelle:
Hans Sachs: Dichtungen. Zweiter Theil: Spruchgedichte, Leipzig 1885, S. 179-182.
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