Scheinrecht

Scheinrecht – Keinrecht.

Unter Scheinrecht versteht man Bestimmungen, welche die Form des Rechts tragen, ohne ein wirkliches Recht zu gewähren, etwa wie Friedrich der Grosse einen zudringlichen Bittsteller zum Rath ernannte, mit der Bedingung, es niemand zu sagen. In mittelalterlichen Rechtsbüchern ist das Scheinrecht verschieden eingekleidet. Auf die Frage, wo einer, der rechtlos erklärt ist, Friede (Rechtsschutz) holen solle, antworten die Schöffen: »Wo man ihn weder hört noch sieht.« Der häufigste Fall des Scheinrechts im Mittelalter ist die Scheinbusse, die rechtlosen Leuten gewährt wird, die in einzelnen Fällen sogar im buchstäblichen Sinne des Worts nur ein Schein ist. Gedungene Kämpen und deren Kinder nämlich erhalten als Busse das Blinken eines Schildes gegen die Sonne; Spielleuten und allen, die sich selbst zu eigen gegeben, gibt man als Busse den Schatten eines Mannes. Einem Herrn, dem das Recht auf Herberge und Verpflegung nicht zustand, musste wenigstens ein Stecken, um sein Pferd anzubinden, ein Stuhl zum Sitzen, ein gedeckter Tisch mit leerem Geschirr und etwas Salz geliefert werden. In das Scheinrecht gehört auch das sogenannte Sonnenlehn, bei dem Gott oder die Sonne als Lehnsherr gedacht wurde. (Vgl. Gierke, Humor im deutschen Recht.)

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 4. Leipzig 1876, Sp. 121.
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