Scena VI.

[186] Demetrius, hernach Eudocia.


DEMETRIUS gehet allein auff. Nun habe ich warlich grossen Fueg vnd Vrsachen mich für den allerglückseligsten Menschen dieser Welt zu schetzen / nach deme mir alle meine Anschläge vnnd Vornehmen so wol vnd glücklich / ja nach meines Hertzen Sinn / Wunsch vnd Willen außgehen / also daß ich gewißlich gleube / es habe nunmehr der grosse Raht der vnsterblichen Götter gentzlich beschlossen / mir in allen dingen jhre Hülffe vnd Beystandt zu leisten. Ach was habe ich doch hiebevohr übergrosse Schmertzen vnd ängstliche Traurigkeit eine geraume Zeit erlitten vnd außgestanden! Ach mit was hefftiger Begierde habe ich die Huldt vnnd Freundtschafft / der allerschönsten vnd tugendtreichsten Jungfrawen Eudociæ gesuchet? Bin aber (lob sey den gühtigsten Göttern) so glückselig / daz ich das jenige / was ich so hefftig begehret / endtlich noch habe erlanget. Dieses mein grosses vnd vnermeßliche glück begere ich vmb keine Schätze Reichtumb noch herrligkeit dieser Welt zuvertauschen / habe dannenhero jetzt genugsahm Vrsache / alles Trawren / Sorge / Melancholey vnd Bekümmernüsse gentzlich fahren zu lassen / alldieweill ich gewißlich versichert / daß mich die allerschönste / züchtigste vnd tugendtreichste Weibespersohn / vnter allen so jemahls gelebet / jtzo leben / vnd in künftiger Zeit leben werden / hertzgründtlich liebet / wünsche auch endtlich nichtes so sehr / alß daß ich den frölichen Tag erleben müge / an welchem ich solcher ohngeferbten Liebe vollenkömlich möchte geniessen. [187] Eudocia gehet ein. Aber was sehen meine Augen dort für ein güldenen Sonnenschein hervor leuchten / was für ein glentzender Thresor erfrewet mein Leib vnnd Seel / Er gehet zu jhr / vnd ümbfehet sie. Ach ausserwehltes Lieb / allerhöchster Schatz / Auffenthalt meines Lebens / süsser Tranck meiner Seelen / seyd mir zu hundert tausend mahlen willkommen / ach wie thut jhr mich mit ewrer lieblichen Præsentz so hertzlich erfrewen.

EUDOCIA. Durchleuchtigster Printz / gnedigster Herr / ob ich zwahr wol bey mir selber gnugsahm kan erkennen / wie ich so gahr zu schlecht vnd gering bin / E[wer] Durchleuchtigkeit gebührende Ehrendienste zu erweisen / jedoch so bezwinget mich die sonst vnbezwingliche Krafft / so auch über die grimmigsten Thiere herschet / nemblich die fewrige Liebe / daß ich mich nicht schewe / (ohnangesehen es mir von den bößhafften Verleumbderen zum ärgesten möchte gedeutet werden) auff E[wer] Durchleuchtigkeit allergnedigstes begehren an diesem Ohrte zuerscheinen / vnterthänigst bittend / dieselbe wolle mich jhrer hochberühmten Leutsehligkeit nach / in Jhre Fürstliche Favor, Gnade vnd Huld auff vnnd annehmen.

DEMETRIUS. Allerschönstes Bildt / ausserwehlter Schatz meines Lebens / wie dörffet jhr doch meiner Liebe / Hulde vnd Gnade begehren / alß welche ihr vorlengst zu euch gerissen / ja mit ewrem Hertzen vereiniget haben / vielmehr habe ich gantz demühtiglich zu bitten / jhr wollet mich ewren getrewsten Diener zeit meines Lebens nur seyn vnnd bleiben lassen / denn ich euch versichere / wenn jhr mich ewrer Liebe vnd Freundtschafft würdigen werdet / ich mich alßdenn den allerglückseligsten Chevallier der Welt mit gutem Grunde kan rühmen vnd preisen.

EUDOCIA. Durchleuchtigster Printz / allerliebstes Hertz / wie könte oder möchte ich doch einer so hohen / vnd mit den[188] allerfürtrefflichsten Gaben / so wol des Leibes alß des Gemühtes hochgezierten Persohnen meine Liebe vnd Freundtschafft versagen / vielmehr habe ich den vnsterblichen Götteren ewiges Lob / preiß vnd danck zusagen / daß sie das Hertze vnnd Gemühte eines so hochberühmbten Printzens mir zugewendet / daß er auch vnter so viel Königlichen / Fürstlichen vnd überauß schönen Dahmen / eintzig vnd allein mich schlechtes Junckfrewlein hat erwehlet. Diesem allem nach / thue ich nun hiemit E[wer] Durchleuchtigkeit mein getrewestes Hertz vnterthänigst offeriren vnd darher reichen / demühtigst bittendt / dasselbe dergestalt zu tractiren, alß dieselbe vermeinen wird / das es jhrer Hocheit wol vnd rühmlich anstehe vnd gebühre.

