[375] Drey und vierzigstes Schreiben.

Relation von den vornehmsten Kirchen und andern geistlichen Gebäuden der Stadt Florenz.

Man zählet in Florenz über hundert und funfzig Kirchen, sieben und achtzig Klöster und zwey und zwanzig Hospitäler. Rand rechts: Anzahl der Kirchen. Unter einer so großen Menge geistlicher Gebäude kann es in hiesigem Lande nicht fehlen, daß nicht viele davon wegen mancherley Merkwürdigkeiten verdienen sollten, von einem Reisenden besehen zu werden.

Den Anfang dazu machet man billig von der Domkirche, welche den Namen von S. Maria del Fiore führet. Rand rechts: Domkirche. Größe derselben. Solche ist anderthalb mal so groß als die Kirche St. Pauli zu[375] London1, und erstreckt sich nach des Raffaellodel BRUNE Berichte ihre Länge auf zweyhundert und sechs und sechszig hiesige braccia, die Breite der Tribune oder des Kreuzes aufhundert und sechs und siebenzig, und der drey Navate oder navium zusammen auf ein und siebenzig. Die Höhe vom Fußboden bis an den Schluß der Cuppola beträgt hundert und neunzig braccia, und bis an den Gipfel des darauf stehenden Kreuzes in allen zweyhundert und zwey. Der ganze Umfang des Gebäudes wird auf zwölfhundert und achtzig braccia gerechnet.

Diese Kirche ist um das Jahr 1294 unter dem Baumeister Arnulpho di Cambio, einem Lehrlinge des Cimabue angefangen, und gegen das Jahr 1445 unter der Aufsicht Philippi Brunateschi geendiget worden. Sie ist allenthalben mit Marmor überkleidet, das Portal ausgenommen, dem es noch am gehörigen Prachte mangelt. Indessen hat man esim Jahre 1688 bey der Heimführung der Großprinzeßinn Violanta Beatrix mit Gemälden, die das im Jahre 1439 in dieser Kirche gehaltene Concilium betreffen, gezieret.

Auf der Seite nach der Servitenstraße ist über einer Thüre, welche Bildhauerarbeit hat, die Verkündigung Mariä groß und schön aus mosaischer Arbeit oderOpere Musivo, so die Alten Lithostratum nennten, zu bemerken. Rand links: Alte mosaische Arbeit. Es ist solche vom Domenico Ghirlandaio verfertiget, und von einer andern Annunciata des Gaddo Gaddi von gleicher Arbeit inwendig über dem Haupteingange der Kirche zu unterscheiden.

Die große und treffliche Cuppola ist achteckig und vom Philippo di Ser Brunealesche aufgeführet. Rand links: Cuppola. Jede von ihren Seiten hält fünf und siebenzig Fuß in der Breite. Mich. Buonarota soll dafür gehalten haben, es sey unmöglich, noch eine ihres gleichen zu machen; allein es ist kein Zweifel, daß er selbst sie in der Cuppola von St. Peter zu Rom (die auch der florentinischen in Ansehung der Höhe vorgeht) übertroffen habe. Frid. Zuccaro ist der Meister von den Gemälden, welche in dem obersten Theile die herrliche Freude des Himmels und an der basi der Cuppola die Quaal der Verdammten abbilden. Rand links: Gemälde. Rand links: Fehler daran. Was man dabey auszusetzen findet, sind die unanständigen und mit der Ehrbarkeit streitenden Stellungen mancher Figuren, welche der Meister nach ihrem besondern Alter und Geschlechte auf eine solche Art vorgestellet hatte, daß man verschiedenen über ihre Blöße Kleidungen malen müssen, welches abermals mit der eigentlichen Abbildung der daselbst vorgestellten Auferstehung nicht überein kömmt.

Unter der Cuppola ist das Chor, an dessen Pfeilern die Statuen der zwölf Apostel aus weißem Marmor, und von verschiedenen Künstlern bemerket werden. Das beste Stück darunter ist St. Jacob, von der Hand Jacobi Sansovini. Rand links: Statuen. Auf dem Hauptaltare stehen drey marnorne Statuen von mehr als Menschengröße, deren die eine Gott den Vater sitzend, die andern aber zu seinen Füßen den todten Leichnam Christi, so von einem Engel gehalten wird, vorstellen. Rand links: Adam und Eva. Sie sind alle drey von der geschickten Hand des Baccio Bandinelli. Hinter diesem Altare stunden ehemals die von eben diesem Meister verfertigten Statuen unserer ersten Aeltern. Bey der Eva findet man unrecht, daß sie größer als Adam gebildet ist. Wider beyde aber war einzuwenden, daß sie sich wegen ihrer zu vielen unnützen Gedanken reizenden Blöße in keine Kirche schickten. Aus dieser Ursache hat man sie endlich auch weggenommen, und in ein verschlossenes Gewölbebey der Wohnung der Canonicorum gestellt, In dem Chore ist noch eine marmorne Pietà (oder Maria mit dem todten Leichname des Heilandes),[376] als das letzte Werk, so von Mich. Angelo verfertiget und aus Rom hieher gebracht worden, nicht außer Acht zu lassen.

Rechter Hand bey dem Haupteingange der Kirche findet sich das marmorne Brustbild des berühmten Baumeisters Philipp Brunateschi, mit folgender Grabschrift: Rand rechts: Grabmaal des Brunaleschi.


Quantum PHILIPPVS Architectus arte Dædalæa valuerit, cum hujus celeberrimi templi mira testudo, tum plures machinæ divino ingenio ab eo adinventæ documento esse possunt, quapropter ob eximias sui animi dotes singularesque virtutes XV. Kal. Majus Anno MCCCCXLVI. ejus b. m. corpus in hac humo suppositum grata Patria sepeliri jussit.


Nächst dabey ist des geschickten Malers und Baumeisters Jotti oder Giotto Epitaphium zu lesen, welches Politianus in folgenden Versen verfasset hat: Rand rechts: Jotti.


Ille ego sum, per quem pictura extincta revixit,

Cui quam recta manus tam fuit & facilis.

Nataræ deerat, nostræ quod defuit arti,

Plus licuit nulli pingere nec melius.

Miraris turrim egregiam sacro ære sonantem,

Hæc quoque de modulo crevit ad astra meo.

Denique sumJOTTVS, quid opus fuit illa referre,

Hoc nomen longi carminis instar erit.

Ob. An. MCCCXXXVI. Cives pos, b. m.

M CCCCLXXXX.


Giotto war im Jahre 1276 gebohren und ein Lehrling des Giovanni Cimabue.

Auf eben dieser Seite der Kirche sieht man noch das marmorne Brustbild Marsilii Ficini mit den darunter gesetzten Worten: Rand rechts: Marsilii Ficini.


En Hospes! hic est MARSILIVS, Sophiæ Pater,

Platonicum qui dogma culpa temporum

Situ obrutum illustrans & Atticum decus

Servans Latio dedit, fores primus sacras

Divinæ aperiens mentis actus Numine

Vixit beatus ante Cosmi munere

Laurique Medicis, nunc revixit publico.

S. P. Q. F. An. MDXXI.


Mars. Ficinus, ein Mann von außerordentlich kleiner Statur, hat sich durch die Uebersetzung PLATONIS und seiner Anhänger, des PLOTINI, IAMBLICHI PSELLI, SYNESII, wie auch durch eigene Schriften einen großen Namen erworben. Er starb im Jahre 1499, im sechs und sechszigsten Jahre seines Alters.

Die Kirche hat hin und wieder viele Denkmaale ihrer Bischöfe. Wegen des allhier gehaltenen Concilii liest man bey einer Sacristey folgende Nachricht in Stein gehauen: Rand rechts: Nachricht vom Concilio Florentino.


Ad perpetuam Rei memoriam


Generali Concilio Florentlæ celebrato post longas disputationes unio Græcorum facta est in hac ipsa Ecclesia die VI. Julii MCCCCXXXIX. præsidente eidem Concilio[377] Eugenio Papa cum Latinis Episcopis & Prælatis & Imperatore Constantinopolitano cum Episcopis, Prælatis & proceribus Græcorum in copioso numero sublatisque erroribus in unam eandemque rectam sidem, quam Romana tenet Ecclesia, consenserunt.


Daß die griechische Kirche sich im Jahre 1439 mit der römischen vereiniget habe, ist offenbar falsch.

In einer zur rechten Hand befindlichen Sacristey ist die steinerne Decke zwar ein planum horizontale, so keinen runden Bogen hat, unterdessen aber ist die ganze Zusammenfügung der Quadersteine und der mittelste Schluß derselben nicht anders angeleget, als mit einem holen Gewölbe zu geschehen pfleget. Rand links: Künstliches Gewölbe.

Linker Hand bey der Hauptthüre der Kirche zeiget sich das von Andrea Orgagna gemalte Bildniß Dantis Alighieri, wie solcher in den Wiesen vor seinem Hause spazieren geht, und in einem Buche liest. Rand links: Portrait Dantis. Dieser Poet ist noch in sonderlichem Andenken bey den Florentinern, und hat man auf dem Platze um die Domkirche, die Gegend, wo er oftmals gestanden und spazieren gegangen, mit einem weißen Steine bezeichnet.

Nahe bey dem Portrait des Poeten Dantis ist der pisanische General Johannes Acutus zu Pferde an der Wand gemalet, mit der Unterschrift: Rand links: Epitaphium Joh. Acuti.


JOHANNES ACVTVSEques Britannicus, Dux ætatis suæ cautissimus & rei militaris peritissimus habitus est.

Pauli Uccelli opus.


Acutus führet drey weiße Muscheln in seinem Wapen. Nächst bey ihm ist Niccolo da Tolentino gleichfalls zu Pferde gemalt.

Ich füge hiebey noch das Epitaphium, womit die Stadt Florenz ihre Hochachtung und Dankbarkeit gegen einen geschickten Organisten, Anton Squarcialupus, in dieser Kirche hat an den Tag legen wollen: Rand links: Epitaphium eines Organisten.


Multum profecto debet MusicaAntonio SquarcialupoOrganistæ Is enim ita arti gratiam conjunxit, ut quartam sibi viderentur Charites Musicam adscivisse sororem. Florentina civitas grati animi officium rata ejus memoriam propagare, cujus ma nus sæpe mortales in dulcem admirationem adduxerat, Civi suo monumentum posuit.


Unter den Heiligthümern der Domkirche zeiget man einen von den Nägeln, womit Christus an das Kreuz geheftet gewesen; ein Stück von dem Kreuze selbst; einen Dorn aus der Krone des Heilandes; einen Daumen Johannis des Täufers nebst einem Theile seiner Asche; ein Stück vom Arme des Apostels Andreä; wie auch Stücke von der Ruthe Aaronis und dem Stabe Mosis, welche man jedoch in der lateranischen Kirche St. Johannis zu Rom ganz zu haben behauptet. Rand links: Reliquien.

