164. Mozarteum.

[306] Wien 25. Juli 1781.

Ich sage noch einmal, daß ich schon längst im Sinne gehabt ein anderes Logis zu nehmen und das nur wegen dem Geschwätz der Leute, und mir ist leid, daß ich es, wegen einer albernen Plauderei, woran kein wahres Wort ist, zu thun gezwungen bin. Ich möchte doch nur wissen, was gewisse Leute für Freude haben können ohne allen Grund so in den Tag hineinzureden. Weil ich bei ihnen wohne, so heirathe ich die Tochter71: von verliebt sein war gar die Rede nicht, über das sind sie hinausgesprungen; sondern ich logire mich ins Haus und heirathe. Wenn ich mein Lebetag nicht ans Heirathen gedacht habe, so ist es gewiß jetzt, denn (ich wünsche mir zwar nichts weniger, als eine reiche Frau) wenn ich jetzt wirklich durch eine Heirath mein Glück machen könnte,[306] so könnte ich unmöglich aufwarten, weil ich ganz andere Dinge im Kopf habe. Gott hat mir mein Talent nicht gegeben, damit ich es an eine Frau hänge und damit mein junges Leben in Unthätigkeit dahin lebe. Ich fange erst an zu leben, und soll es mir selbst verbittern? Ich habe gewiß nichts über den Ehestand, aber für mich wäre er dermalen ein Uebel. Nun, da ist kein ander Mittel, ich muß, wenn es schon nicht wahr ist, wenigstens den Schein vermeiden, obwohl der Schein auf nichts anderm beruht, als daß ich da wohne; denn wer nicht ins Haus kömmt, der kann nicht einmal sagen, daß ich mit ihr so viel Umgang habe, wie mit allen andern Geschöpfen Gottes; denn die Kinder gehen selten aus, nirgends als in die Comödie, und da gehe ich niemals mit, weil ich meistens nicht zu Hause bin zur Comödienstunde. Ein paar Mal waren wir im Prater und da war die Mutter auch mit, und ich, da ich im Hause bin, konnte es nicht abschlagen, mitzugehen; und damals hörte ich noch keine solchen Narrensreden. Dann muß ich aber auch sagen, daß ich nichts als meinen Theil zahlen durfte, – und da die Mutter solche Reden selbst gehört und auch von mir aus weiß, so muß ich sagen, daß sie selbst nicht mehr will, daß wir zusammen wohin gehen sollen, und mir selbst gerathen wo anders hinzuziehen, um fernere Verdrießlichkeiten zu vermeiden. Denn sie sagt, sie möchte nicht unschuldiger Weise an meinem Unglück Schuld sein. Das ist also die einzige Ursache, warum ich schon längst (seitdem man so schwätzt) im Sinn gehabt wegzuziehen, und insoweit Wahrheit gilt, habe ich keine, was aber die Mäuler anbelangt, habe ich Ursache; und wenn diese Reden nicht gingen, so würde ich schwerlich wegziehen, denn ich werde freilich leicht ein schöneres Zimmer bekommen, aber die Commodité und so freundschaftliche und gefällige Leute schwerlich. Ich will auch nicht sagen, daß ich im Hause mit der mir schon verheiratheten Mademoiselle trotzig sei und nichts rede, aber verliebt auch nicht. Ich narrire und mache Spaß mit ihr, wenn es mir die Zeit zuläßt (und das ist nur Abends wenn ich zu Hause soupire, denn Morgens schreibe ich in meinem Zimmer und Nachmittags bin ich selten zu Hause) und also, sonst weiter nichts. Wenn ich die alle heirathen[307] müßte, mit denen ich gespaßt habe, so müßte ich leicht 200 Frauen haben.

Nun auf das Geld zu kommen. Meine Scolarin blieb 3 Wochen auf dem Lande, ich hatte folglich nichts einzunehmen, und die Ausgaben gingen aber immer fort, mithin konnte ich Ihnen nicht mehr 30 Ducaten schicken, aber 20. Weil ich mir aber Hoffnung gemacht wegen der Subscriptions, so wollte ich warten um Ihnen die versprochene Summe schicken zu können. Nun sagte mir aber die Gräfin Thun, daß vor dem Herbst an die Subscriptions nicht zu denken sei, weil alles was Geld hat, auf dem Lande ist; sie hat dermalen nicht mehr als 10 Personen und meine Scolarin nicht mehr als sieben. Ich lasse nun unterdessen 6 Sonaten stechen; der Artaria Musikstecher hat schon mit mir gesprochen. Sobald sie verkauft sind, daß ich Geld bekomme, so werde ich es Ihnen schicken.

Nun muß ich meine liebe Schwester um Verzeihung bitten, daß ich ihr nicht zu ihrem Namenstage schriftlich gratulire, der Brief liegt angefangen im Kasten. Als ich Samstags den Brief anfieng, kam der Bediente der Gräfin Rumbeck und sagte, daß alles aufs Land gehen wollte, ob ich nicht auch mitkommen wollte. Weil ich dem Cobenzl nichts abschlagen will, so ließ ich also den Brief liegen, machte geschwind meine Sache zusammen und ging mit; ich dachte mir, meine Schwester wird es mir nicht übel nehmen. Ich wünsche ihr also in der Octav alles mögliche Gute und Ersprießliche, was ein aufrichtiger seine Schwester von Herzen liebender Bruder immer wünschen kann, und küsse sie auf das zärtlichste. Ich bin heute wieder mit dem Grafen hereingefahren, und morgen fahre ich wieder mit ihm hinaus. Nun leben Sie recht wohl, liebster bester Vater, glauben Sie und trauen Sie Ihrem Sohne, der gewiß gegen alle rechtschaffenen Leute die besten Gesinnungen hat, und warum sollte er sie für seinen lieben Vater und Schwester nicht haben? Glauben Sie ihm und trauen Sie ihm mehr, als gewissen Leuten, die nichts besseres zu thun haben, als ehrliche Leute zu verläumden. –

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Constanze, Aloysias zweite Schwester, nachher Mozarts Gattin.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 306-308.
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