Blau

1. Wir sollen alles nur blau, blau lassen. (Holl.)

Unter der statthalterschaftlichen Regierung soll der Vorschlag gemacht worden sein, den Soldaten statt der bisherigen blauen, weisse Dienstkleidung zu geben. Da es aber bei näherer Untersuchung nicht als vortheilhaft erschienen ist, so soll der Prinz gesagt haben: »Wir werden alles nur blau, blau lassen.« Seitdem Sprichwort, um zu sagen, dass man etwas lassen wolle, wie es ist.


*2. Blau machen.Frommann, III, 355.

Sagen die Handwerksburschen, wenn sie Montags nicht arbeiten. (S. Montag.) Eiselein sagt: »Blau Feuer = heilig Feuer; einen Tag blau machen = ihn heiligen oder feiern.« (Eiselein, 82.)


*3. Blaw wie der hymel.Agricola, 601; Campen, 74; Latendorf, 142.

Eigentlich blos eine veranschaulichende Vergleichung ohne alles Sprichwörtliche und hier nur deshalb mit aufgeführt, weil sie der deutsche Sprichwörter-Erzvater Agricola in seiner Sammlung hat, was auch von andern dergleichen Redensarten, z.B.: Aber doch! (s. Aber 12, Agricola I, 349) gilt.


*4. Einen blau anlaufen lassen.Wurzbach II, 34.

Ihn betrügen, belügen, zum besten haben, ihm einen blauen Dunst vormachen.

Lat.: Fumos vendere. (Erasm., 930.)


*5. So blaw wie ein blaw tuch.Agricola, 617; Campen, 74; Latendorf, 105.


*6. Wenn er sagt blau, so sagt sie grau.


[Zusätze und Ergänzungen]

zu3.

Holl.: Hij is zoo blaauu, als een blaauve Dock. (Harrebomée, I, 140.) – Het is zoo blaauu als lazuur. (Harrebomée, II, 11.)


[1010] zu6.

Jüdisch-deutsch: Wenn er sagt Borchu, sagt Kahel Jisbörech. (Tendlau, 599.)


7. Blau und Grün tragen die Narren zu Wien.


8. Blo u rot as Bauernmot.Dicks, I, 6.


9. Läwer blô, wä nit dô. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 53.

Es gibt mehrere Grasarten, deren Samen, wenn sie sich häufig in der Frucht finden, wie dies besonders in regenreichen, üppig fruchtbaren Jahren der Fall zu sein scheint, pflegt dem Mehl eine bläuliche Farbe zu verleihen, worauf sich das Sprichwort bezieht.


10. So manches Blau, also mancher Mann und keiner mehr. (S. Wunde 89 u. 90.) Graf, 306, 155.

Mit Bezug auf Beurtheilung der Strafbarkeit von Körperverletzungen. Es wurde untersucht, ob die Wunde offen und Blut geflossen war, ob sie blos aus einer Blutrunst bestand, oder ob sie nur blau, aber nicht blutend war. – In Lübeck: Also mennig blaw also mennig man unde nenen mer. (Hach, Lübecksches Recht, S. 540.)


11. So manches Blau so manches Blut da ist, also manchen Mann mag man beklagen.Graf, 306, 156.

In Lübeck: Also mennig blau unde blot dar is, also mennig mag me berlaghen. (Hach, 447.)


*12. Einen blau anlaufen lassen.

Ihn belügen.


*13. Hä ess blo.

In Brandenburg. Mangel und Noth geben ihm ein elendes Aussehen.

Dän.: Gid du bliver blaa, för du blives sand paa. (Prov. dan., 72.)


*14. Ja, blau sind's g'wesen. (Niederösterr.)

Diese Redensart gebrauchen viele gegen einen streitsüchtigen Menschen, der immer recht haben will, und doch nicht recht hat, um seiner los zu werden, und gleichzeitig auszudrücken, dass sie seine Ansichten nicht theilen.


*15. So bla as 'ne Wiewelse.1 (Grafsch. Mark.) – Frommann, V, 57, 17.

1) Wahrscheinlich der grosse Mist- oder Pferdekäfer.


*16. So blâg as 'ne Tremms.1Schiller, II, 32a.

Von einem Dinge, das ausserordentlich und ungewöhnlich blass ist.

1) Einer der vielen provinziellen Namen der Kornblume (Centaurea Cyanus).


*17. So blau.

In Brandenburg, besonders in Berlin, um zu sagen: So dumm (s.d.) sollte ich sein!

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 5. Leipzig 1880, Sp. 1010-1011.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:

Buchempfehlung

Aischylos

Die Orestie. Agamemnon / Die Grabspenderinnen / Die Eumeniden

Die Orestie. Agamemnon / Die Grabspenderinnen / Die Eumeniden

Der aus Troja zurückgekehrte Agamemnon wird ermordet. Seine Gattin hat ihn mit seinem Vetter betrogen. Orestes, Sohn des Agamemnon, nimmt blutige Rache an den Mördern seines Vaters. Die Orestie, die Aischylos kurz vor seinem Tod abschloss, ist die einzige vollständig erhaltene Tragödientrilogie und damit einzigartiger Beleg übergreifender dramaturgischer Einheit im griechischen Drama.

114 Seiten, 4.30 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.

468 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon