303. [an die Tochter in St. Gilgen]

[297] München, den 2ten febr. 1785


Den 28ten bin um 7 uhr abgereist und bin um halb 8 uhr in Wasserburg eingetroffen. Samstags um halb 6 uhr in Wasserburg in den Wagen gesessen und um 1 uhr zum Mittagessen in München angekommen. Ich befinde mich gesund und wohl, Gott sey Dank! DieOpera1 ist im ganzen genommen schön. Die Musik nichts so ausserordentliches = allein die Veränderung, viele, und ganz ausserordentliche der Scenen sind das herrlichste, was man sehen kann. Bologna, der sich euch sonderheitlich empfehlt und Mme Le Brun (die sich gleich um dein Wohlseyn erkundigt) spielen, und [297] letztere sonderheitlich singt vortreflich. Ich werde mit dem Heinrich vermuthlich schon am faschingsontag mit der Post in H. Marchands chaise nach Wien abreisen, um am Freytag den 11 febr. bey deines Bruders Concert in Wien zu seyn, weil hier einen Brief deswegen von ihm erhielt. Den 5ten wird H. Le Brun und seine Frau nach Wien uns nachfolgen. Da die Marchandischen mich erst am Samstag Abends erwarteten, ich aber nach 1 uhr unverhoft ins Zimmer tratt und schrie: ich möchte auch etwas zu essen haben, so könnt ihr euch leicht vorstellen, wie alle zusammenfuhren, auf sprangen, und vor freuden und Küssen mich fast zertrückten. Sie küssen euch beyde alle Millionmahl, wie auch die Brochardischen, und sonderheitlich das Hanchen; und glaubten, ihr würdet auch hieher kommen.

Die Opera schlüsst mit einem Furien Ballet, mit den feuerfackeln da Armida im Zauberwagen in die Luft fährt, dann ein feuerregen vom Himmel fallt, und das ganze Scenarium auf beyden Seiten einstürzt. Eine Stunde nach der Opera sahe man feuer im Theater, und eben noch zur rechten Zeit, dann es brannten über 10 Furientanzkleider, die zum Glück in derquardarobba an der Mauerwand hiengen; folglich entdeckte das schnelle helle Feuer die Brunst, da es noch frühe war, und noch Leute um die Weege waren. man vermuthet, daß in einem dieser Kleider etwas brennendes stecken geblieben. – heute ist eine neue Operetta der Bettel student2; – und in Salzburg, glaube, wird am Freytag, da du dieses liesest, die Entführung aufgeführt werden, wovon du mir seiner Zeit, wie hoffe nach Wien, nachricht geben wirst. Die Adresse an mich nach Wien: in der Schüllerstrasse No. 846, im ersten Stock. – morgen speise ich und H: Marchand bey H. Cañabich. – und am Samstag speise ich bey Mdme Antoine. Mr und Mdme Tavernier empfehlen sich. – Nun komme aus der Operette die recht gut war. [...]

Fußnoten

1 Wohl A. Pratis »Armida abbandonata«.


2 von P. v. Winter?

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 4. München/ Leipzig 1914, S. 297-298.
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