Bey der Kirche steht ein viereckiger Thurm, der mit rothem, weißem und schwarzem Marmor bekleidet, auch mit vielen guten Statuen gezieret ist. Rand links: Bildhauerarbeit am Thurme. Unter den letzten rühmet man sonderlich einen vom Donatelli verfertigten alten Mann mit seinem Kahlkopfe, welches Stück der Meister seinen Zuccone oder Kahlkopf nennete, seinen andern Statuen vorzog, und fast auf selbiges allein schwur, theils wegen der Arbeit, so daran wohl gerathen war, theils weil es einen seiner guten Freunde Giovanni Barducci Chierichini sehr genau abbildete. An einem andern hier befindlichen Werke hat Donato oder Donatello, wie man ihn insgemein wegen seiner kleinen Gestalt benennte, das Opfer, welches der Erzvater Abraham an seinem[378] Sohne verrichten wollen, vorgestellt. Die Höhe dieses Thurmes soll von hundert und vier und vierzig braccia seyn.

Der Cathedralkirche gegenüber ist das Battisterio, oder die Kirche di S. Giovanni, welche vor alten Zeiten ein Templum Martis gewesen seyn soll. Rand rechts: Il Battisterio. Sie ist achteckig und mit drey Thüren von bronzo versehen, welche ehemals verguldet gewesen, und mit ihren bas-reliefs verschiedene Geschichte des alten und neuen Bundes so unvergleichlich ausdrücken, daß Michael Angelo sich nicht enthalten können, aus Verwunderung zu sagen, diese Thüren verdienten, daß sie vor dem Paradiese gestanden wären. Rand rechts: Unvergleichliche Thüren aus Metalle. Die älteste unter denselben ist von Andrea Pisano, wie man aus den daran befindlichen Worten sieht:Andreas Ugolini de Pisis me fecit anno 1330. Die andern zwo, welche die künstlichsten und besten sind, hat Lorenz Ghiberti ein florentinischer Bildhauer und Goldschmied verfertiget, und liest man unter der einen davon: Laurentii Cionis de Ghibertis mira arte fabricatum. Sein Sohn Bonacorsa hat die festons und das Laubwerk vollendet. Alle drey scheinen zur Nachahmung der Pforte am pisanischen Dome gemacht zu seyn, übertreffen diese aber um ein großes.

Ueber dem Haupteingange stellen drey marmorne Statuen, so vom Sansovino angefangen und vom Vincenzo Danti vollendet worden, die Taufe Christi vor. Vom letztgedachten Meister sind die drey metallene Statuen, welche über der andern Thüre die Enthauptung Johannis des Täufers abbilden. Giovanni Francesco Rustici hat über der dritten Pforte Johannis des Täufers Unterredung mit einem Pharisäer und Schriftgelehrten gleichfalls in drey Statuen von bronzo ausgedrückt. Vor dem Haupteingange ist noch eine Seule aus Granit zu bemerken, welche von den Pisanern der Stadt Florenz geschenket worden. In der Kirche zeigen sich sechszehn große Seulen von Granito Orientali und das Grabmaal Balthasar Cossa, oder (wie er im Epitaphio genennet wird) Johannis XXIII. welchen das Concilium zu Costniz seiner päbstlichen Würde entsetzet hat. Rand rechts: Grab Johannis des drey und zwanzigsten. Sein am Monumente befindliches metallenes Bildniß, wie auch die marmornen Statuen der Liebe und Hoffnung, sind vom Donatello, der Glaube aber vom Michelozzi. Donatello bekam für seine Arbeit tausend Fiorini oder Gulden, welches damals eine ansehnliche Summe Geldes war.

Das ganze Gewölbe dieser Kirche ist vom Apollonio einem Griechen, Andrea Tassi, Gaddo Gaddi und andern, mit mosaischer Arbeit, die Personen vorstellet, gezieret. Rand rechts: Alte mosaische Arbeit. Es werden allhier alle Kinder, so von christlichen Aeltern in der Stadt Florenz gezeuget und gebohren sind, getaufet. Der Taufstein ist groß, von vielerley schönem Marmor und guter Bildhauerarbeit. Absonderlich verdienet die vor demselben stehende und vom Giuseppe Piemontani aus Marmor verfertigte Statue Johannis des Täufers bemerket zu werden. Rand rechts: Estrich. Der Fußboden der Kirche ist aus kleinen Steinen zusammen gesetzt, und zeiget sich auf der einen Seite desselben die mit den zwölf Zeichen des Zodiaci umgebene Sonne, nebst folgenden Worten, deren Buchstaben man auch rückwärts lesen kann:


Eu giro torte Sol ciclos, et rotor igne.


Durch ein gegenüber befindliches Fenster soll die Sonne am St. Johannestage gerade auf den Mittelpunct der auf der Erde abgebildeten Sonne fallen.

Unter den Reliquien dieser Kirche verehret man mit großer Hochachtung den Finger, womit Johannes der Täufer auf den Heiland der Welt gedeutet hat. Rand rechts: Reliquien.

Nicht weit vom Battisterio, wenn man durch diePorta dall Opera hinaus geht, findet sich eine Seule, welche im Jahre 1408 soll aufgerichtet worden seyn zum Andenken des Wunderwerks, welches der Leich nam des florentinischen Bischofs St. Zenobii, als er aus der Kirche St. Laurentii nach dem Dome gebracht wurde, gewirket. Rand rechts: Denkmaal eines sonderbaren Wunders. Denn als die Todtenbahre[379] einen alten verdorreten Ulmenbaum, der auf diesem Platze stund, berührete, ist solcher alsbald wieder frisch und grünend worden. Misson bezeugt, daß man in St. Maria Nipotecosa ein aus dem Holze dieses Baumes verfertigtes Crucifix zeige2.

Die Kirche St. Ambrosii ist wegen keiner andern Sache zu bemerken, als wegen des Wunderwerkes, so sich im Jahre 1230 in derselben zugetragen, indem der Wein, welchen der Priester nach der Messe aus Versehen im Kelche gelassen, sich in Blut verwandelt, welches noch als ein großes Heiligthum und als das Blut Christi aufgehoben wird. Rand links: St. Ambrosio. Rand links: Wunder für die Transubstantiation. Diese Kirche gehöret den Benedictinernonnen, und ist zugleich eine Pfarrkirche, welches bey Nonnenklöstern was außerordentliches ist.

Die Kirche dell'Annunziata hat einen Vorhof, dessen Galerien mit vielen Votis und Gelübden aus Holz, Papier, Wachs etc. behänget sind. Rand links: Kirchedell' Annunziata. Sie hat ihren Ruhm großentheils einem wunderthätigen Marienbilde zu danken, mit welchem es eine sonderbare Beschaffenheit hat. Rand links: Wunderbild der h. Mariä von Engeln gemalet. Es hatten nämlich die Servi St. Mariä oder Servitenmönche, denen die Kirche und das dabey gelegene Kloster gehören, einem Maler (so von etlichen Bartolomeo, von andern Giovanni und noch von andern Pietro Cavallini Romano genennet wird) Befehl gegeben, die Verkündigung Mariä à fresco zu malen. Die Arbeit war schon bis auf das Angesicht der h. Jungfrauen vollendet, und der Maler in bekümmerten Gedanken, wie er solchem seine gehörige Vollkommenheit geben sollte, begriffen, als er darüber in einen Schlaf verfiel und bey seiner Erwachung gedachtes Gesicht völlig fertig fand. Die Vermuthung dieser Hülfe konnte auf niemand anders als auf die Engel fallen, und die Menge der Wunder, welche das Bild schon gethan und noch thut, setzet nach der Florentiner Meynung die ganze Geschichte außer allen Zweifel. Man giebt vor, daß diejenigen, so dieses Gemälde angesehen haben, ihr Lebtage gute Augen behalten. Es mag aber nun seyn, daß ein anderer Künstler dem schlafenden Maler einen Possen gespielet, welchen dieser hernach nebst den Mönchen zu ihrem Vortheile gebraucht, oder daß der Maler des ganzen Werkes die Fabel erfunden, um sich aus dem wunderthätigen Beystande und der sonderbaren Freundschaft der Engel eine Ehre zu machen: so ist doch gewiß, daß dasjenige Stück, so die Engel gemalt haben sollen, nicht besser als das übrige gerathen. Die Erfindung ist gut daran, bey des Engels Stellung und Person nichts auszusetzen, auch dieses nicht übel ausgesonnen, daß Maria bey Erblickung des himmlischen Bothens in eine Ohnnacht fällt; was aber die Arbeit des Pinsels anlanget, so ist solche gar mittelmäßig und auch in Ansehung des Gesichtes mit vielen hundert vortrefflichen Gemälden, die wir von Menschenhänden haben, in keinen Vergleich zu setzen. Die Gesichtsfarbe der h. Mariä ist sehr gelb oder braun, ausgenommen an den Wangen und an der Stirne, woselbst sie eine weißere Farbe hat, nicht anders, als wenn daran gerieben oder gekratzet worden wäre. Diese blasse Farbe hat man auch in der Copia, so mit[380] florentinischer Arbeit verfertiget worden und in dem obgedachten Scrittorio zu sehen ist, beybehalten. Uebrigens ist zu bemerken, daß dieses Gesicht der h. Mariä keinem von denjenigen, welche der Evangelist Lukas gemalt haben soll, gleiche, wie auch diese einander wenig ähnlich sind. Das Original des florentinischen Bildnisses ist dreyfach zugedecket, und in einer Kapelle, worinnen eine große Menge silberner Gelübde hängen. Diese Kapelle ist nach dem Dessein des Michelozzi mit kostbarem Marmor bekleidet, und mit mehr als vierzig großen silbernen Lampen und Kronleuchtern erleuchtet. Vor dem Altare stehen zween silberne Leuchter von Mannshöhe, und auf demselben zwo große gleichfalls silberne Statuen von Engeln. An dem Altare sieht man nichts als bas-reliefs von Silber. Das Tabernakel oder Gehäuse, worinnen die Hostie aufgehoben wird, ist vortrefflich und an dem selben das von Andrea del Sarto gemalte Haupt Christi zu bemerken. Das Pflaster des Fußbodens besteht aus ägyptischem Granite und Porphyr. An diese Kapelle stößt ein Oratorium, dessen Wände mit mosaischer Arbeit und großen Stücken von Achat, Jaspis, orientalischem Chalcedon, und mancherley diaspro eingeleget sind.

Mit weitläuftiger Beschreibung aller und jeder Kapellen will ich mich nicht aufhalten, obgleich keine einzige ist, in welcher nicht etwas schönes von Gemälden oder Bildhauerarbeit angetroffen wird. Rand rechts: Andere Kapellen. Insonderheit bemerket man die Kapelle des Marchese di Feroni, wegen ihrer Statuen; die Kapelle der Pazzi, so itzt den Namen vonBandinelli hat, wegen der Marmorarbeit des Baccio Bandinelli, welcher daselbst den todten Leichnam Christi, so von Gott dem Vater gehalten wird, vorgestellet hat; und in der Cappella del Soccorso das treffliche Crucifix von bronzo, wozu Giovanni Bologna das Modell verfertiget hat: Giovanni Bologna und Baccio Bandinelli, die beyde vieles zum Prachte dieses Tempels beygetragen haben, liegen auch darinnen begraben. Die Decke ist nicht gewölbet, der Plafond aber mit vieler verguldeter Bildschnitzerarbeit versehen, in deren Mitte Volterano auf einem großen Stücke die Himmelfahrt Maria gemalet hat.

