Scharnhorst

[95] Scharnhorst, 1) Gebhard David von S., geb. 10. November 1756 zu Hämelsee in Hannover; sein Vater, ein Gutspächter, kam durch einen Proceß in den Besitz des Gutes Bordenau, u. S. wurde nun 1772 in die Kriegsschule im Fort Wilhelmstein aufgenommen; 1776 wurde er Fähndrich, 1780 Artillerielieutenant u. Lehrer an der Kriegsschule zu Hannover u. 1792 Hauptmann, machte seit 1793 den Krieg gegen Frankreich mit, leistete 1794 dem General Hammerstein bei Vertheidigung von Menin die wesentlichsten Dienste u. ward später Major u. 1796 Oberstlieutenant. Durch den Herzog von Braunschweig kam er 1801 in preußische Dienste, wurde 1803 Quartiermeister beim Generalstab, 1804 Oberst u. nobilitirt; er machte 1806 die Schlacht bei Auerstädt mit, ging dann mit dem Blücherschen Corps als Generalstabschef nach Lübeck, wo er in französische Gefangenschaft fiel, aber bald wieder ausgelöst wurde, wohnte der Schlacht bei Eylau bei u. wurde Generalmajor. In den Jahren 1807–10 stand er dem Kriegsdepartement vor, u. seiner Thätigkeit u. Umsicht ist die treffliche Einrichtung der preußischen Armee damals zuzuschreiben, vornämlich trug er durch das Krümpersystem (s.u. Krümper 2) viel dazu bei eine möglichst große Anzahl Krieger unbemerkt in den Waffen zu üben u. bereitete so die Reserveregimenter u. die Landwehr vor. Auch auf die bessere Ausbildung der Offiziere hatte er wesentlichen Einfluß. 1810 nahm er der Franzosen wegen seinen Abschied, leitete aber die militärischen Angelegenheiten Preußens auch ferner. Im Frühjahr 1813 wurde er Generallieutenant u. Chef vom Generalstabe Blüchers. Bei Großgörschen erhielt er durch eine Kartätschenkugel am Fuß eine Wunde, welche er, wegen einer diplomatischen Reise nach Prag u. Wien, vernachlässigte u. woran er 28. Juni 1813 in Prag starb. Er schr.: Handbuch der Kriegswissenschaften, Hannover 1787–89, 3 Bde., u. Aufl. von Hoyer, 1817–20, 4 Bde.; Taschenbuch für Offiziere, Hannov. 1794, 4. Aufl. ebd. 1816; Militärisches Journal, ebd. 1788–1805; Militärische Denkwürdigkeiten, 1797–1805, 5 Bde.; Über die Wirkung des Feuergewehrs, Lpz. 1813. Auch machte er die Erfindung Fernröhre mit Mikrometern für den Kriegsgebrauch einzurichten. Sein marmornes Standbild von Rauch ist seit 1822 in Berlin vor der Hauptwache aufgestellt. Vgl. von Boyen, Beiträge zur Kenntniß des Generals von S., Berl. 1833; Clausewitz, Über das Leben u. den Charakter von S., Hamb. 1832; Schmidt-Weißenfels, S., Lpz. 1859. 2) Wilhelm von S., ältester Sohn des Vor., geb. 1786 in Hannover, studirte von 1803 an in Halle, Göttingen u. Frankfurt a.d. O. Rechtswissenschaften u. widmete sich dann auch cameralistischen Studien; 1809 trat er in ein preußisches Husarenregiment ein, nahm dann in der Artillerie der Englisch-deutschen Legion Dienste u. machte 1811 u. 12 den Krieg auf der Pyrenäischen Halbinsel mit. 1813 kehrte er nach Deutschland zurück u. wurde dem Generalstabe der Schlesischen Armee zugetheilt, zeichnete sich namentlich bei Champaubert aus, focht 1814 in der Englisch-deutschen Legion, welche damals in den Niederlanden stand, u. 1815 wieder im preußischen Heere bei Ligny u. Waterloo. Nach dem Frieden diente er im Generalstabe des 8. Armeecorps in Coblenz, von 1824–28 im Generalstabe des Prinzen August Ferdinand von Preußen in Berlin, machte dann eine Reise nach Griechenland u. nahm bald darauf im Hauptquartier des Prinzen Friedrich der Niederlande Theil an dem Kriege zwischen Holland u. Belgien. 1832 begleitete er den Prinzen Adalbert von Preußen nach England, erhielt darauf als Oberst den Befehl über die 3. Artilleriebrigade in Magdeburg u. wurde, nachdem er kurze Zeit dem großen Generalstabe der Armee zugetheilt gewesen war, zum Artillerieinspecteur von Stettin u. Coblenz ernannt. Im Feldzuge 1849 gegen die badischen Insurgenten befehligte er die Artillerie u. wurde nach der Übergabe von Rastadt Gouverneur dieser Festung. 1850 nahm er den Abschied, um fortan in Berlin zu leben, u.st. am 13. Juni 1854 in Bad Ems.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 95.
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