[304] Acht und dreyßigstes Schreiben.

Reise von Turin nach Genua, nebst einigen Nachrichten von der letzten Stadt.

Von Turin bis Alexandria werden fünf und dreyßig italienische Meilen oder acht Posten gerechnet, und habe ich im vorhergehenden Schreiben von dem wenigen, so auf solcher Reise zu bemerken seyn möchte, schon Nachricht ertheilet.

Von Alexandria bis Genua sind ungefähr dreyßig italienische Meilen, welche mit der Posta Reale oder der letzten doppelten für sieben Posten bezahlet werden.

In Alexandria kann man schon die Cambiatura haben, und also für halbes Geld eben so hurtig fortkommen, als mit der Post in dem Piemontesischen, Mayländischen und Venetianischen geschieht.

Auf halbem Wege zwischen Alexandria und Novi ist die den Dominicanern zuständige Abtey del Bosco zu besehen, worinnen sich beständig fünf und funfzig bis sechszig Mönche aufhalten. Rand rechts: Abteydel Bosco. Sie bringen täglich fünf und eine halbe Stunde in der Kirche, und zwo Stunden in der Schule zu. Ihre Bibliothek ist mittelmäßig, das ganze Gebäude aber weitläuftig und wohl eingerichtet. In des Pater Priors Zimmer ist auf einem Gemälde der ganze Lebenslauf Christi mit so kleinen Figuren vorgestellet, daß man eines Vergrößerungsglases benöthiget ist, um alles genau zu erkennen. Dieses Stück ist vom Albrecht Dürer, und sollen dem Kloster eilf tausend Zechini dafür gebothen worden seyn. Die Kirche ist mit trefflicher Marmorarbeit gezieret, und findet man insbesondere große Stücke von Achat, Porphyr, Serpentin, wie auch florentinischen und africanischen Marmor darinnen. An verschiedenen Werken hat Michel Angelo Buonarota seine Bildhauerkunst erwiesen. Nicht weit vom Hauptaltare ist das Grabmaal Pii V. des Stifters dieses Klosters in Augenschein zu nehmen. Rand rechts: Grabmaal Pii V. Der Sarg desselben besteht aus rothem äthiopischen Marmor, welcher dem Achate gleicht, und ruhet er auf einem Grunde vonPietra di Paragone oder schwarzem Probiersteine, worinnen eine weitläuftige Inscription mit vergoldeten Buchstaben eingegraben ist. Rand rechts: Gemälde. In einer von den Seitenkapellen ist die Anbethung der Weisen aus Morgenland vom Raphael d'Urbino auf Holz gemalet, von welchem Stücke aber hie und da die Farben abzufallen beginnen. Rand rechts: Das jüngste Gericht. In der Sacristey zeiget man das jüngste Gericht, wie solches Buonarota auf einer mittelmäßigen Tafel von Kupfer gemalet hat. Die Päbste, Bischöfe und Mönche füllen einen großen Theil des Himmels in dieser Vorstellung; unterdessen daß die Layen von allerley Stande und Würden nach der Hölle wandern müssen. Dergleichen[305] Abbildungen sind der Clerisey nicht übel zu nehmen. Ein jeder kann sich für sein Geld malen lassen, was er will. In besagter Sacristey ist ferner noch ein schöner Tisch aus Porphyr zu besehen, und an einem Altare zur rechten Hand ein treffliches Portrait des Pabstes Pii V, dessen einer Pantoffel indem Altare verwahret wird. Rand links: Pantoffel Pii V. und seine Verehrung. Solcher ist von rothem Sammte, fast gänzlich ohne Absatz und oben mit einer goldenen Treffe in der Gestalt eines Kreuzes besetzt. Es kostete unserer Gesellschaft Mühe, solchen Pantoffel, welchen Pius V nur ein- oder zweymal getragen hat, zu sehen, weil man ihn anfänglich nicht anders als unter der Bedingung, daß wir ihn küssen sollten, zeigen wollte. Es half uns aber endlich ein junger Dominicaner aus Schlesien, der allhier studirte, zu der Erlaubniß, ohne Bedingung alles in Augenschein zu nehmen; jedoch brauchte man verschiedene Ceremonien dabey, und vermeynten die Mönche, daß sie uns in diesem Stücke eine ganz außerordentliche Gütigkeit erwiesen hätten. Nach ihrer Meynung besteht das sehenswürdigste ihrer Kirche in einem hölzernen Crucifixe, so sich im Jahre 1647 nach der rechten Hand und gegen eine Kapelle, in welcher ein Stück vom Kreuze Christi, ein Dorn aus seiner Krone und etliche andere Heiligthümer verwahret werden, gewendet hat, als ein Dieb die dabey befindlichen Kostbarkeiten bey Nachtzeit zu entwenden bedacht gewesen. Rand links: Wunderthätiges Crucifix. Der Knall des sich umkehrenden Bildes verjagte den Dieb und setzte ihn in einen solchen Schrecken, daß die ganze Begebenheit darüber offenbar wurde. Das Crucifix behält noch heut zu Tage die Stellung, welche es damals angenommen hat; es hat sich aber eigentlich nicht der am Kreuze hängende Körper, sondern nur der untere Stamm des Kreuzes herum gewunden oder gedrehet, welches gar leicht die Wirkung eines trocken werdenden Holzes seyn kann.

Die Gegend von Alexandria bis nach Novi, der ersten genuesischen Stadt, worinnen aber nichts zu bemerken, ist ganz eben. Rand links: Gegend bis Novi. Von dannen trifft man zwar noch gute und meistentheils gepflasterte Wege an, allein es finden sich auch schon viele Hügel, als Vorbothen des bald darauf folgenden apenninischen Gebirges. Ueber den Fluß Lemo kömmt man zu verschiedenen malen, und läßt man nahe zur linken Hand die auf einem steilen Felsen liegende und den Genuesern zuständige schöne Festung Gavi. Rand links: Das apenninische Gebirge. Von Voltaggio, welches zwo Posten von Novi entfernet ist, fängt die rechte Erhöhung des Gebirges an, und läßt die in der Krümme herum gehende wohl gepflasterte auch an vielen Orten zur Seite aufgemauerte Straße den Lemo bald zur rechten bald zur linken Hand.

Der Apenninus hat seine Benennung von den Alpen, womit sowohl die Deutschen noch heut zu Tage, als die Gallier in alten Zeiten1 die Berge überhaupt andeuteten2. Rand links: Seine Benennung. In Oberdeutschland sind sowohl die würtembergischen als schweizerischen Alpen bekannt:[306] und nennt man auch die eingebildeten Berggeister oder incubos, von welchen die mit schwerem Geblüte behafteten Leute, wenn sie sonderlich auf dem Rücken liegend schlafen, gedrückt zu werden glauben, Alpen und den Zufall selbst das Alpen- oder Drudendrücken3. Pen oderPenn, die letzte Sylbe des vorgedachten Wortes, heißt noch heut zu Tage sowohl in England als in dem französischen Herzogthume Bretagne die Spitze eines Berges: und ist dannenher nichts leichters, als daß die Römer mit ihrer lateinischen Endigung aus Alpen, Alpeninum oder Peninum Montem gemacht haben. Denn daß das Jugum Penninum nicht von den Karthaginensern oder Pœnis den Namen führe, hat schonLIVIVSlib. XXI angedeutet, da er bemerket, wie Hannibal nicht per Penninum jugum, sondern per Taurinos in Italien eingedrungen sey. Jenes, nämlich das penninische Gebirge heißt itziger Zeit in italienischer Sprache il Monte Jove, im französischen Mom-Jou, und sonst der große Bernhardsberg4. Des Jupiters Namen ist ihm beygeleget worden von dem Genio loci, welchen die uralten Einwohner auf dem Gipfel des Berges verehrten, und die Römer, so alles nach ihren Sitten abzumessen pflegten, den Jupiter zu seyn glaubten. Sein eigentlicher Namen, der von dem Berge selbst genommen war, hieß Peninus oder Penninus, und gedenket seiner sowohl LIVIVSlib. XXI, c. 38, fin. als auch folgende in Stein gegrabene und auf dem großen St. Bernhardsberge gefundene Inscription:


Lucius. Lucilius Deo. Pennino

Optumo

Maxumo

Donum dedit.5


SERVIVS, der in der Mitte des vierten Jahrhunderts lebte, macht eine Göttinn Pœninam daraus, wenn erad Æneid. X, v. 13 schreibt: Denique loca ipsa, quæ rupit (Annibal) Apeninæ Alpes vocantur, quamvis legatur, a Pœnina Dea, quæ ibi colitur, Alpes ipsas vocari; allein er irret sich sowohl in dem Geschlechte der besagten Gottheit, als in dem Orte, über welchen Hannibal sein Heer geführet hat. Daß ein anderer heidnischer Götze; welchen die Römer für ihren Herkules angesehen haben, auf den Höhen der Alpium Grajarum verehret worden, berichtet PETRONIVSin Satyrico mit folgenden Worten:


Alpibus aëreis, ubi Grajo nomine vulsæ

Adscendunt rupes nec se patiuntur adiri,

Est locus Herculeis aris sacer – – –
[307]

Gleichen Ursprung mit dem Deo Apennino oder Pennino hat Deus Bergimus, dessen Gedächtniß zwo zu Brescia befindliche Inscriptionen, welcheSPONIVSin Miscell. Erud. Antiq. n. CII, aus des OctaviiRVBEI oder ROSSIMemorie Bresciane anführet, erhalten haben: Rand links: Deus Bergimus.


I.

Deo Bergimo L. Artemidorus

II.

Noniae Macrinae

Sacerd. Bergimi

B. M.

Camuni


Die Camuni, welche hier der Macrinæ Sacerdotissæ benemerenti Bergimi ein Denkmaal aufgerichtet, waren Einwohner des nahe bey Brixen gelegenen Thals, das Valcamonia genennet wird. Des Bergimi gedenket noch ein anderes Monument beym ROSSI, welches die Unterschrift hat:


Bergimo

M. Nonius

M. F. Fab.

SENECIANUS


Berg hat von uralten Zeiten dasjenige geheißen, was die Lateiner montem nennen, und führet vermuthlich die unten am Fuße des Berges gelegene Stadt Bergamo, welche ohnedem eine Colonie der alten Gallier ist6, davon ihren Namen. Gleiche Bewandniß mag es mit dem Deo Summano, dessen ein vicentinisches Denkmaal Meldung thut, haben: und ist kein Wunder, daß man die Deos locales von den Namen ihrer bergichten Gegenden benennet, da das Alterthum sogar die Benennungen der Alpen und Berge in streitbare Helden zu verwandeln kein Bedenken getragen hat. Rand links: Deus Summanus. Rand links: Irrthum der Römer in den auswärtigen Namen. Denn wenn PomponiusMELA7 schreibt, es habe Herkules den Albionem und Bergiona im Streite überwunden, so handelt vermuthlich der Grund der Historie von der Uebersteigung zweyer großen Gebirge. Rand links: Albion.

