Rede Gustav Adolfs vor Ingolstadt

[147] am 20. April 1632.


»Der unverhoffte Tod, das ritterliche Sterben,

Dadurch der theure Prinz von Baden thut erwerben

Ein Lob, das nimmer stirbt, der Ewigkeit Gewinn,

Das lehret mich, daß ich auch selber sterblich bin.

Schau' ich die Kugel an, die Kugel, so noch glimmet,

Die Kugel, so das Pferd gleich unter mir wegnimmet

Und mich zu Boden legt, so denk ich schnell daran,

Daß nichts auf Erden sei, das mich befreien kan.1[147]

Es weiß der Würger ja so leicht mich zu bezwingen

Und ja so ring' und bald ins finstre Grab zu bringen,

Als den geringsten Knecht, der kriegrisch zwar geziert

In meinem Dienst' ein Schwert, Musket und Lanzen führt.

Das ist der alte Bund, das Wollen und Belieben

Des Höchsten; denn er hat an alles Fleisch geschrieben,

Daß nämlich keiner nicht, er sei auch was er wol',

Herr, Kaiser oder Knecht, dem Tod entfliehen sol.

Ob ich von Königen und Fürsten gleich erzeuget

So mächtig bin, daß mir ganz Schwedenreich sich neiget,

Ob ich gleich manchen Sieg erhalten durch mein Schwert,

So muß ich dennoch fort, wann mein der Herr begehrt.

Wolan, geliebt es denn des Allerhöchsten Willen,

Der Widersacher Neid durch meinen Tod zu stillen,

So steh' ich ihm bereit, ihm hab' ichs heimgestellt,

Er schaffe nur mit mir das was ihm wol gefällt.

Muß ich gleich diese Welt gesegnen und verlassen,

Laß immer sein, ich wil mir doch die Hoffnung fassen,

Daß Gott an meine Statt wird ordnen einen Mann,

Der besser noch als ich die Waffen führen kan.

Seht dieses hie mein Schwert, das ich zu eurem Nützen

Gebrauchet, Land und Leut vor fremder Macht zu schützen,

Zu heilen eure Not, zu wagen Leib und Blut,

Zu finden Fried' und Ruh', das allerhöchste Gut,

Das hie auf Erden ist. Vielleicht wird Gott erwählen

Ein anders treues Herz und ihm nach mir befehlen

Die schwere Kriegeslast, ein Herze, das mit Treu

Und mehrer Tapferkeit als ich versehen sei.

Es ist dem Herren leicht, solch einen Held zu senden,

Sein Werk, das gleichwol groß und wichtig ist, zu enden;

Ihm mangelts nie an Rat, er kan in kurzer Zeit

Zerbrechen Joch und Last der schweren Dienstbarkeit.

Ich weiß es gar zu wol, doch thut michs nicht bewegen,

Daß mir die großen Sieg' auch großen Neid erregen;

Es schelten mich sehr viel, ja, sagen ohne Scheu,

Daß ich nur, Land und Leut zu plündern, kommen sei.

Dieß leid ich ohne Schuld. Euch ruf' ich an zu Zeugen,

Ihr teutsche Fürsten ihr, die ihr euch mustet beugen[148]

Und arme Schlaven sein, hat euch nicht ohnverletzt

Der Höchste durch mein Schwert schnell wiedrum eingesetzt

In den verlornen Stand, Gut, Namen, Städt' und Länder?

Was schmähen mich denn noch die groben Ehrenschänder,

Sie hättens ja vielleicht wol nimmermehr gedacht,

Daß ich in kurzem so viel Schulden hie gemacht.

Noch wolt ich keine Beut aus euren Ländern holen,

Nur bloß der Armen Schar, der alles war gestolen,

Der wolt ich Hülfe thun; dieß bleibt annoch mein Ziel,

Wobei ich, hilft mir Gott, auch treulich helfen wil.

Was sag ich? Hab' ich nit mein großes Land verlassen,

Nicht daß ich etwa thät' aus Stolz und Hochmut hassen

Mein anererbtes Reich, es ist für euch geschehn,

Ihr Teutsche, euch in Not und Unglück beizustehn.

Die mancherlei Gefahr, die ich in diesen Landen

Von Anbeginn bis nun hab' oftmals überstanden,

Ja, diese Stunde noch, da ich zu Bodem fiel,

Laßt meine Zeugen sein, ob ich hie rauben wil.

Ihr Helden, gläubt mir das, ich führe diese Waffen,

Euch feste Sicherheit vor fremder Macht zu schaffen,

Damit ich Fried' erring' und freien Stand zugleich

Und zähme durch mein Schwert das Haus von Oesterreich.«

Fußnoten

1 »Herliche und vortreffliche Rede Gustav Adolf des Großen an die anwesende Fürsten, Herren und Obristen, als J.K. Maj. von Schweden der hochlöbl. Fürst Marggraf Christoph von Baden an der Seiten Ihrer Maj. Pferd deroselben unter dem Leibe wurde erschossen.«

Rist.


Quelle:
Johann Rist: Dichtungen, Leipzig 1885, S. 147-149.
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