In einer Galerie des an die Kirche stoßenden Klosters ist die von Andrea del Sarto gemalte Madonna del Sacco wohl zu betrachten, weil sie für das Meisterstück dieses berühmten Malers gehalten wird. Rand rechts: Treffliches Gemälde. Sie ist gut conservirt, an statt daß die übrigen hier befindlichen Fresco-Gemälde dieses und anderer berühmten Meister zu großem Leidwesen der Liebhaber fast gänzlich verloschen sind. Woher dieses Stück den Namen del Sacco habe, ist mir unbewußt, und getraue ich mir nicht zu versichern, daß solcher von dem Sacke, worauf der h. Joseph in diesem Stücke sitzend abgebildet ist, seinen Ursprung herleite. Der Meister desselben wurde del Sarto benennet, weil sein Vater ein Schneider war. Rand rechts: Nachrichten vom Maler Andr. del Sarto. Er arbeitete lange Zeit in Frankreich unter Franciscus dem ersten, wurde aber von seiner Frau genöthiget, zurück nach Italien zu kehren. Bey seiner Abreise vertrauete ihm der König ansehnliche Summen[381] Geldes, um dafür gute Gemälde, wie auch Statuen in Italien einzukaufen und solche nach Frankreich zu übersenden. Del Sarto aber verwand diese Gelder auf ganz andere Dinge, gerieth in eine lüderliche Lebensart, und starb endlich zu Florenz an der Pest im zwey und vierzigsten Jahre seines Alters, nachdem er von seiner Frau und Freunden gänzlich verlassen war3. Sein Brustbild und Epitaphium ist an der Wand einer andern Galerie dieses Klosters zu sehen.

Es halten sich hier beständig hundert bis hundert und vierzig Mönche auf, und haben von den vornehmsten unter ihnen jeder drey Kammern zu ihrer Wohnung, woraus man von der Größe des Gebäudes urtheilen kann. Rand links: Servitenkloster. Absonderlich sind die Galerien schön und hoch. Die Bibliothek ist wohl eingerichtet, und wird täglich vermehret. Der Orden selbst der Servorum B. virginis Mariæ hat aus Florenz seinen Ursprung, indem im Jahre 1233 sieben Personen von Adel aus dieser Stadt, worunter S. Filippo Benizzo der vornehmste war, den Anfang dazu gemacht haben.

An der Seite von der Kirche dell'Annunziata findet sich ein großes Hospital, so vornehmlich zum Unterhalte der Findlinge angeleget ist. Rand links: Hospital. Man rechnet in allenbey dreytausend Menschen, so unter der Aufsicht der Vorsteher desselben sind, weil sich solche auch auf etliche andere Anstalten für Arme und Kranke erstrecket.

Mitten auf dem Platze vor der Annunziata ist auf einem marmornen Piedestal die schöne Statua equestris des Großherzog Ferdinands des ersten, aus bronzo zu sehen, woran Giovanni Bologna (von welchem auch die zween metallenen Springbrunnen, die diesen Platz zieren, sind) seine Kunst erwiesen hat.

La Badia Fiorentina ist ein Kloster, so denen Benedictinermönchen, welche vom Monte Cassinensi insbesondere benennt werden, gehöret. Rand links:La Badia Fiorentina. Den Namen Badia oder Abbadia soll sie als die älteste in Florenz gestiftete Abtey vor andern führen. Ihren Anfang hat sie der Gräfinn Willa und deren Gemahle Hugo, einem Enkel Hugons, Königs von Italien, so um das Jahr 990 lebten, zu danken. Rand links: Begräbniß des Markgrafen Hugonis. Des letzten Statue ist im Jahre 1617 in dem Kloster aufgerichtet worden. Sein Epitaphium ist in der Kirche zu lesen, und wird er daselbst Ugo Othonis III. Imperatoris affinis ac Comes Marchio Andeburgensis Hetruriæque Præfectus genennt.

Er hat außer diesem noch sechs andere Klöster gestiftet, und im 1000den Jahre das zeitliche mit dem ewigen verwechselt. Verschiedene Scribenten haben einen Markgrafen von Brandenburg aus ihm gemacht, und sind dazu durch die itztgedachte Grabschrift verleitet worden. Es haben aber schon andere angemerket, daß solches nicht seyn könne, und daß die itzige Inscription erst im Jahre 1481 von den Mönchen dieser Abtey erdichtet worden, welche besagtem Monument mehrere Ehre zu machen vermeynten, wenn der darunter begrabene Hugo für einen Vetter des Kaisers Otto des dritten gehalten würde. Ferner verdienen die Grabmaale des Cavaliere Bernardo Giugni, des Giannozzo d'Agnolo, Pandolfini, und sonderlich des im Jahre 1725 verstorbenen Ludwigs Grafen von Fantoni, so des Großherzogs geheimer Rath und Gesandter an viele auswärtige Höfe gewesen, in Augenschein genommen zu werden. Die Himmelfahrt Mariä, welche man in dieser Kirche findet, ist von Giorgio Vasari gemalt. Das Kloster hat eine gute Bibliothek.

Il Carmine oder die Karmeliterkirche ist nicht gewölbt, sondern man sieht an der Decke derselben, wie in vielen andern, die bloßen Balken. Rand links:Il Carmine. Was ihr aber in diesem Stücke abgeht,[382] wird durch andere Schönheiten genugsam ersetzt, und verdienet insbesondere die Kapelle der Familie Corsini, in welcher der Leichnam St. Andreä Corsini, eines Mönchs aus dem hiesigen Kloster und nachmals Bischofs von Fiesole, liegt, betrachtet zu werden. Rand rechts: Kapelle St. Corsini. Sie ist ganz mit weißem Marmor von Carrara, Brocatello und Seravezza (welches kostbare Arten von Marmor sind) überkleidet. Die Altartafel stellt in einem großen marmornen bas-relief die Aufnehmung des heil. Andreä Corsini gen Himmel vor, und ist ein Werk des berühmten Bildhauers Giovanni Battista Foggini. Rand rechts: Bildhauerstücke. Ueber demselben zeigt sich Gott der Vater in der himmlischen Herrlichkeit, vom Carlo Marcellini, und gleichfalls aus Marmor der Sarg, worinnen die Gebeine des Heiligen liegen, ist mit silbernen erhabenen Figuren von künstlicher Arbeit bereichert. Vor andern aber ziehen zwey zur Seite stehende bas-reliefs aus Marmor der Umstehenden Augen an sich. Eines stellt den heil. Corsini vor, wie er seine erste Messe liest, und ihm die mit vielen Engeln erscheinende Maria die Worte zuspricht: Servus meus es tu, quia elegi te, & in te gloriabor. Das andere zeiget den Heiligen, wie er vom Himmel herab steigt, um in der Schlacht bey Anghiari den Florentinern wider das Heer des mayländischen Herzogs Philippi Mariä Visconti, welches vom Niccolo Piccinino angeführet wurde, beyzustehen. Beyde Stücke sind vortrefflich und unumstößliche Beweise von der geschickten Hand des Foggini. Aus den Umständen der Schlacht bey Anghiari aber sieht man, daß zu den damaligen Zeiten auch in den wichtigsten Treffen die Hülfe eines Heiligen nicht mit so vielem Blutvergießen begleitet war, als wir in den Schriften des alten Bundes bey den Niederlagen, welche der Engel des Herrn in den feindlichen Lagern anzurichten pflegte, wahrnehmen. Rand rechts: Umstände der Schlacht bey Anghiari. DennMACHIAVELLVS bezeuget in dem siebenten Buche der florentinischen Historie, daß bey Anghiari auf der Ueberwundenen Seite nur ein einziger Reuter, der vom Pferde gefallen und im Gedränge erdrückt worden, umgekommen. Es war aber auch dieses kein besonderes Wunder, sondern kam von den Kriegesverfassungen selbiger Zeiten her, da die gemietheten Generale und Obersten oder Condottieri gemeiniglich in heimlichem Verständnisse mit einander stunden, und wegen ihres eigenen Vortheils das Blutvergießen hinderten. Nach des itztgedachten Geschichtschreibers Berichte im fünften Buche, blieb in der Schlacht bey Castracaro kein einziger Mann, wurde auch niemand verwundet. Der Vortheil des Siegers bestund hauptsächlich in der Ranzion der Gefangenen, und daß das gegenseitige Heer aus einander lief, (Cons. Hist. de la ligue de Cambray.)

Das Kloster der Cisterciensermönche gehörte ehemals einer Versammlung von Nonnen, und zeiget man noch die Zelle, worinnen S. Maria Maddalena de' Pazzi das Ordenskleid angenommen, ihre Lebenszeit zugebracht und ihren Geist aufgegeben hat. Rand rechts: Cistercienserkloster. Rand rechts: S. Maria Magdalena de' Pazzi. Ihre Statue aus weißem Marmor ist im Jahre 1726 in dem Vorhofe des Klosters aufgerichtet, und wird sie in der daran befindlichen Inscription S. Maria Magdalena Pactia genennt. In einem andern Hofe ist dergleichen Statue zu Ehren des heil. Bernhards aufgeführet. In der Kirche zeigen sich gute Gemälde.

Die Kirche di S. Croce gehört den Franciscanern. Rand rechts: Kirche di S. Croce. Ihre Länge erstreckt sich auf zweyhundert und vierzig und die Breite auf siebenzig braccia. Sie ist mit guter Bildhauerarbeit und trefflichen Gemälden gezieret. Unter den letzten ist vornehmlich zu bemerken die Ausführung des Heilandes zu seiner Kreuzigung, vom Giorgio Vasari, in der Kapelle der Buonaroti; der Leichnam des Heilandes, vom Battista Naldini; die Abnehmung Christi vom Kreuze in der Cappella de'Dini, vom Francesco Salviati, und in der Kapelle Zanchini die Ankunft Christi in dem Limbo Patrum, vom Angelo Allori, welcher sonst auch il Vecchio Bronzino genennt wird, Demjenigen, der dieses treffliche Stück ansieht, zur linken[383] Hand, hat der Maler sein eigenes Gesicht abgebildet, wie er seine Augen auf eine gegenüber befindliche Frauensperson, die seine Maitresse gewesen seyn soll, wirft. Rand links: Des Malers Maitresse auf einem geistlichen Gemälde. Sie stellet allhier die Person der Eva vor, und ist in ihrer ganzen Gestalt gemalet, an statt daß man von allen übrigen Personen dieses Stückes nichts als nur die Hälfte oder nur das Gesicht zu sehen bekömmt.

In einer andern Kapelle hat Santi di Tito die Mahlzeit des Heilandes mit den zween Jüngern zu Emaus gemalt, wobey sich unter dem Tische eine Katze, und im Zimmer etliche nackende Kinder, deren eines mit einem Hunde spielet, befinden. Rand links: Fehler an einem andern Stücke.

Es sind auch in dieser Kirche verschiedene alte Stücke vom Cimabue und Giotto, welchen beyden Männern man die Wiederherstellung der Malerey zu danken hat, vorhanden. Rand links: Alte Gemälde.

Die Kanzel hat schöne bas-reliefs von weißem Marmor. In der schönen Cappella de' Niccolini stehen fünf marmorne Statuen vom Francavilla einem niederländischen Bildhauer, welche den Aaron, Mosen, die Keuschheit, Klugheit und Demuth abbilden. Rand links: Bildhauerarbeit an der Kanzel.

An dem marmornen Grabmaale des berühmten Michele Angelo Buonaroti ist obenher sein Brustbild, und unter demselben die wegen seines Todes gleichsam leidtragenden drey Statuen der Malerey, Bildhauer- und Baukunst zu sehen. Rand links: Grabmaal Mich. Ang. Buonaroti. Die Bildhauerkunst steht in der Mitte und ist nicht allzuwohl gerathen. Der Meister davon ist Valerio Cioli. Die Statue der Baukunst hat Giovanni dell'Opera verfertiget und damit mehrere Ehre eingelegt. Die schönste unter allen aber ist die Malerkunst, an welcher sowohl als an dem busto des Buonarota, der berühmte Battista Lorenzo, der auch Battista del Cavaliere genennt wird, weil er ein Discipel des Cavaliere Baccio Bandinelli gewesen4 seine sonderbare Geschicklichkeit erwiesen hat. Ich sehe übrigens keine Ursache, warum Misson und andere dieses Denkmaal für etwas gar schlechtes ausgeben.

Michele Angelo war zu Chiusi in einem Dorfe, so nicht weit von Arezzo im Florentinischen liegt, im Jahre 1474 gebohren, und starb 1563 im neunzigsten Jahre seines Alters, geehret und gerühmet von jedermann. Rand links: Nachrichten vom Buonarota. Seinen Körper ließ der Großherzog aus Rom, woselbst Buonarota verschieden war, nach Florenz bringen und in hiesiger Kirche beysetzen. Seine Landsleute hegen annoch eine so große Hochachtung für ihn, daß sie ihn so wohl in Schriften als Gesprächen il Divino Michel-Angelo nennen. Das Haus, worinnen er zu Florenz gewohnet, wird noch von einem seiner Nachkommen und Descendenten, dem Senator Buonaroti, so einer der gelehrtesten Leute ist, welche Italien zu unsern Zeiten aufweisen kann, bewohnet. Die Familie der Buonarota ist von gutem Adel, und schrieb sich des Michel Angelo Vater, Ludov. Buonaroti Simoni von dem alten Hause der Grafen von Canossa her. Die Aeltern des Mich. Angelo hatten ihren Sohn auch zu einer ganz andern Profession, als der Malerey und Bildhauerkunst, welche sie ihrem Adel nachtheilig hielten, bestimmet; allein Mich. Angelo ließ ihnen keine Ruhe, bis sie ihm seiner Neigung zu folgen erlaubten, und dem Unterrichte des florentinischen Malers Domenico Ghirlaudal übergaben. Als sie wenige Zeit nach seiner Geburt nach Florenz zurück gekehret waren, schickten sie ihr Kind zu einer Amme in das Dorf Settignano, welches drey italienische Meilen von Florenz liegt. Die Einwohner daselbst waren fast lauter Stein- und Bildhauer, und selbst der Mann von der gedachten Amme dieser letzten Kunst zugethan. Da Mich. Angelo auf diese Art in den ersten Jahren seiner Kindheit fast nichts hörte und sah, als was die Bildhauerkunst betraf, so blieb hernach die Liebe zu solcher Wissenschaft, welche er gleichsam mit der Milch eingesogen[384] hatte, unveränderlich, und brachte er es darinnen so hoch, daß man ihm wenige an die Seite setzen kann.

Man sieht ferner in der Kirche di S. Croce das Grabmaal des berühmten Geschichtschreibers Leonard Aretins mit der Inscription: Rand rechts: Grab Leon. Aretini.


Postquam Leonardus e vita migravit, Historia luget, Eloquentia muta est, ferturque Musas tum Græcas tum Latinas lacrymas tenere non potuisse.


Sein eigentlicher Namen ist Leon. Bruni; Aretinus aber, wird er von Aretio seinem Geburtsorte genennt. Beym Pabste Innocentius dem siebenten und vieren seiner Nachfolger, bediente er das Amt eines Secretairs, welches er auch zuletzt bey der Stadt Florenz bekleidete. Er starb 1444, im vier und siebenzigsten Jahre seines Alters.

Gegenüber ist ein anderes Monument zu sehen, woran Desiderius de Settignano die marmorne Bildhauerarbeit verfertiget hat. Rand rechts: Caroli Aretini, Nach etlicher Meynung ist solches Carolo Marsupino, gewesenem Secretair der Republik, nach anderer Berichte aber Carolo Aretino zu Ehren aufgerichtet worden. Die daran befindliche Schrift deutet nur den Vornamen des Verstorbenen an, und ist in folgenden Worten verfasset:


Siste, vides magnum, quem servant marmora vatem,

Ingenio cujus non satis orbis erat.

Quæ natura, polus, quæ mos ferat, omnia novit

Karolus, ætatis gloria magna suæ.

Ausoniæ & Grajæ crines nunc solvite Musæ,

Occidit heu! vestri fama decusque chori.


Endlich verdienet auch noch folgende wohlgesetzte Grabschrift des Marchese Francesco Nicolino angemerket zu werden: Rand rechts: Franc. Nicolini,


Franciscus Nicolinus Jo. F. Sen.

Campellæ Marchio,

Ferd. II. M. D. Etrur. ad Urbanum VIII.

XXIII. annos Orator

Visu & auditu juxta venerabilis,

Irasci, & simulare nescius,

Romæ, ubi vix magna eminent,

Emicuit,

Facilem, Prudentem & Integrum,

Magnum libenter credidisses.

Melior est sapiens viro forti,

Et sui dominator urbium expugnatore.

Philippus Nicolinus Marchio

Patri opt. posuit

A. MDCLXIV.


Das Grabmaal des berühmten Astronomi Galiläi Galiläi, eines Florentiners, ist in dem Kloster, so zu dieser Kirche gehöret, und zwar in der Kapelle des Novitiats. Rand rechts: Galiläi. Das Kloster hat eine gute Bibliothek, worinnen viele Manuscripte anzutreffen sind. Rand rechts: Kloster. Die Anzahl der hiesigen Mönche erstrecket sich allezeit über hundert, aus welchen einer das Steuerruder der Inquisition beständig führet. Rand rechts: Der Franciscaner Gewalt wegen der Inquisition. Ueberhaupt haben die Franciscanermönche in des Großherzogs von Florenz Landen diejenige Gewalt bey der Inquisition, in deren Besitz sich[385] anderwärts die Dominicaner gesetzt haben, welches bey diesen nothwendig scheele Augen verursachen muß.

Der große Platz vor der Kirche S. Croce dienet in der Karnavalszeit zu allerley Ergötzungen, vornehmlich aber zu einem besondern Ballspiele, welches der junge Adel zu halten pfleget.

Der Theil der Stadt, so um S. Croce liegt, wird auch Villa Gibellina genennt, weil in den mittlern unruhigen Zeiten die Partey der Gibellinorum sich vornehmlich hieher gezogen hatte. Rand links: Villa Gibellina.

Vor der Kirche S. Felice in Piazza steht eine Seule aus buntem Marmor von Seravezza, welche der Großherzog Cosmus der erste zum Andenken der bey Marciano gewonnenen Schlacht hat aufrichten lassen. Rand links: Kirche S. Felice. Die Kirche selbst hat gute Gemälde, worunter in der Cappella Baldocci, die vom Heilande geschehene Errettung des Apostels Petri aus der Wassersgefahr vieles Lob verdienet. Das Stück ist vom Salvatore Rosa.

Auf dem Platze vor der Kirche di S. Felicita steht eine Seule von Granit und auf derselben die Statue S. Petri Martyris. Rand links: S. Felicita. In der Kirche findet man ein schönes Mosaïque vom Alessandro Barbadori und gute Gemälde.

Den zweyen itztgedachten marmornen Denkmaalen füge ich die sogenannte Basa di S. Lorenzo bey, so auf dem Platze vor der Kirche St. Laurentii zu sehen ist, und aus einem sehr großen Piedestal von weißem Marmor besteht. Rand links: Basa di S. Lorenzo. Die eine Seite desselben stellt das mediceische Wapen vor; die andere ein treffliches bas-relief, und auf selbigem viele Gefangene und Beute, welche Johanni von Medicis, dem Vater des Großherzogs Cosmus des ersten dargebracht werden. Die übrigen zwo Seiten sind noch ledig. Der Meister des itztgemeldten Werkes ist der Cavaliere Bandinelli, von welchem auch die Statue Johannis von Medicis ist, so darauf kommen soll; weil sie aber nicht völlig fertig, noch im Palazzo Vecchio aufgehoben wird.

In der Galerie des Klosters St. Laurentii findet sich das Grabmaal Pauli Jovii, mit der Inscription: Rand links: Epitaphium Pauli Jovii.


PAVLO JOVIONovocomen. Episc. Nucerino

Historiarum sui temporis Scriptori

Sepulchrum, quod sibi testamento decreverat,

Posteri ejus integra fide posuerunt

Indulgentia maximorum optimorumque

Cosmi & Francisci Hetruriæ Ducum.

Anno M. D. LXXIV.


Die marmorne Statue Jovii an diesem Monumente ist vom Antonio di S. Gallo.

Was diesem Kloster den meisten Ruhm zuwege gebracht hat, sind die trefflichen Manuscripte der Bibliothek, die theils vom Laurentio de Medicis durch die Hülfe Johann Lascaris, welchen er zweymal nach Griechenland gesandt hatte, theils vom Pabste Clemens dem siebenten und dem Großhetzoge Cosmus dem ersten gesammlet worden. Rand links: Bibliothek des Klosters St. Laurentii. Die Einrichtung des Saales, worinnen sie steht, und welcher achtzig braccia in der Länge und zwanzig in der Breite hat, kömmt vom Mich. Angelo Buonarota. Ueber dem Eingange desselben liest man:


Deo præsidibusque famliæ Divis Clemens VII. Med. Pont. Max. libris optimo studio majorum & suo undique conquisitis Bibliothecam ad ornamentum Patriæ & Civium suorum utilitatem DD.
[386]

Bibliothecam hanc Cos. Med. Tuscorum Magnus Dux I. perficiendam curavit, An. D. MDLXX. III. Id. Jun.


Die Anzahl der Manuscripte soll sich auf viertausend und achthundert belaufen, worunter man jedoch vierzig bis funfzig Codices zählet, so vor dem Anfange des sechszehnten Jahrhunderts gedruckt sind, und den Manuscripten gleich geachtet werden. Rand rechts: Manuscripte. In solche Zahl gehört die im Jahre 1462 von Johann Faust in zweyen Voluminibus herausgegebene Bibel, welche von Liebhabern bisweilen mit etlichen hundert Ducaten bezahlet wird. Unter die raren Drucke zähle ich das neuere hier befindliche Werk, so den Titel führt: Liber Organicus Astronomlæ Europææ apud Sinas restitutæ sub Imperatore Sino-Tartarico, Cham Hi appellato, Aut. P. FerdinandoVERBIESTSociet Jesu, Academiæ Astronomicæ in Regia Pekinensi Præfecto. Anno salutis MDCLXVIII. Es ist solches auf dünnes seidenes Papier gedruckt und künstlich eingebunden.

