XV.

Letzte Vorbereitungen.

[594] Besprechungen mit den Mitarbeitern am Werk. – Zweiter Besuch Gobineaus. – Geburtstagsfeier. – Abreise Gobineaus. – Requisiten und Kostüme, Dekorationsproben. – Verhandlungen mit den Sängern, insbesondere mit Vogl. – Erste Hälfte des Juli: drei Wochen, drei Akte. – Geselliges Zusammensein mit Künstlern und Patronen.


Wer mit richtigem Sinne und Blicke den Hergang dieser Vorbereitungen, dem Charakter der hierin sich geltend machenden produktiven wie rezeptiven Tätigkeit gemäß, zu erfassen vermochte, konnte dies alles nicht anders als mit der Wirkung einer Weihe bezeichnen, welche, ohne irgendeine Weisung, frei darüber sich ergoß.

Richard Wagner.


Der Monat Mai galt den umfassenden mannigfachen Vorbereitungen, die getroffen werden mußten, bevor das in den Blättern der Partitur fixierte Werk des schöpferischen Dichtergeistes sich in ein Werk der Szene mit ihrem weitverzweigten Apparat umwandelte. Nicht lange konnte er scherzend von sich sagen, er sei noch ›zwei Monate zu früh‹ zurückgekehrt, da stand er auch schon inmitten aller der Anforderungen und Aufgaben, deren endgültige Lösung auch die treuesten Hände ihm nicht abnehmen konnten Zunächst genoß er noch die Freude des Wiedersehens an allem Vertrauten und Lieben, das ihn nach langem Fernbleiben wieder heimisch begrüßte: am Hofgarten mit seinen dichtbelaubten Wipfeln und den Amseln darin; an seinem eigenen Garten, in welchem bald Flieder und Goldregen ihre blühenden Herrlichkeiten erschlossen; am Hühnerhof, an dem kollernden Truthahn (›vorn ein, Fleischer laden, hinten ein Modemagazin‹, sagte er von ihm), an der brütenden Truthenne mit ihrer ›verzehrenden Hingabe‹ an ihren Nachwuchs, über die er in lautes Rühmen ausbrach; an der schönen Hündin Molly, die ihm neben Marke, dem Edlen, so ans Herz gewachsen war, daß ihre Erkrankung und ihr (mitten in den ersten Beginn der Proben fallender) Tod ihn bis zum Schluchzen bewegte und das ganze Haus in Betrübnis versetzte; an Halle, Saal und allen langentbehrten Räumen des Hauses, durch dessen offene [594] Fenster die Vögel so zutraulich hereinflatterten, als wollten sie den Volksglauben an eine darin weilende ›Braut‹ recht bewahrheiten. Erst vermeinte er, ein umherschwirrendes Vöglein habe sich verirrt und sei bei seinem Eintreten fortgehuscht, wie Siegfrieds Vogel vor Wotan; dann aber wurde entdeckt, daß an verschiedenen Stellen des Saales drei Nester zu bauen begonnen waren; auf diese bezog sich das emsige Hin- und Herflattern. Eine erste Fahrt zum Theater ergab, daß der Vorbau zur Königsloge so weit der Vollendung nahewar, daß er sich im Verhältnis zum Ganzen recht gut und harmonisch ausnahm. Gleich anfangs hatte er Großens und Feustel bei sich in Wahnfried zu Tische und machte mit seiner Gemahlin dem trefflichen Bürgermeister seinen ersten Besuch; dann trafen auch schon Levi und Heckel zu allerlei nötigen Vorbesprechungen ein; ein paar Tage später auch der junge Brandt. Am 8. Mai gab es, nach einer vorausgegangenen sehr aufmunternden Konferenz mit Groß und dem Bürgermeister, abends zufolge den Aufzeichnungen Humperdincks eine Besprechung wegen Aufstellung der Chöre, zu welcher, außer Humperdinck selbst, Levi und Heckel, auch schon der am gleichen Tage angekommene Fritz Brandt und der junge Münchener Musiker Merz anwesend waren Tags darauf fand im Festspielhaus eine Glockenprobe statt, von – im ganzen – günstigem Eindruck; abends wurde wiederum mit Brandt manches Technische besprochen.

In diese Tage, vom 5. bis zum 9. Mai, fiel auch der erste der vier Neumannschen ›Nibelungen‹-Zyklen in London, über dessen außerordentlichen Erfolg tägliche Depeschen ihm Kunde brachten Natürlich ging es auch hier nicht ohne diejenigen Ärgernisse ab, welche darauf beruhten, daß dem von ihm selbst so ungemein hochgeschätzten, rüstig tätigen Unternehmer seine wahre künstlerische Natur ein für allemal ein Buch mit sieben Siegeln und sein persönliches Verhältnis zu solchen Aufführungen daher ein Gegenstand beständiger Mißverständnisse war und blieb. So war es einer der unglücklichsten Einfälle Neumanns, für ein unter Ausnützung aller günstigen Chancen von ihm geplantes Konzert in der Albert-Hall sich das ›Parsifal‹-Vorspiel zur ersten öffentlichen Aufführung zu erbitten und sich dafür auf die Aussicht eines ›kolossalen materiellen Erfolges‹ zu berufen! Natürlich erhielt es es nicht bewilligt; doch hätte er dem Meister leicht die daraus entstehende zwecklose Verstimmung ersparen können, – dessen Gedanken damals, soweit sie nicht durch sein Bayreuther Werk in Anspruch genommen waren, auf sehr anderen Gebieten sich bewegten. Seine Unterredungen mit Wolzogen bezogen sich damals vorherrschend auf Kant; nach längerer Zwischenzeit beschäftigte seinen Geist aber auch wieder die 9. Symphonie und insbesondere deren erster Satz. Er bezeichnete es als ungemein bedeutend, daß das Tempo dieses wilden schmerzlichen Stückes von Beethoven mit Maestoso bezeichnet worden wäre. Es sei nicht mit Worten zu sagen, was dieser Satz zum Ausdruck brächte, wenn er [595] es selbst seinerzeit auch versucht hätte: es sei ein zu wunderbares Stück, und den gewiegten Musikern von damals, die von einem Erfassen und Begreifen desselben weit entfernt gewesen seien, hätte es notwendig wie von einem Stümper herrührend erscheinen müssen. Dazu reisten in ihm die Gedanken seines großen Aufsatzes über ›Männliches und Weibliches‹ (dem er selbst zuweilen andere Überschriften im voraus beilegte: ›über das Weibliche im Menschlichen‹, oder ›das Ewige im Weiblichen‹). Er kam in seinen gelegentlichen Aussprüchen darüber wiederholt auf einen Gedanken zurück, der sich mit dem von ihm in Venedig angesichts der ›Assunta‹ (S. 591) ausgesprochenen nahe berührte: auf die, im Geschlechtstrieb sich äußernde Sehnsucht der Natur, durch die Liebe etwas Großes, Erlösendes zu produzieren. Aus diesem Grunde erklärte er seinen ›Tristan‹ für die größte aller Tragödien und ihren Stoff an sich für den tragischesten, den er je behandelt, weil darin die Natur in ihrem höchsten Werke gehemmt sei. Was könne nun aber wohl aus einer Rasse werden, in welcher das Wichtigste und Mächtigste, eben jener allgewaltige, alles beherrschende Drang, nur noch zu Standesehen mißbraucht und die ernsthafte Absicht der Natur durch die Forderungen der Zivilisation durchkreuzt würde? Ein Beispiel: Romeo liebt Julien, und Julia ihn; die Konvention aber läßt ihn Rosalinde und Julia den Grafen Paris heiraten welcher Stamm könne da aus solchen Verbindungen entstehen? In diesem Sinne sprach er viel und eingehend über den ›Tristan‹, und wie absurd es wäre, solch ein Werk ›für Geld‹ zur Aufführung zu bringen. Am liebsten wäre er gleich damals, ohne Aufschub, an die literarische Ausführung dieser, in einem großen Zusammenhang seit lange in ihm gereisten Gedanken gegangen, wären nicht augenblicklich die praktischen Sorgen für die szenische und musikalische Ausführung seines neuen Werkes allzu zerstreuend dazwischen gekommen.

Mitten in diese Tage hinein traf ganz überraschend und unangekündigt, aber hochwillkommen, ein erneuter Besuch Gobineaus (11. Mai). Ein Jahr war seit ihrer ersten Begegnung verflossen, die Nachrichten über des Grafen Gesundheit hatten indes nicht sehr günstig gelautet, wie denn bereits bei jenem ersten Zusammensein der jeder Klage abgeneigte und sich ihrer erwehrende Dulder dennoch bekannt hatte, daß sein Gesicht sehr geschwächt sei, daß die Bewegung der Glieder ihm schwer fiele, der Schlaf ihm schwände und sein Gedächtnis ihm untreu würde. Doch hegte er noch die Hoffnung, den Aufführungen des ›Parsifal‹ beizuwohnen, und dem ihn begrüßenden und über sein besseres Aussehen ihn beglückwünschenden Meister erwiderte er scherzend: ›wie achtzehn Jahr‹. Daß er ihm in Palermo nicht hatte Gesellschaft leisten können, war von Wagners Seite nicht allein um seiner selbst willen, sondern gerade um Gobineaus willen bedauert worden. Daß er sich nun aber, alsbald nach der Rückkehr des Meisters in die Heimat, [596] ohne besondere Einladung aus freien Stücken bei ihm einfand, damit wurde mitten unter allen Vorarbeiten für das Kommende für beide Teile ein Fest der gegenseitigen Mitteilung, eines ununterbrochenen Gedankenaustausches eingeleitet. Der ausgezeichnete Freund war trotz allem, was ihn im Verlauf dieses Jahres betroffen, an Geist, Witz und Gemüt derselbe geblieben, als der er sich zuerst in die häusliche Umgebung von Wahnfried eingeführt; mit der gleichen unselbstsüchtig eingehenden Güte unterhielt er das Verhältnis zu den Kindern des Hauses, pflegte er den Verkehr mit den Tieren, die ihm, wie allen Guten, als einem Freunde anhingen. Mit dem Vielgereisten, Weltkundigen schweifte der rege Geist des Meisters durch die verschiedensten Länder und faßte gesprächsweise selbst eine mögliche Reise nach Asien ins Auge. Wie Keiner, wußte er sich selbst mitzuteilen, wie kein anderer, auch den als ebenbürtig Geschätzten durch seine Fragen zur Mitteilung zu veranlassen. Einmal befragte er den Gast, ob denn die Orientalen, deren Phantasieschöpfungen (wie in der ›Tausend und einen Nacht‹) immer nur den Ernst und die Leidenschaft zeigten, auch den Humor kennten; ein anderes Mal, wie er denn in so früher Jugend zu so übermäßigen Studien, wie seine ersten Werke es bekundeten, und insbesondere zum Studium der persischen Sprache gekommen sei? Gobineau erwiderte: er verdanke das einem Lehrer, den er haßte; dieser habe ihn zum Überdruß auf das lateinische Altertum verwiesen, und ihm zum Ärger, und um zugleich den Seinigen zu beweisen, daß nicht Trägheit ihn hierbei bestimmte, habe er sich nun von der römischen Welt ab der orientalischen zugewendet. Denn ›alles war bei mir persönlich‹, fügte er mit Entschiedenheit hinzu. Und in der Tat darf man, wie es in dem schönen ›Erinnerungsbilde aus Wahnfried‹ über ihn heißt, ›von diesem Gesichtspunkte aus die Reihe seiner Arbeiten überblickend, ihn im Sinne Schopenhauers (mit der Bedeutung des größten Lobes) als »Dilettanten«, das heißt: als einen, der aus freier Neigung seinem Studium sich widmet‹ bezeichnen. ›Wohl mag es der Abstand gewesen sein, den er früh genug zwischen sich und der ihn umgebenden Welt empfand, welcher, seinen Forschungssinn weckend, ihn darauf hinwies, die Verschiedenartigkeit der Menschen zu beachten und durch Zeitschichten hindurch zu verfolgen; wobei sein gestaltender Geist es ihm ermöglichte, bestimmte große Linien zu ziehen und zu dem Schluß der unzweifelhaften Überlegenheit der germanischen Rasse zu gelangen.‹1 Gleich in den ersten Tagen entstand in der Unterredung beim Kaffee ein Streit zwischen ihm und Joukowsky über Italiener und Niederländer, der sich von seiten Gobineaus in machen bei der ersten Anhörung gewagt erscheinenden Behauptungen erging; aber der Meister begriff und ergänzte, was der Graf zugunsten letzterer, namentlich Rembrandts, [597] meinte: daß er durch Geist und Humor bedeutender sei als jene alle. ›Zwar‹, (so heißt es bei der Schilderung dieses Vorfalles in dem ebengenannten ›Erinnerungsbilde‹) ›wie er eines Tages in seiner ungestümen Parteilichkeit für alles Germanische kühn erklärte, gegen die niederländischen Maler, Rembrandt an der Spitze, sollten sich die italienischen Künstler samt und sonders Michelangelo nahm er stets aus verstecken, rief das Paradoxon laute Einwendungen hervor; alsbald aber verwandelten sich diese in ein Gelächter des Verständnisses bei der Erklärung: geistvoller unterhaltende und humorbegabtere Menschen wären die Niederländer gewiß gewesen, solch ein italienischer Maler müsse aber zum Sterben langweilig sich ausgenommen haben.‹2 Etwas anderes war es, als er bei einer Unterhaltung über Griechen und Perser soweit ging zu behaupten, die Perser hätten immer die Griechen geschlagen; hier erzielte er von dem Meister das Zugeständnis, seine zweibändige ›Geschichte der Perser‹ noch nicht gelesen zu haben, und den Vorsatz, das Versäumte nachzuholen.

Im Preise seiner urwüchsig gewaltigen germanischen Vorfahren im Verhältnis zu jener ausgelebten römischen Kultur, in die sie hineintraten, ging ihm Wagner selbst (z.B. in einer Abendunterhaltung am Pfingstmontag, 29. Mai) in den feurigsten Aussprüchen voran: so sprach er in ergreifender Weise von den Goten und hob hervor, wie schwer es sei, sich jemand wie Alarich und Theodorich auch nur vorzustellen: ›diese dämonisch von sich erfüllten Wesen, welche die ganze Römerwelt wie Bagage betrachteten‹. Die Vergleichung mit Alexander dem Großen lehnte er ab, sie seien viel ›dämonischer‹ gewesen. Als dann ein anderes Mal wiederum (im Anschluß an jene Widmungsverse) von ›Normannen und Sachsen‹ die Rede war, gab er dem Freunde zu, daß die Normannen das letzte Heldengeschlecht gewesen seien, bestritt aber, daß sie den von ihnen eroberten Ländern eine von ihnen ausgehende eigene Kultur gebracht, sie hätten vielmehr die vorhandenen Kräfte zu verwerten gewußt. Wir erinnern uns, daß ihm dies bereits in Sizilien recht ersichtlich entgegengetreten war (S. 539, 579); aber er behauptete das Gleiche auch von England: auch dort wäre der Normanne nur der ›Geselle, der reizt und wirkt und – selbst als Teufel schaffen muß‹ gewesen. Er erkannte die Züge von Humor und Mut an, die Ritterlichkeit Richards II. bei der Unterdrückung des Wat Tylerschen Aufstandes, fand es aber bedenklich, daß sie als einziger unter den deutschen Stämmen ihre Sprache verloren und aufgegeben, und zwar gegen eine so fremde. Er rühmte es Gobineau nach, welche Klarheit er ihm im Gebiet des Verhältnisses der Sprachen zu den Rassen verdanke, und die Erkenntnis, wie gemischte Sprachen keinen Wert hätten. Daß in der englischen Sprache ein Shakespeare möglich gewesen, störe ihn nicht; das sei [598] eine Anomalie; aber dichten könne man nur in einer Sprache, in der man jedes Wort lebendig empfinde. So sei die deutsche Sprache noch eine, durch ihre starken Verbalformen und die Kraft ihrer Wurzeln, halb lebendige Sprache.3 Es sei sehr bedeutsam, daß zur Zeit Shakespeares, da bisher (bis in die Periode Heinrichs VII.) das Französische das Vorherrschende gewesen war, das Englische selbst erst noch im Entstehen gewesen, daß Shakespeare ungefähr wie Dante in dieser soeben erst sich erschaffenden Sprache auch dichten und schaffen konnte; später aber, als das mixtum compositum sich festgesetzt, sei auch der Tod der Dichtung bereits eingetreten gewesen. Am meisten differierte er mit dem großen Freunde und Gaste in bezug auf die Wertung des Protestantismus, den er als den letzten Ausdruck des germanischen Bewußtseins bezeichnete; während Gobineau die notwendige Erhaltung der religiösen Instinkte den Völkern weit sicherer im Katholizismus gewährleistet sah (S. 525), wogegen der Protestantismus ihm mit den, ihnen feindlichsten Mächten der Neuzeit zu paktieren schien. In dieser seiner Pietät für die katholische Kirche ›übersah oder beschwichtigte er dann nicht nur die klaffenden Widersprüche, welche der semitische Geist in ihre Dogmen und Lehren hineingetragen, sondern nahm selbst das viele Römische, also ihm von Hause aus Antipathische, schweigend hin, das eben diese Kirche in dem Verfahren ihrer Disziplin und Propaganda, wie in ihrer Organisation und ihrem Kultus entfaltete‹.4 Aber nie führte diese Differenz zu einem wirklichen Gegensatz: hatten sich doch bei dem Grafen mit den Jahren in dieser Richtung so manche seiner ehemaligen Schroffheiten (wie sie noch im ›Essay‹ zum Ausdruck kamen) gemildert; ohne Unwillen ließ er seine stets mit triftigen Argumenten vertretenen Ansichten durch den Meister angreifen und widerlegen, und brachte sogar die traurigen Eindrücke, die er vom heutigen Stande der Dinge auch nach dieser Seite hin empfangen, witzig und freimütig zur Kenntnis. Und wenn Wagner darauf, ihm die kräftigende Einwirkung des ›Einbeckers‹ auf den großen Reformator rühmend, ihn im Gartenhause zu einem Glase ›Weihen-Stephan‹ einlud, erwiderte er mit unvergleichlicher Anmut und der Heiterkeit eines nach innen von allen Fesseln entbundenen Wesens: ›Wohlan, trinken wir das Bier des Dr. Martin Luther!‹5

Die Korrekturen des Klavierauszuges von ›Parsi fal‹ hatte der Meister, wie wir uns entsinnen, bereits am 10. März von Palermo aus an den Verlagsort abgesandt, und in Venedig vier Wochen später sich darüber geärgert, daß derselbe immer noch nicht eingetroffen war. Nachdem dieser endlich in seinen Händen war, versandte er ihn an die wenigen Personen, denen er [599] damit eine Auszeichnung zudachte: obenan in dieser Zahl standen, nächst dem Könige, Liszt und die Gräfin Schleinitz. Auch Wolzogen und Friedrich Schön erhielten je ein Exemplar mit einer Widmung von seiner eigenen Hand. War das von diesem letzteren gegebene Beispiel eines opferwilligen Enthusiasmus auch ohne Nachfolge von seiten aller Derer geblieben, die aus ihren bei weitem größeren Mitteln der großen Sache so leicht hätten dienen können: so war doch die Tat Schöns der Ausdruck einer Gesinnung, durch welche er dem Meister innig wert geworden war. Schon in diesen Maitagen reiste in ihm der Gedanke, dem bisherigen ›Patronatverein‹ eine Aufgabe zuzuweisen, die ihm besser anstand, als die, an welcher seine allzu dürftigen Kräfte gescheitert waren: hatte er sich als ohnmächtig erwiesen, der Festspielinstitution selbst die ihr nötige materielle Grundlage zu gewähren, so sollte ihm durch eine weitblickende Verfügung die schöne Pflicht auferlegt werden, für die vielen Würdigen, aber Unbemittelten innerhalb des Publikums zu sorgen und ihnen die künstlerische Wohltat einer unentgeltlichen Teilnahme an den Aufführungen zu ermöglichen. Soviel von dem ursprünglichen Patronatgedanken sollte nun doch gerettet werden. Noch schlummerte dieser Gedanke unausgesprochen in seinem Innern, das aber stand im voraus für ihn fest: sollte er demnächst durch einen Aufruf bekannt gegeben und verwirklicht werden, so war kein anderer in dem ihn umgebenden Freundeskreise würdiger und durch die Unabhängigkeit seiner Lebensstellung befähigter, in werktätiger Organisation dafür einzustehen, als dieser bei all seiner Jugend bewährte, vortreffliche Freund.

Inzwischen näherte sich der 22. Mai und damit, was niemand ahnen konnte, der letzte Geburtstag, den der Meister unter den Seinen verbringen sollte, und es gab geheimnisvolle Vorbereitungen aller Art, um ihn festlich reich zu gestalten. Unter anderem hatte der junge Graf Gravina es sich vorgesetzt, trotz der weiten Reise zu diesem Tage in Bayreuth einzutreffen, um einige Wochen daselbst zu verbringen, zu völliger Überraschung für alle, denn niemand im Hause, selbst die Braut nicht, wußte etwas davon. Die Kinder waren seit Wochen eifrig mit Proben für die Festaufführungen beschäftigt (›3. Mai: Vorbereitungen fürs Maienfestspiel begonnen‹, heißt es in Humperdincks Tagebuchaufzeichnungen). Joukowsky war seit seiner Rückkehr aus Sizilien eifrig mit seinen szenischen Arbeiten für ›Parsifal‹ beschäftigt gewesen: ›von meinen Arbeiten‹, berichtet er, ›erwähne ich besonders den Schrein, der den heiligen Gral bergen sollte; denn er spielte später in meinen Beziehungen zu Wagner eine verhängnisvolle Rolle: er konnte für meinen Geschmack nicht reich und prachtvoll genug sein; ich überhäufte ihn mit großen Glas-Edelsteinen und Emailplatten. Zu gleicher Zeit beendigte ich eine der Überraschungen, welche Frau Wagner für den 22. Mai erdacht hatte: ich bemalte 50 Meter Länge und 3 Meter Breite eines hellblauen Atlasstoffes mit [600] phantastischen Bäumen, Blumen und Vögeln nach einem alten chinesischen Muster, der als Tapete für den Saal in Wahnfried bestimmt war und heute noch dort hängt.‹ Nach Joukowskys mündlicher Mitteilung können wir noch den sinnigen Zug hinzufügen, daß unter seiner Anleitung ein jedes einzelne der Kinder des Hauses zu einem Teil dieser Arbeit den Pinsel geführt hatte. Auf seine Weise war auch Humperdinck an diesen Überraschungen beteiligt. Für den von Knabenstimmen auszuführenden Chor ›der Glaube lebt‹ hatte nämlich Levi den Vorschlag gemacht, einen bereits bestehenden geübten Kirchenchor aus einer der bayerischen Städte in Verwendung zu ziehen und der Meister diesen Vorschlag im allgemeinen gebilligt,6 die Aufführung im einzelnen aber Levi völlig überlassen. ›Inzwischen hatte ich‹, erzählt nun Humperdinck, ›im Laufe des Winters, ohne des Meisters Vorwissen mit Vorbereitungen begonnen, mit denen ich ihn bei seiner Rückkehr aus dem Süden zu überraschen gedachte. Aus den Gemeindeschulen Bayreuths stellte ich einen Knabenchor zusammen, dem ich die »Parsifal«-Chöre aus der höchsten Höhe nach und nach einstudierte. Die kleinen Bayreuther waren mit Eifer bei der Sache und machten mit ihren frischen, unverdorbenen Stimmen den erfreulichsten Eindruck. Aus der geplanten Bewillkommnung bei der Heimkehr wurde zunächst freilich nichts; dafür sollten wir, wie Frau Wagner wünschte, bei der nahebevorstehenden Geburtstagsfeier das unsrige beitragen.‹ Zu völliger Sicherheit hatte sich behufs Unterstützung des jungen Chores Elsa Ritter von Würzburg her eingefunden. Von seiten der Kinder war als Einleitung und Morgengruß eine Szene einstudiert, welche im sichtbaren ›Thespis-Karren‹ die Anfänge der Kunst vergegenwärtigte, deren erhabenen Höhepunkt das Weihefestspiel bildete; außerdem für den Abend ein Lustspiel von Cervantes (›Plapperzungen‹ oder ›Plaudertaschen‹) und ein von Frau Wagner eigens für den Tag gedichtetes Stück ›Liebesnot‹, in welchem Daniela die anspruchsvolle Hauptrolle zufiel. Der Tischspruch war Blandinen, als demjenigen Familienglied zuerteilt, das demnächst aus dem trauten Kreise einer edlen Gemeinsamkeit zu scheiden hatte.

Der festliche Tag brach an, durch das schönste Wetter sichtbar begünstigt. Leider begann er für den Meister selbst, nach dem ersten freundlichen Erwachen, mit einem heftigen Brustkrampf, so daß der ›Thespiskarren‹ sich um fast eine volle Stunde verzögerte. Nachdem er den Kindern in tiefer Rührung gedankt und sie einzeln umarmt hatte, wurde er zunächst in den Garten geleitet, wo ihn als erste liebevolle Bescherung ein neuer Goldfasan, Rosen und Goldfische im Bassin erwarteten, außerdem der Anblick zweier schwarzer Schwäne, einer Gabe des königlichen Freundes, dem er sogleich telegraphisch [601] seinen Dank entsandte. Wie er dann in den Saat trat, gewahrte er diesen im Schmuck nicht allein der blauen Atlastapete, sondern auch noch einer anderen königlichen Spende, bestehend in reichgestickten, schweren seidenen Decken und einem kostbaren Leuchterpaar. ›Als ich‹, so berichtete er daher einige Tage später an den freundlich vermittelnden Gönner Herrn von Bürkel, ›als ich mir gestattete, Sr. Majestät dem Könige in einem gereimten Telegramm sofort meine dankbare Ergriffenheit auszusprechen, war mir von meiner Frau nur erst das schwarze Schwanenpaar vorgeführt worden, denen ich alsbald die Namen, »Parsifal« und »Kundry« gab. Erst später wurde mir noch der Glanz der seidenen Gewebe enthüllt, die auf meines erhabenen Wohltäters Geheiß unsere asiatische Urheimat spenden mußte.‹7 Inzwischen läutete es zu Tisch, man begab sich ins Speisezimmer, und der junge Graf Gravina trat ein, der, schon am frühen Morgen eingetroffen, bis dahin im Zimmer Gobineaus verborgen gehalten war Hocherfreut durch diese wohl gelungene Überraschung, gestand der Meister, durch diese Ankunft wieder neue Lebensgeister gewonnen zu haben, da er zuvor sehr angegriffen gewesen sei. Während der Mahlzeit meldete Elsa Ritter durch einen Blick, daß die ›Knaben‹ gekommen seien. Die jungen Sänger hatten sich (nach Humperdincks Erzählung) im Hofgarten versammelt, von wo sie durch ein Pförtchen in Garten und Haus eingelassen wurden; Filzsohlen an den, Füßen, waren sie über eine Hintertreppe durch eine Flucht von Gemächern zur Galerie der Halle geleitet, wo sie sich lautlos aufstellten. Es gelang Elsa Ritter, vom Meister unbemerkt, ihren Platz und das Zimmer zu verlassen, eben während die junge Braut sich von ihrem Sitze erhob und in vollster Ergriffenheit, mit Tränen der Rührung kämpfend, ihren schönen Trinkspruch sprach, von welchem Wagner sagte, er sei ihre ›völlige Verklärung‹ gewesen Kaum hatte sie die vier Strophen desselben beendet und mit dem ›er lebe hoch!‹ geschlossen, so fiel der Knabenchor wundervoll ein, und der frische Klang ihrer Stimmen durchbrauste den Raum. Alles war so trefflich geglückt, daß der Meister nur den Wunsch aus sprach, daß ihm seine große Aufführung ebenso gelingen möchte, wie die heutigen Festveranstaltungen. Zum Kaffee überbrachte dann Siegfried als ›Ehrenhold‹ die eingelaufenen Depeschen, unter denen sich auch der Gruß des Königs befand und das Programm des Abends. Dann galt es für den Gefeierten auszuruhen, während die Halle für die abendlichen Aufführungen geschmückt wurde. Von einem Spaziergang im [602] Hofgarten heimkehrend, wobei ihm die schwarzen Schwäne Freude machten, fand er bei der Heimkehr die fünfzig Knaben von Siegfried bewirtet, welche Haus und Garten mit Klängen aus ›Parsifal‹ und auch sonst mit heiterem Geräusch erfüllten. Um acht Uhr war die Truppe der Darsteller für die abendlichen Stücke versammelt: der größeren Ansprüche auf die Personenzahl gemäß waren diesmal auch Frau Jäger, und zu dem in allen Sätteln gerechten Humperdinck noch zwei begabte junge Militärärzte hinzugezogen. Beide Stücke gingen vorzüglich vonstatten; es gelang alles nach Wunsch, und Daniela als Hauptdarstellerin zeichnete sich vor allen andern aus. Auch die, mehr andeutenden, szenischen Einrichtungen erwiesen sich als vorzüglich, und sowohl sämtliche Darsteller, wie die liebevolle Veranstalterin aller Feierlichkeiten, hatten allen Grund, mit dem Erfolg ihrer Mühen zufrieden zu sein; denn der Meister blieb vom Beginn bis zum Schluß in heiterster Stimmung. Zwischen beiden Stücken hatten die beiden jungen Musiker, Humperdinck und Hausburg, vierhändig am, Flügel das Scherzo der neunten Symphonie vorzutragen, welche, wie schon erwähnt, gerade damals den Geist Wagners wieder angelegentlich beschäftigte, so daß er häufig davon sprach (S. 595f.). Dem großen Freunde alles Volkstümlichen war es außerdem eine heitere Labung, daß der eine der beiden erwähnten, hierfür mit besonderem Talent ausgestatteten, jungen Militärärzte, im weiteren Verlauf des Abends, teils allein, teils mit seinem Kollegen wechselnd, die schönsten frisch improvisierten dialektischen ›Schnadahüpfln‹ zur Gitarre zum besten gab. Von dem Gegensatz zwischen der ausgeprägten Persönlichkeit der beiden großen ›Aristokraten des Geistes‹, Wagner und Gobineau, berichtend, kommt einmal Wolzogen auf die grundverschiedene Auffassung zu sprechen, welche sie gerade diesen volkstümlichen Gesängen entgegenbrachten: ein Unterschied, wie zwischen jenem leisen Lächeln des philosophischen Weltmannes und dem herzhaft lachenden Humor des deutschen Künstlers aus dem Volke Wagner habe bei diesen Schnadahüpferln ›Tränen gelacht‹ und bei der drastischen Schilderung einer Bauernrauferei ein über das andere Mal jauchzend gerufen: ›Eine Ilias! eine Ilias!‹ – der vornehme Sprößling des altfranzösischen Geschlechtes aber sich in einen Winkel des Saales zurückgezogen und leise in sich hinein gemurrt: ›C'est affreux! puéril!‹8