Wie mit der Zeit aus den nominibus appellativis nomina propria worden8, oder wenigstens die Römer, denen die deutsche Sprache unbekannt war, jene für diese genommen,[308] zeiget auch das WortDunum oder Duynen, als welches nicht nur in der alten gallischen Sprache9, sondern auch in den Niederlanden und dem nordlichen Theile von Deutschland noch bis diese Stunde einen Berg oder Hügel andeutet10, vom TACITO aber zu verschiedenen malen als ein Nomen proprium gebrauchet wird11. Rand rechts: Dunum. Auf gleiche Art ist der allen Wäldern gemeine alte deutsche Namen Arten, Harten, Harz, nicht nur dem hercynischen und etlichen andern Wäldern gleichsam eigen geworden, sondern man hat auch die Deam Ardoinam oder Arduenam, deren die alten Scribenten und Inscriptionen gedenken, daraus gemacht12. Rand rechts: Dea Ardoina.

Genua hat eine der unbequemsten, dabey aber schönsten Lagen von allen italienischen Städten, und fällt solche am besten in die Augen, wenn man eine Vierthelstunde weit in die See hinaus fährt, da sich dann ihre trefflichen und gegen den Berg hinauf angelegten Gebäude, die ihr den Namen von Superba erworben, als ein Amphitheater darstellen. Rand rechts: Lage der Stadt Ge nua. Diese Ungleichheit des Bodens aber nebst den engen Straßen machet, daß man sich innerhalb der Stadt keiner Kutschen bedienen kann, sondern fast jedermann zu Fuße geht, ausgenommen daß die vornehmen Damen sich der Tragsessel bedienen, und etwan hie und da eine Karriole zum Vorscheine kömmt. Rand rechts: Enge Straßen. An der Enge der Straßen soll der wenige Raum, welchen die Stadt in der untern Ebene einnimmt, Ursache seyn, wozu man eine andere Absicht füget, nämlich, daß durch die sehr hohen Häuser und schmalen Gassen die brennende Hitze des Sommers mehr einzudringen verhindert und dadurch die Gesundheit des Ortes befördert würde13. Rand rechts: Nutzen derselben. Das Pflaster der Straßen ist sehr gut und an vielen Orten von Quadersteinen. Der Mangel der Kutschen und des vielfältigen Fuhrwerkes trägt kein geringes zur Reinlichkeit der Gassen bey, wozu noch kömmt, daß man wegen des unfruchtbaren Grundes und Bodens, wie auch wegen Abgang der nöthigen Dunge, den s. v. Koth der Pferde und Maulesel aufs sorgfältigste zusammen suchet und aufhebt. Rand rechts: Reinlichkeit. Rand rechts: Sammlung des Kothes. Was nach dem Vorgeben etlicher morgenländischen Reisebeschreibungen die Araber bey denen Kameelen, welche unter den nach Mekka gehenden Karavanen gewesen, aus Aberglauben beobachten, das thun hier bey andern Thieren die armen Leute aus Eigennutze, und sammeln sie alles auf den Straßen gar sauber zusammen, welches man vornehmlich in der Vorstadt Pietro d'arena leicht bemerken kann, als woselbst die breiten Straßen den Gebrauch von allerley Fuhrwerke verstatten.

Die Häuser haben meistentheils platte Dächer oder wenigstens eine Galerie, welche[309] verhindert, daß man das niedrige Dach von unten auf nicht sehen kann. Rand rechts: Gärten auf den Häusern, Itztgedachte Dächer sind mit Lavagna bedeckt, einem Steine, der dem Schiefer sehr nahe kömmt. Weil auch wegen der bergichten Lage der Stadt der Grund und Boden bey vielen Häusern mit aufgeführten Bogen und Mauern hat erhöhet und ausgefüllet werden müssen, hat man diese Plätze mit Orangebäumen besetzt, und also eine Art von Hortis pensilibus daraus gemacht, welche zwar nichts wunderbares und außerordentliches an sich haben, indessen aber doch der Stadt viele Zierde machen.

Die an dem Ufer aus der See hervor ragende Felsen haben Gelegenheit zu verschiedenen Bastionen, welche an etlichen Orten zweyfach bis dreyfach hinter einander liegen, gegeben, und erstrecket sich die Länge dieser Befestigungswerke und der untern Stadt auf drey italienische Meilen. Rand links: Fortification. Es sollen auch die sämmtlichen Werke der Stadt beynahe mit fünfhundert Canonen besetzet seyn. Auf der Landseite ist Genua mit einer doppelten Mauer umgeben, deren die äußerste und neuere über das Gebirge geht, und beym Fanal sich anhebt, bey dem Flusse Bisagno aber ein Ende nimmt. Ihr Umfang erstrecket sich auf zehn italienische Meilen, und hat man wegen des ungleichen Bodens über drey Stunden nöthig, wenn man sie umreiten will. Wegen ihrer Weitläuftigkeit kann sie zu nichts dienen, als etwan die Streifereyen und Plündereyen der Banditen zu verhindern. Rand links: Reisende geben das Schießgewehr ab. Reisende müssen vor den Thoren der Stadt ihr Schießgewehr gegen ein gezeichnetes Hölzchen, so die Hälfte von einem Kerbholze ausmacht, zurück lassen, sie können aber solches alsbald gegen dieses Zeichen und ein dabey gelegtes Trankgeld nachholen lassen. Die Zurückgebung des Gewehres sollte billig erst bey der Zurückkehr aus der Stadt oder wenn man zu Schiffe geht, erfolgen; allein man sieht nicht darauf, und kann man übrigens in Genua mit mehrerer Freyheit allenthalben herum gehen und alles nach Belieben in Augenschein nehmen, als von einer Republik, welche gegen ihre Nachbarn, die Franzosen und Piemonteser nicht ohne alles Mistrauen seyn kann, zu vermuthen ist. Auf der einen Seite der Stadt, nämlich gegen Abend fließt der Fluß Bonzevera, auf der andern aber, oder gegen Morgen der Bisagno. Beyde sind mit steinernen Brücken versehen.

Der Hafen von Genua ist groß aber nicht gar sicher, und würde man den Eingang desselben allzuenge und der Stadt selbst schädlich oder beschwerlich machen müssen, wenn man die Südwinde mehr abhalten wollte. Rand links: Hafen. Indessen sparet man weder Sorge noch Kosten, den Hafen in bessern Stand zu setzen, und hat man noch in diesem itzigen Jahre den Molo oder den steinernen Damm, welcher ihm zur linken Hand (wenn man aus der Stadt nach der offenbaren See sieht) an statt einer Vormauer dienet, um fünf und dreyßig Schritte verlängert, dergestalt daß sich seine Länge nun auf siebenhundert Schritte erstrecket, und soll mit der Zeit das Werk noch auf hundert Schritte weiter hinaus geführet werden. Rand links: Molo. Zur rechten Hand und beym Fanal ist gleichfalls ein neuer Molo von siebenhundert und vier und siebenzig gemeinen Schritten in die See geleget, und mit einer Vorlage von ungeheuer großen Felsensteinen verwahret worden. Die Unkosten dieses Molo haben sich auf unglaubliche Summen belaufen, weil die See in dieser Gegend gar tief ist, und man bey Aufführung der untersten Lagen Urinatores oder Seetäucher mit Glocken und andern Erfindungen dazu gebrauchen müssen. Man gedenket auch itztgedachtes Werk zu verlängern und dadurch den Hafen wider den ihm bisher noch gefährlichsten Südwestwind, Labeecio genannt, besser zu schützen. In der Mitte des Hafens, nämlich auf dem Platze, der die königliche Brücke genannt wird, ist zum Gebrauche der Schiffe ein Springbrunnen aufgeführet und in denselben süßes Wasser aus dem Gebirge geleitet worden. In dem großen Hafen ist noth ein kleinerer[310] eingeschlossen, welcher Darsena genennet wird, und den Galeeren der Republik zur Sicherheit dienet. Rand rechts: Darsena. So große Figur ehemals die genuesischen Flotten gemacht haben, so schlecht ist es anitzt damit bewandt, und dienen die sechs Galeeren, welche sie in allem haben, zu nichts, als aus Neapolis und Sicilien Getraide zu holen, und des Sommers bisweilen die vornehmen Damen auf der See spazieren zu führen. Rand rechts: Itzige genuesische Flotte. Die größesten dieser Galeeren führen sechszig bis hundert Soldaten und dreyhundert und zwanzig Ruderknechte, deren fünf bis sechs auf einer Bank beysammen sitzen, und auf ihren Plätzen auch schlafen. Es wimmelt in der Darsena alles voll türkischer Sclaven, die meistentheils von trotzigem Gesichte sind, wozu ihr langer Bart über den obern Lippen nicht wenig beyträgt. Rand rechts: Türkische Sclaven. Ihre Tracht besteht aus einem groben und langen Caputrocke, der mit der Kappe, womit sie den Kopf bedecken können, ein Stück ausmachet. Man läßt sie in der Darsena frey herum gehen, in der Stadt aber sieht man sie häufig zween und zween mit einer eisernen Kette zusammen geschlossen herum wandern, und Käse, Cattun, Tuch und andere Waaren zum Kaufe ausrufen. In der Darsena halten sie auch Wirthshäuser und kleine Kramläden, wozu ihnen ihre Officiere allen Vorschub, auch mit Vorstreckung kleiner Summen Geldes geben, da sie dann in Marseille, Corsica und an andern Orten, wohin sie mit den Galeeren kommen, allerley Kleinigkeiten in wohlfeilem Preise ankaufen, und hernach in Genua, da alles theuer ist, wieder mit Vortheile verkaufen können. Von dem Gewinnste dinget sich der Officier einen gewissen Theil aus. Einige solcher Sclaven nehmen die Waaren aus den Magazinen der Republik theils für Geld, theils auf Credit und um einen gewissen Preis, suchen sie aber hernach mit Vortheile wieder zu verhandeln. Die Nacht darf keiner außerhalb der Darsena zubringen, und werden sie alle Abende wieder angeschlossen. Es können auch Privatpersonen, die etwan Schiffe gegen die Barbarn ausrüsten und glücklich sind, solche Sclaven besitzen, man verkauft sie aber gemeiniglich an die Republik, welche dieselben besser zu gebrauchen und zu verwahren weis. Ihre gemeinste Arbeit ist, daß sie wollene Strümpfe und Mützen stricken. Man sieht aber aus allen diesen angeführten Umständen, wie viel leidlicher der Zustand derer in der Christenheit gefangenen Muhamedaner sey, wenn man ihn mit der Sclaverey derer in die Türkey oder nach Africa geschleppten Europäer vergleicht.

Auf den Galeeren giebt es gemeiniglich dreyerley Arten von Ruderknechten, nämlich: 1) Leute, die sich aus Armuth willig auf eine Zeitlang dazu verkaufen, und Bonavoglies in Frankreich genennt werden, dergleichen man in Genua auf zwey Jahre für sechszig bis siebenzig genuesische Livres haben kann; 2) Missethäter, so entweder auf eine gewisse Zeit oder Lebenslang auf die Ruderbank verurtheilt sind; und 3) gefangene Türken oder Barbarn, welche dadurch, daß sie etwan den christlichen Glauben annehmen, nicht frey werden, oftmals aber durch Vermittelung ihrer Taufpathen, wenn solche reich oder vornehm sind, zu einer erträglichern Lebensart oder auch zur Freyheit gelangen. Rand rechts: Verschiedene Arten von Ruderknechten. Diejenigen, so nur auf gewisse Zeit zu den Galeeren verdammet sind, ruhen nach erhaltener Loslassung selten eher, als bis sie wieder zu voriger Strafe gezogen werden, und solchergestalt das Compliment vom baldigen Wiedersehen (a riverderci), welches ihnen die übrige Gesellschaft bey ihrem ersten Abschiede zu machen pfleget, in Erfüllung bringen. Bey entstehender Gefahr vom Feinde nimmt man die lebenslang zu den Galeeren verurtheilten Missethäter nebst den türkischen Sclaven in die Mitte der Ruderbank.

Der Fanal oder Pharus ist an der Abendseite des Hafens und bey der Vorstadt S. Pietro d'arena auf einem befestigten hohen Felsen, über welchem ein Thurm von dreyhundert[311] und sechs und sechszig Stufen hoch erhaben ist. Rand rechts: Fanal. Außer der Sommerszeit brennen alle Nächte beständig auf der Höhe desselben als in einer nach der Seeseite gerichteten Laterne sechs und dreyßig Lampen, deren Anzahl vermehret wird, wenn man weis, daß viele Schiffe oder ganze Flotten in der See sind. Diese Lampen scheinen von ferne nicht anders als ein einzelner Stern. Sobald man bey Tage von der Höhe des Fanals ein Schiff entdecket, wird eine Kugel ausgehängt, erblicket man zwey Schiffe, so werden zwey solcher Zeichen ausgehängt, und so ferner bis auf fünfe, als in welchem Falle nur eine Kugel mit einer Fahne oder Pavillon darüber ausgestecket wird, zum Merkmaale, daß eine Escadre vorhanden sey. Rand links: Begrüßung der Schiffe. Wenn bey dem Einlaufen in den Hafen oder in der See ein Kriegesschiff von einem Kauffardeyschiffe mit Schießen gegrüßet wird, so antwortet dieses jederzeit mit zween Schüssen weniger; und kann man aus dem Gehöre urtheilen, ob die Schiffe von englischer oder französischer Nation seyn, weil diese sehr geschwinde hinter einander schießen, jene aber wenigstens eine halbe Minute zwischen jedem Schusse verstreichen lassen.

Wegen Unsicherheit des Hafens und Theurung der Waaren ist die Handlung in Genua bey weitem nicht in dem Flore, als sie seyn könnte. Rand links: Handlung und Manufacturen. Die vornehmste Manufactur der Genueser besteht in Sammte und Damaste: den übrigen Handel machen allerley anaere seidene Zeuge, Brocarde, Spitzen, Handschuhe, Confitüren, Obst, Oel, Parmesankäse, Anchoyes, und aus der Levante kommende Apothekerwaaren.

Die Engländer unterhalten allhier einen Consul, außer demselben aber haben sich keine Kaufleute von dieser Nation, wie sie doch in Livorno gethan, in Genua niedergelassen. Rand links: Protestanten. Es halten sich aber viele französische Protestanten oder Flüchtlinge ungehindert ihrer Religion hier auf, und lassen sie jährlich den Prediger des protestantischen Regiments, welches in Alexandria zu liegen pfleget, etliche mal holen. Die Inquisition hat zwar in Genua so gut, als in andern italienischen Städten festen Fuß gesetzet; allein in Ansehung der Fremden nimmt man die Sachen nicht allzu genau.

Die Anzahl der Einwohner, die dem römischkatholischen Glauben zugethan sind, wird auf hundert und funfzig tausend Seelen gerechnet. Rand links: Zahl der Einwohner. Ihre Gemüthsbeschaffenheit. VIRGILIVS, SILIVSItalicus, AVSONIVS und andere geben den Genuesern oder Liguriern schon in alten Zeiten ein schlechtes Lob in Ansehung ihrer Treue und Redlichkeit14: und noch heut zu Tage wirft man ihnen vor: Monte senza legno, Mare senza pesce, Gente senza fede, & Donne senza vergogna, oder daß ihr Gebirge ohne Holz, ihr Meer ohne Fische, die Einwohner ohne Treue und Glauben, und das Frauenvolk ohne Zucht oder Schamhaftigkeit sey. Wie weit diese Beschuldigung sonderlich in Ansehung der zween letzten Artikel gegründet sey, lasse ich dahin gestellet seyn.

Wenigstens ist die Policey in manchen Stücken besser eingerichtet, als in vielen andern italienischen Städten. Rand links: Policey. Die Straßen sind auch bey Nachtzeiten ganz sicher, und weis man kaum ein Exempel, daß jemand wegen Geldes in der Stadt umgebracht worden sey. Daß jedermann auf seinen Profit sieht, machet die Handlung, so von Hohen und Niedrigen allhier getrieben wird. Der übermäßige Pracht ist in vielen Stücken durch die Policeygesetze[312] eingeschränket. Außer den Fremden und denen acht in der Regierung wirklich begriffenen Rathsherren, darf niemand mehr als einen Diener hinter sich haben, und verstattet man kaum den Damen außer demselben noch einen Ragatzo oder kleinen Pagen, der nicht über vierzehn Jahre alt seyn darf.

Es scheint mit der regelmäßigen Aufführung des weiblichen Geschlechtes einigermaßen zu streiten, daß die meisten vornehmen verheiratheten Damen sich von einem Cavalier bedienen lassen, welcher sie allenthalben führet, auf der Straße vor ihrem Tragsessel zu Fuße geht, beym Eingange in eine Kirche ihr das Weihwasser reichet, und alle andere äußerliche Pflichten eines Liebhabers beobachtet. Rand rechts: Was Cizisbei seyn. Es haben auch manche Damen nicht nur einen sondern mehrere solcher vertrauten Aufwärter, unter welchen die Aemter solchergestalt vertheilet sind, daß der eine seine Gebietherinn begleitet, wenn sie aus dem Hause geht, der andere Sorge für die Tafel trägt, der dritte auf Spazierfahrten und vergönnte Erlustigungen bedacht ist, der vierte die Spielgesellschaften reguliret, der fünfte wegen der Einkünfte und Ausgaben zu Rath gezogen wird etc. Je größer die Anzahl solcher Anbether ist, in desto größeres Ansehen kömmt der Verstand und die Schönheit des Frauenzimmers. Alles wird mit dem Titel der platonischen Liebe bedeckt: und sollte man in der That fast dafür halten, daß nichts gefährliches für die Ehemänner dabey vorlaufe, weil diese doch in Genua so eifersüchtig als in andern italienischen Orten sind, und sie wohl wissen können, wie weit dergleichen Bekanntschaften gehen können, wenn einer bey des andern Frau die Stelle eines obgedachten Aufwärters oder Cizisbeo, wie sie hier genennet werden, zu vertreten pfleget. Hiezu kömmt noch, daß nicht nur junge, sondern auch alte Damen, solcher respectuösen Aufwartung genießen. Indessen sind dergleichen Anstalten keine Nothwendigkeit, und scheint es auch, daß diese Gewohnheit nach und nach in einiges Abnehmen gerathe, wie denn noch kürzllch einer aus der Familie von Spinola sich in den Ehepacten ausgedungen hat, daß seine Frau keinen Cizisbeo haben soll, wofür er gleichfalls versprochen, dergleichen Stelle bey keiner andern Dame anzunehmen.

Die Schönheiten des weiblichen Geschlechtes kommen hier wenig zum Vorscheine, weil ihre blühende Jugend meistentheils in den Klöstern zugebracht und eingeschlossen wird. Alle vornehme verheirathete Frauen gehen in schwarzen Stoffen von Seide oder Sammte gekleidet, und sind sie nur im ersten Jahre ihres Ehestandes von diesem Gesetze befreyet, da sie dann die Farben nach Belieben wählen können.

Der Adel wird in den alten und neuen eingetheilet. Von dem ersten sind die Doria, Fieschi, Spinola, Grimaldi und Imperiali die vornehmsten. Rand rechts: Eintheilung des Adels. Die Giustiniani gehören zwar eigentlich auch dazu, allein sie haben sich als Haupt zu dem neuern Adel, der bey fünfhundert Familien ausmachet, geschlagen. In Ansehung der öffentlichen Bedienungen ist kein Unterschied zwischen beyderley Adel, im übrigen aber nehmen sich die alten gar vieles vor den andern heraus. Die Familien Doria und Spinola haben nichts mehr mit der Kaufmannschaft zu thun, die übrigen aber treiben solche ohne Bedenken, nicht zwar in Läden oder in kleinem, sondern in Wechseln, und daß sie Theil an Kauffardeyschiffen nehmen.[313]

Itziger Zeit haben die Pallavicini die größeste Handlung, und kann man überhaupt sagen, daß die Republik zwar arm, bey den Privatpersonen aber vieles Geld anzutreffen sey. Linker Hand in der Börse kömmt nur der neue Adel in Angelegenheiten der Kaufmannschaft zusammen. Rand links: Börsen. Dem alten Adel ist zwar nicht verbothen, dahin auch zu kommen, und sich daselbst zu setzen, sein eigentlicher Sammelplatz aber ist ein anderer Ort, wozu weder die neuen adelichen noch die bürgerlichen Kaufleute einen Zutritt haben. Diese letztern halten auf der rechten Hand in der Börse oder auf dem Platze vor derselben ihre Zusammenkunst.

Die Regierungsform der Republik ist aristokratisch, und kann in wichtigen Dingen ohne Wissen und Willen des sämmtlichen Adels nichts vorgenommen werden. Rand links: Doge. Der Doge ist nur ein Schattenwerk, dessen äußerliche Ehre nach zweyen Jahren ein Ende nimmt, ohne daß ihm solche verlängert oder auf einen seiner Verwandten gebracht werden kann. Nach Verlauf von fünf Jahren kann ererst wieder in die Wahl zum Doge kommen. Wenn man bey dem zweyjährigen Wechsel wegen der Wahl nicht wohl eins werden kann, so wird solche von acht zu acht Tagen aufgeschoben oder wiederholet, und indessen regieret derjenige, welcher am längsten Rathsherr oder Senator gewesen. Man kann Doge werden ohne vorher Senator gewesen zu seyn: es wird aber zu der höchsten Würde der Republik niemand gelassen, der noch nicht das funfzigste Jahr seines Alters zurück geleget hat. Die Wahlstimme eines armen Edelmanns wird öfters zum voraus mit funfzig oder sechszig Louis d'or erkauft: Und erzählet man, daß einsmals ein armer Nobile, der von seinem Nachbar, einem reichen von Adel, zu einer Landreise einen Mantel entlehnen wollen, und eine abschlägliche Antwort erhalten, einige Zeit hernach am Wahltage in den großen Rath gekommen, da seinem reichen Nachbar nur noch eine Stimme zur Dogewürde gefehlet, und dieser nichts unterliesß, um ihn mit Schmeicheleyen und Versprechungen auf seine Seite zu ziehen; wiewohl mit so schlechter Wirkung, daß der arme Nobile vielmehr geantwortet: sein Nachbar habe ihn neulich ohne Mantel gelassen, und um solcher Ursache willen wolle er ihn auch ohne Mütze (nämlich die Dogemütze) nach Hause gehen lassen.

Der Doge wohnet nebst seiner Familie und denen acht Rathsherren, die ihm zur Regierung beygeordnet sind, in dem Pallaste der Republik. Rand links: Seine Wohnung. Leibwache. Seine Leibwache besteht aus zweyhundert Deutschen, über welche itziger Zeit der Baron von Isengerde gesetzet ist. Ihre Montur ist roth mit blauen Aufschlägen; an der Miliz von Corsen ist es umgekehrt; die Bombardirer, so mit Bajonetten aufziehen, haben rothe Röcke und lederne Kamisöler, und die übrigen Kriegsvölker, so aus allerley Nationen bestehen, sind weiß gekleidet, mit blauen Aufschlägen. Die sämmtliche Anzahl der Soldaten, welche von der Republik anitzt unterhalten werden, erstrecket sich auf fünf tausend Mann, und halten sie beständige Besatzung zu Savona, Sarzana, Novi, Gavi, Spezza, Ventimiglia, und in den festen Plätzen der Insel Corsica.

Die Proceßion und Ordnung, in welcher der Doge zu gewissen Zeiten aus seinem Pallaste geht, haben schon andere beschrieben. Rand links: Kleidung. Seine Kleidung ist bey solchen Gelegenheiten von Cramois in sammte oder Seidenzeuge; der Senat, so ihm folget, ist schwarz gekleidet.

So lange der Doge regieret, bekömmt er den Titel von Serenità, oder Durchlaucht; Rand links: Titel. nach dem Verlaufe der bestimmten Zeit aber muß er sich mit dem Ehrenworte Eccellenza, welches allen Senatoren gemein ist, begnügen; und saget man, daß zu Ende der Regierung der Kanzler der Republik ihm das Compliment mache: nachdem Se. Durchlaucht die Zeit ihrer Regierung zurück geleget hätten, so könnten Se. Excellenz nun aus dem Pallaste der Republik sich wieder in ihre eigene Wohnung verfügen. Die Nobili werden Illustrissimi[314] genennt. Rand rechts: Unterschied anderer Titel. Die Italiener sind sonst mit Titeln nicht geizig, und ist nichts gemeiners, als daß man Illustrissimo & Eccellentissimo Signore, oder Illustrissima Eccellenza genennet werde. Alle Aerzte und Medici genießen dieser Ehre; welche aber nicht so viel sagen will als das Compliment von Eccellentissimo & Illustrissimo Signore, als welches den Adel der Geburt mit in sich schließt.

Il Palazzo della Signoria, dessen Zimmer zur linken Hand des Einganges vom Doge bewohnet werden, und worinnen er zwey Jahre lang, was seine Tafel anlangt, freyen Unterhalt findet, liegt fast mitten in der Stadt, ist ein altes schlechtes Gebäude, dessen Thor mit einer Wache besetzet ist. Rand rechts:Pallazzo della Signoria. Rand rechts: Statue Andr. Doriä; Inwendig in dem Hofe sieht man zur linken des großen Portals die Statue Andreä Doriä aus weißem Marmor mit der Inscription:


Andreæ Dorlæ quod Rempublicam diutius oppressam pristinam in libertatem vindicaverit, Patri proinde Patriæ appellato Senatus Genuensis immortalis memor beneficii viventi posuit.


Das Ansehen dieses Helden ist sehr martialisch oder vielmehr wild, weil man heut zu Tage bey uns nicht mehr an die starken Bärte und insonderheit an diejenigen, so über den Oberlippen herab hängen, gewohnet ist. Sein gegenüber stehender Vetter und Erbe, Johann Andreas Doria, sieht nicht viel besser aus, und liest man unter des letzten Statue: Rand rechts: Joh. Andr Doriä.


Joh. Andreæ Doria Patriæ libertatis Conservatori

S. C. P.


In dem Pallaste selbst kömmt man durch eine weiß-marmorne Treppe, welche sehr niedrige Stufen hat, erstlich hinauf in den großen Saal, worinnen der Doge erwählet, und auswärtigen Gesandten Gehör ertheilet wird. Rand rechts: Audienzsaal. Dieses Zimmer ist sehr schön, hoch und hell. Seine Breite erstrecket sich auf dreyßig, und die Länge auf sechs und sechszig gemeine Schritte, wobey es schade ist, daß der Fußboden nur von Gipse und die Erhöhungen des herzoglichen Thrones nur von Holze aufgeführet sind. Das obere große Gesimswerk ist mit verguldeter Bildhauerarbeit gezieret. Rand rechts: Denkmaale sonderbarer Freygebigkeit. An denen zwo langen Seiten des Saales stehen sechs weiß-marmorne Statuen solcher Männer, welche ihre große Freygebigkeit zum Nutzen des gemeinen Besten angewendet haben, und findet sich darunter Bendinellus Saul, welcher schon vor zweyhundert und vierzig Jahren vermittelst Stiftung etlicher Kirchen und Hospitäler diese Ehre erlanget hat, obgleich die Statue erst im Jahre 1722 erneuert worden. Man bemerket ferner die ex Senatus-Consulto im Jahre 1724 demPaulo Sauli Octaviani Filio gesetzte Statue, deren Ursache anderwärts soll angeführet werden. Unter einem andern Bildnisse liest man:


Ansaldo Grimaldo

Non libenter soli

Ex S. C. anno MDXXXVI

Restau.

Anno MDCCXV.


Und noch unter einem:


Vincentio Odono

Quod pauperibus, quod ægris, quod patriæ

CLXVIII. aureorum millia dispensanda legaverit

Tertius in Urbe lapis ex S. C. metitur

Nominis æternitatem

Obii Ann. MDXC.
[315]

Es sind noch acht Plätze übrig für Leute, welche ihren Namen auf dergleichen löbliche Art unsterblich zu machen gedenken. Rand links: Vornehmste Thaten der Genueser gemalt. An den zwo schmalen Seiten und der Decke des Saales hat Franceschino di Bologna sechs von den vornehmsten Thaten der Republik abgemalet, welche man aus ihren folgenden Beyschriften erkennen kann:


  • I. Vas tantum ex Cæsareæ spoliis seligunt Genuenses; da bey einer vorgestellten Theilung ein smaragdenes Gefäß (davon bald mehrere Meldung geschehen soll) von einem Knaben in seiner Schürze gehalten wird.

  • II. Pisana Classis deletur ad Melorium scopulum; ein sehr schönes Stück.

  • III. Embriaci turri Hierosolyma Christo restituitur.

  • IV. Almeria Mauris eripitur & Cruci restituitur.

  • V. Arragonum Rex Genuensium classe victus Jacobo Justiniano præ cæteris ducibus se tradit.

  • VI. Jacobum Lusinianum libertate & regno Respublica donat.


Dieses letzte Gemälde ist das kleinste unter allen, und über dem herzoglichen Throne, der von rothem Sammte und mit goldenen Fransen und Quasten besetzet ist. Aus diesem Saale geht man in das Zimmer, worinnen des Sommers Rath gehalten wird, und Solimene in einem schönen Gemälde die mit vielem Gepränge von den Genuesern geschehene Annehmung der Asche St. Johannis Baptistä abgebildet hat. Bey dem herzoglichen Throne sieht man die dem Christoph Columbus, einem Genueser, geglückte Entdeckung von Westindien abgemalet. In der Mitte der Decke hat Pordenone vorgestellet, wie die Familie der Justiniani, welche sonst die Insel Chios innen gehabt, und, wie man vorgiebt, noch einige ihres Geschlechtes daselbst wohnend hat, dieselbe wider Solimannen verlohren, bey welcher Gelegenheit dieser alle Kinder, so itztgedachter Familie zugehöret, hinrichten lassen. Aus dem oberwähnten Audienzsaale geht man durch einen schmalen Gang, worinnen etliche Kleinschmiede und Büchsenmacher arbeiten, in das Arsenal, über dessen Eingange ein altes rostrum oder eisernes Instrument, womit man vorzeiten die Vordertheile der Schiffe bewaffnete, eingemauert ist. Rand links: Arsenal. Altes rostrum. Dieser Schnabel ist ungefähr drey Spannen lang, und seine viereckichte Dicke, ehe sie als ein Schweinrüssel vornen etwas spitziger wird, von zwey Dritteln eines Schuhes. Man liest dabey die Worte:


Vetustioris hoc ævi Romani rostrum in expurgando portu anno 1597. erutum unicum huc usque visum eximiæ majorum in re nautica gloriæ dicavere concives.


In dem Arsenal werden außer fünf und vierzig tausend Flinten unter andern Dingen noch aufbehalten ein Schild mit hundert und zwanzig Pistolenläufen, davon jederzeit vierzig zugleich losgehen, nebst den Kürassen verschiedener genuesischen Damen, die im Jahre 1301 unter dem Pabste Bonifacio dem achten einen Kreuzzug nach dem gelobten Lande unternommen, von welchem auch drey Schreiben des gedachten Pabstes in dem Archive der Republik befindlich, und vom MISSON herausgegeben sind. Rand links: Rares Gewehr.

Durch das Zeughaus kann der Doge in die Jesuiterkirche kommen, und wird die Brücke des Ganges, worüber man geht, alle Abend aufgezogen.

Auf der Piazza nuova vor dem Pallaste des Doge werden täglich und auch des Sonntags Kräuter- und Eßwaaren verkauft. Rand links: Piazza nuova. Ungeachtet wir uns noch in der Mitte des Jenners befinden, so kann man dennoch schon junge grüne Erbsen, Artischocken, Melonen, Angurien, nebst Hyacinthen und andern Bluhmen haben. Rand links: Gartengewächse im Jenner.

Die schönste Gasse der ganzen Stadt ist diejenige, so Strada nuova genennet wird, und von Alexio Galeazzi, einem Baumeister aus Perugia, welcher auch die meisten darinnen besindlichen[316] Palläste auf geführet hat, angeleget worden. Rand links: Strada nuova. Sie ist zwölf gemeine Schritte breit, und prangen vor andern zehn bis zwölf prächtige Palläste darinnen, die den Familien von Doria, Pallavicini, Lercari, Carrega etc. zugehören. Alle diese Häuser haben aus dem andern Stockwerke über stark aufgeführtes Mauerwerk ihre schönen Gärten und Orangerien, worein die Besitzer gerades Fußes aus ihren Zimmern gehen können. Rand rechts: Horti pensiles. Ueber der Thüre des einen Pallastes von Doria liest man die Worte:Nulli certa domus, welche auch über dem einen Haupteingange des Pallastes der Republik anzutreffen sind, und diesem, in Ansehung, daß kein Doge länger als zwey Jahre hintereinander darinnen verbleiben darf, mit doppeltem Rechte zukommen. Der schöne Pallast von Pallavicini hat zur Ueberschrift: Sapientia ædificabitur domus. Die Strada nuova endiget sich auf der einen Seite mit einem Markte oder Platze, worauf des Negroni Haus ein gutes Ansehen hat. Rand rechts: Sonderbare Aussicht eines Hauses. Was die angenehme Aussicht eines Eigenthumsherrn betrifft, so werden es wenige Häuser in Städten dem Pallaste Imperiali in Campetto zuvor thun, weil er in zwo dazu gehörige Straßen sieht, und der Besitzer desselben aus einem Fenster und in einem kleinen Bezirke, einen Platz, der ihm jährlich hundert tausend Livres einbringt, in Augenschein nehmen kann. Die Strada Balbi kömmt an Schönheit der Strada nuova sehr nahe, und übertrifft solche an der Länge und Breite. Rand rechts: Strada Balbi. Zween Palläste von Baldi, das Jesuitercollegium und der Pallast von Durazzo geben ihr eine große Zierde. Rand rechts: Pallast von Durazzo. Dieser letzte ist anitzt außer Streit das beste weltliche Gebäude der ganzen Stadt, und erstrecket sich seine Länge über hundert und vierzig gemeine Schritte. Unter denen darinnen befindlichen kostbaren Meublen sind verschiedene Gemälde vom Luca Jornande und Valerio di Castelli zu bemerken. Ausdem dritten Stockwerke geht um den Hof und bis an den mit Fontainen und Orangerien gezierten Garten eine unbedeckte und mit Bluhmengefäßen besetzte Galerie, woraus man eine treffliche Aussicht gegen das Meer und den Hafen hat. Rand rechts: Pallast von Doria. Gleiche Augenweide findet sich in demjenigen Garten und Pallaste des Prinzen Doria, welcher in der Nachbarschaft vom Fanal angeleget ist, und woraus man ehemals durch ein Thor und eine steinerne Brücke gleich zu Schiffe gehen konnte, welches heutiges Tages geändert ist. Als der Kaiser Karl der fünfte einsmals in diesem Pallaste logirte, hat man ihn durch Galerien und Zimmer, welche nur aus Holze verfertiget waren, ehe er es sich vermuthet, aufs Schiff gebracht. Rand rechts: Wie Karl der fünfte allhier bewirthet worden. Bey dem Gastmahle, welches Andreas Doria damals gab, wurde alles silberne und goldene Geschirr in die See geschmissen: über welche Verschwendung sich die anwesenden vornehmen Spanier nicht genugsam verwundern konnten, weil ihnen verborgen war, daß heimlich um das Schiff Netze gezogen waren, also daß wenig verlohren gehen konnte. Weil auch damals die Spanier von der Menge des vorhandenen Silberzeuges geurtheilet hatten, es müsse solches nur zusammengelehntes Gut seyn, so ließ Doria an die schmale Seite des Pallastes, welche nach dem Fanal Rand rechts: Inscription.


Pour gratia de Dios & del Re

En estas casas noa cosa presta.


d.i. durch Gottes und des Königes Gnade ist nichts entlehntes in diesem Hause.

Wenn man aus dem Pallaste in den daran gelegenen Garten geht, spritzet zur linken Hand über einem Springbrunnen das Bildniß eines Monstri Wasser von sich. Rand rechts: Monstrum. Das Original soll ehemals lebendig gefangen worden seyn, und gleicht es von vornen einem Satir mit zweyen kleinen Hörnern, hinten aber hat es zween in die Höhe geschlungene Fischschwänze. In der Mitte einer andern und größern Fontaine, die mit vielen Marmorbildern[317] und Wasserkünsten versehen ist, zeiget sich die Riesenstatue des Andreä Doria in der Gestalt Neptuns, so drey große Pferde, die seinen Triumphwagen ziehen, regieret. Rand links: Statue Andr. Doriä. Jedes dieser vier außerordentlichen Werke ist aus einem einzigen Stücke weissen Marmors verfertiget, von welchem Steine auch die ganze Fontaine mit ihren Zierrathen ist.

Die Vergleichung des Helden Andreä Doria mit dem Meergotte Neptun hat PompejusARNOLFINVS in einem Epigrammate, welches des CaroliSIGONII zweyen Büchern von dem Leben und den Thaten des obgedachten Prinzen beygefüget ist, folgendergestalt wohl ausgedrücket: Rand links: Seine Vergleichung mit dem Neptun.


In Andreæ Dorlæ Melphitanorum Principis effigiem.

Hic tam ferventi patriæ flagravit amore,

Illius ut chara pro libertate tuenda

Horribiles Regum non formidaverit iras.

Hic quoque cum patriæ Regno Sceptroque potiri

Posset & aurata frontem redimire corona,

Contempsit regni fastus nomenque tyranni.

Huic maris imperium vasti, sævumque tridentem

Neptunus pelagique leves concessit habenas;

Quin etiam æratis premeret cum classibus æquor,

Haud pauci impavidi admirantes pectoris ausa,

Neptunum, aut sacro Neptuni e sanguine cretum

Mortalesque Deum vultus sumpsisse putarunt,

Hoc certum est, nullas Neptunum amplectier orss,

Qua non ille simul fama penetravit & armis.


Andreas Doria starb im Jahre 1560, nachdem er sein Alter mit allem Glücke und Wohlergehen auf drey und neunzig Jahre weniger fünf Tage gebracht hatte. Rand links: Hohes Alter. Zum Andenken seiner Verdienste gegen das Vaterland und der daraus fließenden Dankbarkeit werden jährlich den 15 September von dem Capitain des herzoglichen Pallastes, in Begleitung von zwey hundert Soldaten, die Schlüssel der Stadt in einer Schüssel an den Prinzen von Doria gebracht, bey welcher Gelegenheit diese Leute wohl bewirthet, und die prächtigsten Meublen dieses Pallastes an kostbaren Gemälden, Tapeten, Silbergeschirre, Marmorarbeit, Spiegeln, Tischen und dergleichen zu Schau aufgestellet werden. Rand links: Andenken seiner Verdienste. Von dieser Erkenntlichkeit der Republik rühret es auch her, daß außer den Fremden, die Prinzen von Doria und ihre Bedienten allein das Recht haben, in der Stadt Degen zu tragen, welches keinemNobile (essey dann, daß er im Begriffe ist, aufs Land zu reisen) verstattet wird. Wegen der Ehrerbiethung gegen die Gemahlinn des Prinzen giebt es noch einige Schwierigkeiten, und ist die itzige noch nicht in die Stadt zu einigen Gesellschaften gekommen, weil ihr die Damen den Titel von Excellenz weigern.

Wenige Familien zählen so viele Kriegeshelden unter ihren Vorfahren, als die von Doria. Rand links: Vom itzigen Prinzen von Doria. Selbst der itzige Fürst ist ein erfahrner Seemann, der noch vor wenigen Jahren etliche Galeeren in der See hatte, solche aber wegen der vielen Zwistigkeiten, welche er desfalls und da er damit bald die französische, bald die österreichische Partey hielt, mit der Republik bekam, endlich an die Genueser verkaufete. Rand links: Seine Einkünfte. Seine jährlichen Einkünfte werden auf hundert und funfzig tausend Philippi (deren jeder vier Livres vierzehnthalb Sols de Piemont gilt) geschätzet.[318]

Aus dem andern Stockwerke des obgedachten Pallastes geht man vermittelst einer kleinen Brücke in einen andern Garten, der längst des Berges hinauf angeleget ist und angenehme Veränderungen hat. Rand rechts: Garten. Unter andern bemerket man auf seiner Höhe eine Riesenstatue Jupiters aus Stuccaturarbeit, welcher seinen linken Fuß auf seinen großen Hund setzet. Rand rechts: Grabschrift eines Hundes. Die unter dem Hunde befindliche Inscription enthält seine Grabschrift in folgenden Worten:


Qui giace il gran Roldano cane del Prencipe Giov. Andr. Doria, il quale per la sua molta fede & debbenevolenzia fu meritebole di questa memoria & perche servo in vita si grandamente d'ambidua le leggi fu ancho judicato in morte doversi collocare il suo cenere apresso del summo Jove, comme veramente degno della Real custodia. Vice undici anni & dieci mese, morse il sette di Settembre a hore cinque della notte 1605.