Das rareste Manuscript der Bibliothecæ Laurentinæ ist Virgilius, dessen Codicem man aus dem fünften Jahrhunderte zu seyn erachtet. Der sonst gewöhnliche Anfang: Ille ego qui quondam, wie auch zwey und zwanzig verdächtige Verse aus dem zweyten Buche der Aeneis, welche anheben: Jamque adeo super unus eram, sind hier nicht zu finden, wie schon Addisson angemerket hat.

Ein HOMERVScum glossa interlineari, welche noch nicht gedruckt ist, soll fünfhundert Jahre alt seyn, ich zweifele aber, ob man ihm viel über dreyhundert Jahre geben könne, weil TheodorusGAZA die Glossam verfertiget, wie aus den letzten griechischen Versen zu schließen, so in folgender lateinischer Uebersetzung dabey stehen:


Eloquio pollens Gazes & amore Philelpho

Hunc mihi Francisco Theodorus scripsit Homerum.


Eine rabbinische Glossa über das alte Testament ist vom Jahre 1390 und künstlich geschrieben. Die Evangelia sind in syrischer Uebersetzung aus dem siebenten Jahrhunderte vorhanden. In den Codicem der sechs Bücher von PauliOROSII Kirchenhistorie hatMABILLON geschrieben, daß die Charaktere ungefähr von neunhundert Jahren sind. Das hiesige ManuscriptumTACITI ist vom eilften Jahrhunderte. LIVII Historia macht drey und zwanzig Volumina aus, es fehlen aber auch in denselben diejenigen Stücke, welche wir in unsern gedruckten Exemplaren missen. BernardiORICELLARIIde Bello Italico Commentarius ist im Jahre 1724 zu London in Quart von Johann Brindley, wiewohl mit vielen Fehlern herausgegeben, und begreift die Kriege, welche der König von Frankreich Karl der achte in Italien geführet hat. In des RobertiVALTVRII Werke de re militari finden sich viele gezeichnete Risse. Er ist übrigens bis auf den Brief an den Großsultan Mahometh im Drucke heraus. Des Franciscus Petrarcha Briefe, welche allhier von seiner eigenen Hand aufgehoben werden, sind gleichfalls schon gedruckt, wie nicht weniger dieNovellæBOCCACII, so im Jahre 1384 geschrieben sind. Ein großes griechisches Volumen, das in seiner Art keines seines gleichen findet, handelt von der Chirurgie der Alten z. E. Hippokratis, Galeni, Asklepiadis etc. und ist mit vielen gemalten Figuren erläutert.

Wilhelm Lange, ein Däne, hat den Catalogum von den griechischen und morgenländischen Manuscripten dieser Bibliothek im Jahre 1622 zu Amsterdam in Folio herausgegeben. Von den raresten Stücken derselben findet man mehrere Nachricht beym luca HOLSTENIO und dem Kardinale Noris. Die Codices stehen nicht in Repositoriis, sondern liegen an kleinen Ketten auf langen Pulpeten, vor welchen man sich niedersetzen und nach Gefallen[387] lesen oder schreiben kann. Man machet gar keine Schwierigkeit aus der Erlaubniß, was man nur will, abzuschreiben.

In der Kirche St. Laurentii sieht man linker Hand beym Haupteingange oben an der Mauer einen marmornen Sarg mit trefflichem Laubwerke von bronzo, und an demselben die Worte: Petro & Johanni de Medicis Cosmi P P. F. HMHN. S. Rand links: Kirche St. Laurentii. Rand links: Trauergeschichte zweener florentinischen Prinzen. Der Meister davon ist Andrea Verrochio.Petrus und Johannes de Medicis waren Söhne des Großherzogs Cosmus des ersten. Jener starb in spanischen Diensten, dieser aber war im neunzehnten Jahre seines Alters, in welchem er umkam, schon Kardinal. Die Umstände seines Todes waren sehr betrübt sur die ganze Familie. Auf der Jagd bekam er einen Zank mit seinem Bruder Garsias, oder wie andere wollen, dieser letzte, so von einem wilden und bösen Naturell war, fand Gelegenheit, seinen ältesten Bruder, dem er nie gewogen gewesen, allein anzutreffen, da er ihn dann mit einem Dolche hinrichtete. Garsias kehrte nach verrichteter That mit einem ruhigen Gesichte zu den Seinigen und ließ sich nichts merken. Johannis Pferd kam ohne seinen Reuter zurück, da man denn dem Hufschlage desselben folgte, und den ermordeten Körper fand. Sobald Cosmus der erste Nachricht von diesem Unglücke erhielt, befahl er alles geheim zu halten und vorzugeben, daß sein Sohn auf der Jagd jähling mit einem Fieber überfallen worden. Den Leichnam ließ er in ein Zimmer des Schlosses bringen und den Garsias, dessen schlimme Neigungen ihm den wahren Verlauf der Sache argwohnen machten, gleichfalls unvermuthet allein dahin rufen. Dieser leugnete zwar anfänglich mit aller Unverschämtheit die Sache, wegen welcher er im Verdachte war; als er aber zu dem Körper des Entleibten geführet wurde, und dieser in Gegenwart des Mörders stark zu bluten anfing, gestund er die That und fiel dem Vater zu Fuße. Cosmus, nachdem er seinen Sohn vermahnet, Gott um Gnade zu bitten, und es noch für ein Glück zu achten, daß erdas Leben, dessen er nicht werth sey, durch die Hände desjenigen, von welchem er solches empfangen, verlieren sollte, stieß ihm den Dolch, welchen Garsias an der Seite führte, und womit er den Johannes umgebracht hatte, durchs Herz, also daß er todt bey dem Leichname seines Bruders niederfiel. Die Sache geschah im Jahre 1562, und Garsias war funfzehn Jahre alt. Von dem ganzen Handel wußten nur wenige getreue Personen, und gab man vor, die beyden Brüder wären an einer ansteckenden Krankheit, welche damals im Florentinischen regierte, gestorben. Zu mehrerm Scheine wurde ihnen in Florenz ein prächtiges Leichenbegängniß gehalten, und vornehmlich Garsias in einer öffentlichen Lobrede sehr heraus gestrichen. Ob Garsiä Gebeine auch mit in obgedachtem Sarge liegen, ist mir unbewußt. Die Mutter der beyden Prinzen, Eleonora, eine sehr kluge Dame, zog sich den Unfall ihrer Kinder dergestalt zu Gemüthe, daß sie wenige Tage hernach starb. Cosmus behielt damals noch drey Söhne am Leben.

In der Kirche St. Laurentii bemerket man ferner schöne bas-reliefs aus Metalle an zwoen einander gegenüber stehenden Kanzeln, so den Donatello zum Meister haben. Rand links: Kanzel. Jede dieser Kanzeln oder Jubarum ruhet auf vier marmornen Seulen.

In der sogenannten neuen Sacristey dieser Kirche finden sich die Mausolea etlicher Prinzen aus dem Hause Medicis, an welchen Mich. Angelo seine Kunst und Geschicklichkeit erwiesen hat. Rand links: Sacristey. Rand links: Treffliche Bildhauerarbeit. Der erste, dessen Denkmaal man gleich beym Eintritte sieht, ist Julianus de Medicis, Herzog von Nemours und ein Bruder des Pabstes Leo des zehnten. Das andere Monument ist Laurentio de Medicis, einem Herzoge von Urbino, zu Ehren aufgeführet. Rand links: Alte herzogliche Begräbnisse. An dem ersten bewundert man die Statue der Nacht, als ein Stück, so man mit der besten Bildhauerarbeit der Alten in eine Linie setzen könnte. Juliani und Laurentii Bildnisse sind[388] vollkommen fertig, welches man nicht sagen kann von den übrigen an diesen Denkmaalen befindlichen dreyen Statuen, die den Morgen, den Tag und den Abend vorstellen sollen. Diese würde man kaum für dasjenige, was sie seyn sollen, erkennen, wenn des Buonarota Vorhaben nicht sonst bekannt wäre.

Hinter dem hohen Altare und dem Chore der Kirche di S. Lorenzo ist ein Eingang in die neue Begräbnißkapelle der Großherzoge von Florenz, an welcher schon seit dem Jahre 1604 gearbeitet wird. Randrechts: Neue Begräbnißkapelle von unvergleichlicher Pracht. Anfänglich waren täglich dreyhundert Personen damit beschäfftiget, hernachmals aber hat man diese Zahl auf sechszig herunter gesetzt, und jährlich achtzehntausend Scudi zur Fortsetzung dieses Werkes bestimmt. Es ist kaum die Hälfte davon fertig, und sehen wir zu unsern Zeiten den herzoglichen Stamm erlöschen, da noch gar vieles an dem Prachte ihres Erbbegräbnisses mangelt. Dieses aber ist gewiß, daß, wenn es zu Stande gekommen wäre, keine Kapelle in der ganzen Welt anzutreffen gewesen seyn würde, welche man mit dieser in Vergleichung setzen könnte. Sie ist achteckig, und hat im Umfange hundert und vier und vierzig, in der Höhe mehr als neunzig, und im Diameter acht und vierzig braccia. Der Altar, so aus Lazuli, Jaspis, Chalcedon, Porphyr und dergleichen kostbaren Steinen besteht, auch meistentheils fertig in der Fabrica degli Uffici zu sehen ist, wird die eine Seite einnehmen. Die andere dienet zum Eingange und kömmt mit der Zeit weg, um den Prospect aus der Kirche nicht zu hindern. Die übrigen sechs sind für die Mausolea von sechs Großherzogen bestimmet. Man sieht in der ganzen Kapelle nichts als Achat; Chrysolith, Onyx, Lazuli, Chalcedon, Amethyst, Porphyr, Diaspro, Pietra Paragona und andere kostbare Steine. Unten herum sind die Wände mit sehr schönem Diaspro di Sicilia, der gelbe und grüne Adern hat, überzogen; hiernächst folget ein rother Marmor mit weißen Flecken aus hiesigem Lande, der schwer zu arbeiten ist. Unter jedem Begräbnisse zeiget sich die dazu gehörige Inscription mit Chalcedon in rothen Porphyr eingelegt. Diese Buchstaben sind so weiß, als das schönste Elfenbein, und kostet jeder drey spanische Pistolen. Die darüber stehenden Särge sind an etlichen Monumenten von ägyptischem Granite, welcher sehr hart und dunkelroth ist, an andern aber von Granito Orientale. Ueber dem Sarge ist ein mit Edelgesteinen reich besetztes Kissen aus Diaspro oder rothem Jaspis, deren jedes auf sechszigtausend Scudi kommen soll; auf demselben liegt eine königliche Krone, die gleichfalls wegen ihrer Perlen, Diamanten und andern Juwelen höchst kostbar ist. Endlich zeiget sich in der darüber befindlichen und mit Pietra Paragona überkleideten Niche oder Aushölung der Wand die aus bronzo gegossene und überguldete Statue des Großherzogs, zu dessen Ehren das Denkmaal aufgeführet ist. Jede Statue hat eine Höhe von fünf braccia. Die Mausolea sind mit doppelten Pfeilern aus Diaspro, deren Chapiteaux und Corniches aus verguldetem Metalle bestehen, von einander unterschieden, und an den Seiten große Urnen von Diaspro di Corsica, welcher grüne und weiße Adern hat, mit florentinischer Arbeit eingelegt. Von eben dieser Arbeit sind die Wapen der vornehmsten Städte des großherzoglichen Gebiethes, womit die Wände gezieret werden. Der Löwe im Wapen der Stadt Pientia ist von orientalischem Jaspis; das Pferd der Stadt Arezzo aus grauer und durchsichtiger Paragona di Fiandra; die Lilie der Stadt Florenz aus rothem Koralle und so ferner. Ueber jedem Wapen ist der Namen der Stadt, der es gehöret, zu lesen. Die Decke oder das Gewölbe soll ganz mit Lapis Lazuli überzogen werden, welcher mit seiner schönen blauen Farbe und goldenen Adern das Firmament des Himmels trefflich abbilden wird. Des Großherzogs Franciscus des zweyten Denkmaal ist dasjenige, womit man am weitesten fertig worden, und kann man sich aus demselben einen Begriff von der noch rückständigen Arbeit machen.[389] Das Tischblatt des künftigen Altares, so aus einem einzigen Stücke Marmor besteht, verdienet gleichfalls gesehen zu werden. Die obgedachten Särge, zu deren jedem auch nur ein Stück Granit gekommen, dienen zu nichts anders, als zum Pracht, indem die Körper der Herzoge, jeder perpendicular unter sein Grabmaal in ein Gewölbe, dessen Seiten wieder in kleine Kapellen vertheilet sind, gebracht werden sollen. Itztgedachte Gruft hat sehr starke, dabey aber etwas niedrige Bogen. Man sieht daselbst die Kreuzigung Christi von weißem Marmor und trefflicher Arbeit. Das Crucifix ist vom Giovanni Bologna; die darunter stehende Maria vom Mich. Angelo Buonarota, und Johannes von einem Lehrlinge des Mich. Angelo.

Die Kirche St. Marci gehöret den Dominicanern, und hat schöne Gemälde vom Pietro Cavallini Romano, Santi di Tito, Fra Bartolomeo della Porta, Passignano, Cigoli und andern guten Meistern. Rand links: Kirche St. Marci. Vor andern verdienet die Kapelle des heil. Antoninus, welcher ein Dominicanermönch und Erzbischof zu Florenz gewesen, wegen ihrer Gemälde und Bildhauerarbeit in Augenschein genommen zu werden. Diese letztere ist vom Francavilla, einem Discipel des Giovanni Bologna, welcher die Desseins zum ganzen Werke gemacht hat. Die allhier befindlichen bas-reliefs von bronzo haben den Fra Domenico Portigiani zum Meister. Die Cuppoletta der Kapelleist vom Bronzino gemalt. In St. Marcus Kirche liegen zween berühmte Männer, nämlich Angelus Politianus und Joh. Pikus, Prinz von Mirandula und Concordia begraben. Rand links: Grabschrift Joh. Mirandula. An des letzten Grabmaale liest man:


D. M. S.

JOANNESjacet hicMIRANDULA. At cetera norunt

Et Tagus, & Ganges, forsan & Antipodes.

Obiit anno Sal. M. CCCC. LXXXXIIII.

Vix. an. XXXIII.


Hieronymus Benivenius, ne disjunctus post mortem locus ossa teneret, quorum in vita animos conjunxit amor, hac humo supposita ponend. cur. Obiit anno MDXXXXII. Vixit LXXXIX. Mens. VL
[390]

Johann Pikus besaß ungemeine Wissenschaften, und behauptete in einer öffentlichen zu Rom angeschlagenen Schrift im vier und zwanzigsten Jahre seines Alters verschiedene Sätze aus der Logik, Theologie, Mathematik, Cabala und Medicin, wodurch er seine Gelehrsamkeit in der lateinischen, griechischen und hebräischen Sprache an den Tag legte, sich dabey aber auch viele Neider und Feinde auf den Hals zog. Er wird insgemein ein Phönix der Wissenschaften genennt, und von Scaligern Monstrum fine vitio. Er starb im Jahre 1494 den 17 Nov. nämlich an eben dem Tage, als Karl der achte König von Frankreich in solcher Stadt seinen Einzug hielt. Joh. Franciscus Pikus hat seines Vetters, des Joh. Pikus Leben beschrieben, und liest man solches vor den Werken dieses letzten, so im Jahre 1573 und 1610 zu Basel gedruckt worden sind.

Angeli Politiani Monument ist ohne Grabschrift. Es hat aber jemand folgende wohlgerathene Verse auf seine Wissenschaft in Sprachen gemacht: Rand rechts: Angeli Politiani.


POLITIANVSin hoc tumulo jacet ANGELVS, unum

Qui caput, & linguas, res nova, tres habuit.


Er war den 14 Jul. 1454 zu Monte Pulciano gebohren, und starb den 24 Sept. 1494. Wegen des Jahres seines Todes findet sich einige Uneinigkeit unter den Scribenten; es setzt aber PetrusCRINTVS (de honest. discipl. l. xv, c. 9), deutlich, daß die drey gelehrten Männer Joh. Pikus Mirandola, Hermolaus Barbarus und Angelus Politianus in dem Jahre, da Karl der achte nach Italien gekommen (welches im 1494sten Jahre geschehen ist), gestorben sind, und trifft mit dieser Zeitrechnung auch die Grabschrift des Joh. Pikus überein.

Wider Politiani Gelehrsamkeit ist nichts einzuwenden; sein Leben und Wandel aber taugte nicht viel. Sein eigentlicher Zunamen war Bassus5.

In der Sacristey der Kirche St. Marci zeiget man die Kleider des h. Antoninus, nebst den Psalmen und etlichen andern Manuscripten von seiner Hand. Rand rechts: Sacristey.

In dem mittlern Platze des bey dieser Kirche liegenden Klosters ist die Statue des heil. Dominicus aus weißem Marmor aufgerichtet. Rand rechts: Kloster. Seine Lebensgeschichte stellen die Fresco-Gemälde des Klosterganges vor. In den Zellen der Mönche sind gute Gemälde anzutreffen, und findet man sonderlich dergleichen vom Giovanni Angelo in der ehemaligen Zelle des Erzbischofs[391] Antoninus, vor welcher gedachter Meister auch die Verkündigung Mariä ander Wand abgebildet hat. Unter derselben liest man die Worte:


Salve mater pietatis & totius Trinitatis nobile triclinium Maria:


und ferner:


Virginis intacte6 cum veneris ante figuram,

Pretereundo cave ne sileatur ave.


In einer benachbarten Kapelle sind verschiedene alte Fresco-Gemälde zu sehen, welche samt der Mauer, auf welcher sie sich befinden, von andern Orten, wo sie vor Regen und Sturm nicht sicher genug waren, hieher gebracht worden sind. Man zeiget auch noch das Portrait Hieronymi Savonarolä eines hiesigen Dominicanermönchs, welcher zu Ende des funfzehnten Jahrhunderts anfänglich in großem Ansehen der Heiligkeit zu Florenz gelebet und hart wider die Unordnungen des Pabstes und seiner Clerisey geprediget hatte, nachmals aber unter der Macht seiner Feinde unterlag, und von der Inquisition im Jahre 1498 gepeiniget, gehenkt und verbrannt wurde, wobey die Franciscaner ihren Haß gegen die Dominicaner genugsam an den Tag legten. Rand links: Von Hieron. Savonarola. Die Dominicaner halten vieles auf ihn; verschiedene Protestanten sehen ihn für einen Vorläufer der Reformation an, und bey den Franzosen steht er noch allezeit in gutem Andenken, als ein Mann, durch dessen prophetischen Geist Gott ihrem Könige Karl dem achten viele Vermahnungen, die sein Reich und die italienischen Kriege betroffen, habe geben lassen. Andere hingegen finden seine Prophezeihungen gar zweydeutig, und diejenigen, so auch die beste Meynung von ihm hegen, können doch nicht leugnen, daß er sich in die politischen Händel mehr, als einem Geistlichen geziemet, gestecket habe7. Bey dem päbstlichen Stuhle würde ihm dieses letzte nicht übel ausgeleget worden seyn, und er desfalls wohl in Ruhe haben leben können, wenn er nur in seinen Predigten und Schriften die Misbräuche, so bey der Clerisey von dem untersten an bis zum Oberhaupte derselben, eingerissen waren, unangetastet gelassen hätte. Allein da er in diesem Stücke nicht schmeicheln oder wenigstens schweigen wollte, so war es kein Wunder, daß sie ihrer Gewohnheit nach mit ihm verfuhren, als mit einem Missethäter und Sünder, für welchen weder in dieser noch in der zukünftigen Welt Vergebung zu hoffen wäre. Der gelehrte Franzose, NatalisALEXANDER, hat im achten Theile seiner Kirchenhistorie a. d. 175 Seite, Savonarolä Unschuld zu retten gesucht, und mit vielem Lobe von ihm geschrieben, eben dadurch aber auch Ursache gegeben, daß sein Werk zu Rom unter die Zahl der verbothenen Bücher gesetzt worden ist.

In der Kammer, welche Savonarola ehemals bewohnet hatte, ist der Kopf des sterbenden Heilandes vom Mich. Angelo Buonarota vortrefflich gemalt zu sehen. Rand links: Fabel von einem Crucifixe. Die Patres erzählen dabey, daß dieses Gemälde nach dem Originale eines sterbenden Menschen, welchen Buonarota mit Fleiß an einem Kreuze hingerichtet habe, um das Gesicht eines auf solche Art verscheidenden Menschen desto natürlicher ausdrücken zu können, verfertiget worden sey. Allein die ganze Erzählung scheinet einer Fabel gar ähnlich, ob man sie gleich auch zu Rom und Neapolis von etlichen andern solchen Gemälden erzählet. Indessen ist meines Erachtens[392] das itztgedachte florentinische Stück darinnen besser und der Wahrscheinlichkeit gemäßer, daß es den Kopf auf die eine Seite geneigt oder gebeuget hat, an statt daß die obgedachten römischen und neapolitanischen Gemälde das Haupt des sterbenden Heilandes ganz steif und aufgerichtet vorstellen.

Man zeiget auch noch die drey Zellen, worinnenCosmus Pater Patriæ sich öfters aufgehalten, um des Umganges mit den heiligen Männern dieses Klosters desto mehr und bequemer genießen zu können.

Die Fonderia oder Apotheke des Convents ist wegen der guten Arzeneyen, Essenzen und chymischen Sachen sehr berühmt, und kann man sich allhier mit Haus- und Reiseapotheken von allerley Preisen versorgen. Rand rechts: Apotheke.

