22.

[44] Neapl den 22 May 1770


Mein schreiben vom 19ten wirst Du unterdessen richtig empfangen haben. vor 2 tägen giengen wir auf dem Molo spazieren, und wenn begegneten wir? – wenn meinst Du wohl? – unsern guten freund Mr. Donker, den schönen langen Doncker von Amsterdam, welcher schon 3 Jahre hier bey dem französischen Consul sich aufhält. Dieser Consul war in amsterdam gegenwärtig, da wir einen [44] abend bey h: Doncker speiseten. gestern speiseten wir mittags bey ihm; und nachmittags waren wir bey der kays: gesandtin gräfin v Kaunitz, gebohrener fürsten von Öttingen. Nun sind wir bald mit unsern Visiten fertig. Die Marchesa Tannucci, frau des Premier-Ministers, schickte gestern ihren haushofmeister zu mir, und ließ mir melden, daß selber jederzeit zu meinem Befehl wäre uns aller Orten herumzuführen und uns alle seltenheiten Neapels zu zeigen. Dieses ist eine Distinction die jedermann in verwunderung setzet, da dieser Minister eigentlich König ist, und sehr hoch gehet. gestern sind wir in der opera Buffa gewesen; h: Meuricoffre führte uns hinein; solche ist sehr gut: die alte Principessa di Belmonte sahe uns gleich und machte uns vielle Complimente obwohl unsere Loge weit von der ihrigen entfernt ware. heut haben wir bey einem schweitzer officier gespeist.

Das wetter fängt nun an etwas wärmer zu werden. Morgen zum der schneider zum Mr: Meuricoffre, wir werden uns noch ein paar sommerkleider machen lassen. Wegen des Lusts in Neapl kannst du ausser aller Sorge seyn, hier ist sehr gesunde Luft. Wenn wir nur wieder über Rom hinaus sind, denn Rom selbst ist nicht so gar übl, aber gewisse gegenden ausser Rom sind etwas gefährlich. wir sind, gott Lob, gesund. schreib fleissig, damit wir wissen wie es euch gehet. Ich schreib diese Briefe nur, damit Du weist, wo wir sind, wenn der erste aus Neapel nicht sollte angelangt seyn. ich schreibe in Eyl. Küsse Dich und die Nannerl 1000 mahl. h: Doncker empfehlt sich Dir und der Nannerl vom Herzen und ich bin dein alter

Mzt


Hast du unsern Wagen noch nicht verkauft? – –

man muß nachsehen und solchen butzen lassen, sonst geht er zu grunde.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 3. München/ Leipzig 1914, S. 44-45.
Lizenz:
Kategorien: