[105] Sechszehntes Schreiben.

Reise über Durlach, Karlsruh und Rastadt, nach Straßburg.

Mein Herr!


Nachdem ich von Stutgard abgereiset, so habe an Durlach einen Ort angetroffen, welcher mit jener Stadt fast einerley Glück und Unglück hat. Rand rechts: Durlach. Auch hier hält die regierende Markgräfinn, eine Schwester des Herzogs von Würtemberg, allein Hof, und erträgt die ihr zugestoßene Verdrießlichkeiten mir vieler Gelassenheit. Karlsruh, wohin der Markgraf seine Residenz verleget hat, liegt eine halbe Stunde weiter gegen den Rhein, und ist eine sehr regulair angelegte Stadt von mehr als dreyhundert Bürgerhäusern, welche aber, sowohl als das fürstliche Schloß, nur von Holze und Backsteinen aufgeführet sind. Rand rechts: Karlsruh. Um das Schloß herum sind die Häuser am größten, und mit gewölbten Gängen, unter welchen man allezeit trucken gehen kann, versehen. Der Grundstein zum Schlosse ist im Jahre 1715 geleget worden, und fehlt noch die Hälfte vom rechten Flügel, weil man etliche Jahre her mit dem Baue innen gehalten hat. Rand rechts: Schloß. Der Mittelpunct von allen hiesigen Anstalten ist der Thurm auf dem Hauptgebäude, auswelchem man nicht nur in alle Hauptstraßen (so mit drey Queergassen durchschnitten werden), sondern auch in fünf und zwanzig theils gepflanzte, theils durch die Holzungen gehauene Alleen sehen kann. Rand rechts: Garten In diesem Stücke hat[105] solches Schloß vor allen Lustgebäuden großer Herren etwas voraus, und ist über dieses dus Holz mit andern Gängen nach einer gewissen chymischen Figur wieder eingetheilt. Ein Theil der Alleen führen die Namen von den Ministern, welche bey Anlegung des Orts in markgräflichen Diensten gewesen, gleichwie die meisten Straßen der Stadt ihre Namenvon fürstlichen Personen haben. Der Garten vor dem Schlosse ist klein, aber artig. Es sind darinnen an Pomeranzen-Citronen-Lorber- und dergleichen Bäumen über viertausend Stücke, worunter zweytausend und siebenhundert Orangebäume, deren die schönsten an Höhe zwar die ludwigsburger übertreffen, an der Dicke aber selbigen beyweitemnicht gleich kommen. Rand links: Orangerie.

In etlichen Vertiefungen des Gartens hat man von kleinen Citronenbäumen artige freye Espaliers angelegt, nebst einem Vogelhause für dreyhundert Kanarienvögel, welche des Sommers im Garten herum flogen, und freywillig wieder in ihre Behausung kamen. Allein im verwichenen Winter wurde beym Einheizen des Ofens etwas versehen, das Feuer ergriff ein Stück Holz, so in der Stube befindlich war, und die Vögel erstickten vom Dampfe, ehe man sie retten konnte.

Hinter dem Schlosse ist ein Entenköy, worinnen täglich über zweytausend wilde Enten, so dahin gewöhnt worden, gefüttert werden. Der vornehmste Fehler von Karlsruh besteht in dem Mangel des Wassers. Die ganze Gegend ist eine sandige Ebene, in welcher des Sommers wegen des vielen Staubes übel zu fahren ist. Die wenigen Wasserkünste des Gartens werden durch Pumpen von Leuten getrieben. Jedoch sagt man, daß der Markgraf auch in diesem Stücke auf Besserung bedacht sey, und einige kleine Wasser-leitungen sowohl für die Stadt als den Garten führen lassen wolle. Er nimmt sich übrigens der Regierungssachen wohl an, macht keine Schulden, und höret jedermann mit Geduld. Seine sämmtlichen jährlichen Einkünfte schätzet man auf viermal hundert tausend Gulden, wovon gewisse Summen zur Unterhaltung des Gartens, der Musik und andern Lustbarkeiten gewidmet sind. Von andern hieher gehörigen außerordentlichen und in Europa ganz ungewöhnlichen Umständen1 fällt mir ein, was SALLVSTIVSde Bello Jugurt setzet: De Carthagine silere melius puto, quam parum dicere.