Die Bibliothek des Klosters nimmt einen schönen Saal ein, welcher durch zwo Reihen Seulen gleichsam in drey Galerien oder Gänge getheilet wird. Rand rechts: Bibliothek. Die Aussicht von demselben ist sehr angenehm gegen die Berge, an welchen die alte Stadt Fiesole, deren rudera man noch sieht, gelegen war. Die Anzahl der hier befindlichen gedruckten Bücher beläuft sich auf achttausend, und ist unter denselben eine lateinische Uebersetzung des Plutarchs, welche im Jahre 1478 zu Venedig herausgekommen. Was die Manuscriptos Codices anlanget, so zählet man derselben bey vierhundert lateinische und vierzig griechische, worüber Montfaucon einen Catalogum gemacht hat. Die griechischen Werke sollen aus der Sammlung Nicolai Nicoli, der vieles zur Wiederherstellung der griechischen Sprache in Italien beygetragen hat, kommen. Rand rechts: Von der Epistola S. Chrysostomi ad Cæsarium. Aus dieser Bibliothek hat der Marchese Scipione Maffei vor etlichen Jahren die bekannte Epistolam Græcam S. Chrysostomi ad Cæsarium, wegen welcher sich Burnet und Misson vergebliche Mühe gemacht hatten, herausgegeben und seiner Historiæ Diplomatieæ angehängt, um zu zeigen, daß das Vorgeben falsch sey, als habe fol. che der Großherzog, nachdem es lange Zeit verbothen gewesen, sie jemanden zu zeigen, gänzlich zerreißen lassen. Sie ist in dem Artikel vom h. Abendmahle wider die Lehre der römischen Kirche, und bemühet sich Maffei aus vielen Umständen zu erweisen, daß sie nicht ächt oder authentic sey. Magliabecchi scheint nicht gewußt zu haben, daß dieses Manuscript in der St. Marcus-Bibliothek sey, weil er dem Misson, der solches in dem laurentinischen Büchervorrathe suchte, schlechterdings geantwortet: der Großherzog habe ausdrücklich verbothen, es jemanden mitzutheilen. Ueber die St. Marcus-Bibliothek hatte Magliabecchi nichts zu sagen, und könnte es demnach wohl seyn, daß der herzogliche Befehl ein anderes Manuscript dieses Briefes betroffen hätte.

In der Kirche S. Maria Maddalena de'Pazzi ist außer der schönen Cappella de'Neri. deren Gemälde Bernardino Poccetti verfertiget hat, die Cappella Maggiore zu besehen. Rand rechts: S. Maria Mad. de Pazzi. In derselben ruhet der Leichnam der heil. Maria Magdalena, die aus dem adelichen florentinischen Geschlechte der Pazzi war. Itztgedachte Kapelle hat viele aufgehängte Gelübde und treffliche Marmorarbeit, worunter zwölf Seulen aus Diaspro di Sicilia (der rothe und gelbe Adern hat) mit ihren imbasimenti und capitelli aus verguldetem bronzo, ihr keine geringe Zierde geben. Etliche metallene bas-reliefs stellen die vornehmsten Thaten der heil. Pazzi[393] vor, und vier Statuen diejenigen Tugenden, welche man vor andern an ihr zu rühmen gefunden. Das Gemälde des Altare maggiore ist vom Ciro Ferri, von welchem auch die Architectur und das Dessein der ganzen Kapelle kömmt. Luca Giordano hat die zwey zur Seite stehenden Stücke gemalt, und Pietro Dandini die Cuppola.

S. Maria Maggiore, so den Karmelitern gehöret, hat gute Gemälde und Statuen, unter welchen letztern der vorgegebene Stifter ihres Ordens, Elias, nicht vergessen ist. Rand links: S. Maria Maggiore. Das allhier befindliche Gemälde, so die bußfertige Maria Magdalena, wie sie das h. Abendmahl empfangen will, vorstellet, ist vom Pugliani. Rand links: Anmerkung über die bußfertige Sünderinn aus dem Evangelio. In Benennung dieser heiligen Frauensperson richte ich mich nach der gemeinen Gewohnheit, welcher ich auch bey andern Gelegenheiten, wo ihrer gedacht werden muß, folgen werde, ob es gleich gar ungewiß ist, was die Sünderinn, so sich nach dem Inhalte der evangelischen Geschichte Luc. 8, von ihrem lüderlichen Leben bekehret hatte, für einen Namen geführet. Insgemein vermischet man mit einander Mariam Magdalenam, Mariam die Schwester Marthä, und die ungenannte Sünderinn, da doch nach Erwägung aller Umstände es wahrscheinlich ist, daß dieses drey unterschiedene Frauen seyn. Uebrigens ist eines von den schönsten Stücken, so die bußfertige Sünderinn vorstellen, zu Paris in der Kirche der Karmeliternonnen aux fauxbourg S. Jaques zu sehen, und hat an solchem der berühmte Le Brun seine Kunst erwiesen. Ein dergleichen anderes, aber kleineres Gemälde, das den Poully zum Meister hat, findet sich in dem trefflichen antwerpischen Kabinette Petri Arnoldi de Licht, von welchem es fast für unschätzbar gehalten wird. Nur scheint mir der kostbare Kopfschmuck und Kleiderpracht, in welchem Maria Magdalena vorgestellet ist, nicht allerdings mit der Wahrheit überein zu kommen.

S. Maria nuova hat gute Gemälde und einen kostbaren Hauptaltar von carrarischem Marmor. Rand links: S. Maria Nuova. Hospital. Vornehmlich aber verdienet das daran liegende große Hospital in Augenschein genommen zu werden, dessen eine Hälfte für die Mannspersonen, und die andere für das weibliche Geschlecht abgesondert ist. Zu diesen letztern haben die in der nächsten Straße wohnenden Benedictinernonnen einen unterirdischen Gang, um die Kranken desto besser pflegen zu können. Die Kirche ist in der Mitte von beyden Abtheilungen des Hospitals. Jeder Kranke hat sein eigen Bette, und sind derselben itziger Zeit bey siebenhundert, ohne diejenigen, so für die Aufseher, Geistlichen, Aerzte, Chirurgos und andere Bedienten erfodert werden. Die Menge der Kranken und Sterbenden giebt den Chirurgis gute Gelegenheit sich in ihrer Kunst vollkommener zu machen, zu welchem Ende auch ein schönes helles und mit einer hohen Cuppola versehenes Theatrum Anatomicum allhier angeleget ist. Rand links: Theatrum Anatomicum. Die Apotheke nimmt drey Zimmer ein, und werden die Spezereyen in porzellanenen Gefäßen aufgehoben. Hiebey ist eine zahlreiche Bibliothek von medicinischen und chirurgischen Büchern, wie auch ein botanischer Garten sowohl für einheimische als auswärtige Pflanzen angelegt. Uebrigens ist das Gebäude des Hospitals nicht so gut, als das von Turin. Hinter dem dazu gehörigen Kloster ist il Campo Santo, oder der Kirchhof des Hospitals, woselbst die Leichen in gewölbte Löcher zusammen gebracht, und, wenn eine solche unterirdische Kammer angefüllet ist, die Oeffnung derselben zugemauert oder vielmehr verkittet wird.

Von der Kirche und dem Hospitale Maria nuova ist S. Maria Novella zu unterscheiden. In dieser zeigen sich abermals viele gute Gemälde vom Santo di Tito, Girolamo Macchietti, Battista Naldini, Alessandro Bronzino, Angelo Bronzino, Vasari etc. Rand links: S. Maria Novella. Rand links: Von dem Maler Domenico Ghirlandajo. Das Chor hat Domenico Ghirlandajo gemalt, dessen Zunamen etliche von einer Art Kopfschmuckes von Bluhmen, den er für das junge Frauenzimmer, als er noch Goldschmied war, erfunden haben soll, herleiten, andere aber von den Ghirlande oder Bluhmen und Kränzen, welche er vor andern[394] trefflich malete. Dergleichen Benennungen sind unter den alten Malern nicht ungewöhnlich, und führet ein anderer florentinischer Maler Paolo Uccello, welcher zuerst angefangen hat die Perspective zu beobachten, auf gleiche Art seinen Zunamen davon, daß er eine besondere Gabe gehabt, die Vögel in seinen Gemälden wohl vorzustellen.

In der Kirche S. Maria novella sieht man ferner ein wegen seiner künstlichen Arbeit berühmtes und vomFilippo di Ser Brunellesco verfertigtes Crucifix aus Holze. Es steht solches in der Kapelle der Gondi, welche gute Marmorwerke hat. In der Galerie vor dieser Kirche liest man an der Wand: Rand rechts: Grabmaal der Familie de Biondis.


Servatori redivivo.

Heu nos miseros! nihil sub sole ætatem fett,

Familia de Biondis

In dormitorio mortuorum

Ante fores Ecclesiæ

Antiquum sibi fodit sepulchrum,

Vetustas edax abolevit,

Simon & Rolandus de Biondis Petri F. F.

Cives Flor. huc transtulere

Anno a Virginis puerperio MDCLXIII.

Viator cave

Volat irrevocabile tempus,

Falleris dum illud fallere curas,

Immortalitati beatæ labora,

In meditullio cordis repone

Durissimum & dulcissimum verbum

ÆTERNITAS.


In dem viereckigen Klostergange sind an der Wand viele alte Gemälde, die noch vor Erfindung der Oelfarben verfertiget worden. Bey der Abbildung des Falles unserer ersten Aeltern ist die Schlange, welche Evam verführen will, mit einem Menschengesichte vorgestellet. Rand rechts: Alte Gemälde. Ich habe vergessen nachzusehen, ob dasjenige wahr sey, was von etlichen vorgegeben wird, daß nämlich bey dem Brudermorde, welchen Kain begangen, der Vers zu finden sey:


Sacrum pingue dabo, non macrum sacrificabo.

Rand rechts: Vers auf Kain.


dessen Worte auch rückwärts, wiewohl in ganz verkehrtem Inhalte können gelesen werden. In dem guten Verstande kommen sie dem Abel, in dem andern aber dem Kain zu. Einige wollen sie auch in dem Benedictinerkloster zu Pisa gelesen haben. Dieses ist gewiß, daß sie zu Utrecht außen an der Domkirche, und zwar an der Seite, wo ein Theil der Mauer eingefallen ist, unter den Bildnissen Kains und Abels auf beyde Arten stehen.

In einem andern Gange des Klosters von S. Maria Novella haben Santo di Tito, Poccetti und etliche andere gute Meister den Lebenslauf St. Dominici, und St. Antonini, die heil. Katharine von Siena und andere berühmte Leute des Dominicanerordens, dem das Kloster gehöret, à fresco gemalt. Vor dem Kloster ist ein schöner und großer Platz und auf demselben zwo Pyramiden von Porphyr. Rand rechts: Pyramiden. Jede derselben ruhet mit ihren Fußgestellen auf vier Schildkröten aus bronzo.

