129.

[231] Paris ce 31 juillet 1778


Monsieur mon trés cher Pére!


Ich hoffe sie werden meine zwey lezte von 11ten und 18ten (glaube ich,) richtig erhalten haben – ich habe unterdessen ihre 2 [231] von 13ten und 20ten empfangen – Das Erste presste mir thränen des schmerzens aus – weil ich wieder an den trauerigen hintritt meiner lieben seeligen Mutter errinert wurde – und mir alles wieder lebhaft vorkam; das werde ich gewis mein lebetag nicht vergessen – sie wissen daß ich mein lebetag (obwohl ich es gewunschen) niemand habe sterben gesehen – und zum erstenmahle muste es just meine Mutter seyn – auf diesen augenblick hatte ich auch am meisten sorg – und bat gott flehentlich um stärcke – ich wurde erhört – ich hatte sie; – so trauerig mich ihr brief machte, so war ich doch ganz ausser mir für freüde, als ich vernahm, daß sie alles so nahmen, wie es zu nehmen ist – und ich folglich wegen meinem besten vatter und liebsten schwester ausser sorge seyn kann. so bald ich ihren brief ausgelesen hatte, so war auch das erste daß ich auf die knie niederfiel, und meinem lieben gott aus ganzem herzen für diese gnad danckte; – Nun bin ich ganz ruhig – weil ich weis daß ich wegen den zwey Persoñen die mir das liebste auf dieser welt sind, nichts zu befürchten habe – welches nun das gröste unglück für mich wäre – und mich ganz gewis darnieder-reissen würde; – sorgen sie also beyde für ihre mir so schätzbare gesundheit – ich bitte sie – und gönnen sie demjenigen, der sich schmeichelt, daß er ihnen nun das liebste auf der welt ist, das glück, vergnügen und die freude, sie bald umarmen zu können; – ihr lezter brief Presste mir thränen der freüde aus – indemme ich dadurch immermehr ihrer wahren vätterlichen liebe und sorge gäntzlich überzeugt wurde – ich werde mich aus allen kräften bestreben ihre vätterliche liebe immermehr zu verdienen – ich dancke ihnen für das pulver durch den zärtlichsten handkuß – und bin überzeugt daß sie froh sind, daß ich nicht benöthiget bin gebrauch davon zu machen; – unter der krankheit meiner seeligen Mutter wäre es einmahl bald nothwendig gewesen – aber izt, gott lob und Danck, bin ich ganz frisch und gesund – Nur bisweilen habe ich so Melancholische anfälle – da komme ich aber am leichtesten davon durch briefe, die ich schreibe oder erhalte; das muntert mich dann wieder auf. glauben sie aber sicher daß es niemalen ohne ursach geschieht. sie wollen wissen wie viell ich für ihren lezten, wo das Pulver darinn [232] war, habe bezahlen müssen? – 45 souls; – sie wollen eine kleine beschreibung von der kranckheit, und von allen haben? – Das sollen sie; nur bitte ich sie daß ich ein wenig kurz seyn darf, und nur die hauptsachen schreiben darf, indemme die sache einmahl vorbey ist, und leider nicht mehr zu ändern ist – und ich nothwendig Platz brauche um sachen zu schreiben, die unsere situation betreffen; Erstens muß ich ihnen sagen, daß meine seelige Mutter hat sterben müssen – kein Doctor in der welt hätte sie dießmahl davon bringen können – denn es war augenscheinlich der wille gottes so; ihr zeit war nun aus – und gott hat sie haben wollen; sie glauben sie hat sich zu spätt adergelassen – es kann seyn; sie hat es ein wenig verschoben; doch bin ich mehr der Meynung hiesiger leute die ihr das aderlassen abgerathen und, sie ehender, ein lavement zu nehmen, zu bereden suchten – aber sie wollte nicht – und ich getrauete mir nichts zu sagen, weil ich die sachen nicht verstehe, und folglich die schuld gehabt hätte, wenn es ihr nicht wohl angeschlagen hätte – wenn es meine haut gegolten hätte, so hätte ich gleich meinen Consens dazu gegeben – denn hier ist es sehr in schwung – wenn einer ein wenig erhizt ist, so nimmt er ein lavement – und der ursprung der krankheit meiner Mutter war nichts als innerliche erhizung, wenigstens hielt man es dafür; wie viell man ihr blut gelassen hat, kann ich nicht accurat sagen, weil man hier nicht unzenweis sondern tellerweis läßt – man hat ihr nicht gar 2 tellervoll ge lassen; der Chyrurgus sagte daß es sehr Nothwendig war – weil aber so eine entsezliche hitze diesen tag war, so getraute er sich nicht mehr zu lassen; etliche täge war es gut; dann fieng aber der Durchlauf an – kein mensch machte aber nichts daraus, weil dieß hier allgemein ist, daß alle fremde die starck wasser trinken das laxiren bekommen; das ist auch war; ich hab es die ersten täge auch gehabt, seitdem ich aber nie Purrwasser sondern allzeit ein wenig wein darunter trincke, so spüre ich nichts mehr; weil ich aber ohne blosses wasser zu trincken nicht seyn kan, so purgire ichs durch das Eys, und trincke es en glace. Da trincke richtig allzeit 2 gläser voll bevor ich schlafen gehe – Nun weiter: Den 19ten klagte sie kopfweh – da muste sie mir fürs erste [233] mahl den ganzen tag im bett bleiben – und den 18ten den tag vorher war sie das letztemahl auf. Den 20ten klagte sie frost – und dann hitzen; ich gab ihr also ein Antispasmotisches Pulver; unter dieser zeit wollte ich immer um einenDoctor schicken – sie wollte aber nie; und da ich ihr starck zusezte, so sagte sie mir daß sie kein vertrauen auf einen französischen Medicum habe – ich schauete also um einen teutschen – ich konnte natürlicher weise nicht ausgehen – mithin wartete ich mit schmerzen auf den Mr Heina, der alle tage unfehlbar zu uns kamm – nur dießmahl muste er 2 täge ausbleiben-Endlich kamm er, und weil der Doctor den andern tag darauf verhindert war, so konnten wir ihn nicht haben. mithin kamm er erst den 24ten – den tag vorher, wo ich ihn schon so hergewunschen hätte, war ich in einer grossen angst – denn sie verlohr auf einmal das gehör – Der Doctor, (ein etlich und 70jähriger teutscher) gab ihr Rhebarbara en poudre und mit wein angemacht – Das kann ich nicht verstehen – man sagt sonst der wein hizt – wie ich aber dieses da sagte, schrie mir alles entgegen – Ei beleybe; was sagen sie; der wein hizt nicht – er stärckt nur; das wasser hizt – und unterdessen begehrte die arme kranke mit sehnsucht nach frischen wasser – wie gern hätte ich sie befriedigt – bester vatter, sie können sich nicht vorstellen was ich ausgestanden – Da war kein anderes Mittel, ich muste sie in gottes Nammen den händen desmedici überlassen. alles was ich mit guten gewissen thun konnte, war, daß ich unaufhörlich zu gott bat, daß er alles zu ihrem besten añordnen möchte – ich gieng herum als wenn ich gar keinen kopf hätte – ich hätte dort die beste zeit gehabt zum Componiren, aber – ich wäre nicht im stande gewesen eine Note zu schreiben; den 25ten blieb der Doctor aus – Den 26ten besuchte er sie wieder; stellen sie sich in meine Persoñ als er mir so unvermuthet sagte: »ich fürchte sie wird diese nacht nicht ausdauern« – und sie kann auf dem Nachtstuhl, wenn ihr übel wird, in einem augenblick weg seyn – mithin sehen sie daß sie beichten kann; Da bin ich also bis Ende der chaussee d'antin, noch über die Barriere hinaus gelofen, um den Heina aufzusuchen, weil ich wuste daß er bey einem gewissen grafen bey einer Musique [234] ist – Der sagte mir, daß er den andern tag einen teutschen geistlichen herführen wird. in zurückweg gieng ich im vorbeygehen einen augenblick zum Grimm und Madme d'Epinay – Die waren unzufrieden daß ich nicht eher was gesagt habe, sie hätten gleich ihren Doctor hergeschickt – ich habe ihnen aber nichts gesagt, weil meine Mutter keinen französischen wollte – nun war ich aber auf das äußerste getrieben – sie sagten daß sie diesen Abend noch ihren Doctor herschicken werden. als ich nach haus kamm, sagte ich zu meiner Mutter, daß ich den h: Heina begegnet habe mit einem teutschen Geistlichen, der viell von mir gehört hat, und begierig ist mich spiellen zu hören – und sie werden morgen kommen um mir eine visite zu machen; das war ihr ganz recht; und weil ich, obwohl ich kein Doctor bin, sie besser befunden habe, so sagte ich weiter nichts mehr – ich sehe schon daß ich ohnmöglich kurz erzehlen kann – ich schreibe gern alles umständlich, und ich glaube es wird ihnen auch lieber seyn – mithin (weil ich nothwendigere sachen noch zu schreiben habe) will ich im nächsten brief meine geschichte fortsezen. unterdessen wissen sie durch meine letzte briefe wo ich bin, und daß alle meine und meiner seeligen Mutter sachen in ordnung sind. Wenn ich auf diesen Punkt komme, werde es schon erklären wie es gegangen – Der Heina und ich haben alles gemacht. die kleider, wäsche, kleinodien und alles halt was ihr war, werde ich mit guter gelegenheit und gut verwahret nach Salzburg schicken; das werde ich alles mit h: geschwendtner arrangiren. Nun zu unsern sachen; – doch bevor muß ich ihnen sagen, daß sie wegen diesem was ich ihnen in meinem von 3ten geschrieben, und mir ausgebeten meine gedancken1 nicht eher darüber entdecken zu dürfen, als bis es zeit ist, gar nicht in sorgen seyn därfen – ich bitte sie noch einmahl darum; ich kann es ihnen aber noch nicht sagen, weil es in der that noch nicht zeit ist – und ich dadurch mehr verderben als gutmachen würde – zu ihrer beruhigung; es geht nur mich an; ihre umstände werden dadurch nicht schlimmer und nicht besser – und bevor ich sie nicht in bessern umständen sehe – dencke ich gar nicht darauf – wenn wir aber [235] einmahl glücklich und vergnügt, (welches mein einziges bestreben ist) beysammen in einem ort leben – wenn diese glückliche zeit einmahl kommt – gott gebe – bald! – dann ist es zeit – und dann besteht es nur bey ihnen; bekümmern sie sich also izt nicht darum – und seyen sie versichert, daß ich in allen sachen, wo ich weis das auch ihr glück und ihre zufriedenheit daran liegt, allzeit mein vertrauen zu ihnen – zu meinen besten vatter, und wahrsten freünd, haben werde; und ihnen alles umständlich berichten werde – wenn es bis dato bisweilen nicht geschehen ist – so ist es meine schuld alleine nicht. Der Mr Grimm sagte neulich zu mir, was soll ich den ihren vattern schreiben? – was nehmen sie denn für eine Partie? bleiben sie hier, oder gehen sie nach Mannheim? – ich konnte das lachen wircklich nicht halten. – was soll ich den izt zu Mannheim thun? – wenn ich niemahl nach Paris wäre – aber so, izt bin ich einmahl da, und muß alles anwenden, um mich fortzubringen – ja, sagte er, ich glaube schwerlich daß sie hier ihre sache gut machen können – warum? – ich sehe hier so eine menge Elende stümper, die sich fortbringen, und ich sollte es mit meinem talent nicht können? – ich versichere sie, daß ich sehr gerne zu Mannheim bin – auch dort in Diensten zu seyn sehr wünsche – allein mit Ehr und Reputation – ich muß meiner sache gewis seyn, sonst thue ich keinen schritt; – ja, ich förchte sagte er, sie sind hier nicht genug activ – sie laufen nicht genug herum – ja, sagte ich, das ist das schwerste hier für mich – übrigens konnte ich izt wegen der langen krankheit meiner Mutter, nirgends hin gehen – und 2 von meinen scolaren sind in der Campagne – und die Dritte, (den Duc de guines seine Tochter) ist in brautständen – und wird (welches mir wegen meiner Ehre kein grosser verdruß ist) nicht mehr Continuiren; verlieren thue ich nichts an ihr, denn, was mir der Duc zahlt – zahlt jedermann hier. stellen sie sich vor, derDuc de guines, wo ich alle tage kommen, und 2 stundn bleiben muste, – liess mich 24 lectionen machen, (wo man allzeit nach der 12ten zahlt), gieng in die Campagne – kam in 10 tägen zurück ohne mir etwas sagen zu lassen – wenn ich nicht aus forwitz selbst angefragt hätte, so wüste ich noch [236] nicht daß sie hier sind – und Endlich ziehte die gouvernante einen beutel heraus, und sagte mir; verzeihen sie, daß ich ihnen für diesesmahl nur 12 lectionen zahle, denn ich hab nicht geld genug – Das ist Nobl! und zählte mir 3 louisd'or her – und sezte hinzu – ich hoffe sie werden zufrieden seyn – wo nicht, so bitte ich sie mir es zu sagen – Der Mr Le duc hatte also keine Ehre im leib – und dachte das ist ein junger mensch, und nebst diesen ein dummer teutscher – wie alle franzosen von die teutschen sprechen – der wird also gar froh darum seyn – Der dumme teutsche war aber nicht froh darum – sondern nahme es nicht an – er wollte mir also für 2 stundn eine stunde zahlen – und dieß ausegard, weil er schon 4 Monath ein Concert auf die flöte und harpfe von mir hat, welches er mir noch nicht bezahlt hat – ich warte also nur bis die hochzeit vorbey ist, dann gehe ich zur gouvernante und begehre mein geld. was mir den grösten verdruß hier macht, ist, daß die dummen franzosen glauben ich seye noch sieben jahr alt weil sie mich in diesem alter gesehen haben – Das ist gewis wahr. Die Mad: d'Epinai hat es mir in allem Ernst gesagt – man tractirt mich hier also als einen anfänger – ausgenommen die leute von der Musique die denken anderst; übrigens macht halt die menge alles aus. Nach diesen Discours mit dengrimm gieng ich gleich den andern tag zum grafen Sückingen – Dieser war ganz meiner meynung – nemmlich daß ich noch sollte gedult haben, abwarten bis der Raff angelangt ist – welcher alles für mich thun wird – seyn möglichstes – und wenn aber dieses nicht geht – so hat sich der graf Sückingen selbst angetragen mir zu Maynz einen Platz zu verschaffen – mithin dieß ist izt meine aus-sicht; ich werde nun mein möglichstes thun, um mich hier mit scolaren fortzubringen, und so viell möglich geld zu machen – ich thue es izt in der süssen hofnung daß bald eine veränderung geschieht, denn das kann ich ihnen nicht läugnen, sondern muß es bekennen, daß ich froh bin wenn ich hier erlöset werde; denn lection zu geben ist hier kein spass – man muß sich ziemlich abmatten damit; und nimmt man nicht vielle, so macht man nicht viell geld; sie därfen nicht glauben daß es faulheit ist – nein! – sondern weil es ganz wieder meingenie, wieder meine lebensart ist – [237] sie wissen daß ich so zu sagen in der Musique stecke – daß ich den ganzen tag damit umgehe – daß ich gern speculire studiere – überlege – Nun, bin ich hier durch diese lebensart dessen behindert – ich werde freylich einige stunden frey haben, allein – die wenigen stunden werden mir mehr zum aus-rasten als zum arbeiten nothwendig seyn – wegen der opera habe ich schon in meinem vorigen meldung gethan. ich kann nicht anderst, ich muß eine grosse opera, oder gar keine schreiben; schreibe ich eine kleine, so bekomme ich wenig; (denn hier ist alles taxiert) hat sie dann das unglück den dummen franzosen nicht zu gefahlen, so ist alles gar – ich bekomme keine mehr zu schreiben, – habe wenig davon – und meine Ehre hat schaden gelitten – wenn ich aber eine grosse opera schreibe – so ist die bezahlung besser – bin in meinen sach was mich freuet – habe mehr Hofnung beyfall zu erhalten – weil man in einen grossen werck mehr gelegenheit hat sich Ehre zu machen – ich versichere daß wenn ich eine opera zu schreiben bekomme, mir gar nicht bang ist – Die sprache hat der teufel gemacht das ist wahr – und ich sehe all die schwürigkeiten die alle Compositeurs gefunden haben, gänzlich ein – aber ohngeacht dessen fühle ich mich imstande diese schwürigkeit so gut als alle andern zu übersteigen – o contraire, wenn ich mir öfters vorstelle, das es richtig ist mit meiner opera, so empfinde ich ein ganzes feuer in meinem leibe, und zittern auf hände und füsse für begierde den franzosen immer mehr die teutschen kennen – schätzen und fürchten zu lernen; warum giebt man denn keinem franzosen eine grosse opera? – warum müssen es denn fremde seyn? – Das unaus-stehlichste dabey würden mir die sänger seyn – Nu, ich bin bereit – ich fange keine händel an – fodert mañ mich aber heraus, so werde ich mich zu defendiren wissen – wenn es aber ohne Duell ablauft, so ist es mir lieber – denn ich Rauffe mich nicht gern mit zwergen. gott gebe es daß bald eine veränderung geschieht! – unterdessen wird es an meinem fleiß, mühe und arbeit gewis nicht fehlen; auf den winter, wenn alles von dem lande hereinkommt, habe ich meine hofnung – unterdessen leben sie recht wohl – und haben sie mich immer lieb – Das herz [238] lacht mir wenn ich auf den glücklichen tag denke wo ich wieder das vergnügen haben werde sie zu sehen und von ganzem herzen zu umarmen; Adieu. ich küsse ihnen 100000 mahl die hände, und meine schwester umarme ich brüderlich; und bin dero gehorsamster sohn