In der Tat war Gobineau gerade in der zweiten Hälfte seines Bayreuther Aufenthaltes aber auch recht leidend: ›maßlose geistige Anstrengungen, bei völlig rücksichtsloser Behandlung des körperlichen Befindens, inmitten steter seelischer Peinen und widerwärtiger Eindrücke, hatten ihn frühzeitig gealtert; er rang nicht mehr, er war erschöpft, und den Freunden [603] konnte es nicht entgehen, daß er dies war‹.9 Nichtsdestoweniger nahm er an dem gesamten häuslichen Verkehr und so auch an den abendlichen Vorlesungen regelmäßigen Anteil; aber die Ermattung war fühlbar und sein freundlicher Wirt durch jede Aufmunterung darauf bedacht, ihm über das Bewußtsein seines Zustandes hinwegzuhelfen. Gern hob er ihm in der Unterhaltung hervor, wieviel er ihm für die Erkenntnis wichtigster Probleme zu danken habe, und schloß z.B. seine Diatriben über den Zusammenhang zwischen Rassen und Sprachen (S. 598 f.), indem er dem Müden zum Schluß ein herzliches: ›Sie sollen leben!‹ zurief Wenn der Gast sich wohler fühlte, wurden auch die Gespräche wieder heiterer. Eines Abends las ihm der Meister den Beginn von ›Richard II.‹, zu aller Entzücken; vieles knüpfte sich in den Gesprächen daran: es schien unmöglich auszusprechen, was alles darin enthalten sei, unmöglich auch, nach einer solchen Lektüre nicht fortwährend auf ihren Gegenstand zurückzukommen.10 Wiederum versicherte Wagner, Shakespeare sei sein einziger ›Geistesfreund und -verwandter‹. Beim Abendbrot hatte er wiederum seine Abneigung gegen Ariost und die ganze ›Renaissance-Poesie‹ ausgesprochen, die an Virgil, den er selbst nicht leiden könne, sich anlehne; Cervantes dagegen käme ihm gleich nach Shakespeare. Oder er bot ihm als Labung die in seinem Vortrag bis in den kleinsten Zug hinein sich belebende ›klassische Walpurgisnacht‹, deren förmlich architektonischen Aufbau er bewunderte; oder – im Anschluß an das eben gefallene Zitat von ›Gestank und Tätigkeit‹ (S. 7) – den Monolog Fausts und die Szene zwischen Faust und Mephisto; oder aus dem ersten Teil die Szenen nach dem Osterspaziergang bis zum Eintritt des ›fahrenden Schülers‹. Er sprach über Beethoven, unter Hervorhebung seiner Vorliebe für die ›populäre Melodie‹; sie sei bei ihm dasselbe, was bei Goethe der Knüttelvers, der durch seine freien Rhythmen eine neue Art von Witz und Humor eröffnete, die selbst Shakespeare noch unbekannt war. Im Anschluß an seinen eigenen Vortrag des ersten Satzes der A dur-Sonate, nebst Einzelnem aus dem letzten Satze von op. 111 erklärte er leidenschaftlich: mit diesen Werken habe Beethoven eine ganz neue Welt enthüllt, und alles darin sei Melodie, seien Gestalten, die auf einen zukämen, wenn auch kein Auge sie sähe. ›Aber es ist zu Ende mit der Musik‹, rief er dann schmerzlich aus, ›und ich weiß nicht, ob meine dramatischen Explosionen dieses Ende aufhalten können. Es hat so kurz gedauert. Aber diese Dinge haben mit Zeit und Raum nichts zu schaffen!‹ Er gedachte dessen, wie aus tiefster Not das deutsche Volk diese Zuflucht fand, diese andere Welt. Und es habe etwas Schönes, fügte er heiter hinzu, [604] daß die Ahnen einem das Höchste blieben: ihm fielen immer die Werke der andren, nie die seinen ein. Doch brachte er dann, auf allgemeinen Wunsch, etwas von sich zum Vortrag: den Schluß des 1. Aktes der ›Walküre‹. In den Briefen des Grafen an seine römische Freundin (Gräfin Latour) ist von diesen Beethoven-Studien mehrfach die Rede. ›Gestern abend hat mir der Meister ein Bruchstück aus Beethovens neunter Symphonie vorgespielt, – es war unerhört!‹ Und wiederum: ›Gestern abend und vorgestern hörte ich das Adagio der neunten Symphonie von ihm spielen. Er spielt wie keiner.11 Alles in der Welt gäbe ich darum, wenn Sie ihn hören könnten!‹12 Noch am letzten Abend ihres Zusammenseins las ihm Wagner aus Steins Dialogen den ›Solon‹ vor, und er selbst, wie seine Hörer, waren überrascht durch die Tiefe der Gedanken und ihre besonnene Fassung; auch durch die Charakteristik, das Gemisch von Anstand und Aufgeregtheit in der Person des Krösus. Gerade hatte er tags zuvor das Richtige des Ausspruchs von Jean Paul betont, das Wesen des Künstlers läge in der ›Besonnenheit‹. Die Besonnenheit gäbe gewiß keinen Einfall ein (›die heutigen Herren komponieren alle besonnen‹), aber ›sie sei notwendig, um den Einfall wiederzufinden‹.

Am 17. Juni bei großer Kälte wurde der Freund mit trüben Gedanken (›mit unaussprechlicher Sorge‹, heißt es in dem ihm gewidmeten Erinnerungsbilde) nach Gastein entlassen, wohin der Arzt ihn sandte. Nicht ganz sechs Wochen hatte er in Bayreuth zugebracht, und doch war die kurze Zeit überaus reich an gemeinsamen ernsten und heiteren Erlebnissen gewesen, sowohl im Hause selbst, wo sich jedes Zusammensein in seiner Art dazu gestaltete, als auch durch das Hereinklingen der Ereignisse der Außenwelt. In diese Periode fiel u.a. der Tod Garibaldis zu Caprera (3. Juni), im nicht ganz vollendeten fünfundsiebzigsten Lebensjahr. Der Meister wiederholte bei dieser Gelegenheit seinen alten Vergleich des großen Volkshelden mit Timoleon;13 nur daß sich das Beispiel in unserer Zeit weniger würdig ausnähme. Garibaldis letzte Reise nach Sizilien, ihm und den Seinen noch in frischer Erinnerung, hatte in seinen Augen auch etwas Großes, Episches, und daß die Politik das Arrangement zu seinen Großtaten gab, nähme ihm nichts von seiner antiken Größe. In Verbindung mit dem Rückblick auf palermitanische Erlebnisse kam das Gespräch u.a. auch auf das italienische Brigantenwesen mit seiner eigenartigen Räuberromantik, mit welchem der Meister, indem er es als eine Art Reaktion gegen Bourbonen-Absolutismus und anderweitige Regierungssünden [605] auffaßte, einige Sympathien verriet. Gobineau seinerseits wußte mancherlei ungemein sprechende Züge von der Großherzigkeit dieser Banditen, insbesondere ihrer Ehrfurcht vor den Frauen mitzuteilen, so daß wohl der Gedanke aufkommen konnte, sie stammten noch aus andern uralten Zeiten; fernerhin aber sprach er unverhohlen seinen Widerwillen gegen sie aus: ›ich habe die Räuber aller Länder kennen gelernt, in Persien und Griechenland, in Italien und dem Süden Amerikas – ich stehe immer auf seiten der Polizei‹. ›Und doch, fügt Wolzogen seinem Bericht über diese Unterhaltung hinzu, auch dieser ruhige Weise, der die arische Rasse als Macht des Maßes und der Ordnung in der Geschichte gepriesen: als er mit seinem, Freunde, dem einstigen ›Revolutionär‹ von Dresden, dessen »Ring des Nibelungen« im Berliner Viktoria-Theater beiwohnte – da stand er nicht auf »seiten der Polizei«, sondern auf seiten des göttlichen Räubers – Wotan! Damals, als das deutsche Publikum noch gar kein Verständnis für diesen Wotan als Helden der »Ring«-Tragödie hatte, war es der Franzose, der sich Normanne fühlte, war es Graf Gobineau, welcher gerade von den Wotansszenen des Dramas am mächtigsten angezogen und ergriffen, hierin den Geist seines Stammes, hierin die Tragödie seiner Rasse, hierin das Herrentum des Ariers wiedererkannte. Es regte sich in ihm dabei derselbe Sinn, der einst auf dem felsigen Grunde des nördlichen Norwegen, im Halogaland, wie durch Berührung mit dem uralten Mutterboden geweckt, das bezeichnende Wort gefunden hatte: »Hier, ich fühle es, hier stamme ich her!«‹14 Als Gastgeschenk aber nahm er, zum Andenken gemeinschaftlicher beim ›Faust‹ verbrachter Abende, ein schönes altes Exemplar der Goetheschen Dichtung, mit eigenhändiger Widmung Wagners, mit sich auf seine Fahrt.15

Den Gesang der Knaben ›Der Glaube lebt!‹ vernahm der Meister, wenige Tage nach seinem Geburtsfest, noch einmal im, Festspielhause selbst, wo die aufgestellte Dekoration des Graltempels in bezug auf ihre akustische Wirkung für Chor und Glocken erprobt werden sollte. Die Wirkung war hocherfreulich, die Tamtams aber, durch welche die Glocken wiedergegeben werden sollten, so wenig rein gestimmt, daß ein endgültiges Urteil über ihre Brauchbarkeit noch nicht gefällt werden konnte. Sie waren aus London durch Dannreuther verschafft; an ihn wandte er sich daher brieflich (27. Mai) mit der angelegentlichen Bitte um ein Instrument dieser Art von besserer Qualität; offenbar war die Ausführung aber keine so leichte Sache; denn noch am 12. Juli(!) hatte er die gleiche Bitte telegraphisch zu wiederholen: ›A Kingdom for a Tamtam! mit richtigem C Diapason normal.16 Die ihm ursprünglich vorenthaltene Nachricht vom Abfall Lilli Lehmanns hatte er noch [606] in Venedig mit aller Fassung vernommen; es war dem vielgetreuen Heinrich Porges beschieden, sich um diese beneidenswerte Aufgabe ein allseitig und insbesondere von seiten des Meisters hoch anerkanntes Verdienst zu erwerben, der ihn von jetzt ab scherzhaft den ›Blumenvater‹ nannte. Am Tage der Abreise des Grafen beendigte er die Abschrift seines (vom 16. Juni datierten) offenen Briefes an Friedrich Schön über die Begründung des Stipendienfonds: am 18. unternahm er mit dem angekommenen Frankfurter Kostümier Herrn Schwab und Fritz Brandt, kurz, wie er sagte, ›mit dem ganzen Kunstwerk der Zukunft‹, eine Fahrt über Eremitage nach dem Theater. Er war sehr heiter und stieg auf der Bühne bis zum Schnürboden hinauf, um noch einmal die Tamtams zu probieren Turm, Blumenaue und Wandeldekoration waren ihm schon vorher zu großer Befriedigung vorgeführt worden. ›Ihre Arbeiten sind wundervoll‹, telegraphierte er an die Brückners, ›nehmen Sie meinen herzlichen Dank; bald sei alles zu Ihrem Ruhme vollendet!‹ Im Gärtchen des Hausinspektors Herrn Moritz, unter Liebkosungen der beiden großen Hunde, Faf und Freia wurde Bier getrunken, und er rief befriedigt aus: ›nur unter Künstlern zu sein, das sei ihm erfreulich; nur die Künstler wüßten etwas‹. Er erging sich dann lebhaft über die Malerei im Dienste der Bühne; das sei wie die Musik im Dienste des Dramas! Die bloße Theatermalerei würde insgemein geringgeschätzt und verachtet; er aber gebe dem Maschinisten den Vorzug vor dem Architekten, der heutzutage nur kopieren könne. Es drückte sich darin die Stimmung aus, aus welcher heraus bei seinem späteren Rückblick der Passus geschrieben ist: ›Auf dem Gebiete der »szenischen Dramaturgie«, wie ich es benennen mochte, für alle meine Angaben und Wünsche auf das innigste verstanden zu werden, war das große Glück, welches mir durch die Zugesellung des vortrefflichen Sohnes des so schmerzlich schnell mir entrissenen Freundes, dem ich fast ausschließlich die Herstellung unseres Bühnenfestspiel-Raumes und seiner szenischen Einrichtung verdanke, zuteil ward. In der Wirksamkeit dieses jungen Mannes sprach sich die ungemeine Erfahrung seines Vaters mit einem so deutlichen Bewußtsein von dem idealen Zwecke aller durch diese Erfahrung gewonnenen technischen Kenntnisse und praktischen Geschicklichkeiten aus, daß ich nur wünschen möchte, auf dem Gebiete der eigentlichen musikalischen Dramaturgie selbst dem Gleichen zu begegnen, dem im dereinst mein mühevoll allein verwaltetes Amt übertragen könnte. Auf diesem Gebiete ist leider alles noch so neu und durch weit ausgebreitete üble Routine als für meinen Zweck brauchbar zu solcher Unkenntlichkeit verdeckt, daß Erfahrungen, wie wir sie diesmal gemeinschaftlich durch das Studium des »Parsifal« machten, nur der Wirkung des Aufatmens aus Wust und eines Aufleuchtens aus Dunkelheit gleichen konnten. Hier war es eben noch nicht die Erfahrung, welche uns zu einem schnellen Verständnis verhelfen konnte, sondern die [607] Begeisterung – die Weihe! – trat schöpferisch für den Gewinn eines sorgfältig gepflegten Bewußtseins vom Richtigen ein.‹17

War nicht alles gleich so, wie es sein sollte, so fühlte er sich auf diesem Gebiete der ›szenischen Dramaturgie‹ doch sicher, daß vorkommende Mißgriffe, die seinen Intentionen noch nicht voll genügten, sich leicht verbessern lassen würden. So war es mit der Walddekoration des ersten Aktes, wo der See im Hintergrunde viel zu düster gehalten war, so auch mit der Kuppel der Gralshalle bestellt: beide entsprachen seinen Wünschen noch nicht völlig. ›Werteste Freunde!‹ schrieb er da an die Brückners, ›an dem Walde (1. Akt) werden Sie noch zu tun bekommen; mehr Grün und Laub; er ist zu trocken. Der See muß heller hervorgehoben werden! Aber auch die Kuppel des Gralstempels muß eine Änderung erhalten Kommen Sie nur bald und bleiben Sie schön! Das ist alles, was ich wünsche.‹18 Am schwierigsten war es noch mit den Kostümen und Requisiten bestellt, die nach Joukowskys Angaben von der Frankfurter Firma Schwab und Plättung ausgeführt waren. Hier war gar vieles noch nicht in seinem Sinne. Die erste Kostümprobe (am 19. Juni) war ein wahrer Schrecken. ›Ich hatte viel Kummer durchzumachen‹, berichtet darüber Joukowsky, ›denn die Kostüme der Blumenmädchen waren entschieden mißglückt, und nur die reiche Erfindungsgabe Frau Wagners rettete sie durch geistreiche Kombinationen‹. Doch kamen nicht alle guten Einfälle auf einmal, und es war ein wesentlicher Fortschritt zu der, für alle Zeiten beibehaltenen Lösung der Frage, daß z.B. der Unterschied der Kostümierung beim ersten Auftreten (wo Dichtung und Partitur noch von flüchtig übergeworfenen, zartfarbigen Schleiern sprechen) und beim späteren Wiedererscheinen (wo die Mädchen, ganz in Blumengewänder gehüllt, selbst als Blumen sich darstellen) aufgegeben wurde, indem ihre lieblichen Gestalten vielmehr sogleich als Blumen gekleidet, späterhin nur noch den entsprechenden Kopfputz als Schmuck hinzufügten. Joukowskys schöner Gralsschrein (S. 600), den er mit so viel Fleiß und Freude hergestellt, erwies sich als zu schwer zum Tragen, und der bescheidene Künstler klagt sich in seinem Bericht darüber seiner ›Unkenntnis des Theaterwesens‹ an. Wenn man überhaupt dazu käme, erklärte der Meister, solche Details, wie Gralsschrein und Decke, zu beobachten, dann sei seine Absicht als Dramatiker verloren. Die ›echten‹ Panzerkapuzen der Ritter im dritten Akt waren ihm unangenehm: er wünschte statt ihrer die, noch heute gleichmäßig beibehaltenen Kappen mit herabhängendem Tuchschleier, und als Joukowsky ihn nicht gleich verstand, geriet er außer sich, sprang mitten im Abendessen auf, verließ den Tisch, entwarf hastig wütend mit eigener Hand mit wenigen Strichen die noch heute in Wahnfried befindliche Original-Handzeichnung [608] und kehrte dann wieder, um sich bald zu beruhigen und den Abend in freundlichen Gesprächen zu verbringen. Nachträglich fand dann Joukowsky in genauer Bestätigung dieser im Augenblick improvisierten Zeichnung ganz dieselbe Kappe in einem Kostümbuch. Alle diese Einzelheiten faßt der Meister in seinem bereits erwähnten ›Rückblick‹ in die nachstehenden Sätze zusammen: ›Hier mußte viel erfunden werden, was denjenigen nicht nötig dünkte, welche durch geschickte Zusammenstellung aller bisher in der Oper als wirksam erfundenen Effekte dem Verlangen nach unterhaltendem Prunk zu entsprechen sich gewöhnt haben.19 Sobald es sich um die Erfindung eines Kostümes der Blumenzaubermädchen Klingsors handelte, trafen wir hierfür nur Vorlagen aus Ballett oder Maskerade: namentlich die jetzt so beliebten Hofmaskenfeste hatten unsere talentvollsten Künstler zu einer gewissen konventionellen Üppigkeit im Arrangement von Trachten verführt, deren Verwendung zu unserem Zwecke, im Sinne einer idealen Natürlichkeit, sich durchaus untauglich erwies. Diese Kostüme mußten in Übereinstimmung mit dem Zaubergarten Klingsors selbst erfunden werden, und nach vielen Versuchen mußte es uns erst geglückt erscheinen, des richtigen Motives für diese, der realen Erfahrung unauffindbare Blumenmächtigkeit uns zu versichern, welche uns die Erscheinung lebender weiblicher Wesen ermöglichen sollte, die dieser zaubergewaltigen Flora wiederum wie natürlich entwachsen zu sein schienen. Mit zweien jener Blumenkelche, welche in üppiger Größe den Garten schmückten, hatten wir das Gewand des Zaubermädchens hergestellt, das nun, galt es seinen Schmuck zu vollenden, nur eine der buntbauschigen Blumen, wie sie ringsher zerstreut anzutreffen waren, in kindischer Hast sich auf den Kopf zu stülpen hatte, um uns, jeder Opern-Ballett-Konvention vergessend, als das zu genügen, was hier einzig dargestellt werden sollte – Waren wir durchaus beflissen, dem idealen Gralstempel die höchste feierliche Würde zu geben, und konnten wir das Vorbild hierfür nur den edelsten Denkmälern der christlichen Baukunst entnehmen, so lag es uns wiederum daran, die Pracht dieses Gehäuses eines göttlichsten Heiligtumes keineswegs auf die Tracht der Gralsritter selbst übertragen zu wissen: eine edle klosterritterliche Einfachheit bekleidete die Gestalten mit malerischer Feierlichkeit, doch menschlich anmutend. Die Bedeutung des Königs dieser Ritterschaft suchten wir in dem ursprünglichen Sinne des Wortes »König«, als des Hauptes des Geschlechtes, welches hier das zur Hut des Grales auserwählte war: durch nichts hatte er sich von den andern Rittern zu unterscheiden, als durch die mystische Wichtigkeit der ihm allein vorbehaltenen erhabenen Funktion, sowie durch sein weithin [609] unverstandenes Leiden. – Für das Leichenbegängnis des Urkönigs Titurel hatte man uns einen pomphaften Katafalk, mit darüber von hochherab hängender schwarzer Sammet-Draperie vorgeschlagen, die Leiche selbst aber in kostbarem Prunkgewande mit Krone und Stab, ungefähr so wie uns öfter schon der König von Thule bei seinem letzten Trunke vorgestellt worden war. Wir überließen diesen grandiosen Effekt einer zukünftigen Oper, und verblieben bei unserem durchgehends eingehaltenen Prinzipe einer weihevollen Einfachheit.‹20