Diejenigen, welche sich verwundern, daß man einem Hunde ein öffentliches Grabmaal aufgerichtet, und in demselben sogar die Stunde seines Todes ausgedrücket hat, werden vermuthlich noch seltsamer finden, daß dieses Thier jährlich fünfhundert Filippi zu seinem Unterhalte gehabt. Rand rechts: Dessen Unterhalt.SPARTIANVS meldet im zwanzigsten Capitel des Lebens Hadrians, wie dieser Kaiser die Pferde und Hunde so sehr geliebet, daß er ihnen Gräber aufrichten lassen. Der kriegerische König der Schweden Karl der zwölfte, hieltso viel auf einen Hund, den er mit sich führte und Pompejus nennte, daß er solchen, da er in Polen gestorben war, nach Schweden zurück schickte, um ihn der Ehre, in seinem Vaterlande begraben zu werden, theilhaftig zu machen; daher jemand Gelegenheit genommen, folgende Poesie aufzusetzen:


Hic est, qui Dominum per tela secutus & ignes

Dignus Hyperborei Regis amore fuit.

Rex arnat exstinctum, patriamque remittit ad Arcton,

Sie hosti has etiam sustulit exuvias.

Pompeji cineres, & clari nominis umbra

Debita Parrhasio sunt monumenta polo.

Quid modo non præstet fidis Rex gratus amicis,

Si neque dilecti negligit ossa canis?


Die Muthmaßung des Verfassers, daß Karl der zwölfte eine ungemeine Dankbarkeit für die Verdienste seiner Bedienten haben müsse, weil er die Treue eines Hundes nicht unbelohnt lasse, ist durch die Erfahrung genugsam widerleget worden, indem er niemals das geringste Mitleiden oder dankbares Andenken gegen diejenigen bezeuget, welche sich in Stralsund, aufder Insel Rügen und anderwärts blindlings und oftmals ohne alle Hoffnung eines Vortheils für ihn haben aufopfern müssen. Liebhaber wohlgesetzter Grabschriften auf Hunde finden solche beym LIPSIO Select. Epist. Cent. III ad Belgas Ep. XC, p. m. 526.Cent. I, Ep. XLIV, p. 395. GÖLNIZ.Itiner. Belg. Gall. p. 104, s. Octav. FERRAR. Opusc. p. 563, s.

S. Pietro d'Arena ist eine an der Seite des Fanals gelegene Vorstadt, die wegen ihrer Gärten und Lusthäuser viele Annehmlichkeiten hat. Rand rechts:Villa Imperiale.. Absonderlich verdienet die Villa Imperiale, worinnen die itzige Kaiserinn zweymal logiret hat, in Augenschein genommen zu werden, indem solche mit trefflichen Hecken, Wänden, Alleen und bedeckten Gängen von Cypressen, Buxbaum, Weinreben, Citronen, Pomeranzen und Rosmarin, wie auch mit Statuen, Teichen, Fontainen, Grotten, einem Vogelhause, Thiergarten und andern abwechselnden[319] Schönheiten versehen ist. Viele der darinnen befindlichen Cypressenbäume haben mehr als andert halb Klaftern im Umfange ihres Stammes.

Die berühmte Münz- und Muschelsammlung des Micconi ist zu Genua noch im Stande, ich habe aber solche, weil der Besitzer im Begriffe war seine Wohnung zu verändern, nicht zu sehen bekommen. Rand links: Micconi Kabinet.

Was die geistlichen Gebäude dieser Stadt anlanget, so zählet man sieben und dreyßig Pfarr- und zwanzig Collegialkirchen, siebenzehn Klöster und zwey große Hospitäler. Rand links: Anzahl der Kirchen und Klöster.

Die Kirche dell' Annonciada ist eine der schönsten und prächtigsten von der Stadt, und auch deswegen merkwürdig, daß eine einzige Familie, nämlich die von Lomellino, ein so kostbares Werk unternommen und ausgeführet. Rand links: Kirche dell' Annonciada. Bildhauerarbeit, Marmor, Verguldungen und Gemälde sind darinnen im Ueberflusse angebracht, und rühmet man unter den letztern insbesondere das über dem Haupteingange befindliche Stück, so das heil. Abendmahl vorstellet, und vom Giulio Cesare Procaccino ist. Giulio Romano, Rubens und Vandeyck haben gleichfalls in dieser Kirche verschiedene Denkmaale ihres geschickten Pinsels hinterlassen.

Die Kirche St. Ambrosii gehöret den Jesuiten und ist von guter Baukunst. Rand links: St. Ambrosii. Es fehlet ihr aber die Länge, welche man ihr auch nicht hätte geben können, ohne dem nahe dabey gelegenen Pallaste des Doge auf dieser Seite das Licht zu benehmen. An dem Hauptaltare bemerket man das treffliche Gemälde von Rubens, welches die Beschneidung Christi vorstellet, und insbesondere die mitleidende Gemüthsbewegung dreyer dabey befindlichen Weibespersonen sehr wohl ausdrücket. Rand links: Gemälde. Dieser Altar ist mit vier großen Seulen aus schwarzem Marmor und denen Statuen Petri und Pauli aus weißem Marmor gezieret. Auf einem andern Altare verdienet der von Rubens gemalte St. Ignatius, wie er Wunder thut, und gegenüber die Aufnehmung Mariä in den Himmel, an welcher Guidoreni seine Kunst erwiesen hat, in Augenschein genommen zu werden.

Das Jesuitercollegium ist in der Strada Balbi, und ein schönes Gebäude, bey dessen Eingange an der innern Treppe zween große Löwen aus weißem Marmor liegen. Rand links: Jesuitercollegium. Jeder derselben hat neun gemeine Spannen in der Länge und ist aus einem einzigen Stücke verfertiget. Rand links: Marmorseulen. Der Hofpranget mit doppelten und hohen Galerien, welche auf weißen Seulen von Marmo di Carrara ruhen. Jede dieser Seulen kostet hundert Scudi di Genua, oder Genouini (davon jeder zwölf und einen halbenPaolo gilt), und ihre Anzahl machet in allem hundert aus. Weil die den Jesuiten zuständige Kirche St. Ambrosii von diesem Collegio, worinnen sich gemeiniglich funfzig Patres aufhalten, weit entfernet ist, so haben sie die Erlaubniß allhier in einer kleinen Kapelle ihren Gottesdienst abzuwarten, und beobachtet man über dem Eingange derselben ein schönes Bildhauerstück von weißem Marmor, worauf Barotti Mariam mit ihrem Kinde und ihrem Manne Joseph, der des Kindes Hand küsset, abgebildet hat. Rand links: Bibliothek. In der Bibliothek, die übrigens von keiner Wichtigkeit ist, zeiget man eine auf Pergamen geschriebene französische Uebersetzung des Quinti CVRTII, par honnourable & noble hommeVasque de LVCENE Portugallois. Die Dedication ist an Karln den kühnen, Herzog von Burgund gerichtet; und stellet das dabey befindliche Gemälde die Ueberreichung des Buches an den Herzog, die vielen übrigen guten Gemälde aber, womit das Werk gezieret ist, verschiedene Heldenthaten Alexanders des großen vor. In einem Vorsaale sind zehn Kardinäle, welche aus dem Jesuiterorden gekommen, abgeschildert.

Nahe bey dem Jesuitercollegio liegt die Kirche von St. Anna, welche mit schöner Stuccatur, eingelegter florentinischer Arbeit und marmornen Bildhauerstücken versehen ist. Rand links: St. Anna.[320]

Ein gleiches und noch mehres Lob ist der Kirche von St. Cyr nicht zu versagen, woran die Familien Spinola und Pallavicini große Summen Geldes verwendet haben. Rand rechts: St. Cyr

Die Domkirche ist dem heil. Laurentio gewidmet, und verwahret man in einer ihrer Kapelle mit großer Ehrerbiethung die Asche Johannis des Täufers. Rand rechts: Domkirche. Itztgedachte Kapelle findet sich zur linken Hand, wenn man in die Kirche geht, und brennen bey dreyßig silberne Lampen vor derselben. Der Altar ruhet auf vier porphyrnen Seulen und hat ein Gemälde vom Vandeyck. Die dabey befindliche Statue Johannis des Täufers aus weißem Marmor ist vom Mont-Orsoli verfertiget.

Das vornehmste, was man in dieser Kirche nach vorher eingeholter erzbischöflichen Erlaubniß zu besehen bekömmt, ist eine smaragdene Schüssel, welche, wie man vorgiebt, von der Königinn aus Saba dem Salomon zum Geschenke gebracht worden, hernach bey dem letzten Abendmahle des Heilandes dazu gedienet, daß das Osterlamm darinnen gelegen, und endlich durch die Freygebigkeit des Königes von Jerusalem Balduins, oder bey der Theilung der Beute von der eroberten Stadt Cäsarea im Jahre 1101 an die Republik Genua gekommen ist. Rand rechts: Große Schüssel aus Smaragd. Der Fuß dieses Gefäßes ist rund, der obere Rand aber, welcher einen genuesischen Palmo und achthalb Zoll oder beynahe zwo gemeine Spannen im Diameter, und fünf Palmi weniger einen Zoll im Umfange hat, sechseckig. Seine innere Tiefe ist von sechs Zollen, die äußere aber von achten. Man bemerket keine Arbeit von Figuren daran, und besteht die vornehmste Rarität darinnen, daß es aus einem einzigen Stücke Smaragd verfertiget ist, dem man in Ansehung der Größe vielleicht in der ganzen Welt kein anderes vorziehen oder an die Seite setzen kann, als dasjenige, so in dem Kloster Reichenau im Bodensee aufgehoben wird, und davon ich anderwärts Meldung gethan habe. Die Erzählung, daß das genuesische Gefäß bey dem Nachtmahle des Herrn Christi zu einer Schüssel gedienet, haben schon römischkatholische Scribenten als eine elende Fabel angesehen, und ist es nicht nöthig, sich desfalls länger aufzuhalten, obgleich ein Genueser dieselbe in einem weitläuftigen gedruckten Werke zu vertheidigen gesuchet hat.

In der Kirche di S. Domenico, welche viele Marmorarbeit hat, bemerket man die vom Cäsar Procaccino gemalte Beschneidung Christi. Rand rechts: S. Domenico. In dem dazu gehörigen Dominicanerkloster hat die heilige Inquisition ihren Sitz. Es verdienet auch eine andere Kirche St. Dominici, so den Dominicanernonnen gehöret, nebst der Kirche St. Lucä besehen zu werden.

Wenn man von der Piazza Sarsano nach der auf der Höhe gelegenen Kirche St. Mariä geht, kömmt man durch eine breite Straße, um deren Anlegung willen die Familie der Sauli alle auf diesem Grunde und Boden vorher gebauete Häuser an sich gebracht und theils eingerissen theils anders eingerichtet hat. Rand rechts: Wunderwürdige Brücke Zu Ende dieser Straße folget eine steinerne Brücke, welche nun zwo sonst durch ein Thal von einander abgesonderte Höhen der Stadt mit einander vereiniget, und nicht ohne Verwunderung angesehen werden kann. Sie besteht aus einem kleinen und dreyen großen Schwibbögen, welche von so außerordentlicher Höhe sind, daß unter derselben Häuser von vier bis sechs Stockwerken (über deren letztern dennoch noch ein freyer Platz von zehn bis zwölf Schuhen bleibt) stehen und bewohnet sind. Rand rechts: über einen Theil der Stadt. Auf diese Art geht oder fährt man über eine Straße der niedrigen Stadt, ohne es zu merken: und weil das Mauerwerk über dem Schlusse der Bogen wenigstens wieder zehn Fuß beträgt, ehe das darauf liegende Pflaster anfängt, so kann man dieser Brücke gar wohl eine Höhe von acht Stockwerken oder mehr als von achtzig oder neunzig Fuß geben. Ihre Breite ist von funfzehn, und die Länge von hundert und sechszig bis hundert und siebenzig gemeinen[321] Schritten. Die Oeffnung oder Breite des einen Bogens ist unten in der Straße von mehr als dreyßig gemeinen Schritten, der mittelste Bogen aber, unter welchem etliche Häuser stehen, hat eine noch größere Breite. Derjenige Sauli, welcher seines Namens Gedächtniß mittelst Vollendung dieses kostbaren Werks gestiftet hat, lebt noch und hat keine Kinder. Die Republik hat ihm zur Dankbarkeit ein Denkmaal in ihrem Pallaste aufführen lassen.

Es ist aber itztgedachte Brücke nicht das einzige, womit die Familie der Sauli ihren großen Reichthum nebst der Begierde, sich um das gemeine Beste verdient zu machen, an den Tag geleget hat; sondern es giebt auch davon die prächtige Kirche, nach welcher obgedachte Brücke führet, ein klares Zeugniß. Rand links: Kirche St. Mariä. An dem Frontispicio zeigen sich die Statuen Petri und Pauli aus weißem Marmor, und über dem Eingange die Himmelfahrt Mariä aus gleichem Steine, mit der Ueberschrift:


Delparæ in cœlum assumtæ.


Ueber diesem Stücke hält ein weiß marmorner Adler (welcher Vogel sich in dem Wapen der Sauli findet) die Inscription:


Bendinellus Sauli Basilicam

Stephanus nepos Pontem

Legavit

Dominicus abnepos perfecit

An. S. 1724.


In der Mitte der Kirche stellen vier treffliche Statuen aus weißem Marmor in Riesengröße vor 1) St. Sebastianum, 2) Beatum Alexandrum Sauli, Erzbischofen von Tortona, 3) St. Johannem Baptistam, und 4) St. Bartholomäum mit seiner halb abgeschundenen Haut. Die ersten beyden Stücke sind vom Buchetti, dasdritte vom Baroti einem Genueser, und das letzte vom Burgignone. Der hohe Altar hat viele künstliche Arbeit von Bronzo. Rand links: Aussicht. Die Hauptcuppola ist von sonderbarer Höhe und von außen mit dreyen Galerien oder Umgängen, die aus weißem obgleich unpolirtem Marmor bestehen, versehen. Bis man auf den letzten kömmt, hat man zwey hundert und drey und vierzig Stufen zu steigen; es wird aber solche Mühe keinen Reisenden gereuen, weil man von dannen eine sehr angenehme Aussicht hat, welche sich bey hellem Sommerwetter bis nach Corsica erstrecket.

Die Benedictinernonnen von St. Martha haben eine kleine aber artige Kirche, welche mit guten Gemälden vom Pignola und vielen Verguldungen versehen ist. Rand links: St. Marthä. An dem Hauptaltare ist die Himmelfahrt Mariä mit vielen Engeln in weißem Marmor sehr schön vorgestellet.

Die Kirche St. Matthäi ist gleichsam die Pfarrkirche der Familie von Doria, von welcher sie auch gebauet worden. Rand links: St. Matthäi. Um sie herum liegen viele der itztgenannten Familie zuständige Häuser, worunter auch dasjenige ist, worinnen sie sich wegen ihrer Geschlechtssachen versammeln. In der Kirche finden sich viele Grabmaale der Doria, an deren verschiedenen Mont-Orsoli seine Kunst bewiesen hat. Der Hauptaltar pranget mit florentinischer Arbeit oder mit künstlich und in Figuren zusammen gesetztem Marmor und andern kostbarern Steinen. Hinter demselben zeiget sich auf einem schönen Stücke von weißem Marmor die Pieta oder Maria, wie sie ihren todten Sohn vor sich auf dem Schooße liegend hat. Auf dem Platze vor der Kirche liest man an einem Pallaste die Worte: Senat. Cons. Andreæ de Oria Patriæ Liberatori munus publicum.

Die Kirche St. Philippi Neri, so den Patribus Oratorii gehöret, hat gute Frescogemälde vom Francischino di Bologna nebst andern Gemälden vom Piola. Rand links: St. Philippi Neri. Es fehlt ihr[322] auch nicht an schöner Marmorarbeit, sonderlich aus Broccatello di Spagna. Zur Winterszeit kann man alle Sonntage Abends eine Musik oder geistliche Oper, so auf eine biblische Geschichte gesetzet ist, in dieser Kirche absingen hören, worauf eine kurze Predigt von einer halben Stunde, und nach solcher wieder eine kleine Musik folget. Rand rechts: Musik. Dieses geschieht um die Leute von üblen Gesellschaften abzuhalten, und zum guten zu vermahnen, wogegen niemand etwas einzuwenden haben wird. Rand rechts: Misbrauch, Gebethe im Spiele aufzusetzen. Was aber in gleicher Absicht des Sommers geschieht, wird vermuthlich nicht von jedermann ein gleiches und günstiges Urtheil zu gewarten haben. Es besitzen nämlich diesePatres außerhalb der Porta di S. Tomaso, nahe bey des Prinzen Doria Pallaste, auf dem Berge einen Garten und schönen Platz, auf welchem sie des Sonntags Nachmittags allerley Spiele, z. E. in der Dame, dem Schach, auf dem Billard und dergleichen erlauben, und sind allein die Würfel und Karten von diesem Zeitvertreibe ausgenommen. Man darf aber weder um Geld noch Geldes Werth, sondern einzig und allein um Ave Maria, Pater noster und andere Gebethe spielen. Derjenige, so verliert, muß nach Endigung des Spieles vor ein daselbst aufgerichtetes Marienbild niederknieen und wegen seines Verlustes gegen Gott oder die heil. Mutter Maria Richtigkeit machen. Wenn es Abend wird, läßt sich eine Musik hören, nach welcher eine geistliche Vermahnung gehalten, und endlich der Beschluß abermals mit einer Musik gemachet wird. Die Absicht ist gleichfalls gut, und dahin gerichtet, daß die gemeinen Leute von lüderlichen Gesellschaften abgehalten, und wenn sie ja große Spielbegierde in sich empfinden, dennoch verhindert werden, ihr Geld zu verspielen. Allein wie der Misbrauch des Namens Gottes in dergleichen Strafgebethen entschuldiget werden könne, und ob ein solches gezwungenes Plapperwerk, zu welchem viele mit Ungeduld sich bequemen, den Namen einer erlaubten Sache verdiene, überlasse ich dem Urtheile anderer unparteyischen Richter. Ich fragte meinen der römischkatholischen Religion zugethanen Führer, wie es denn gehalten würde, wenn so hoch gespielet würde oderder Verlust so groß wäre, daß der überwundene Theil an selbigem Abend mit Hersagung seiner schuldigen Gebether nicht fertig werden könnte? Worauf er versetzte, dieser Fall könne sich nicht wohl eräugen, weil alles auf die beyderseits vorher beliebte Puncte ankomme, und die Patres allzuschwere Bedingungen nicht verstatteten; man spiele solchergestalt nur um Bagatellen, und höchstens um die Gebethe von etlichen Rosenkränzen.

Die den Augustinernonnen zuständige Kirche von St. Sebastian hat eigentlich für einen Reisenden nichts merkwürdiges; ich beobachtete aber in einem Frescogemälde über dem Hauptaltare die Vorstellung Gottes des Vaters in seiner Herrlichkeit, dem Christus zur Rechten, Maria aber zur Linken sitzt; der heil. Geist ist in der Gestalt einer Taube auf der Seite und gleichsam außer dem Triangulo Trinitatis, schief über dem Vater und dem Sohne vorgestellet. Rand rechts: Wunderliches Gemälde in der Kirche St. Sebastiani.

Die Kirche St. Stephani verdienet wegen des trefflichen Altargemäldes, auf welchem Julius Romanus die Steinigung Stephani mit unvergleichlichen Ausdrückungen der Wuth, so in den Gemüthern und Herzen der Feinde des Evangelii herrschete, abgebildet hat. Rand rechts: St. Stephani. Dieses Stück ist ein Geschenk des Pabstes Leo des zehnten, wie die dabey befindliche Inscription andeutet, und zweifelt niemand, daß es unter die Zahl der vollkommensten Stücke, welche nach glücklicher Wiederherstellung der Malerkunst zum Vorscheine gekommen, zu rechnen sey.

Das vornehmste Armenhaus der Stadt Genua liegt etwas hoch am Berge, und unterhält itziger Zeit achtzehnhundert Armen, oder wenn man die Bedienten dazu rechnet, in allen über zweytausend Menschen. Rand rechts: Anstalten des Armenhauses. Jedes Geschlecht hat seine eigene Wohnung, Höfe, Schlafsäle,[323] Galerien und Speisezimmer, und sind sie auch in der Kirche, welche in der Mitte liegt, von einander abgesondert. In den vier Schlafgalerien für das männliche Geschlecht zählet man sechshundert Betten für einzelne Personen. Wenn die jungen Knaben in diesen Anstalten ein Handwerk erlernet haben, so können sie heraus kommen und ihr Glück anderwärts versuchen. Man über sie in der Weberey, im Schuhmachen, mancherley Wollenarbeit und andern Handwerken, die zu Unterhaltung dieses löblichen Werkes nöthig sind. Gegen Abend läßt man ihnen einige Freystunden und können sie solche mit allerley Spielen, wovon aber die Würfel und Karten ausgenommen sind, zubringen.

An den Treppen und in den Vorsälen des Gebäudes bemerket man die Statuen und Brustbilder dererjenigen, welche sonderbare Freygebigkeit gegen dieses Armenhaus bewiesen haben; die Bildnisse derer, die in diesem Stücke über hundert tausend Livres gegangen, haben die Ehre, in der Kirche zu stehen. Rand links: Exempel großer Freygebigkeit. Hieronymus de Grmaldis hat sein Andenken mit sechszig tausendScudi di Genua gestiftet, Brignola mit fünf und dreyßig tausend, einer aus der Familie von Durazzo mit hundert und funfzig tausend genuesischen Scudi, und Marcellus Durazzo mit dreyßig tausend Ducaten: aus welchen wenigen Exempeln man schon urtheilen kann, wie reich diese Stiftung sey. Die Gemälde der Kirche sind von Piola, und darunter insonderheit die Himmelfahrt Christi gut vorgestellet. Bey dem Hauptaltare bemerket man die Statue St. Johannis des Evangelisten und St. Laurentii aus weissem Marmor. In der Stadt werden keine Bettler geduldet.

Bey den Leichbegängnissen unverheiratheter Personen in Genua ist über dem Sarge ein kleiner Baum von allerley weißen und mit Kunst verfertigten Bluhmen zu sehen, über welchen, wenn die Leiche einer Jungfer ist, noch ein dünner Flor mit weißen Fäden oder Bändern von Schmelzwerke herunter hängt. Rand links: Begräbnißgewohnheit in Genua. Bey allen Begräbnissen von vornehmen Leuten gehen die geistlichen Brüderschaften verkappt und mit weißen Wachsfackeln, welche sie etwas niedrig halten, damit arme Jungen dabey hergehen, das abtropfende Wachs in Papier auffangen, und solchergestalt etliche Sols verdienen können. Die Absicht mag gut seyn, die Figur aber, welche solche zerlumpte und allenthalben in oder neben der Proceßion mit laufende Jungen machen, kann nicht anders als gar schlecht seyn.

Wegen der Wirthshäuser von Genua ist noch zu er innern, daß man sich darinnen keiner sonderlichen Tractamenten zu erfreuen habe, doch speiset man besser als zu Turin, und muß man nur die Vorsicht brauchen, vorher seinen Accord zu schließen. Rand links: Wirthshäuser in Genua. Monopolia her Republik. Die Wirthe müssen allen Wein aus dem Keller der Republik nehmen: und ob man ihn gleich auf diese Art um einen gewissen Preis und in versiegelten Bouteillen bekömmt, so ist man dennoch dadurch wenig gebessert, indem er auch ohne der Wirthe Zuthun von schlechtem Geschmacke ist, und diese, weil sie keinen andern Vortheil als die ledigen Bouteillen darauf machen können, sich ihres Abganges vom Profite in andern Stücken wieder zu erholen suchen.

Außer diesem Monopolio von Wein, den alle diejenigen, so keinen eigenen Wein im Keller haben, von der Republik nehmen müssen, handelt sie auch allein mit Getraide, welches auf keinem Markte verkaufet wird, sondern von allen Beckern aus den Händen der Republik empfangen werden muß.


Genua, den 17 Jan. 1730.

Fußnoten

1 Dem Servius stimmet Isidorus bey orig. l. XIV, c. 8, und Rudbek Atlant. tom. I, c. 25, p. 662: Alf & Olf vocabulum est vernaculum omnibus petris & montibus majoribus commune. Wenigstens ist diese Ableitung wahrscheinlicher als des Adrian Schriekins vonalop plane sursum, in orig. rer. Celt. & Belg. p. 96: und des Goropius Bekanus von albus weiß, in Hermathen. l. IV, p. 87.


2 SERVIVSadVIRGIL. Æneid. X. init. Sane omnes altitudines montium licet a Gallis ALPES vocantur, proprie tamen montium Gallicorum sunt.


3 Der Name Alp bedeutet sowohl einen Berg, als auch ein Berggespenste. VEREL. in indic. lingu. vet. Scyth. Scand. voc. Alfr.: Montes & rupes dæmonibus inhabitari majoribus & olim persuasum, & hodie multis creditum. Man kann also den Ursprungdes Namens Alpdrücken leicht errathen, sintemal das leichtgläubige Alterthum von Poltergeistern träumete, welche die Menschen im Schlafe zu beunruhigen suchten. Die isländische Edda myth. 15 redet von guten und bösen Alpen, und man findet noch heutiges Tages bey dem betrogenen Pöbel unzählige Spuren des alten Aberglaubens. Der Namen Druden drücken hat seinen Ursprung ohne Zweifel der Ausrottung der Druiden, nicht aber dem römischen Feldherrn Drusus zu danken, dessen Macht unsern Vätern bey weitem so fürchterlich nicht gewesen ist, als man gemeiniglich glaubet. Beyden Benennungen ist die dritte: das Mardrücken beyzufügen, dessen Ursprung man ebenfalls in jenen finstern Zeiten des Alterthums suchen muß. Eric. OLAVShist. Succ. l. I, p. 27: Suercheri filius Valender patri successit in regno, qui in somno a dæmonio suffocatus interiit, quod genus Sueco nomine Mara dicitur.


4 Von den übrigen Alyen scheinen die Maritimæ diejenigen zu seyn, welche man an der Seite von Nizza und Monaco antrifft; die Cotlæ sind im Dauphiné und der Gegend des Brianconnois zu suchen; dieTaurinæ bey Susa gegen Abend; die Grajæ beymMont Senis und dem kleinen St. Bernhard; die Rhætiæ beyden Graubündern, und die Noricæ an den tirolischen Gränzen. Rand rechts: Verschiedens Alpen.


5 Vid. CVPERin monumentis antiquis ineditis, p. 184. SPON. in aris ignotor. Deor. und Sam. GVICHENON in der Histoire Genealogique de la Royale Maison de Savoye, p. 45.


6 Conf.LACARRYHistoria Coloniarum a Gallis in exteras nationes missarum, Claramont. 1677, 410.


7 Pomp. MELAlib. II, c. 5, de Gallia Narbonensi: Alioquin littus ignobile & Lapideus (ut vocant) Campus, in quo Herculem contra Albionem & Bergiona, Neptuni liberos dimicantem, cum tela defecissent, ab invocato Jove adjutum imbre lapidum ferunt.


8 Hieher gehöret der Namen der Festung Mons oder Bergenin den Niederlanden.


9 Vid. CLITOPHONantiquus Autor ap. PLVTARCHVMde Fluviis, p. 23. Die Griechen gebrauchten sich des Wortes βοῦνος für einen Hügel: und in Niedersachsen nennet man die erhöheten Werke, so in die Flusse geleget werden, um den Lauf derselben in etwas abzuwenden, Buhnen.


10 ANNAL. BERTINIANIad ann. 839: Tanta inundatio contra morem maritimorum æstuum per totam pene Frifiam occupavits ut aggeribus arenarum illic copiosis, quos Dunos vocitant, fere coæquarentur. Es heißt auch Duynkerka oder Dünkirchen nichts anders, als eine an solchen Sandhügeln des Seeufers gelegene Kirche.


11 TACIT. Annal. lib. I, c. 56: Germanicus posito castello super vestigia paterni præsdii in MONTE TAUNO, expeditum exercitum in Cattos rapit. Also auch Annal. lib. XII: Præda famaque onusti Romani ad MONTEM TAUNUM revertuntur.


12 Nichts ist begreiflicher als die Unwissenheit der Römer in Beschreibung des deutschen Götzendienstes. TACITVSGerm. c. 43, und hist. l. II, c. 84 ist noch so ehrlich, daß er selbst bekennet, er habe sich einer römischen Auslegung bedienet. Und wie öfters ist es nicht nöthig, daß man an seine interpretationem romanam gedenket, wenn man sich nicht muthwilliger Weise in ein Labyrinth verwickeln will. Auf die Griechen können wir uns noch weniger verlassen.IRENIC. exeg. Germ. l. I, c. 6: Vt demum rem componam, Græci, qui non in Germanicis regionibus versabantur, nihil elaboraverunt, quod memoria dignum esse potuisset: nihil enim nisi summam ignorantiam sibi ipsis habuerunt oh viam.


13 Diese Absicht hatten auch die alten Römer, und waren deswegen viele nicht zufrieden, daß Nero nach dem großen Brande der Stadt Rom die ehemaligen Anstalten änderte und befahl, die Häuser inskünftige weder so hoch, als vorher geschehen, noch aneinander auf gemeinschaftliche Mauerwände zu bauen. TACITVS schreibt deswegen Annal. XV, c. 43: Erant tamen qui crederent, veterem illam formam salubritati magis conduxisse, quoniam angustiæ itinerum, & altitudo tectorum non perinde solis vapore perrumperentur. At nunc patulam latitudinem & nulla umbra defensam, graviore astu ardescere.


14 AVSON. Fallaces Ligures. VIRGIL. Æneid. XI:


Vane Ligur, frustraque animis elate superbis,

Nequicquam patrias tentasti lubricus artes.


Als zwischen dem Pabste Julio dem andern und den Franzosen eine schlechte Harmonie regierte, nahmen dieso Gelegenheit, den Pabst wegen seines Vaterlandes mit folgenden Versen anzugreifen:


Patria cui Genua est, genetricem Græcia, partum

Pontus & unda dedit, qui bonus esse potest?

Sunt vani Ligures, mendax est Græcia, ponto

Nulla fides: Juli hæc Tu tria solus habes.


Es verdiente aber Janus Lascaris vielen Dank vom Pabste, da er alsbald, nachdem itztgedachte Verse in Rom anlangten, mit folgender Antwort das Gegentheil behauptete:


Est Venus orta mari, Grajum sapientia, solers

Ingenium est Ligurum: qui malus esse potest?

Cui genus ut Veneri, a Grajis Sapientia, solers

Ingenium a Genua est? Mome proterve tace.


Quelle:
Johann Georg Keyßler. Neueste Reisen durch Deutschland, Böhmen, Ungarn, die Schweiz, Italien und Lothringen. Theil 1. Hannover 1751, S. 324.
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