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[25] Bologna den 24 Martij 1770


Heute sind wir in Bologna angelangt, und auch Dein letztes schreiben, so wir auf der Post alda gefunden; weil es h: Troger nebst einigen anderen Briefen, die uns Sr Ex: gr: Firmian nachgeschickt, dahin übermacht hat. wir sind gott Lob, gesund, und leben der Hofnung, gott werde uns gesund erhalten. wir werden über 4 täg nicht hier verbleib: ebenso in Florenz etwa 5 bis 6 täg. folglich sind wir mit gottes Hilfe in der Charwoche längstens Dienstags oder [25] Mittwochs in Rom, und sehen sicher die Functiones am grünen Donnerstag x: x:

Ich habe von Parma aus an Sr Ex: Obersthofmeister geschrieben, und mich so wohl wegen der gnaden, die wir im Firmianischen hause genossen, bedancket, als auch gebetten, Sr hochf: gnaden zu hinterbringen, daß der Wolfg: die opera in Mayland schreiben solle, und um die Erlaubniß zu bitten. Heute habe von hier mit dieser Post an Sr Hochf: gnaden geschrieben, meinen gehors: unterthänigsten glückwunsch zum höchsten Wahltag abgelegt, und gleichfals wegen der opera um die Erlaubniß gebetten. Erkundige Dich demnach, ob diese beyden Briefe richtig angelangt sind, oder nicht. Die Scrittura, oder der schriftliche Contract ist schon gemacht, und gegen einander ausgewechselt. Es kommt demnach nur auf die Erlaubniß Sr Hf: gnaden an. Der Contract ist im graf Firmianischen hause gemacht worden, und bekommen wir 100 Cigli ati und freye Wohnung. Die opera fängt in den Weihnachtfeyrtagen an. Die Recitativ müssen im october nach Mayland geschickt werden, und den 1 Novemb: müssen wir in Mayland seyn, daß der Wolfg: die Arien schreibt. Die prima und 2da Donna sind die La Sigra Gabrielli und ihre schwester1. der Tenor ist Sgr: Ettore2. dermahl il Cavaliere Ettore, weil er einen gewissen orden trägt. Der primo huomo und die Übrigen sind noch nicht bestimmt, Es kann seyn, daß Manzoli singt. Die Sgra Gabrielli ist in ganz Italien als eine erstaunliche Hochmütige Närrin bekannt, die, nebst dem, daß sie ihr all geld verschwendet die närrischeste Streiche macht. wir werden sie auf dem Weege in Rom oder Neapel antreffen, sie kommt von Palermo; und dann werden wir sie wie eine Konigin ehren und recht hoch erheben, mit diesem kann man sich in grosse gnaden setzen. In Parma hat uns die Sgra Guari oder so genannte Bastardina oder Bastardella3 zum speisen eingeladen, und hat uns 3 Arien [26] gesungen. Daß Sie bis ins C Sopra acuto solle hinauf singen, war mir nicht zu glauben moglich: allein die ohren haben mich dessen überzeuget. Die Passagen die der wolfg: auf geschrieben, waren in ihrer Arie, und diese sang sie zwar etwas stiller als die tiefern Töne: allein so schön, wie eine octavin pfeif in einer Orgel. kurz, die triller und alles machte sie so, wie es der wolfg: hat aufgeschrieben4, es sind die näm: sachen von Noten zu Noten. nebst dem hat sie eine gute alt tiefe bis insG. Sie ist nicht schön, doch eben auch nicht garstig, hat mit den Augen zu zeiten einen wilden Blick, wie die Leute, die der fraiß unterworfen sind, und hincket mit einem fuß. sonst hat sie aber eine gute Aufführung, folglich einen guten Caracter und guten Nahmen. Se Ex: gr: Firmian hat dem Wolfg: eine Tabattier in goldgefaßt verehrt und in derselben 20 Cigliati.

Wir haben die Seildanzer mit den Hunden in Mantua spielen sehen, und itzt sahen wir sie in Parma.

Ich hab immer vergessen es zu schreiben, daß derprimo Uomo von den welschen comoedianten, die in Salzb: waren, mit dem Seccatore in Verona waren. Ich wuste aber nichts davon. Sie kammen sehr späth in unser wirthshauß eben den abend ehe wir von Verona abreiseten, und zwar eben, da ich den Cameriere bezahlte. Der alte Seccatore nahm, bey erblickung eines Salzb: Duccatten, selben in die Hände und Küste das Portrait sagend: Daß ist mein vatter, der uns grosse gnaden erwiesen x: Die Prima Donna, des Seccators frau, ist gestorben, und zwar in Verona.

Der h: Troger schreibt uns heut, daß er vonn Marcobruni benachrichtet worden, daß der h: Meisner inRom angelangt. wir hofen ihn also alda zu sehen.

Dieser Abbate Marcobruni ist derjenige, den Du als Collegianten gut gekannt hast. Er wird mir einprivat quartier bestellen.

hier ist der theuerste Ort, den wir noch in Italien angetroffen haben. Wir wohnen freylich dal Pelegrino, im besten Wirtshause; [27] haben aber auch die Ehre alle tag einen duccatten zu bezahlen. Es ist um so mehr alles hier gestiegen, weil mehr volk in der Statt ist als sonst vor einigen Jahren. nur Jesuitten sind über 1000 der verjagten hier. Lebet wohl! mich freut, daß die Nannerl fleissig ist. Singen soll sie aber mehr nicht, als sie glaubt, daß ihrer Brust nicht schädlich ist. Meine Empf: an alle freunde und freundinen. Wir Kissen euch beyde Millionmahl. addio ich bin Dein alter

Mzt


Du schreibst vom h: Wolf, aber nichts vom schwarzkopf

Fußnoten

1 Die bekannte Sängerin Catar. Gabrielli und ihre Schwester Francesca Gabrielli.


2 Guglielmo d'Ettore, Mitglied der Münchener Oper, der auch auf den italienischen Bühnen in Venedig, Padua u.a. erfolgreich auftrat.


3 Lucrezia Agujari gen. Bastardella.


4 S. Wolfgangs gleichzeitigen Brief (10).


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 3. München/ Leipzig 1914, S. 28.
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