Die Eigenliebe ist sinnreich, so gar die am meisten ausschweifenden Gemüthsneigungen mit der etablirten Landsreligion, wenn solche auch noch so rein und lauter ist, zu vereinigen. Man macht alsdann gleich sam einen Accord und Vergleich mit Gott, kraft dessen man sich gewisse Favoritsünden vorbehält, im übrigen aber Gott seine andern Rechte ungekränkt zu lassen gedenket. David und Salomon dienen mit der Menge ihres Frauenzimmers zum Troste wollüstiger Temperamente, welche ohnedem nach der Mischung ihres Geblüts sich ohne Mühe bereden, Gott könne es in diesem Artikel nicht allzu genau nehmen, wenn man nur viele andere äußerliche Pflichten, zu deren Uebertretung das Temperament vor sich selbst nicht geneigt ist, in Obacht nehme2. Kömmt etwan ein Beichtvater dazu, der mündlich oder in Bücherzueignungen zu schmeicheln weis: so kann die Eigenliebe leicht in den[106] Gedanken gestärket werden, man sey ein liebes Kind Gottes, obgleich der Grund des Herzens und die ganze Aufführung vielem Tadel mit Rechte unterworfen bleibt.

Rastadt liegt zwo und eine Vierthel Posten von Karlsruh, es wird aber niemanden gereuen, wenn er einen Umweg linker Hand nach der Favorite nimmt, welche die verwitwete Markgräfinn von Baden-Baden nach der neuesten Bauart hat anlegen lassen. Rand rechts: Baden-Badische Favorite. Man findet darinnen eine schöne Porzellankammer und ein Spiegelkabinet, worinnen viele Raritäten der Natur und Kunst zu sehen sind. Unter andern ist die Markgräfinn selbst mehr als vierzig mal, in unterschiedenen Maskenkeidern, deren sie sich bey mancherley Gelegenheiten von ihrer Jugend an bedienet hat, sehr wohl abgemalet. Man kennet allenthalben das Gesicht, ob man gleich auch wahrnimmt, wie die zunehmenden Jahre hie und da die gewöhnlichen Veränderungen in der Bildung und Schönheit der Haut hervor gebracht haben. Mich dünket, daß dieses die beste Probe von wohlgerathenen Portraiten sey, welche man auch in der luxemburgischen Galerie, bey denen vielen Umständen und Veränderungen, worinnen Rubens die Königinn Maria de Medicis vorgestellet hat, bewundern muß. Die Höhe des untersten Saals geht durch alle Stockwerke, und die Cupola, um welche man in dem andern Stockwerke bey einem Geländer gehen kann, ist sehr hell und artig gemalt. Im andern Stockwerke sind etliche Zimmer mit chinesischer Arbeit von Seide und Papier ausgezieret; eines mit seinen Spitzen, woraus auch alle Vorhänge des Bettes bestehen; an der Decke eines andern werden schöne Gemälde von Fischen, Vögeln und Blumen, so aus lauter harten Steinen, als Achat, Jaspis, Carniol, Amethyst etc. zusammen gesetzt sind, zu sehen seyn, von welcher Arbeit auch ein schöner Tisch schon fertig ist. In den untern Gewölben sieht man mit Vergnügen die treffliche Ordnung der Küche, Speisekammer, Apotheke, des Waschhauses etc. und macht sich die Markgräfinn eine Freude, ihre Gäste auch in diesen unterirdischen Einrichtungen herum zu führen. Zu Ende der kleinen Orangerie ist linker Hand ein Fasanengarten, und rechter Hand geht man durch einen wilden Busch in die Hermitage. Rand rechts: Hermitage. Das in der Mitte derselben stehende Haus ist mit lauter großen Stücken von Baumrinde an allen äußern Wänden bekleidet. Die Thür scheint auf alten Stämmen von Bäumen zu ruhen: inwendig sieht man nur etliche ohne große Kunst gearbeitete Statuen des Herrn Christi, Josephs und Mariä, ein schlechtes Bette ohne Vorhänge, einen Altar ohne Zierrathe, und in den kleinen Gängen des Gartens findet man in den Ecken Vorstellungen der alten Einsiedler in Lebensgröße von Holze und theils mit haarenen Decken bekleidet; die Hölen, worinnen diese Bilder stehen, ruhen gleichsam auf alten halbverfaulten Baumstämmen. Diese Einsiedeley ist gerade das Gegenspiel von der nymphenburgischen Hermitage, welche etwas großes in ihrem gleichsam versteckten Pracht hat; da hingegen die badische ihre Annehmlichkeit der ausgesuchten Nachahmung der natürlichen Einfalt und ungekünstelten Beschaffenheit einer zur geistlichen Betrachtung bequemen Einöde zu danken hat.

Eine Stunde von der Favorite liegt Rastadt, welches regulaire Straßen und Plätze[107] hat. Rand rechts: Rastadt. Das Schloß ist prächtig erbauet, und aus seiner Mitte sieht man durch drey Straßen der Stadt, davon die mittlere mit einer langen Allee sich endiget. Das Schloß ist noch nicht völlig ausgebauet, und sonderlich würde der Garten viele Arbeit erfodern, wenn etwas rechtes daraus gemacht werden sollte. Man sieht auf den Straßen wenig Leute, und ist alles gleichsam ausgestorben. Die Lage und das Ansehen des schönen Schlosses ist am besten vorgestellet auf einer Schaumünze, deren Umschrift ist: Rand links: Medaillen, so das Schloß vorstellen.


Dat paCeM Raststat

PatrIæ est Vrbs ILLa q VIetls.


Gleichwie dieser lateinische Vers die Jahrzahl des im Jahre 1714 allhier geschlossenen Friedens zu erkennen giebt, also zeiget die Unterschrift den Monat an, in welchem die Friedenspräliminarien unterzeichnet worden:


Martius expellit pacis fundamine Martem.


Auf der andern Seite wird vorgestellt ein offener Helm, worinnen die Tauben ein Nest bauen, mit der Ueberschrift:


In galea Martis nidum fecere columbæ.


Eine andere hieher gehörige Medaille hat die eine Seite mit der itztgemeldten völlig gleich, und stellet das Schloß Rastadt vor; auf der andern Seite aber findet sich das auf den alten römischen Münzen bekannte Bild der Beständigkeit, mit der Ueberschrift:


Constantia Augusti.


Eine dritte Medaille stellet den Mars vor, wie er den Janustempel zuschließt, mit der Ueberschrift:

Janus a Marte Mense Martio clusus.

Unten liest man:

Pax Rastadiensis.

Auf der andern Seite fliegen Bienen um einen todten Löwen herum, mit der Ueberschrift:


FortI DVLCe VenIt fortI MeL fortIs ab are.


Unten ist angezeigt: Jud. cap. XIV. v. 14.

Ich besitze noch ein auf diesen Frieden geprägtes kleineres Schaustück, auf dessen einer Seite sich das Schloß Rastadt zeiget, über welchem ein Adlerschwebet, mit der Umschrift:


NIDVM paCIs hIC InstrVo

paX RastaDII In arCe CoMposIta est.


Untenher liest man:

Et in loco isto dabo pacem, Agg. 2.


Die andere Seite ist mit den Brustbildern der verwitweten Markgräfinn und ihres Prinzen gezieret, nebst den Umschriften:


Dabo pacem in finibus vestris. Levit. 26.

Ludovicus Marchio Baadensis; Francisca Sibylla

Ang. Gubernatrix.


Die Residenz Rastadt hat der vorige Markgraf erbauen lassen, ein Herr von sogroßer Erfahrung im Kriegswesen, daß auch der Prinz Eugenius geurtheilet, wenn er selbst des Markgrafen von Baden Erfahrenheit, oder dieser sein (des Eugenii) Glück gehabt hätte, so würde nothwendig einer von ihnen zween der größte General von Europa gewesen seyn. Rand links: Lob des vorigen Markgrafen. Die schlechten Anstalten aber, welche dieser Markgraf insgemein bey der Reichsarmee fand, setzten ihn außer Stand, wichtige Dinge wider die Feinde zu unternehmen, und wurde bey vielen seine Treue für das Vaterland in Zweifel gezogen, zu einer Zeit, da seine Minister mit allem Rechte beym Reichstage vorstelleten: Ihr Principal sey zwar schon seit langen Jahren kein Anfänger mehr im Kriegshandwerke; so viel aber habe er doch noch nicht gelernet, daß er ohne Pulver und Flintensteine Schlachten gewinnen könnte. Rand links: Beschuldigungen wider ihn. Es ist wahr, daß er die Bataille beym Schellenberge anfänglich widerrathen hat, weil die bayerischen[108] Truppen allzuvortheilhaftig sich gesetzt hatten, als daß man sich viele Hoffnung machen konnte, sie ohne große Gefahr und Einbuße zu überwältigen; indessen, da ihm der Herzog von Marleborough seinen letzten Entschluß wegen Angriff des Feindes eröffnete, antwortete er gleich: Je serai donc de la partie. Darinnen hat er einen Fehler begangen, daß er nach erhaltenem Siege sich mit einem kleinen Corpo von der großen Armee absondern lassen, und geglaubt hat, es sey die Hauptabsicht auf die Festung Ingolstadt, vor welche er gerücket war, gerichtet. Denn auf diese Art kam er um die Ehre des Sieges bey Höchstädt, woran er sonst mit Theil würde genommen haben. Er war desfalls nicht gar unempfindlich; und als ihm ein Courier die Nachricht von dem glücklichen Ausgange der Schlacht (von welcher er die Gestückschüsse in seinem Lager vor Ingolstadt deutlich hören konnte) überbrachte, sagte er: Je n'y aurois pourtant rien gaté.

Es kann indessen doch wohl seyn, daß er auch diese Bataille widerrathen hätte, weil Kriegsverständige versichern, daß, menschlichem Ansehen nach, aller Vortheil auf Seiten der Franzosen würde gewesen seyn, wenn diese nicht den groben Fehler begangen hätten, sechs und zwanzig Bataillons in das elende Nest von Blenheim zu stecken.

Der itztregierende Markgraf hat seine Auferziehung keinem Cavalier oder Oberhofmeister, sondern vornehmlich seiner Frau Mutter zu danken. Er belustiget sich öfters mit der Jagd, auch zur Sommerszeit, da solche doch wegen des fliegenden Ungeziefers, so man Schnacken nennet, höchstbeschwerlich ist. Die Naturkündiger mögen untersuchen, woher es komme, daß dieses Insect am Rheinstrome in größerer Menge als bey andern Flüssen sich aufhalte; daher man auch Gelegenheit genommen, die Rheinländer aus Scherz Rheinschnacken zu nennen. Rand rechts: Rheinschnacken.

Die verwitwete Markgräfinn besitzt außer andern Wissenschaften auch das Geheimniß, in den härtesten Achat die Figuren und Farben, welche sie will, zu bringen, und zwar also, daß nicht nur die äußere Fläche gemalt ist, sondern die Farben auch etliche Zoll tief in den Stein dringen. Rand rechts: Künstliche Figuren in Achat. Diese Kunst ist vermuthlich auch in dem kostbaren Achat der kaiserlichen Schatzkammer zu Wien, welchen LAMBECIVS beschrieben hat, angebracht worden; daher man wohlgethan, in den Streitigkeiten mit den Arianern für die höchste Gottheit Christi stärkere Beweisgründe anzuführen, als diejenigen sind, welche solcher Achat an die Hand geben könnte. Es fehlt mir an Achaten, um an denselben die Kunst zu probiren, welche der P. Baldigiani beym Marmor gebraucht, und dem Abte Nazari eröffnet hat. Rand rechts: Kunst in Marmor zu malen. Man bereitet die schwarze Farbe aus dem Gummi, womit die Mumien angefüllet sind; die rothe aus Drachenblut; (sang de Dragon en larme) und die gelbe aus Gummi gutta; jedes wird insbesondere zu einem sehr seinen Pulver gerieben, und mit starkem Brandtweine auf den heiß gemachten Marmor aufgetragen, da sich denn die Figur und Farbe so tief in den Stein hinein zieht, als wäre er von Natur also gewachsen. Mit dem Marmor von Carrara geht die Sache gut an; mit härteren Steinen aber kömmt es noch auf Proben an, durch welche man leicht auf Verbesserung der Handgriffe gerathen kann. AthanasiusKIRCHERVS entdecket in seinemMundo subterraneo eine Art in Marmor zu malen, nach welcher das Sal Ammoniacum, der Spiritus Vini und Aqua fortis das beste bey der Sache thun müssen; ich zweifele aber, ob diese Kunst die Probe aushalte. Von etlichen neuern und bessern Versuchen, die verlangten Farben in Marmor, Achat, Jaspis und andere noch härtere Steine zu bringen, verdienet des DUFAY Abhandlung in der Histoire de l'Academie Royale des Sciences vom Jahre 1728 nachgelesen zu werden. Ich wünsche auch, daß man wegen der Veränderung der natürlichen Farben in dem Achate einige Untersuchung und[109] Anmerkungen machen möchte. Bey Paul Lucas, der wegen seiner ägyptischen Reisen bekannt genug ist, habe ich gefunden, daß eine ganz blasse und fleischfarbne Vorstellung eines kleinen Fisches im Achat, welchen wir währenden Gespräches ohne besondere Absicht un dem Fenster und im Sonnenscheine hatten liegen lassen, innerhalb einer Vierthelstunde dunkelroth und endlich ganz schwarz wurde, welche Farben er hernach allmählich im Zimmer und Schatten verlohr, bis er am vierten oder fünften Tage wieder in seiner ersten Gestalt er schien. Rand links: Verändeung der Farben im Achate.

Auf dem Schlosse zu Rastadt waren sonst viele kostbare Gemälde zu sehen, deren Anzahl aber sehr verringert worden durch den Eifer des P. Meyer, der anfänglich viel bey der verwitweten Frau Markgräfinn von Baden zu sagen hatte, und erst fiel, als das Ansehen des Cardinals S ... überhand nahm. Dieser Pater gieng so weit, daß er für mehr als funfzig tausend Gulden Gemälde, die ihm zu nackend oder verführerisch schienen, verbrennen ließ.

Ein Reisender vergißt nicht, die schöne Scala Santa in der neuen Schloßkapelle zu sehen. Die Einkünfte des Markgrafen werden ohne dasjenige, was er von seiner Frau Mutter hat, auf viermal hundert tausend Gulden gerechnet.


Ich bin – – –

Rastadt, den 8 Sept. 1729.

Fußnoten

1 Man wird die folgenden Worte des Verfassers am besten verstehen. wenn man weis; daß er auf das land- und weltkündige Jungfernseminarium gezielet habe. Die ganz unnatürliche Ausschweifung des Herrn Markgrafen unterhielt in demselben mehr als dreyßig unartige Geschöpfe, unter denen einige ihn des Tages in Heyduckenkleidern auf der Karosse begleiten, und des Nachts die Aufwartung machen mußten. Bey der Ausmusterung wurde für ihren Unterhalt gesorget, indem sie meistentheils an niedrige Bediente verheirathet wurden.


2 Sind schon die geoffenbarten Wahrheiten unsers allerheiligsten Glaubens einem solchen zufälligen Misbrauche unterworfen; so kann man Leicht den Schluß machen, wie sehr der Sinnlichkeit geopfert werden würde, wenn die bloß natürliche Religion herrschen sollte. Die Menschen sind geneigt, dasjenige leicht zu glauben, was sie wünschen. Sie würden also bey den unverantwortlichsten Ausschweifungen mit leichter Mühe einige kümmerliche Grunde zusammenraffen, um ihr gebrandmarktes Gewissen zu beruhigen. Und wie schlecht würde hiebey für das gemeine Wesen gesorget seyn? Wie glücklich sind wir, die wir den Namen von Christo führen, daß unsre Lebenspflichten durch die nähere göttliche Qssenbarung auf das deutlichste bestimmet worden!


Quelle:
Johann Georg Keyßler. Neueste Reisen durch Deutschland, Böhmen, Ungarn, die Schweiz, Italien und Lothringen. Theil 1. Hannover 1751, S. 110.
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