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[85] Mayland den 1ten Decemb. 1770


Deinen Brief vom 16ten habe richtig erhalten. Ich schrieb den 24ten in Eyl, folglich vergaß ich dir zu melden, daß dein schreiben vom 9ten, welches mit deinen und der Nannerl glückwünschen angefüllt war, richtig erhalten, welches den wolfgang:, da er es gelesen in einige Traurigkeit gesetzet, indem er sagte: Die Mamma und die Nannerl erbarmen mich recht weil der papa solche spasshafte stichreden in seinem vorigen Brief ihnen geschrieben hat. ich antwortete ihm, daß ihr euch wohl einbilden werdet, daß ich den Brief gleich werde erhalten haben. und in der that, ich erhielt ihn wenige stunden, nachdem der meinige schon auf der Post war. Ich bedanke mich also Solenniter. den abend als ich dir den letzten Brief den 24ten geschrieben, kam h: B: Riedheim mit seinem h: hofmeister zu uns, und am Montage den 26 sahen wir uns in der accademie, so bey S:E: gr: Firmian ware. Er erboth sich einen Brief mit zu nehmen: allein da ich ohnhin alle Samstag schreibeso bedankte mich. Ich war gesinnt ihm einige Kleinigkeiten mit zu geben die er etwa leicht hätte unterbringen können, als z: E: den hl: Kreutz Particul, einige Reliquien, oder ein paar tabattieren. allein, es regnete so erschrecklich, und war so ein abscheuliches wetter, daß ich dem h: B: Riedheim die gegen visite in Salzb: machen werde. da du dieses liesest, wirst du mit ihm schon gesprochen haben. und von ihm vernohmen haben, daß wir, gott lob, gesund sind: er wird dir auch gesagt haben, was für ein elendes orchester bey dieser Accademie war; indem die guten Leute alle mit den Herrschaften da und dort auf dem [85] Lande sind, und erst in 8 tägen oder 12 zu den Proben der opera zurückkommen werden. Die Calenderl habe richtig erhalten. Du schreibst, daß die gräfin v Lodron auf h: Spizeders hochzeit gewesen. allein welche war es? – – vermuthlich die Hofmarchallin? – – man muß eine sache nicht halb, sondern ganz schreiben. Du glaubst die opera ist schon fertig. Du irrst Dich sehr. wenn es an unserm Sohne gelegen wäre, so würden 2 opern fertig seyn. allein in Italien gehet es ganz närrisch zu, und Du wirst alles seiner zeit hören, es wäre zu weitläuftig alles hier zu schreiben. Da ich dieses schreibe, ist derPrimo uomo noch nicht hier. heut soll er gewiß ankommen. Lebt beyde wohl wir küssen euch 100000000000 mahl und ich bin Dein alter

Mzt


Wir empfehlen uns allen guten freunden und freundinen in und ausser dem Hauß.

gestern, da wir aus dem Hauß giengen, haben wir etwas gehörtwas euch unglaublich scheinen wird, und das ich nicht geglaubt hätte in Italien NB: zu hören. nämlich wir hörten zwey arme, namlich einen Mann und ein Weib, auf der Strasse mit einander singen. und sie fangen ihr ganzes Lied mit einander in Quinten, so daß keine Note fehlte. das habe in teutschland nicht gehört. in der ferne glaubte ich es wären 2 Personen, dern iedes ein besonderes Lied sang. da wir näher kammen, sahen wir daß ein schönes Duetto ware in puren quinten war. Ich dachte augenb: an h: Wenzel seel:, wenn diese 2 armen Leute auf seinem grabe singeten, so stunde er unfehlbar vom todte auf.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 3. München/ Leipzig 1914, S. 85-86.
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