Am schwierigsten war die gestaltende Arbeit aber da, wo sie für die Hervorbringung des großen Neuen an ein menschliches Material mit all seinen Eigenheiten und Unzulänglichkeiten gebunden war, und als typisch darf dafür das Verhalten Vogls gelten, der nach langem Hinhalten sich am Ende durch seine Forderungen selbst von der Mitwirkung ausschloß Nicht allein, daß er darauf bestand, daß neben ihm auch seine Frau zur Mitwirkung herangezogen würde: sondern er wünschte mit ihr gemeinschaftlich den übrigen Mitwirkenden unbedingt vorangestellt zu werden, und nahm somit das – an den Operntheatern nach französischem und italienischem Vorbild allgemein hergebrachte – Vorrecht des sog. ›Creierens‹ der Partie für sich in Anspruch.21 Ausführlich teilte sich daher der Meister bereits unterm 20. Mai an Levi mit: ›Herr Vogl selbst weiß, daß ich nur zögernd, aber dann bestimmt zur Anerkennung seiner bedeutenden Verdienste angeleitet worden bin; wenn hier zwischen talentvollen Sängern ein Primat zuerkannt werden soll, sei dies von mir ihm herzlich gern zugewiesen. Im betreff der Frau Vogl, so sehr sie mich in verschiedenen Partien der von ihr mir vorgeführten Rollen zu rühren verstand, glaubte ich zunächst nicht vorsichtiger verfahren zu können, als die Partie der Kundry ihr gar nicht anzubieten, da im für die Durchführung derselben eine Energie der Stimme fordern muß, welche ich von dieser Sängerin nicht in Anspruch nehmen zu dürfen glaubte. Ich habe diese Partie demnach zum Alternieren an Frau Materna und Frl. Brandt ursprünglich zuerteilt, und nur, da ich zu ersehen glaubte, daß Herr Vogl sich hierdurch betroffen fühlen durfte, stellte ich es seinem eigenen Urteil anheim, nach gewonnener Einsicht in dieselbe, diese Partie auch seiner Frau zur Mitwirkung zu übertragen. Da auch Herrn Vogl durch ein Manifest [610] von mir bekannt sein wird, daß ich überhaupt talentvolle Sänger zur Übung für die zahlreichen Aufführungen des »Parsifal« herbeizuziehen gedenke, wird er, sobald er auf meine Idee eingeht, sich nicht verletzt fühlen, wenn er, neben dem mit ihm zum Alternieren zugesellten Herrn Winkelmann in einigen Aufführungen Herrn Gudehus, sowie auch Herrn Jäger an der Darstellung des »Parsifal« sich beteiligen sehen wird. In gleicher Weise wird Frl. Malten einige Male die Kundry singen, und es würde mich sehr befriedigend dünken, wenn auch Frau Vogl an mehreren der so zahlreichen Aufführungen sich beteiligte. Hiergegen glaubte sich Frau Materna durch meine zuerst an sie ergangene Einladung im eigentlichen Besitz der Partie, und besteht jetzt als Bedingung ihrer Mitwirkung auf dem Rechte der ersten Vorstellung, während Frl. Brandt, welche die Kundry bereits vor sieben Monaten zu meiner höchsten Befriedigung mit mir studiert hat, von einem Vorrecht der ersten Darstellung, wie ich sicher annehme, bescheiden absteht. Diesen einigen Schwierigkeiten entgegensehend, glaubte ich mit der Ausgleichung derselben bis zu unser aller persönlichen Zusammenkunft warten zu können. Die an Sie ergangene Erklärung des Herrn Vogl läßt mich jedoch erkennen, daß ich beizeiten zu einem Entschluß hierfür kommen muß.‹ Als solchen Entschluß kündigt er demgemäß seine feste Absicht an, die Anzahl der von ihm angekündigten Aufführungen nötigenfalls so stark zu reduzieren, daß er mit einem einzigen, ihm durchaus gewogenen und auf seine Ideen willig eingehenden Personal dafür auskäme, und demnach das Ausscheiden solcher Künstler, welche diese Übereinstimmung mit ihm nicht aufrecht zu erhalten wüßten, willig zu ertragen.22

Nach diesem, wenn auch nicht an ihn selbst gerichteten, Briefe war es Bögl doch recht schwer gemacht, an seinem Tenoristen-Ehrgeiz festzuhalten; mit solcher Milde, solchem Ernst waren darin die leitenden Grundsätze dargelegt, an denen er um der Sache selbst willen mit aller Entschiedenheit festzuhalten entschlossen war. Nichtsdestoweniger empfing der Meister um die Mittagszeit des 2. Juni einen Brief des Münchener Sängers, in welchem dieser mit der Motivierung, daß er ›durch eine vierfache Besetzung der Hauptpartien die notwendige Veranlassung (!) zu unabsehbaren Verwickelungen und Verdrüssen ersehe‹, und weil er ›seinen Namen nicht von dem seiner Frau trennen wolle und könne (!)‹, seine Zusage, bei den Festspielen mitzuwirken, zurückzog. Auf diesen Brief antwortete Wagner nicht mehr, er sandte ihn vielmehr durch Vermittelung Levis an Herrn von Bürkel, damit dieser selbst darin Einsicht nehme ›Liebster! Ich sende Ihnen die Erklärung Vogls‹, schrieb er ihm dazu. ›Wollen Sie vor allen Dingen die ganze Angelegenheit, sowie diese Wendung in meinem Namen unserem verehten [611] Freunde, Herrn von Bürkel mitteilen, um durch eine Beratung mit ihm zu erfahren, was ich etwa beschließen solle, um – jedenfalls – das Kgl. Hoftheater nicht zu beleidigen!‹23 Er war fest entschlossen, die Sänger-Prätentionen in bezug auf das ›Creieren‹ zurückzuweisen; doch machte gerade die Voglsche Angelegenheit ihm Unruhe. Daß man in München wiederholte Rücksprache mit dem eigenwilligen Künstler nahm, um ihn zur Nachgiebigkeit zu veranlassen, war ohne jeden Erfolg; weder Levi noch Herr von Bürkel vermochten etwas bei ihm auszurichten. Um nichts zu unterlassen und durch persönliche Vermittelung die aufrichtig gewünschte Einigung zu erzielen, machten Anfang Juni Bürgermeister Muncker und Adolf Groß eigens die Reise nach München, wenn nicht im direkten Auftrag, so doch im Sinne des Meisters, der tüchtige Kräfte ungern aufgab (wie er es 1876 bei Scaria getan24). Auch dieser Schritt hatte nur den formalen Erfolg, daß sich der Sänger die endgültige Entscheidung noch für einige Zeit vorbehielt. Dies erfuhr Wagner bei einem, am 9. Juni dem Bürgermeister abgestatteten Besuche zugleich mit der Nachricht von einem, von München aus durch alle Blätter gegangenen, böswilligen Gerücht, als herrsche in Bayreuth eine Blattern-Epidemie.25 Am 14. Juni traf Levi zur Vorbereitung der bevorstehenden Proben in Bayreuth ein; erst am 22. erfolgte in einem Schreiben an Bürgermeister Muncker die endgültige Entscheidung Vogls, daß er ›nach reiflicher Überlegung doch schließlich schweren Herzens die Mitwirkung an den Bühnenfestspielen dieses Jahres für sich und seine Gattin ablehnen müsse, da der Meister es in jenem Briefe an Levi (vom 20. Mai) deutlich ausgesprochen habe, daß die Leistungsfähigkeit seiner Frau ihm für die Darstellung der Kundry nicht tauglich erschiene.‹ Der Meister strich die letztere Äußerung am Rande des Voglschen Briefes an und sägte dazu die berichtigende Bemerkung: ›Dies ist nicht von mir gesagt, daß sie untauglich sei, nur nicht berufen, um in erster Linie zu glänzen, namentlich da ältere Zusagen bestehen Dagegen kann es mir nur erwünscht sein, wenn das komplette Ehepaar Vogl in der zweiten Hälfte der Vorstellungen – in den 2 letzten Wochen des August – mehrere Male im »Parsifal« hier auftreten.‹ Auch hierdurch wurde dem Starrsinn des Künsters gegenüber nichts erreicht; er vermochte seinen persönlichen Ehrgeiz der Sache nicht zum Opfer zu bringen, [612] und während er sich somit freiwillig (und, wie die Folgezeit lehrte, für alle Zeiten) von der Mitwirkung am Weihefestspiel ausschloß, hatte dessen Schöpfer die Genugtuung, trotz der Voglschen Absage – wenn auch nicht eben einen Schnorr von Carolsfeld! – so doch immer noch zwei tüchtige, jugendlich stimmkräftige Sänger, wie Winkelmann und Gudehus, und als Reserve Jäger, für seinen Helden zur Verfügung zu haben: also im ganzen drei Tenoristen, ›einer besser wie der andere, wenigstens zwei besser wie der eine‹. Die übrigen Mitwirkenden machten keine Schwierigkeiten, sondern zeigten sich in jeder Beziehung willig, insbesondere erfreute ihn im voraus ein guter Brief Scarias, und die Versicherung Winkelmanns, zur rechten Zeit für die Proben eintreffen zu wollen.26 Nur Frau Materna sprach den Wunsch aus, zuerst noch ihre Mutter besuchen zu wollen, worauf sie die telegraphische Weisung erhielt: wer nicht bei den ersten Proben zugegen gewesen, könne billigerweise auch nicht in den ersten Vorstellungen singen. Das half.

Am 24. Juni wurde der Gralstempel zum erstenmal mit der neuen Kuppel (S. 608) probiert und erhielt die volle Billigung Wagners. Die Walddekoration war noch immer nicht ganz so, wie er sie wünschte und wurde infolgedessen mit noch mehr Laub versehen. Noch schlimmer, fast feindselig, benahmen sich (nach Humperdincks eingehender Darstellung) die Wandeldekorationen: schon am Klavier stellte sich heraus, daß sie zu lang geraten waren, auch mißfiel ihm so manches daran, da es seinen Intentionen nicht entsprach, soz. B., daß die Felsen am Schluß in den Boden versanken, anstatt sich nach der Seite hin zu bewegen. Was die zu lange Dauer betraf, so meinte Brandt in aller Gemütsruhe, die Uhr in der Hand: ›ja, da müsse eben noch mehr Musik hinein; so und so viele Minuten brauche er dafür, die Maschine könne nicht schneller laufen‹, und Levi meinte: ›gar so schlimm wäre es am Ende doch nicht; man könnte vielleicht eine Wiederholung anbringen‹. Anfangs scherzte der Meister darüber, daß die Kapellmeister gewöhnlich Striche machten; jetzt aber wollten sie bei ihm hinzukomponieren. Als aber bei einer erneuten Dekorationsprobe dasselbe Resultat sich ergab, geriet er außer sich und schwor ein über das andere Mal, nichts mehr mit Proben und Aufführungen zu tun haben zu wollen. ›Bestürzt sahen wir ihm nach‹, berichtet Humperdinck, ›als er in hochster Aufregung von dannen eilte. Ich überlegte mir die Sache. Dem überlasteten Meister in letzter Stunde eine so durchgreifende Überarbeitung zuzumuten, das ging doch nicht an; [613] lieber wollte ich es auf meine Weise versuchen. Ich lief nach Hause, entwarf rasch einige Überleitungstakte, setzte sie in Partitur und gliederte sie dem Original an. Dann brachte ich das Manuskript dem Meister, banger Erwartung voll. Der sah die Blätter durch, nickte freundlich mit dem Kopfe und sagte: »Na, warum denn nicht? So geht's ja! Nun aber flugs in die Kanzlei, und die Stimmen ausgeschrieben, damit wir endlich weiterkommen!« Und so geschah's auch. Jetzt stimmten Dekoration und Musik herrlich zusammen, und niemand im Publikum mochte bei den Aufführungen ahnen, daß da irgendwo ein braver Flickschuster seines bescheidenen Amtes gewaltet hatte. Natürlich‹, fügt der Erzähler hinzu, ›wurden in den folgenden Jahren die Dekorationen abgeändert und die ursprüngliche Musik wiederhergestellt.‹27

In den letzten Tagen des Juni und mit den Nachmittagszügen des 1. Juli trafen Sänger und Musiker, die letzteren insgesamt von München her, aber durch ausgezeichnete Künstler aus Berlin, Meiningen, Karlsruhe, Darmstadt usw. ergänzt, auf dem Schauplatz ihrer Tätigkeit ein. Außer den 17 Vertretern der Hauptpartien waren 6 Solo-Blumenmädchen, 23 Chor-Blumenmädchen, 31 Ritter, 29 Stimmen aus der mittleren Höhe (12 Frauen-, 17 Männerstimmen) mitwirkend; im ganzen ein darstellendes Personal von 106 Personen; ungerechnet die 50 Knabenstimmen aus der Höhe. Dieser Sängerzahl gegenüber stand eine gleich bedeutende Anzahl von Musikern im Orchester: nämlich 31 Violinen, 12 Altviolen, 12 Violoncelle, 8 Kontrabässe, 20 Holzbläser, 15 Blechinstrumente, 4 Harfen, 5 Pauken und andere Schlaginstrumente; im ganzen ein Instrumentalkörper von 107 Musikern, außer den beiden Dirigenten Levi und Fischer. Für den Abend des 1. Juli war ein geselliges Zusammensein der Orchester- und Chormitglieder in der sog. kleinen Restauration des Theaters geplant; aber das Wetter verhinderte das Zustandekommen. Am Sonntag, den 2. Juli, begann die gemeinsame Arbeit genau auf Grund des gemeinsamen Probenplanes. Da es sich diesmal nicht, wie 1876 beim ›Ring‹, um vier Werke, sondern um ein einziges handelte, war der diesmalige Plan ein ungleich einfacherer. Vom 2. bis zum 22. standen genau drei volle Wochen zur Verfügung, von denen jede in genauer Zeiteinteilung einem der drei Akte galt und am Sonnabend jeder Woche mit einer Generalprobe des einzelnen Aktes im Kostüm und mit vollem Orchester abschloß. Um zu diesem Ziel zu gelangen, gab es in der ersten Hälfte der [614] Woche, von Montag bis Mittwoch, immer doppelte Proben, vormittags mit Orchester, nachmittags mit Klavier; in der zweiten Hälfte, am Donnerstag und Freitag, nur eine Nachmittagsprobe mit Sängern und Orchester, am Sonnabend die Generalprobe des betreffenden Aufzuges, so daß hier für jeden der drei Akte der Probenplan sich gestattete, wie folgt:


Sonntag: Vorm. 10 Uhr. Orchesterprobe. Nachm. 5 Uhr. 1. Sitzprobe mit Klavier für die Solisten (in der ersten Besetzung).