DEMETRIUS. Allerschönste Creatur / außerwehlte Krohn meines Hertzens / vnmüglich ist es mir jenigem Menschen erkennen zugeben / wie hefftig vnd geschwinde diese ewre liebreiche vnnd über alle masse anmuhtige Worte mir alles mein Geblühte erreget / in deme jhr mir ein so köstliches vnnd theurbahres Geschencke / nemblich ewer Hertze habet præsentiret vnd übergeben / zweifelt nicht allerliebste / daß ich selbiges nicht allein / fleissiger vnd trewlicher alß mein eigens / will in acht zunehmen wissen / besonderen auch in Fall der Noht mein Leben davor gantz willig auffzuopfferen / zum Zeichen aller solcher hertzgründtlichen affection vnnd vngefelscheten Liebe / nehmet an von mir diß zwahr geringschätzige aber doch auß einem rechtschaffenen Gemühte herfliessendes Geschencklein / Nimbt eine Ketten von seinem Halse / vnd henget sie der Eudociæ an. welches so offt jhr es ansehet / so erinnert euch ewres allergetrewsten Liebhabers / alß der sich hiemit verpflichtet / euch bestendiglich biß in so den Todt zu dienen.

EUDOCIA. Durchleuchtigster Printz / allerliebstes Hertz / kein angenehmers vnd wolgefelligers Geschenck ist mir Zeit meines Lebens zu handen gestellet worden / angesehen[189] es von dem jenigen herrühret deme ich mein Junckfreuliches Hertze in Liebe vnd Trewe gentzlich ergeben / bitte demnach vnterthänigst / Ewer Durchleuchtigkeit wolle auch von mir Ziehet ein Kleinot auß dem Busem. dieses geringe vnd schlechtes / doch auß guter Wollmeinunge herrührendes Kleinoht / daß ich jederzeit auff meinem Hertzen getragen / allergnedigst auff vnd annehmen / vnd jhr dasselbe wolgefallen lassen.

DEMETRIUS. O Des angenehmen Kleinohts / O der thewrbahren Gabe! O des herrlichen vnnd köstlichen Geschenckes! Wie könte oder möchte mir doch immermehr grössere vnnd gefelligere Freundtschafft wiederfahren. Er küsset sie. Jch will selbige Zeit meines Lebens mit meinen getrewesten Diensten danckbahrlich zu erkennen wissen.

EUDOCIA. Ach gnedigster Herr / allerliebster Schatz / E[wer] Durchleuchtigkeit wollen doch dieses gahr geringes vnd vnansehnliches præsent also nicht erhöhen; Ob ich nun zwahr mich wol zu erinneren weiß / daß E[wer] D[urchleuchtigkeit] mit einem viel stahtlichern vnd einer so hohen Fürstlichen Persohnen wol geziehmenden Geschencke / billich von mir solte verehret werden / Nun fehet man an etwas sanfft in der Scena zu blasen / alse wolte der König auffgehen. so zweiffele ich doch nicht / es werde sich Ewer Durchleuchtigkeit auch dieses geringe wolgefallen lassen / in betrachtung solches auß einem getrewen Hertzen vnd Gemühte herrühret. Aber was höre ich / was mag doch immermehr das Blasen bedeuten?

DEMETRIUS. Ach allerliebstes Hertz / ausserwehltes Lieb / dieses vnsehlige Blasen wird eine gewisse Anzeigung seyn / daß wir schleunig werden von einander scheiden müssen. Ach der kurtzen Zeit! Ach der flüchtigen Stunde! Ach des betrübten Scheidens! Ohne allen zweiffel ist mein Herr Vater sampt seinen Rähten vorhanden.[190]

EUDOCIA. O / wehe mir / wehe mir! Ach möchte ich nur noch eine eintzige Stunde bey E[wer] D[urchleuchtigkeit] verbleiben! O Zeit wie fleugstu schnel dahin! O Ou verfluchtes Glück / daß du liebhabende Hertzen bey einander fügest / vnd benimbst jhnen hernachmahlß Zeit vnd Gelegenheit / jhre höchste Geheimnüssen gnugsahm zu offenbahren.

DEMETRIUS. Ach ja / Allerliebste / billich / billich haben wir vns deßwegen zubeklagen / aber ohnmüglich ist es vns solche grosse Vngelegenheit zuenderen. Nun Adieu mein außerwehltes Hertz / mein Leben / meine Sonne / meine Frewde vnd Wonne / O jhr Götter helffet vns baldt wiederumb zusammen.

EUDOCIA. Adieu Durchleuchtigster Printz / Adieu mein edelster Ritter / mein einiger Schatz / meine Hoffnung vnd Trost / Adieu es muß geschieden seyn.


Sie gehen ab / jedoch durch vnterschiedliche Thüren.


Quelle:
Johann Rist: Sämtliche Werke. Berlin und New York 1972, S. 186-191.
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