76.

[72] Mon trés chér Pére.


den 6:ten oct: 77


Die mama kan nicht anfangen; erstlich verdrüst es sie, zweitens thut ihr der Kopf wehe! mithin mus halt ich herhalten. Nun werde ich den augenblick mit herrn Professor die mademoiselle Keiserin besuchen. gestern war bey uns im hause eine geistliche Hochzeit oder altum tempus Eclesiasticum; Es wurde getanzet, ich tanzte aber nur 4 menuets, und um 11 Uhr war ich schon wieder in meinem zimmer; dann es ware, unter 50 viell Frauenzimmer, eine einzige welche auf dem tact tanzte, und diese war mademoiselle Käser, eine schwester von Hr: Secretaire des grafen Perusa der zu Salzburg gewesen. Der hr: Professor hat die güte gehabt mich anzusezen. folglich kamm ich nicht zur Madelle keiserin, well ich ihre wohnung nicht weis1.

vorgestern als den. 4ten samstag, am Hochfeyerlichen Nammens-tag seiner königlichen Hoheit Erzherzogs Albert, war eine kleine accademie bey uns: sie singe um halbe 4 uhr an, und endigte sich um 8 uhr.M: Dubreill2 dessen sich der papa noch errinnern wird, war auch da. er ist ein sclorar von Tartini. vor mittag gab er dem jüngsten Sohn, Carl, lection auf der violin, und ich kamm just darzu; ich hatte nie viell Credit auf ihn. ich sahe aber, daß er mit vielen fleißlection gab, und als wir in Discurs kammen von Concert geigen, und orchestre geigen, raisonirte er sehr gut, und war immer meiner meinung; so, daß ich meine vormalige gedancken zurück nahm, und persuadirt war, daß ich einen recht guten treffer, und accuraten Orchestre geiger an ihm finden werde. ich bat ihn also, er möchte die güte haben, und nachmittag zu unserer kleinen accademie [72] kommen. wir machten gleich zu erst die zwei quintetti vom Hayden; allein, mir war sehr leid, ich hörte ihn kaum; er war nicht im stande 4 täcte fort zu geigen ohne zu fehlen. er fande keine applicatur. mit die sospirs war er gar nicht gut freund. das beste war daß er sehr höflich gewesen, und die quintetti gelobt hat, sonst – – so sagt ich aber gar nichts zu ihm, sondern er selbst sagte allzeit; ich bitte um verzeihung ich bin schon wieder weg! das Ding ist küzlich aber schön. ich sagte allzeit: das hat nichts zu sagen, wir sind ja unter uns. dann spiellte ich das Concert in C in B und Es, und dan daß trio von mir. Daß war gar schön accompagnirt. in Adagio habe ich 6 tact seine Rolle spiellen müssen. zu guter letzt spiellte ich die lezte Casation aus dem B von mir. Da schauete alles gros drein. Ich spiellte als wenn ich der gröste geiger in ganz Europa wäre. sonntag darauf um 3 uhr waren wir bey einen gewissen H: v. hamm; ich habe ohnmöglich zeit mehr zu schreiben, sonst kan ich H: von kleinmayr den brief nicht mehrmitgeben. Der Bischoff im Chiemsee ist heute schon nach Salzbourg gereiset. NB: ich schicke meiner schwester hier 6 Duetti à Clavicembalo e Violino von schuster. ich habe sie hier schon oft gespiellet. sie sind nicht übel. wen ich hier bleibe, so werde ich auch 6 machen, auf diesen gusto, dann sie gefallen sehr hier. ich schicke sie ihnen hauptsalich nur, damit sie sich in zweyen Divertiren können.addio ich küsse ihnen 1000 mahl die hände und dich, meine liebe Nannerl, bitte ich, du möchtest doch noch ein wenig geduld haben. ich bin dero gehorsamster sohn

Wolfgang Amadé Mozart.


München den 6ten oct: 1777

Fußnoten

1 Hier folgt der Brief der Mutter.


2 Wohl der kurf. Hofmusiker Ch. A. Dupreille.


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 1. München/ Leipzig 1914, S. 73.
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