Montag: Vorm: Orchesterprobe Nachm.: 2. Sitzprobe mit Klavier (zweite Besetzung).

Dienstag: Vorm.: 1. Szenenprobe mit Klavier (erste Besetzung). Nachm.: 1. Sitzprobe mit Orchester.

Mittwoch: Vorm: 2. Szenenprobe mit Klavier (zweite Besetzung). Nachm.: 2. Sitzprobe mit Orchester.

Donnerstag. Nachm. 5 Uhr: 1. Szenenprobe mit Orchester unter Levi (erste Besetzung).

Freitag: Nachm. 5 Uhr: 2. Szenenprobe mit Orchester unter Fischer (zweite Besetzung).

Sonnabend: Nachm. 5 Uhr: Generalprobeim Kostüm (Besetzung nach Bedarf).


(Unter ›erster Besetzung‹ war jedesmal die durch: Scaria, Frau Materna, Winkelmann, Hill, unter ›zweiter Besetzung‹ die durch: Siehr, Frl. Brandt, Gudehus, Fuchs zu verstehen.)


Um die eigenartige Stimmung zu bezeichnen, die sich während dieser gemeinsamen Studien des gesamten Personals bemächtigte, bedient sich der Meister selbst des Ausdruckes einer ›Weihe, welche, ohne irgendeine Weisung, über alles sich ergoß‹. ›Geübte Theaterleiter frugen mich nach der, bis für das geringste Erfordernis jedenfalls auf das genaueste organisierten, Regierungsgewalt, welche die so erstaunlich sichere Ausführung aller szenischen, musikalischen wie dramatischen Vorgänge auf, über, unter, hinter und vor der Bühne leitete; worauf ich gutgelaunt erwidern konnte, daß dies die Anarchie leiste, indem ein jeder täte, was er wolle, nämlich das Richtige. Gewiß war es so: ein jeder verstand das Ganze und den Zweck der erstrebten Wirkung des Ganzen Keiner glaubte sich zuviel zugemutet, Niemand zuwenig sich geboten Ermüdung kannten wir nicht; von dem Eindruck eines fast beständig trüben und regnerischen Wetters auf unsere Stimmung erklärte ein jeder sofort sich befreit, sobald er im Bühnenhause an das Werk ging. Fühlte sich der Urheber aller der Mühen, die er seinen freundlichen Kunstgenossen übertragen hatte, oft von der Vorstellung einer unausbleiblich dünkenden Ermüdung beschwert, so benahm ihm schnell die mit jubelnder Laune gegebene Versicherung der heitersten Rüstigkeit aller jede drückende Empfindung.‹28 Mit Genugtuung konstatiert ebenderselbe Rückblick die Abwesenheit [615] von ›Rangstreitigkeiten‹; was wir in dieser Beziehung im folgenden an Abweichungen zu erwähnen haben, trug eben nur den Charakter einer auffallenden, leicht wieder ins Gleis gebrachten Verirrung vom allgemeinen Gesetz. Hier herrschte eben der Geist des ›Ganzen‹, dem sich alle schlechten Theatergewohnheiten unterordneten, und ebendeshalb war der Schöpfer des Werkes und Veranstalter der Aufführung von vornherein darauf bedacht, solche Kräfte ganz auszuschließen, die sich nicht völlig seinen Anweisungen fügten. Diese letzteren bezogen sich ausnahmslos auf jede der tausend Einzelheiten, aus denen das Ganze sich zur Einheit zusammenschmolz. Vor allem war auf größte Deutlichkeit und zwar zunächst der Sprache zu halten: eine fallengelassene Vorschlag-, eine verschluckte End-, eine vernachlässigte Verbindungs-Silbe hätte sogleich die nötige Verständlichkeit gestört; dieselbe Vernachlässigung sich aber unmittelbar auch auf die Melodie übertragen, in welcher durch das Verschwinden der musikalischen Partikeln nur vereinzelte Akzente übriggeblieben wären. ›Das alles Maß überschreitende Gewaltsame in den Ausbrüchen schmerzlichster Leidenschaft kann nur dann seine erschütternde Wirkung hervorbringen, wenn das von ihm überschrittene Maß eben durchweg als Gesetz der gefühlvollen Kundgebung eingehalten ist. Dieses Maß dünkte uns nun am sichersten durch Ausübung einer weisen Sparsamkeit in der Verwendung des Atems, wie der plastischen Bewegung, festgehalten zu werden.‹ Auf beide wurde daher die größte Aufmerksamkeit verwendet: ›so gelang es uns, lange melodische Linien undurchbrochen einzuhalten, obgleich in ihnen die empfindungsvollsten Akzente in mannigfaltigster Färbung wechselten, – wofür ich die längere Erzählung Kundrys vom Schicksale Herzeleides im zweiten Aufzuge, sowie die Beschreibung des Karfreitags-Zaubers durch Gurnemanz im dritten Aufzuge als beredte Beispiele anführe. In genauem Zusammenhange mit dem durch weise Sparsamkeit des Atems gewonnenen Vorteil erkannten wir die Nötigung zur Veredelung der plastischen Bewegungen durch gewissenhafteste Mäßigung derselben.‹ Sowohl in bezug auf das Gehen und Stehen der Sänger, als auch hinsichtlich des Spieles der so gefühlsberedten Arme: überall bildete jene Mäßigung die Grundlage und Voraussetzung. Der zweckmäßigste Wechsel der Stellungen hatte sich jedesmal aus der Lebhaftigkeit des Dialoges selbst zu ergeben, durch Vorgänge, wie sie einem Drama einzig die ihm zukommende Bedeutung als wahrhaftige Handlung verleihen. Das feierlich Ernsteste, wie das anmutig Heiterste bot in diesem Sinne die wechselnde Veranlassung zu einer, nie gänzlich stockenden szenischen Bewegung. Wie in den szenisch-musikalischen Vorgängen, durfte das Gleiche nun aber auch in der so entscheidend wichtigen, rein musikalischen Mitwirkung des Orchesters erreicht werden. Von der glücklichen Akustik seiner Aufstellung getragen, erreichte der gesamte Instrumentalkörper eine unvergleichliche Schönheit und Geistigkeit des Vortrages.

[616] Die erste Orchesterprobe, am Vormittag des 2. Juli, begann, wegen der längeren Dauer des ersten Aufzuges, anstatt um 10, bereits um 9 Uhr morgens. Der Meister eröffnete sie mit einer begrüßenden Ansprache an die Musiker. Daß sie ungeschult waren und nie unter seiner Leitung gearbeitet hatten, empfand er stark; durchweg mangelte ihnen der Vortrag Diesen unter seiner begeisternden Einwirkung sich anzueignen, dazu waren sie ja aber hier am Platze, und so wurde denn zunächst, unter Levis Leitung, der ganze erste Akt vom Beginn bis zum Schluß gut durchgespielt; es gab keinen leidigen Aufenthalt. Nach der Orchesterprobe hatte er die Freude, die Blumenmädchen in einem Zimmer des Bühnengebäudes zu einer Klavierprobe versammelt zu sehen. Heimgekehrt, traf ihn leider eine der betrübendsten Nachrichten, die er in diesem Festspielsommer empfangen konnte. Es war nunmehr unwiderruflich bestimmt, was schon seit länger zu befürchten gewesen war: sein königlicher Schirmherr würde den Aufführungen nicht beiwohnen! Ein Umstand, der wesentlich zu diesem Entschluß mitwirkte, war offenbar der, daß das benachbarte Nürnberg für diesen Sommer eine seiner feierlichen ›Ausstellungen‹ vorbereitete und die Anwesenheit des Landesherrn in Bayreuth, ohne einen vorherigen oder nachfolgenden Besuch seiner biederen Nürnberger ihm von diesen letzteren bitter verdacht worden wäre: bei seiner damals schon stark ausgeprägten Neigung zur Einsamkeit und Zurückhaltung zog er es daher vor, ganz auf seinen Schlössern zu bleiben. Der Grund war nicht ausgesprochen; Wagner aber durchschaute das Verhältnis sogleich und zweifelte keinen Augenblick daran, welcher Rücksicht er das tief empfunden Schmerzliche dieser Abwesenheit zu danken hätte! – Nachmittags um 5 Uhr war das ganze Personale des ersten Aufzuges: Scaria, Reichmann, Frau Materna, Gudehus nebst den Herren Fuchs und Mikorey auf der Bühne versammelt. Der Meister empfing sie mit einer herzergreifenden Bewillkommnung, wie er es mit dem Orchester getan; dann begann die erstmalige rein musikalische Verwirklichung des wundervollen Aktes mit den Sängern am Klavier, wozu man sich von der Bühne in den sog. ›Konzertsaal‹ (Foyer) begab, wo all diese Sitzproben stattfanden. Scaria als Gurnemanz übertraf die in ihn gesetzten Hoffnungen und Erwarmugen durch seine wundervolle Leistung; Reichmann als Amfortas war, trotz mancher Schwächen im einzelnen, tief rührend und ergreifend, und alle so ernst und begeistert dabei, daß diese erste, allererste Verwirklichung des bisher nur geistig Vernommenen, in welchem seine Kunst sich bis zudiesem Ausdruck verklärte, vom Schöpfer des Werkes als ein bedeutsamer Lebensmoment empfunden wurde. Nach der Probe wohnte er dann noch in voller Frische einer geselligen Zusammenkunft seiner Künstler im ›blauen Mohren‹ bei; so hatte er selbst die Angermannsche Wirtschaft getauft, seit einem westindischen Mohren in glänzender Kgl. Bayerischer Livree darin die Funktionen eines gastlichen Türhüters übertragen [617] waren. Um 10 Uhr begab er sich von hier aus mit seiner Gemahlin bei strömendem Regen nach Hause, während seine Künstlerschar bei der allgemeinen enthusiastischen Erregung noch bis zu später Nachtstunde zusammenblieb.

Zur Orchesterprobe des folgenden Morgens (3. Juli) war er nicht anwesend, da er ihre Leitung in Levis Händen wohlgeborgen wußte. Dagegen hatte er um die gleiche Zeit eine Beratung mit seinem getreuen Beistand, dem im Laufe dieser sechs Jahre recht gealterten Ballettmeister Fricke aus Dessau und empfing den Besuch des, soeben von London eingetroffenen Sängers Winkelmann, zu Mittag aber seinen ›Klingsor‹ Hill und die beiden Kundry-Darstellerinnen: Frau Materna und Fräulein Brandt. Nach einer kurzen Nachmittagsruhe begann dann um 5 Uhr die zweite ›Sitzprobe‹ mit Klavierbegleitung mit Siehr, Reichmann, Marianne Brandt, Jäger (später Winkelmann). Der Meister bat die Herrschaften, besonders seine Rhythmen genau zu beachten: ›Das, glaube ich, habe ich getroffen‹, sagte er hierbei in liebenswürdigstem Scherz. ›Ich habe schlecht komponiert, aber mein Rhythmus ist gut.‹ Er war auch bei dieser Probe ungemein heiter und erfrischte das ganze Personal durch seine gute Laune. Diese verließ ihn auch nicht, als er nach der Abendmahlzeit, da der zweite Arbeitstag mit seinen Ansprüchen glücklich zum Abschluß gebracht schien, plötzlich ein Schreiben des Sängers Winkelmann erhielt, mit der kindischen Erklärung, derselbe gedenke infolge des soeben von ihm gelesenen neuesten Probenplanes morgen in erster Frühe von Bayreuth abzureisen, weil er daraus ersehe, daß nicht er, sondern Gudehus zur ersten Aufführung singen solle!! Es war nämlich in der Tat immer im Interesse des ›Ganzen‹ – bei der Ausarbeitung dieses Planes eine Verschiebung in einigen Partien vorgefallen Sofort machte er sich, noch am späten Abend, zu Winkelmann auf und bestürzte den bald umgestimmten Empfindlichen durch den Ausspruch, er wolle ihm nur seinen Besuch erwidern und müsse dies zu so später Stunde tun, da er ja ›morgen abreise‹. Die Ursache der Empfindlichkeit ließ sich für diesmal leicht und gern wegräumen; doch sehen wir den Meister noch am ›Montag abend – 11 Uhr‹ mit einem Schreiben an Levi beschäftigt, worin er ihn bittet, Gudehus dahin zu benachrichtigen, daß der Plan zur Berichtigung eines Versehens dahin abgeändert sei, daß er z. B. in der ersten Szenenprobe nur assistiere usw. ›Er würde demnach, wie auch ursprünglich nicht anders intentioniert war, erst in der zweiten Aufführung auftreten, demnach sein Name mit dem des Winkelmann im Probenplane umzutauschen sein. Ich hoffe, er ist vernünftig, denn eigentlich war es so bestimmt, daß Winkelmann zuerst singe.‹29 Damit war aber für seinen sorgenden Geist die [618] Sache noch nicht erledigt, sondern nachdem ihn selbst im Bette die Organisation der Proben noch beschäftigt hatte, stand er bereits um 3 Uhr morgens wieder auf, um sich mit dem folgenden Briefchen an Levi zu wenden: ›Wohlerwogen darf ich die alternierenden Sänger nicht ohne Proben lassen und habe mir dafür meinen geeigneten Plan entworfen. Für heute bitte ich Sie in meinem Namen Scaria, Materna und Gudehus zu ersuchen, Vormittag um 11 Uhr an der Klavierprobe, welche Fischer im Foyer (1. Galerie) hält, zur Befestigung der Memorie teilzunehmen; dafür mögen Brandt, Siehr und Winkelmann nachmittags 5 Uhr zur Gesamtprobe kommen.‹30

Für Dienstag, den 4. Juli war die Folge der beiden auf diesen Tag angesagten Proben die umgekehrte, indem die höchst anspruchsvolle erste Szenen probe am Klavier auf den Vormittag verlegt war. Sie dauerte von 91/2 bis 21/2, Uhr, mithin volle fünf Stunden, und brachte dem Meister vielen Ärger und übermäßige Anstrengung. Ein großer Teil der Requisiten fehlte noch, die Chordirektoren waren noch nicht eingearbeitet und wußten nichts; die armen Choristinnen mußten auf dem Schnürboden (weil damals überall nur erst noch Gasbeleuchtung zur Verwendung kam) in der entsetzlichsten Hitze aushalten. Für jeden einzelnen Vorgang war, unter beständigen Wiederholungen, die genaueste Anweisung erst zu geben und für so manchen unvorhergesehenen Fall erst zu finden und zu bestimmen. Das für Wahnfried angesagt gewesene kleine Diner mit einigen der Kunstgenossen mußte unter diesen Umständen aufgegeben werden; der Schöpfer des Werkes war nach fast vierstündiger Aufbietung all seiner Kräfte zu sehr der Ruhe bedürftig. Die Nachmittags-Sitzprobe mit Orchester hatte nichts Ermüdendes; er hatte an der Schallkappe des Orchesters eine Klappe anbringen lassen, die nach Belieben geöffnet und geschlossen werden konnte, um auch vom Zuschauerraum aus bequem mit dem Orchester verkehren zu können und war mit dem Orchesterklange durchaus zufrieden. Den Abend verbrachte er mit Levi, Joukowsky und Stein (der schon seit dem 22. Juni wieder in Bayreuth war) in freundlichen Gesprächen und zeigte dem ersteren u.a. sehr anschaulich, wie er den Taktstock zu regieren habe. Er fand, daß Levi viel zu sehr mit dem ganzen Arm arbeite, während alles mit dem bloßen Handgelenk zu tun sei! Die Nachtruhe war diesmal weniger unterbrochen; dafür aber fühlte er sich am anderen Tage erkältet. Dieser andere Tag (Mittwoch, 5. Juli) war wiederum den entsprechenden Proben, mit veränderter Besetzung, gewidmet. Nach Porges' Angabe habe die Szenenprobe am Klavier wiederum von 10 bis 2 Uhr gedauert.31 Die Orchestermusiker durften während dieser am Klavier [619] abgehaltenen Probe im Zuschauerraum den szenischen Vorgängen beiwohnen und brachen nach der Wandeldekoration, als das Innere der Gralsburg sich zum erstenmal ihren staunenden Blicken enthüllte, in einen unwillkürlich hervorbrechenden Beifallssturm aus. Aber der Meister hatte wiederum viel Not, und der gute Ballettmeister Fricke konnte ihm, mit allem hingebenden Eifer, einstweilen nur erst noch wenig hilfreich sein. Dafür erfreute er sich dessen, daß Fräulein Brandt als Kundry sehr ausdrucksvoll war. Nachmittags zweite Sitzprobe mit Orchester, wobei Scaria als Gurnemanz wieder ganz außerordentlich war. Aber Sorge und Arbeit gab es trotzdem genug: die Bühnenmusik im Beginn war nicht in Ordnung, die Glocken stimmten nicht. Für diese letzteren wurde daher am nächsten Vormittag, der für das ganze Personal eine Ruhepause war, eine besondere Probe angesetzt.

Die zweite Wochenhälfte hatte, zu völliger Konzentrierung aller Kräfte, bloß Nachmittagsproben von 5 Uhr ab, – mit Ausnahme des Orchesters, das seine Aufgabe nicht bewältigen konnte, ohne an den Vormittagen gruppenweise, in Streichquartett und Bläser geteilt, seine Korrekturproben abzuhalten. Zum erstenmal traten – am Donnerstag, 6. Juli die bisher getrennten Elemente, Sänger und Orchester, unter Levis Leitung, miteinander und mit der Bühne in unmittelbare Fühlung; bisher waren ja die Szenenproben bloß am Klavier begleitet gewesen, das Orchester aber ausschließlich für Sitzproben zur Verwendung gelangt. Doch war alles nun soweit vorbereitet, daß es mit den Solisten keine Not mehr gab. Wohl aber mit den Chören; die singenden Damen der mittleren Höhe wollten sich der Brutofenhitze des Schnürbodens nicht aussetzen und drangen auf Abhilfe. Der Meister stieg trotz seiner Erkältung selbst auf den Schnürboden, um die Höhe der Temperatur zu erproben; er fand, daß die Beschwerde wohlbegründet und die dort herrschende Glut eine mehr als tropische war: es bliebe demnach nur das Auskunftsmittel einer sehr leichten Kleidung übrig Einstweilen wurden die Chorsängerinnen, um ihnen entgegenzukommen, durch das Auskunftsmittel einer seitlichen Aufstellung, anstatt in der Höhe, beschwichtigt, aber so sehr auf Kosten der akustischen Illusion, daß es dabei nicht bleiben konnte. Alles übrige ging vortrefflich und wirkte durch Vertiefung – stets gewaltiger. [620] Es wurde daher für den anderen Tag 12 Uhr mittags noch eine eigene Probe für die Chöre angesetzt, wobei alles sehr schön herging und die mittlere Höhe ohne weiteres Hindernis tapfer bestiegen wurde. Dasselbe geschah mit dem besten Erfolg in der, von Fischer dirigierten Nachmittagsprobe des 7. Juli, in welcher Siehr den Gurnemanz zu großer Befriedigung sang. Auch sonst waren die beiden alternierenden Besetzungen konsequent durchgeführt; bloß der junge Sänger des Amfortas, Theodor Reichmann, hielt bis zum Schlusse der Proben und (sechzehn) Aufführungen gleichmäßig an seiner Rolle fest, und der Meister war so zufrieden mit seiner eigentümlichen Begabung in bezug auf die Weichheit und Fülle seines Organs, wie auch seiner charakteristischen Erscheinung, daß er es gern dabei beließ. Abends empfing er in seinem Hause Heckel, Fritz Brandt und Levi, war aber doch recht ermüdet und hatte eine unruhige Nacht. Insbesondere beschäftigte seine Gedanken beständig das angekündigte Ausbleiben des Königs, und er nahm sich vor, ihm selbst darüber zu schreiben und seine schmerzlichen Empfindungen darüber zum Ausdruck zu bringen.

Der Nachmittag des 8. Juli (Sonnabend) brachte dann die erste, vorläufige Haupt- und Generalprobe des ersten Aktes, im Kostüm, aber immer noch mit unvollständigen Requisiten, indem den Rittern u.a. noch die Schwerter fehlten u.a.m. Auch war im einzelnen noch manches zu modifizieren; der Gesamteindruck aber schön und die Stimmung die mächtigste, im Theater denkbare. Noch tags zuvor hatte er den Kummer gehabt, daß ein Mitglied des Chores sich einen leichtfertigen Witz über das Brot an der Gralstafel erlaubte, was er diesem, da er gerade in der Nähe war, exemplarisch auf das strengste verwies. Aber eine derartige Entgleisung war unter dem übermächtigen Eindruck des Ganzen selbst bei dem leichtfertigen Künstlervölkchen nur eine Ausnahme. ›Nach dem Schlusse der Generalprobe‹, berichtet vielmehr Porges, ›herrschte unter allen mitwirkenden Künstlern nur eine Stimme darüber, daß sie von der Bühne herab noch niemals einen Eindruck von gleicher weihevoller Erhabenheit empfangen hätten. Es war, als wenn in allen das gleiche Gefühl wachgeworden wäre, welches durch die innerste, in der Sache selbst gelegene Notwendigkeit dem Dichter den Gedanken eingegeben hätte, sein Werk ein, »Bühnenweihefestspiel« zu nennen. Aber auch ein anderes war allen an der Probe Teilnehmenden klar geworden, nämlich dies: daß eine Aufführung des »Parsifal« an einer anderen Stätte, als in dem Festspielhause zu Bayreuth, etwas geradezu Undenkbares sei.‹ Sehr schön äußerte er sich in seinen damaligen, unter dem Eindruck der gemeinsamen Arbeit in den Proben abgefaßten und daher die Verhältnisse unmittelbar abspiegelnden Notizen auch über die u.a. durch Vogl ausgesprochenen Befürchtungen, daß durch die mehrfache Besetzung der Hauptrollen Eifersüchteleien und endlose Streitigkeiten unter den [621] Künstlern entstehen würden. ›Wenn auch – und dies mit vollem Rechte – ein jeder zur Mitwirkung berufene Darsteller seine Fähigkeit zur vollsten Geltung zu bringen sucht, so ist es als eine sehr erfreuliche Tatsache zu konstatieren, daß dieser Wetteifer sich hauptsächlich in dem Bestreben äußert, die eigenen Leistungen zur möglich höchsten Vollendung zu bringen und den Anforderungen des Meisters in all und jeder Hinsicht zu entsprechen. Ich bin gewiß, nicht zuviel zu behaupten, wenn ich sage, daß eben durch die mehrfache Besetzung der Hauptpartien die Proben und Aufführungen des »Parsifal« eine epochemachende Bedeutung für die Entwickelung des Stiles der musikalisch-dramatischen Kunst erhalten. Künstler ersten Ranges stehen nebeneinander und nehmen die Weisungen des Meisters entgegen, der auf dem Gebiete der dramatisch-musikalischen Gestaltung nicht nur gegenwärtig seinesgleichen nicht hat, sondern in der ganzen modernen Welt nicht gehabt hat. Wer Richard Wagner bei den Proben beobachtet, wer Zeuge davon ist, wie er jetzt durch eine bedeutsame Bewegung, jetzt durch eine den Kern der Situation enthüllende Auseinandersetzung, dann wieder durch eine bis ins kleinste musikalische Detail eingehende Angabe der richtigen Art der Ausführung ober gar durch seine jedesmal im Innern des Zuhörenden einen Sturm der Erregung hervorrufende ergreifende Rezitation der entscheidend wichtigsten Stellen seine, Forderungen zu verdeutlichen versteht – wer dies alles miterlebt, der weiß auch, wie hier einmal ein Großmeister der Kunst, wie, um Goethes herrliches Wort über Shakespeare anzuwenden, ein »Stern höchster Höhe« seine schöpferische Kraft walten läßt. Das ganz besonders Wichtige bei dieser Tätigkeit des Meisters ist aber dies, daß Richard Wagner niemals nur allgemein gehaltene Forderungen stellt, sondern stets mit unzweideutigster Bestimmtheit den Punkt bezeichnet, wo der ideale, psychologisch-ethische Charakter der Aufgabe mit der Besonderheit der technischen Seite sich berührt. Dies gilt für alle Elemente, die im musikalischen Drama zu einheitlicher Gesamtwirkung zusammentreten. Mimische Aktion, Musik und Sprache, nichts läßt der Meister außer acht. Eine unrichtige Handbewegung, eine vergessene Pause, ein undeutliches Aussprechen eines Konsonanten ist ihm ebenso wichtig, wie die großen Züge der Aktion und das richtige Eingreifen der szenischen Faktoren in der Theatermaschinerie.‹32

Nachdem auf diese Weise am Sonnabend, dem 8. Juli, die Generalprobe des ersten Aktes glücklich verlaufen war, schlossen sich am Sonntag, dem 9. Juli, nach dem gleichen System die Proben für den zweiten Akt unmittelbar an: vormittags Orchester, nachmittags Gesangproben mit Klavier. Am Sonntag mittag hatte er seine drei Bassisten bei sich zu Tisch, nachdem er einem Teil der Orchesterprobe beigewohnt und bei seinem Eintritt Levi [622] mit einem, plötzlich durch die Klappe (S. 619) zugerufenen ›Schreien Sie doch nicht so!‹ gemütlich erschreckt hatte. Das Gelingen alles Bisherigen hatte ihn überhaupt, trotz aller großen Anstrengungen, in eine wohlige Stimmung versetzt: es ging am Mittagstisch recht munter her, und er erklärte, sich im Umgang mit seinen Künstlern entschieden wohler zu fühlen, als mit jenen Menschen der großen Welt. Nach kurzer Nachmittagsruhe fuhr er bei strömendem Regen zur ersten Klavier- und Gesangsprobe des zweiten Aktes; er gedachte dabei seiner einsamen Züricher Periode und sprach sich dahin aus: wenn er jetzt all dieses Leben um sich herum wahrnehme, käme er sich förmlich wie ein Zauberer vor. Und in der Tat, nicht an ihm hatte es gelegen, daß dieses ganze Leben mit all seinen tönenden und sichtbaren Offenbarungen nicht ganz so wie jetzt, schon damals sich um ihn entfaltete, wo er nicht allein in der geistigen, sondern auch physischen Vollkraft seines Daseins stand. Wie anders hätte sich dann sein ganzes folgendes Leben gestaltet! Nun hatte er alles aus sich selbst schöpfen müssen! Die Blumenmädchen, durch Porges in dem gesanglichen Teil ihrer Leistungen bis zur Vollendung ihrer lieblichen Leistungen einstudiert, wirkten hinreißend; die große Szene zwischen Parsifal und Kundry (Winkelmann und Frau Materna) gelangte in ihrer Erhabenheit zu mächtigem Eindruck, wiewohl er sich sagen mußte, daß sie wohl kaum je so wiedergegeben werden würde, wie er sie in seinem Geiste erschaut. In diesem Sinne sprach er sich vertraulich darüber aus, wie ahnungslos die Darsteller doch in betreff dessen seien, was in ihren Rollen und in der Szene an sich enthalten sei: wie würde die Schröder-Devrient das ›so war es mein Kuß, der welthellsichtig dich machte‹ zum Ausdruck gebracht haben! Nun müsse das alles die Musik übernehmen. Bei der am Montag (10. Juli) stattfindenden zweiten Orchesterprobe, die unter Levis Leitung recht gute Ergebnisse erzielte, nahm er Veranlassung, den Musikern seine größte Anerkennung über die Raschheit auszusprechen, mit welcher sie die so äußerst schwierige Aufgabe zu bewältigen vermocht hätten. Er hob hervor, wie gerade der zweite Akt durch das Komplizierte seines Aufbaues, die Schwierigkeit der Passagen, den häufigen und vehementen Wechsel der Tempi, eine besondere Beachtung aller Details verlange, und wie das Orchester diesen hochgesteigerten Forderungen in hervorragender Weise entsprochen und damit gezeigt habe, daß ihm die Kunst eines großen stilvollen Vortrages nicht fremd sei. Zum Mittag hatte er seinen Klingsor – Hill – und das treffliche Fräulein Dompierre aus München bei sich, die am Schluß des ersten Aktes, durch die Stille des ganz leer gewordenen Raumes aus der Höhe herab das Altsolo ›durch Mitleid wissend‹, die Verheißung des kommenden Erretters mit so edel weihevoller Sonorität ertönen ließ. Um 5 Uhr gab es dann wieder Sitzprobe mit Klavier: Frl. Brandt sang die Kundry, und Gudehus erfreute durch seine prächtige [623] Stimme. So ging es nach dem festgesetzten Schema auch den folgenden Tag: immer Probe und Arbeit, mittags Verkehr mit den Künstlern, aber kein Augenblick der Rast und Erholung. Gern ließ er Scaria auf dessen Verlangen eine besondere Erklärung des Charakters der Kundry zuteil werden, weil er in dieser Frage ein tiefergehendes Interesse des redlichen Künstlers erkannte, der sich seiner Rolle mit so außerordentlicher gemütlicher Vertiefung hingab. Wiederum erfolgte am Dienstag und Mittwoch (11. und 12. Juli), in alternierender Besetzung, vormittags die Sitzprobe mit Orchester, nachmittags die Szenenprobe am Klavier, wobei die Musiker zusehen durften und bei der Verwandlung wieder in stürmisch begeisterten Jubel ausbrachen. Dann am Donnerstag und Freitag (13. und 14. Juli) die Szenenproben mit Orchester, das erste Mal unter Levis, dann unter Fischers Dirigentenstab. Die Mühe für den Leiter des Ganzen war unendlich, jede Bewegung hatte er den Mitwirkenden erst vorzumachen; und zu all diesen Anstrengungen kam dann noch der besondere Kummer der bereits (S. 594) erwähnten schweren Erkrankung der, ihm und dem ganzen Hause so sehr ans Herz gewachsenen Hündin Molly und ihres plötzlichen Todes am Herzschlag (13. und 14. Juli). – Vergeblich wurde der Versuch gemacht, ihm den traurigen Vorfall zu verheimlichen; die Kinder hatten das edle Tier nach erfolgter Sektion während der Freitag-Nachmittagprobe in aller Stille im Garten bestattet; aber sein Auge und Gefühl für alles im Hause Vorgehende war zu scharf und zu bestimmt, als daß eine Täuschung möglich gewesen wäre.

Für den Sonnabend (15. Juli) war die Generalprobe des zweiten Aktes im Kostüm angesetzt, sie sollte mit einer Wiederholung des ersten Aktes verbunden werden. Um die Mittagszeit (2 Uhr) traf Liszt von Zürich aus ein, wo bei der Tonkünstler-Versammlung seine ›heilige Elisabeth‹ und andere seiner Tonschöpfungen aufgeführt worden waren. Nachmittags wurde nach kurzem Ausruhen die Fahrt zum Festspielhause angetreten und Liszt bei seinem Eintritt in das Gebäude von den Verwaltungsräten Bürgermeister Muncker, Groß und Heckel empfangen. So innig erfreut war der Meister selbst über die Gegenwart des Freundes, daß er von ihm sagte: das sei seine einzige Verwandtschaft. Die Probe begann pünktlich zur festgesetzten Zeit, um 5 Uhr. Zuerst wurde der erste Akt vorgenommen und war, wegen mehrfacher Unterbrechungen, um 7 Uhr zu Ende. Der Eindruck war ein ebenso weihevoller und erhabener, wie bei der Generalprobe vor acht Tagen. Von den ersten aus der Tiefe des Orchesters herauf vernehmbaren Klängen des Vorspieles bis zu den letzten, wie in den Äther des Himmels verschwebenden Akkorden des Knabenchores dessen vortreffliche Ausführung den Meister zu einer lauten Kundgebung seines Beifalles veranlaßte – fühlte man das Wehen einer heiligen, welterlösenden Macht. Die Probe des [624] zweiten Aktes begann nach einer dreiviertelstündigen Pause nach 73/4 Uhr und war vor 91/2 Uhr zu Ende. Ein größerer Kontrast als der des Gesamteindruckes dieser beiden Akte ließ sich nicht denken. Von dem Moment des ersten Eintrittes der stürmisch gehaltenen Instrumental-Einleitung empfand man den dämonisch-furchtbaren Charakter der ihr nachfolgenden Beschwörungsszene, und im vollen Gegensatz zu dem grauenhaft düsteren Bilde dieses Vorganges übte dann der in üppiger Farbenpracht den erstaunten Blicken sich darbietende Zaubergarten seinen überraschenden Eindruck aus. Die jungen, reizend anmutvollen Mädchengestalten der dreißig Sängerinnen waren zum ersten Male mit ihren Blumengewändern geschmückt, sie verschmolzen nun förmlich mit der Blütenpracht der sie umgebenden Szenerie und wurden in der lebensvollen Bewegung des nachfolgenden Vorganges gleichzeitig den zweifachen Forderungen der größten musikalischen Korrektheit und der vollsten Ungezwungenheit der Aktion gerecht. Dies war der Erfolg der unablässigen Bemühungen des ›Blumenvaters‹ Porges (wie der Meister selbst ihn nannte) nach der musikalischen Seite hin und der nicht minder sorgsamen Vorarbeiten des um die Verwirklichung jeder geringsten Intention Wagners eifrig bestrebten Ballettmeisters, die schon seit Beginn der Proben ihrerseits auf der Bühne des sog. alten Opernhauses fast täglich ihre Probe gehalten hatten. Der Schöpfer des Werkes selbst war von der lebendigen, liebenswürdig mutwilligen Art, mit der diese auserlesene Schar junger Künstlerinnen spielte und sang, in so hohem Grade befriedigt, daß er von einer der ersten Reihen des Zuschauerraumes aus, wo er mit den Seinen Platz genommen, die Initiative zum Applaudieren ergriff und damit sogar den Fortgang der Handlung unterbrach. Dann entfaltete sich die große Szene zwischen Parsifal und Kundry in mächtigster Gewalt, und am Schlusse bewährte sich die plötzliche Verwandlung des Zaubergartens in die Einöde als eine Meisterleistung der szenischen Technik, durch welche sich der junge Brandt als würdigen Nachfolger seines Vaters bewährte. Nachdem der kaum endenwollende Beifallssturm der im Auditorium anwesenden Künstler zur Ruhe gekommen war, trat Wagner auf die Bühne und nahm das Wort, um sowohl den Blumenmädchen, wie allen übrigen Künstlern, den Darstellern, wie den Musikern des Orchesters, seine Freude über die vortreffliche Ausführung ihrer Aufgaben auszusprechen: er bezeichnete es geradezu als einen Lichtblick in seinem Künstlerleben, daß einmal eine seiner Intentionen vollkommen seiner Idee entsprechend verwirklicht worden sei. Der Nachhall des Erlebten erstreckte sich noch über den ganzen späten Abend, den er mit den Seinen, mit Liszt, Stein und Joukowsky in seiner Häuslichkeit in heiterer Unterhaltung verbrachte. Hätte es nur dabei bleiben können und nicht der ganze schwierige dritte Akt mit seinen Anforderungen bevorgestanden, wo alles wieder von Grund aus neu zu erschaffen war!

[625] Mit dem Morgen des 16. Juli brach die dritte und letzte Probenwoche an. In diesen drei Wochen war eine ganze Welt aus dem Chaos, dem Nichts hervorzubringen; und schmerzlich genug empfand er es wiederum, mit wie dürftigen Mitteln dies zu geschehen und daß er in seinem blutigen Bemühen, aus ungeschulten Opernsängern Darsteller seines Weihefestspiels heranzubilden, es immer und immer nur mit ›Stümpern‹ zu tun habe. Der ›Lichtblick‹ war doch eigentlich hauptsächlich den Blumenmädchen zu danken gewesen, die etwas Fertiges, durch Fleiß und Arbeit Errungenes auf die Bühne mitgebracht hatten. In der Orchesterprobe des Vormittags fiel ihm besonders auf, wie sehr auch die Musiker jene an den Sängern (S. 616) von ihm gerügte Unart angenommen hätten,33 daß sie die Töne immer nur stießen, gar nicht mehr vortrügen, die sensitiven, die Übergangsnoten ganz fallen ließen. So kehrte er von dieser ersten Probe mehr traurig als erhoben heim. Er klagte sich in seinen Gesprächen mit Liszt an, zuweilen zu dick instrumentiert zu haben, und beschloß an einer Stelle die Bläser zu streichen. Abends aber, während für Liszt mit Stein und Joukowsky ein Whist arrangiert wurde, hatte er mit Levi in dem bezeichneten Sinne eine eingehende Erörterung über den Vortrag, insbesondere der Violoncelle, die ihn heute so geärgert hatten. Aber auch die dazwischenliegende Nachmittags-Sitzprobe mit Klavier brachte diesmal die unangenehmsten Erfahrungen mit sich: Winkelmann wußte nichts von seiner Partie und war zu Mittag etwas unvorsichtig im Genuß des Champagners gewesen, so daß sein Nichtkönnen den ganzen Unwillen des Meisters erregte. Auch hatten – nach Humperdincks Bericht – die Gralschöre ziemlich detoniert. Die Orchesterprobe des anderen Tages (Montag, 17. Juli) besuchte er nicht, um sich Ruhe zu gönnen, da er nach der gestrigen Aussprache mit Levi diesen in seinem Sinne wirksam wußte. Zu Mittag hatte er Dr. Strecker und einige seiner Künstler bei sich. In der Nachmittagsprobe mit Gudehus, Frl. Brandt und Siehr ließ er sich belehrend über die einzelnen dramatischen Momente in der ersten Hälfte des Aufzuges aus, aber mit der etwas deprimierenden Empfindung, gerade mit diesen tieferdringenden Bemerkungen kaum verstanden zu werden Eingehend beschäftigten ihn damals – kurz vor den Szenenproben – die letzten Erwägungen über die Aufzüge der Gralsritter in ihrem genauen Verhältnis zur Musik, das Feierlich-Tragische ihres Schreitens, kurz das gesamte Bild beider Züge im ausdrucksvollen Verhältnis zueinander. Er sprach sich befriedigt dahin aus, daß er – in seinem Kopfe – damit in Ordnung sei. Die Orchesterprobe [626] des Vormittags befriedigte ihn bei weitem mehr: die Violoncelle spielten heute besser; es blieb aber vieles nicht nach seinem Sinn, und die entscheidende Hauptfrage war nun für ihn, was er davon bemerken und was er dagegen ›laufen lassen‹ solle. Als einer der Musikdirektoren ihn auf eine von ihm bemerkte Unzulänglichkeit eigens aufmerksam machte, erzählte er ihm die Geschichte von dem Schneider im Himmel, dem der liebe Gott es verwies, den Schemel hinabgeworfen zu haben.34 Doch war es bei dieser Probe, daß er bei der Krönung Parsifals den Paukenwirket hinzufügte. Im ganzen recht ermüdet, erfreute ihn bei Tisch doch die Gegenwart der eben angekommenen Freundin Malwida. Er scherzte mit ihr über ihre beiderseitigen ›Schriften‹: ›die Deinigen‹, sagte er, ›liest alle Welt; ich lese nur die meinigen, weil ich in allen anderen einen peinlichen Widerspruch finde, in den meinigen nicht. Ich mache es, wie der liebe Gott nach dem Talmud, der zu seiner Beschäftigung in müßigen Stunden die Bibel liest‹ Sehr schlimm ging es in der Nachmittags-Arrangierprobe mit Klavier her, da er sich für die Ausführung des ihm geistig Vorschwebenden wieder einmal ganz ohne Hilfe und Unterstützung fand. Es sei ›nach Porges‹ mündlichem Bericht, eine ›entsetzliche Probe‹ gewesen: ›das Greulichste, was wir erlebt haben‹. ›Wagner wußte selbst nicht genug Einzelnes, lief immer zum Klavier, um die szenischen Bemerkungen nachzusehen und ärgerte sich, wenn man mit dem Klavierauszug zu ihm kam. Dazu Mißglücken der Verwandlungsdekoration usw.!‹ Sehr begreiflich war das Vergleichen des Klavierauszuges bei einem, in der bloßen Niederschrift noch unfertigen Werke, das er mit seinen mächtig ausdrucksvollen, feierlichen Bewegungen in all diesen Tagen nachschaffend im Kopf mit sich herumgetragen! Auf der anderen Seite konnte ihm dabei das bloße Vergleichen mit dem vorläufig im Klavierauszug Fixierten nichts helfen!

Am schlimmsten aber war es mit der Verwandlungsmusik bestellt, zu deren künstlicher Erweiterung durch Teilwiederholungen er sich überhaupt nur höchst ungern entschlossen, und die nun immer noch zu kurz war. Wie eine Befreiung von einer Last kam ihm daher der resolute Vorschlag, diese zweite Wandeldekoration mit all ihren großen malerischen Schönheiten gänzlich fallen zu lassen. Der Vorschlag ging von Scaria aus, der hier aus seinem naiven künstlerischen Empfinden heraus ganz das Rechte traf; er wurde dem Meister mitgeteilt, als er verstimmt und schweigend nach Hause zurückgekehrt war. Er war ganz glücklich darüber und ließ in vorgerückter Abendstunde sogleich den jungen Brandt zu sich kommen, um sich mit ihm über dieses einzig mögliche Auskunftsmittel zu einigen. Unmöglich aber war es für ihn, der mit jedem dieser mühvollen Probentage ein Stück unersetzlicher kostbarer Lebenskraft dahingab und sich über jede seiner Intentionen soeben aufs[627] genaueste mitgeteilt hatte, dem Probengang des nächsten Tages mit gleicher Regelmäßigkeit persönlich zu assistieren. ›Um meine Nerven etwas zu erholen‹, meldete er daher anderen Morgens (Mittwoch, 19. Juli) an Levi, ›komme ich heute Vormittag nicht zur Probe: entschuldigen Sie mich! Die Verwandlungsmusik wird glatt durchgemacht; alle Wiederholungen fallen fort, es wird nicht gewandelt! – Haben Sie einen Unmut, wie mir gestern schien, wandeln Sie ihn.‹ Er hielt sich ruhig in seinem Gartenhaus-Türmchen, soweit die Aufdringlichkeit der vom Hofgarten aus herüberschallenden Militärmusik dies zuließ, las Hoffmanns ›Marquise de la Pivardière‹ und entschloß sich auch für den Rest des Tages zur gleichen Enthaltung von jeder Aufregung. So entsandte er an Scaria die Zeilen: ›Lieber Freund! Ich muß mich auch noch von der Nachmittagsprobe heute dispensieren, und ersuche ich Sie daher – in meinem Namen alles, was wir gestern gemeinschaftlich angeordnet haben, den heute fungierenden Darstellern mitzuteilen. Von der Verwandlung an kennen Fricke und Porges meine Dispositionen, und namentlich ersterer möge alles überwachen.‹ Gegen Abend erschien dann Scaria mit gutem Bericht über den Verlauf der Probe, und er verbrachte die letzten Stunden dieses Rasttages in guter Stimmung mit Liszt, Malwida, Stein und Joukowsky, ohne ein Wort von Proben, Sängern, Tempi und Dekorationen zu sprechen. Er klagte darüber, daß es gegen die sog ›Wissenschaft‹ keinen Appell gäbe: so würde die Impfung jetzt als schädlich angesehen, während sie einige Jahrzehnte zuvor der Bevölkerung durch den Staat aufgezwungen worden sei. Mit Liszt unterredete er sich über die seltsame ›Hetze‹, welche eben damals infolge der neuen Ausgabe seines ›Zigeuner‹-Buches über ihn hereingebrochen war. Was man vor 20 Jahren – in der ersten Auflage der ›Bohémiens‹ – über die Juden öffentlich aussprechen durfte, das dürfe man jetzt beileibe nicht mehr, seit Herr von Bismarck sie eine Zeitlang gegen die konservative Partei benutzt habe.

In bezug auf den König hatte das ›Bayreuther Tag blatt‹ kurz zuvor ›aus bester Quelle‹ eine eingehende Notiz gebracht, wonach dieser, ›wie das zu allem Anfang festgesetzt war‹, zur ersten Aufführung des Parsifal in Bayreuth eintreffen werde.35 Daß diese ›beste Quelle‹ natürlich nur eine Münchener Quelle war, von wo gar manches geschrieben und ›mitgeteilt‹ werden konnte, ohne daß man selbst etwas Ernstliches davon wußte, verstand sich von selbst; auch war es eigens angegeben. Anders lauteten doch die nur allzu glaubwürdigen, direkten Nachrichten, die dem Meister selbst kurz [628] vor der ersten Szenenprobe des dritten Aktes (Donnerstag, 20. Juli) zugingen: hiernach benahm ihm der üble Gesundheitszustand des königlichen Freundes jede Hoffnung auf seine Anwesenheit zu den Aufführungen. Die Probe selbst ging besser, als man es erwarten konnte: Winkelmann und Frau Materna gaben sich die größte Mühe, und Scaria als Gurnemanz war ganz hinreißend. Vor allem war er mit dem Orchester zufrieden und beschied sich damit, nicht alles zu verlangen. Wesentlich erleichterte es ihn, daß zwischen beiden Hauptszenen nun der Vorhang fiel und keine zweite Wandeldekoration die Musik beeinträchtigte. In bezug auf die Aufzüge der Ritter war Fricke eifrig am Werk. Anstrengender war die Probe am Freitag (21. Juli) mit Gudehus, Siehr und Frl. Brandt, weil die letztere mit dem leidenschaftlichsten guten Willen nicht die entsprechende Fügsamkeit verband, vielmehr sich von Hause aus ein beliebiges Bild von der Darstellung des Charakters der Kundry fertig zurechtgelegt hatte, nach welchem sie im ersten Akt, gleichsam als wildes Tier, am Boden liegen, im dritten aber, als bekehrte Christin, auch nach Empfang der Taufe durchaus nur ›knien‹ wollte, aus welcher befangenen Voreingenommenheit heraus es im Moment ihres erschütterten Zusammensinkens geradezu einen Kampf für den, ohnehin schwer ermüdeten und gereizten Meister gab, der die Widerstrebende mit Gewalt in die liegende Stellung, das Gesicht zu Boden, bringen mußte, während die Musik weiterging, – eine körperliche und moralische Anstrengung, die ihm wohl hätte erspart bleiben können! Auch diese Probe war noch ohne Kostüm, bloß mit den nötigsten Requisiten, wie z.B. Parsifal-Gudehus wohl schon den weißen Mantel um hatte, noch nicht aber die schwarze Rüstung. Nach all diesen Anstrengungen war das mitwirkende Personal in den verschiedenen Restaurants, Angermann, Café Sammet gruppenweise gesellig vereinigt, während der Meister seinerseits, durch die vorausgegangene unausgesetzte Arbeit recht angegriffen, selbst am Tage keinen Besuch mehr empfing, sondern im Saale ganz allein saß, und abends, als für Liszt in der Halle die übliche Whistpartie arrangiert wurde, mit Malwida seine Erinnerungen an Bakunin auffrischte, sich über Gobineau oder die gleichzeitigen politischen Begebenheiten unterhielt, wie das Bombardement Alexandriens und das Gemetzel daselbst, oder den Tod Skobelesss, der nach den umlaufenden Nachrichten infolge einer Vergiftung mit Digitalis erfolgt sei, ein Verzweiflungsakt, der ihn vor gewissen Enthüllungen bewahren sollte, welche seine Beteiligung an nihilistischen Umtrieben konstatierten, kurz über alles, was eben als Tagesereignis die Welt bewegte, nur nicht über sein Werk und seine anstrengende Betätigung dafür.

Die letzten umfassenden Proben des Ganzen im vollen Kostüm mit Orchester entfielen auf den Sonnabend (22. Juli) und Sonntag (23. Juli), mit beiden alternierenden Besetzungen. Um für beide gleichmäßig zu sorgen, [629] kam am Sonnabend die erste Besetzung (Winkelmann, Scaria, Frau Materna) mit einer Probe des 2. und 3. Aktes daran; am Sonntag Vormittag der 1. Akt in der zweiten Besetzung (Gudehus, Siehr, Frl. Brandt), woran sich am Nachmittag der 2. und 3. Akt anschloß. Erst am Montag, den 24. Juli, ging die offizielle eigentliche Generalprobe aller drei Akte in der ersten Besetzung vonstatten. Allen diesen Proben (mit Ausnahme der Sonntag-Vormittagsprobe des 1. Aktes) wohnte er persönlich bei, immer noch in bezug auf Tempi und Beleuchtung mit Verbesserungen eingreifend. Zur Generalprobe am Montag waren bereits viele Freunde anwesend, und es erhob sich am Schluß ein stürmischer Applaus, dem er von seiner Loge aus dankte. Damit war die letzte große dreiwöchige Vorarbeit getan, und die erste der 16 Aufführungen stand vor der Tür. Die beiden ersten Vorstellungen waren für die sog. ›Patrone‹ des Unternehmens, d.h. für die Angehörigen des sog. ›Patronatvereins‹ bestimmt, womit denn auch zugleich das Verhältnis des Bayreuther Werkes zu ihnen als gelöst zu betrachten war; die folgenden vierzehn dagegen für das allgemeine zahlende Publikum, an welches er sich – nach dem Versagen jener Vereinsbestrebungen – nun doch hatte wenden müssen.

Zwischen der Generalprobe und der ersten Aufführung lag noch ein Erholungstag für die Mitwirkenden. Die Abendstunden des letzteren waren zu einem feierlichen Bankett auf der großen Restauration des Theaters bestimmt. Den Vormittag hatte er, mit Ausnahme eines Besuches bei seinem Berliner Gönner Grafen Schleinitz, in vollster Abgeschiedenheit in seinem Saal und Garten verbracht und in Hoffmanns ›Serapionsbrüdern‹ gelesen. Um die Mittagszeit empfing er den Besuch des Fräulein Brandt, die er, um jede leiseste Verstimmung auszulöschen, mit seiner Gattin bis an die Tür seines Gartens begleitete, um mit einer freundschaftlichen Umarmung von ihr Abschied zu nehmen. Darauf nahm er mit den Seinigen, Liszt und Levi das Mahl ein und ging mit letzterem zur Befestigung die wichtigsten Tempi durch. Um 5 Uhr hielt er mit den Sängern Reichmann und Winkelmann noch eine Probe, wobei er ihnen gewisse Hauptmomente ihrer Rollen noch einmal durch seinen Vortrag aus der Dichtung vergegenwärtigte. Um 7 Uhr bestieg er dann seinen Wagen, um zum Bankett auf den Festspielhügel zu fahren. In endlosen Reihen wogte es bereits in den Straßen, und vollends vor dem Festspielhause, in dessen festlich geschmückten Restaurationsräumlichkeiten die Vorbereitungen für das gesellige Zusammensein getroffen waren, drängten sich Kopf an Kopf seine Getreuen aus den Scharen der Künstler und Patrone. Schon beim Aussteigen aus dem Wagen wurde er mit freudigen Beifallsrufen begrüßt, die sich im Laufe des Abends mehrmals zu hellem Jubel steigerten, als er – sichtlich in bester Laune – die Reihen der Gäste durchschritt, unter denen auch Niemann mit seiner Gemahlin (der [630] früheren Schauspielerin Hedwig Raabe) und zahllose andere sich befanden, für deren jeden er ein freundliches Wort der Begrüßung hatte. Im Verlaufe des Bankettes ergriff er das Wort, um seine Künstler, denen der festliche Abend vorzugsweise galt, zu begrüßen. In tiefempfundener, zündender Weise gab er einen Rückblick auf das Jahr 1876, auf seine Hoffnungen und Bemühungen während der seitdem abgelaufenen Zeit, die sich in dem einen Streben und Gedanken konzentrierten, noch Etwas zu wirken und zu schaffen. ›Vor sechs Jahren waren wir hier versammelt mit großen, freilich etwas nebelhaften Hoffnungen, die aber doch Gestalt zu gewinnen versprachen. Seitdem ist mir eigentlich das Reden vergangen. Ich beschränkte mich darauf zu schaffen – das Ergebnis davon ist der »Parsifal«; ihm galt meine Arbeit. Ich fand sehr schwer, aber ich fand hingebende Freunde, die mich nach Kräften förderten und stützten. Aber ihr Wirken allein hätte nicht ausgereicht, und auch heute stünden wir noch nicht hier, wenn nicht ein hoher erhabener Freund, den ich nicht zu nennen brauche, mir seine Hand entgegengestreckt hätte.‹ Mit pietätvoller Dankbarkeit gedachte er dieses königlichen Freundes, der ihm, als er fast erlahmen wollte unter der Schwere der gestellten Aufgabe, ein Vorwärts zugerufen und ihn durch seine großmütige Hilfe in den Stand gesetzt hätte, sein Werk jetzt und hier zur szenischen Vollendung zu bringen. Sodann aber wandte er sich zu seinen Künstlern, deren große Hingebung und Begeisterung ihm dargetan, daß er mit dem, was er vollbracht, das Rechte getroffen hätte. Sie seien, wie dankbar er auch die ihm von außen gekommene Hilfe anerkenne, doch seine eigenste Stütze: ›stets habe ich wahre Förderung nur bei den Künstlern gefunden. In vielen meiner Schriften habe ich es wiederholt ausgesprochen, woher unsere Kunst stamme: sie stammt vom Thespiskarren, von Shakespeares Theater.‹ In launiger Weise erwähnte er der, von mancher Seite gegen ihn erhobenen Vorwürfe, daß er Werke schaffe, die niemand bewältigen könne; seine Künstler seien es aber, die die Nichtigkeit dieses Vorwurfes dargetan, seine Künstler, die sich glücklich schätzten, daß ihnen eine Aufgabe gestellt war, welche sie über das Gemeine und Gewöhnliche erhob. (Ein stürmisches Bravo wogte bei diesen Worten durch den Saal.) ›Nicht mir, sondern meinen Künstlern jubeln Sie zu‹ – mit diesen Worten lenkte er den Beifall auf seine Kunstgenossen, und der Schluß seiner Rede war ein herzlicher Dank an alle: an die Sänger, Musiker und Szeniker, für die Treue und Hingabe, mit der sie ihm zur Seite gestanden. Das sei noch seine einzige höchste Freude, seine einzige Hoffnung, daß die Kunst nur durch die Künstler geschaffen und erhalten werde. ›Ihnen also, meine Künstler, danke ich herzlichst; Ihr sollt leben, meine Freunde!‹ Mit diesen Worten brachte er seinen Künstlern ein von der Versammlung stürmisch erwidertes Hoch. – Nach ihm ließen sich die Herren des Verwaltungsrates, Feustel und Muncker, in warmen Ansprachen vernehmen; letzterer schloß mit [631] einem Hoch auf den mitanwesenden Liszt. Mit lautem Widerhall wurden ihre sichtlich von Herzen kommenden Worte von der Versammlung aufgenommen; sie veranlaßten aber auch den Meister selbst, sich nochmals zu erheben, um für diese ›seinem Franz Liszt‹ erwiesene Ehrung zu danken. Mit rührend ergreifendem Rückblick, in herzlichster Einfachheit, gedachte er der großen Verdienste, die sich Liszt um ihn und seine Sache erworben, wie er an ihn geglaubt habe, zu einer Zeit da alle sich von ihm abgewandt, als keiner noch an ihn glauben und ihn begreifen wollte. ›Als ich, um auf deutsch zu reden, ein ganz aufgegebener Mußjöh war, da ist Liszt gekommen und hat von innen heraus ein tiefes Verständnis für mich und mein Schaffen gezeigt. Er hat dieses Schaffen gefördert, er hat mich gestützt, hat mich erhoben, wie kein anderer. Er ist das Band gewesen zwischen der Welt, die in mir lebte, und jener Welt da draußen. Daher sage ich nochmals: Franz Liszt lebe noch!‹ Und nochmals erhob sich rauschender Jubelruf weithin durch den ganzen Saal, von allen Tischreihen der Gäste, aus allen Kehlen und allen Herzen. In gehobenster Stimmung sah alles dem kommenden Tage entgegen, indem es sich zugleich des heutigen weihevollen Momentes erfreute. Auf dieses Morgen waren aller Sinne in begeisterter Erregung gerichtet, und diese Stimmung aller brachte der Meister am Schluß nach allem vorausgegangenen Ernsten – in humorvoller Weise mit den Worten zum Ausdruck: ›Kinderchen, morgen geht der Teufel los! Die da mitwirken, sollen sorgen, daß er in ihnen steckt, und die da zuhören, daß sie ihn wenigstens empfangen – wenn Ihr nicht alle verrückt werdet, so ist unser Zweck nicht erreicht!‹ Wiederum war dadurch die Losung zur befreienden, seelenlösenden Heiterkeit gegeben, die den Kreis der Versammelten noch lange zusammenhielt, als er selbst mit den Seinigen den Saal verließ, nachdem er noch an allen einzelnen Tischen den Umgang gehalten und für jeden einzelnen, dabei von ihm Begrüßten ein für ihn passendes Wort gefunden, so daß er das ›Verrücktwerden‹ schon im voraus – auch bei den Kältesten durch den hinreißenden Zauber seiner Persönlichkeit besorgte!

Damit schloß für das Bühnenweihefestspiel die Zeit der mühe- und sorgenvollen Vorbereitung, die Zeit der Arbeit noch nicht; denn sie dauerte durch alle Aufführungen hindurch fort, da fast jeder Tag noch Einzelproben, Repetitionen, Befestigung des schon Angeeigneten mit sich brachte.

Fußnoten

1 ›Graf Arthur Gobineau, ein Erinnerungsbild aus Wahnfried‹, S. 8/9.


2 Ebendaselbst, S. 26.


3 Vgl. die beiden wichtigen Äußerungen Gesammelte Schriften X, S. 348, und IV, S. 263!


4 Vgl. L. Schemann, ›Gobineaus Rassenwerk‹ (Stuttgart, 1910), S. 379/80.


5 ›Graf Arthur Gobineau, ein Erinnerungsbild aus Wahnfried‹, S. 16/17.


6 ›Salzunger Knabenchor? Vortrefflich!‹ heißt es in einem an Levi gerichteten Briefe vom Oktober 1881 (vgl. den Briefband: ›Richard Wagner an seine Künstler‹, S. 329).


7 Vgl. die von Erich Kloss herausgegebene Briefsammlung ›An Freunde und Zeitgenossen‹, S. 596, und in den ›Gedichten‹ S. 140 und 149 die beiden Dankestelegramme: ›Mir ward in heilig ernstem Schwangewand durch Parsifal und Kundry Gruß gesandt‹ und ›Frau Fricka wob und Loge lachte‹, welches letztere in der Ausgabe der Gedichte irrtümlich unter dem Datum des 22. Mai 1881 eingetragen ist, während tatsächlich beide Dankesgrüße einem und demselben Tage (22. Mai 1882) angehören.


8 H. v. Wolzogen: ›Aus Richard Wagners Geisteswelt‹ (Berlin und Leipzig, 1908), S. 293.


9 ›Graf Arthur Gobineau, ein Erinnerungsbild aus Wahnfried‹, S. 27.


10 Vgl. auch die auf S. 598 vorweggenommene Bezugnahme auf König Richard II. und seine entschlossene Niederdrückung des Wat Tylerschen Aufstandes.


11 Im Original dieser – allerdings für keine Veröffentlichung bestimmten – vertrauten Zeilen heißt es wörtlich (in französischer Sprache): ›Er spielt nicht gut‹ (im Sinne bloßer äußerlicher Virtuosität!) ›und spielt doch wie keiner.‹


12 L. Schemann, ›Gobineau und die deutsche Kultur‹ (Leipzig, 1910), S. 32.


13 Vgl. seinen Brief an Malwida vom 22. Juni 1860, in der Sammlung ›An Freunde und Zeitgenossen‹, S. 276/77.


14 H. v. Wolzogen, ›Aus Richard Wagners Geisteswelt‹, S. 294.


15 Vgl. R. Wagner, ›Gedichte‹, S. 142.


16 Siehe: ›Richard Wagner an seine Künstler‹, S. 347/48 und S. 351.


17 Gesammelte Schriften X, S. 393/94.


18 ›Richard Wagner an seine Künstler‹, S. 348.


19 Die in diesem Sinne für das Weihefestspiel entworfenen, aber durch den Meister völlig abgelehnten Kostümzeichnungen des Münchener Kostümmalers Seitz (S. 440) erschienen zu seiner Überraschung damals öffentlich in einer illustrierten Zeitung.


20 Gesammelte Schriften X, S. 390/91.


21 ›Man vermeint hierbei‹, äußerte sich Wagner hierüber, ›den Charakter einer Rolle ein für allemal zur Nachahmung in der Auffassung festgestellt zu haben, sobald man der Erste war, der darin vor dem Publikum erschien: Leider kam es hierbei oft weniger auf die wirkliche Richtigkeit der Auffassung, als darauf an, daß die Nachfolger sie für richtig hielten; denn daß er von diesen als Muster betrachtet und nachgeahmt wurde, bestärkte den »Createur« in seinem Glauben an seinen höheren Wert. Manches Unheil erwuchs hieraus, namentlich wenn hinter dem Rücken des Autors creiert wurde‹ (Gesammelte Schriften X, S. 376/77).


22 ›Richard Wagner an seine Künstler‹, S. 345/47.


23 Ebendaselbst, S. 349/50.


24 Vgl. Band V des vorliegenden Werkes, S. 226/27. 231.


25 Dies gehört in das noch ungeschriebene Kapitel der böswilligen ›Gerüchte‹, welches einmal besonders für sich zu behandeln wäre: es hat auf lange hinaus kein Festspiel gegeben, welches nicht von einem solchen, merkwürdigerweise stets von München ausgehenden, Gerüchte zu schädigen versucht worden wäre. Das letzte derartige Gerücht von hervorragender Bedeutung war – zwischen der Errichtung und Eröffnung des sogenannten ›Prinzregententheaters‹ – die üble Behauptung von der Baufälligkeit des Festspielhauses selbst und der angeblichen ›Übersiedelung‹ der Festspielinstitution von Bayreuth nach München!


26 Winkelmann war nämlich um diese Zeit immer noch durch die Richter-Franckesche Opernunternehmung in London in Anspruch genommen, wo am 21. Juni die erste Aufführung des ›Tristan‹ unter großer Begeisterung der Mitwirkenden und des Publikums vor sich gegangen war. Am 1. Juli sollten die Proben ihren Anfang nehmen. ›Schafft mir den Winkelmann zum 1. Juli hierher‹, telegraphierte daher der Meister an Hans Richter, ›oder alle Eure Londoner Erfolge soll der T..... holen. Er soll den Parsifal zuerst singen.‹


27 E. Humperdinck, ›Parsifal-Erinnerunge‹ II (enthalten in Nr. 1738 der Wiener Zeitung ›Die Zeit‹ vom 28. Juli 1907). Dazu fügen wir die nachstehenden Tagebuch-Notizen Humperdincks: ›20. Juni: Wandeldekorationsprobe (Bild zu lang, Musik zu kurz). Wahnfried: »Parsifal« 1. Akt (mit Levi allein). 21. Juni: Nochmals Wandeldekoration. Dieselbe Verlegenheit. 22. Juni: Heimlicher Versuch einer Ergänzung zur Musik. Abends vom Meister genehmigt (erfreut). 26. Juni: Ergänzungsstück zur Verwandlungsmusik in Partitur gesetzt.‹


28 Gesammelte Schriften X, S. 383/84 (verkürzt).


29 ›Richard Wagner an seine Künstler‹, S. 350.


30 Ebendaselbst, S. 351.


31 Wir folgen darin den damals im ›Bayreuther Tagblatt‹, zur Vermeidung unsachlichen Geschwätzes, regelmäßig zweimal wöchentlich dargebotenen anonymen Korrespondenzen, welche Porges zum Urheber hatten, und worin es über diese Probe heißt. ›Die erste Szenenprobe des 1. Aktes, welche am Mittwoch stattfand, währte von 10 Uhr vormittags bis 2 Uhr mittags; diese lange Dauer ist erklärlich, wenn man die Schwierigkeiten in Betracht zieht, die überwunden werden müssen.‹ Unverständlich bleibt uns in dieser Angabe bloß, daß diese Mittwochsprobe darin als ›erste(!) Szenenprobe‹ bezeichnet wird; es wäre somit immerhin die Annahme einer Verwechselung mit der tatsächlich ersten Szenenprobe am Dienstag nicht ausgeschlossen!


32 ›Bayreuther Tagblatt‹ v. 14. Juli, ›Musikal. Wochenbl.‹, Nr. 30 v. 20. Juli, S. 353/54.


33 ›Die Vernachlässigung der Sprache (durch Verschlucken und Fallenlassen der verbindenden Teile der Wortreihe) trägt sich aber unmittelbar auch auf die Melodie über, in welcher durch das Verschwinden der musikalischen Partikeln nur vereinzelte Akzente übrigbleiben, welche, je leidenschaftlicher die Phrase ist, schließlich als bloße Stimm-Aufstöße vernehmbar werden‹ usw. (Gesammelte Schriften X, S. 385).


34 Brüder Grimm, ›Kinder- und Hausmärchen‹ I, Nr. 35.


35 ›Schon tags vorher wird Se. Majestät sich über Regensburg nach Bayreuth begeben, abends eintreffen und das Nachtquartier auf der Eremitage nehmen, welche schon jetzt instandgesetzt wird; einige Zimmer werden besonders noch hergerichtet werden. Gleich nach der Aufführung fährt Se. Majestät wieder nach Schloß Berg zurück‹ (›Bayr. Tagblatt‹, Sonnabend, d. 15. Juli).


Quelle:
Glasenapp, Carl Friedrich: Das Leben Richard Wagners in 6 Büchern. Band 6, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1905, S. 594-633.
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