Wolfgang Amadè Mozart2


*Vorgestern schrieb mir mein lieber Freund Weber unter anderm, daß es gleich den andern Tag nach der Ankunft des Churfürsten publicirt wurde, daß der Churfürst seine Residenz zu München nehmen wird, welche Botschaft für ganz Mannheim ein Donnerschlag war, und die Freude welche die Einwohner des Tags vorher durch eine allgemeine Illumination an den Tag legten, so zu sagen, gänzlich wieder auslöschte. Dieses wurde auch der ganzen Hofmusik kund gethan, mit dem Beisatze, daß Jedem freisteht, dem Hofstaat nach München zu folgen oder – doch mit Beibehalt des nämlichen Salarii – zu Mannheim zu verbleiben; und in 14 Tagen soll jeder seinen Entschluß schriftlich und sigilirt dem Intendanten übergeben. Der Weber, welcher, wie Sie wissen, gewiß in den traurigsten Umständen ist, übergab solches: Bei meinen zerrütteten Umständen bin, so sehnlichst ich es auch wünsche, nicht im Stande, gnädigster Herrschaft nach München zu folgen. Bevor dies geschah war eine große Academie bei Hofe und da mußte die arme Weberin den Arm ihrer Feinde empfinden: sie sang diesmal nicht! Wer Ursach davon ist weiß man nicht. Nach der Hand war aber eine Academie bei Hrn. v. Gemmingen, Graf Seeau war auch dabei. Sie sang 2 Arien von mir und hatte das Glück trotz den welschen Hundsfüttern zu gefallen. Diese infamen Cujone sprengen noch immer aus, daß sie im Singen zurückginge. Der Cannabich aber als die Arien geendigt waren, sagte zu ihr: Mademoiselle, ich wünsche daß Sie auf diese Art noch immer mehr zurückgehen möchten! Morgen werde ich Hrn. Mozart schreiben und es ihm anrühmen. – Nun, die Hauptsache ist halt, daß wenn der Krieg nicht schon ausgebrochen wäre, der Hof sich nach München gezogen hätte, – Graf Seeau, der die Weberin absolument[239] haben will, alles angewendet hätte daß sie mitkommen kann, und folglich Hoffnung gewesen wäre daß die ganze Familie in bessere Umstände gesetzt würde. Nun ist aber alles wieder still wegen der Münchener Reise und die armen Leute können wieder lange herwarten, und ihre Schulden werden alle Tage beträchtlicher. Wenn ich ihnen nur helfen könnte! Liebster Vater! ich recommandire sie Ihnen von ganzem Herzen. Wenn sie unterdessen nur auf etliche Jahre 1000 Fl. zu genießen hätten!

Fußnoten

1 Aufschlüsse gibt der vorhergehende Brief an Fridolin Weber.


2 Antwort des Vaters: 13. und 27. August.


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 1. München/ Leipzig 1914, S. 240.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Hume, David

Dialoge über die natürliche Religion

Dialoge über die natürliche Religion

Demea, ein orthodox Gläubiger, der Skeptiker Philo und der Deist Cleanthes diskutieren den physiko-teleologischen Gottesbeweis, also die Frage, ob aus der Existenz von Ordnung und Zweck in der Welt auf einen intelligenten Schöpfer oder Baumeister zu schließen ist.

88 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.

424 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon