16. Im Namen des regierenden Grafen zu Ebersdorf, bey dessen Verlobung mit des Autoris Freundin

[43] 1721.


Wie dank ichs meinem Jonathan1

Der mich hieher geführet,

Und der noch kaum begreiffen kan

Was er dabey verlieret;


Wie dank ichs aber noch vielmehr

Der holden Theodoren,

Die mich auf sehnliches Begehr,

Zum Bräutigam erkoren.


Am meisten lob und preise ich

Den Leitstern aller Dinge,

Der nicht von meinen Wegen wich,

Bis ich sie wohl vollbringe.


Ich lobe Deinen Wunder-Rath,

Du Vater aller Gabe!

Der mir so bald gegeben hat

Was ich gebeten habe.


Hast Du nun dieses Liebes-Band

Mit eigner Hand gebunden,

Gib daß es einst in Deiner Hand

Werd eingezeichnet funden.


Du bist ein holder Bräutigam,

Der zu der Menschen-Seele

In ihre finstre Wohnung kam,

Daß Er sich ihr vermähle.


Und also freuest Du dich noch,

Wenn Du von Treu getrieben,[43]

Zusammen spannst ins Liebes-Joch

Zwey Herzen, die Dich lieben.


Du hast mir alles leicht gemacht,

In meinen Lebens-Tagen,

Eh ich der Last recht nachgedacht,

Hast Du sie abgetragen.


Ich will von dieser Gütigkeit

Vor keinem Menschen schweigen,

Und durch die ganze Lebens-Zeit

Mein Herze zu Dir neigen.


Ach neige auch Dein Herz zu mir

Und zieh' mich in die Liebe,

Die Dich, mit brennender Begier,

Zu meiner Wohlfahrt triebe.


Gib daß ich Dir mein kleines Land

Zum Opfer übergebe,

Und meinen angebornen Stand

Auf Deinem Altar webe.


Die theure Gräfin, die Du mir

So väterlich geschenket,

Die sey o Seelen-Hirte! Dir

In Deinen Schooß versenket.


Ist dis Geschenke Dir geweiht,

Das mich so sehr vergnüget;

So werd es auf die Ewigkeit

In meine Hand gefüget.

Fußnoten

1 Womit der Verfasser gemeynt ist.


Quelle:
Nikolaus Ludwig von Zinzendorf: Ergänzungsbände zu den Hauptschriften, Band 2, Hildesheim 1964, S. 43-44.
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