S. Michele Berteldi ist eine schöne Kirche, so den Theatinern gehöret. Rand rechts: S. Michele. Sie hat eine gute Facciata, an welcher man die Worte liest:


Deo & Angelorum Principi.
[395]

Alle Kapellen sind mit Marmor überzogen und mit Gemälden von berühmten Meistern gezieret. Vor dem Hauptaltare steht die metallene Statue des Heilandes von Francesco Susini. Vierzehn andere marmorne Statuen, die in der Kirche vertheilet und mit guten bas-reliefs an ihren piedesteaux versehen sind, stellen die zwölf Apostel und zween andere Heiligen vor. Die Bibliothek des Klosters ist gut und zahlreich.

Die Patres Oratorii di S. Filippo Neri besitzen gleichfalls eine artige Kirche, worinnen die Marmorarbeit des Antonio Montauti und Giavacchino Fortini vornehmlich hoch zu achten ist. Rand links: Oratorium St. Phil. Neri. Wenn ihre große Kirche fertig seyn wird, soll dieses Gebäude nur zu einem Oratorio dienen.

Die Kirche Orsammichele hat ihren verdorbenen Namen entweder von S. Michaële in horto, oder vonhorreo S. Michaëlis, weil vorzeiten ein Kornhaus der Stadt auf diesem Platze soll gestanden haben. Rand links: Orsammichele. Sie ist von außen mit vierzehn marmornen und metallenen Statuen gezieret, an welchen Lorenzo Ghiberti, Baccio da Montelupo, Donatello, Anco Nanni, Andrea Verrocchio und Giovanni Bologna ihre Kunst haben sehen lassen. Die marmorne Statue St. Georgii (der aber nicht zu Pferde vorgestellt ist) vom Donatello, und der Evangelist Lukas aus bronzo, von der Hand des Giov. Bologna, verdienen nach dem Urtheile der Kenner, den Preis vor den übrigen. Es fehlet der Kirche auch inwendig nicht an Zierrathen, wohl aber am Lichte, weil die Fenster klein und nach alter Manier mit Gemälden verdunkelt sind.

Die Franciscanerkirche, so den Namen von Ogni Santi führet, verdienet gleichfalls wegen ihrer Schönheit gesehen zu werden. Rand links: Ogni Santi. Unter ihren Reliquien wird des h. Francisci Kappe mit vieler Ehrerbiethung aufgehoben. Beym Eingange findet man auf dem Fußboden folgende Schrift in weißem Marmor gehauen: Rand links: Epitaphium Ant Medicei.


Quisquis ingrederis, parumper siste

ANTONIO MEDICEO Vitalis F. bene precare Is Philosophus illustris LX. A. Medicinam exercuit

Illius amaritiem suavitate verborum temperavit

Nullis morbis vitiorum obnoxius

Longævus & frugalis opes comparavit ingentes

Earumque usum sciens templis ornandis impendit

Dum viveret[396]

Ac Virginibus Deo se voventibus legavit moriens

Mortalitatem explevit V. Idus Augusti A. S. MDCLVI.

Octuagenario major

Florent. Metropol. Canonici hæredes ex asse

Viro optime merito grati P.

Quod Medicus e sepulchrali urna propinat

Animæ pharmacum moræ pretium habe.

CUPIDITATUM HYDROPS INDULGENDO CRESCIT,

ABSTINENDO PELLITUR.


Das bey dieser Kirche liegende Kloster hat in seinen Gängen gute -Fresco-Gemälde.

S. Pietro Maggiore ist wegen der Bildhauerarbeit und schönen Gemälde nicht außer Acht zu lassen. Rand rechts: St. Pietro Maggiore. Unter diesen letzten verdienet sonderlich die Ankunft der Weisen aus Morgenlande vieles Lob. Der Meister davon ist Ludov. Cigoli, so auch Civoli genennet wird. Eben diese geistliche Geschichte ist von Passignano gemalet und über der Thüre der Sacristey zu sehen. Die Kenner wissen nicht, welchem unter diesen zweyen Stücken der Vorzug gebühre.

Ich kann hiebey nicht unerinnert lassen, wie die meisten Maler wider die Wahrscheinlichkeit der Historie auf verschiedene Weise anstoßen, wenn sie die Ankunft der Weisen zu Bethlehem abbilden wollen. Rand rechts: Anmerkungen über die Fehler der Maler, wenn sie die Ankunft der Weisen aus Morgenland vorstellen. Ohne anitzt mit mehrern zu gedenken, daß sie ohne Ursache die Zahl derselben auf drey einschränken, so ist nichts lächerlicher, als daß man sie mit Kronen auf den Häuptern und den einen davon als einen Mohren malet. Man stellet sie oftmals vor, daß sie in einem Stalle, in dessen Winkel ein Ochse und ein Esel zu sehen sind, dem Kinde Jesu ihre Ehrerbiethung erwiesen, da doch die ganze Erzählung von der Gegenwart dieser zwey Thiere bey der Geburt Christi sich nur auf eine falsche und abgeschmackte Erklärung des Textes beym Esaia Cap. 1, v. 3, und der Septuaginta beym Habak. c. 3, v. 2 gründet8, und es überhaupt nicht glaublich ist, daß die Weisenden Joseph und die Maria mit ihrem Kinde im Stalle sollten gefunden haben, sonderlich da das griechische Wort ὀικία, dessen sich Matthäus c. 2, v. 11 bedienet, seinem gewöhnlichen Verstande nach nicht von einem Viehstalle, sondern von einem Wohnhause genommen wird. Alle Umstände zeigen, daß diese Geschichte nicht gleich nach der Geburt Christi und auf der Reise Josephs nach Jerusalem, sondern auf ihrer Rückkehre, da sie abermal durch Bethlehem gereiset, und vermuthlich mehr Raum[397] hatten, als das erstemal in der Herberge gewesen, sich zugetragen habe. Daß Maria die drey und dreyßig Tage ihrer Reinigung dem mosaischen Gesetze gemäß ausgehalten habe, ist außer allen Zweifel. Wie sie nach Vollendung derselben das gehörige Opfer im Tempel zu Jerusalem dargebracht habe, lehret die evangelische Geschichte. Daß aber noch vor dieser Zeit die Weisen nach Bethlehem sollten gekommen seyn, ist deswegen nicht glaublich9, weil ihre Unterredung mit Herode die ganze Stadt Jerusalem in Bewegung gesetzet und den König selbst auf den tyrannischen Entschluß, das Kind Jesus mörderischer Weise aus dem Wege zu räumen, gebracht hatte, bey welchen Umständen die Aeltern Jesu ihr Kind gleichsam in den Rachen ihres wütenden Feindes (welchem jedoch der im Traume erscheinende Engel vermittelst einer eiligen Flucht zu entrinnen befiehlt) würden geliefert haben. Zu geschweigen, daß Simeon und Hanna es nicht würden haben wagen dürfen, in dem Tempel zu Jerusalem, nächst an welchem (nämlich in der Burg Antonia) Herodes seine Residenz hatte, ganz öffentlich und frey von Christo, als vom Heilande der Welt, zu reden, wenn Herodes damals schon mit unruhiger Furcht auf die Hinrichtung des Meßiä wäre bedacht gewesen. Die Eilfertigkeit, womit der Engel des Herrn dem Joseph nebst seiner Familie nach Aegypten zu entweichen befiehlt, deutet gleichfalls genugsam an, daß man vor der Flucht an keine Reise mehr nach Jerusalem gedacht habe.

In einem kleinen Hofe des Oratorii dello Scalzo genannt, hat Andrea del Sarto den Lebenslauf Johannis des Täufers in vielen Fresco-Stücken vorgestellet. Rand links: Gemälde beym Oratorio dello Scalzo. Es ist schade, daß sie von der Zeit, dem Wetter und der Unachtsamkeit der Leute vielen Schaden gelitten haben, welcher jedoch nicht hindert, daß sie von den Liebhabern der Malerey beständig hochgeachtet werden. Vor andern ist das Stück, welches die Taufe des Volks, so zu Johanni kömmt, abbildet, sowohl wegen seiner unvergleichlichen Arbeit, als weil es noch am besten erhalten ist, zu bemerken. Dieses Oratorium gehört der geistlichen Brüderschaft oder Confrairie von Johanne dem Täufer.

Spirito Santo und S. Spirito sind zwo unterschiedene Kirchen. Rand links: Spirito S. Jene ist klein und ausser der Stuccaturarbeit nebst dem von Antonio Domenico Gabbiani verfertigten Gemälde des Hauptaltars nichts sonderliches darinnen zu sehen; diese aber pranget mit sehr vielen trefflichen Schildereyen und guter Bildhauerarbeit. Absonderlich verdienet der Hauptaltar, so von kostbaren Steinen und auserlesenem Marmor zusammen gesetzet ist, betrachtet zu werden. Die Familie der Michelozzi hat solches bauen lassen, und sollen sich die Unkosten auf hundert tausend Scudi belaufen.

Liebhaber der Malerey und Marmorarbeit finden auch in der Kirche S. Trinita ihr Vergnügen. Rand links: S. Trinita. Zu den Seiten des Hauptaltars liest man das Andenken Johannis Gualberti in folgenden zwo Unterschriften von Gemälden. Rand links: Monument Joh. Gualberti.


I.

Novum fortitudinis exemplar

JOHANNES GUALBER TUS

Victoriam renuens qua vincat inermem

Hostem sibi parem aggreditur,

Scilicet seipsum[398]

Constanter vincit parcendo supplici

Geminos sibi parans triumphos

In venia hosti data

In sui victoria.


II.

Quem se majorem victoria sui fecerat

Ut vere redderetur magnus

Humilis amictus tegit,

Cujus sub umbra latens

Victor sui humilitate vincitur.

GUALBERTUM igitur admirare,

Dum parcit, vincit, vincitur,

Ex æquo maximum.


Von der Seule und Statue der Gerechtigkeit, welche auf dem Platze vor dieser Kirche steht, werde ich zu anderer Zeit ein mehreres berichten.

Fußnoten

1 Nach der Rechnung des großherzoglichen Baumeisters Galiläi, beym Richardsen l. c. p. 71. MISSON T. II, p. 335 giebt der florentinischen Domkirche eine Länge von vier hundert und neunzig, und die eine Höhe bis an die Spitze des Kreuzes von drey hundert und achtzig englischen Fußen. Uebrigens bemerketMISSONI. c. p. 339, daß ein florentinischer braccio zween römische Fuß anstrage, der römische Fuß aber um sechs Linien kürzer als der englische sey.


2 Der Dominicanermönch P. Labat hatdes Raffaëllo delBRVNORistretto delle cose più notabili della Città di Firenze ins Französische übersetzet, und dem siebenten Theile seiner Voyages en Espagne & en Italie, beygefüget. Rand links: Lächerlicher Irrthum des P. Labat. In dieser Uebersetzung hat er sich nicht an die Worte des Originals gebunden, sondern solche nach seiner fließenden und angenehmen Schreibart eingerichtet; wie wenig man sich aber auf eine Accuratesse zu verlassen und wie viele Freyheiten er sich genommen habe, kann man sowohl aus andern Stellen, als p. 156, da er dieses Wunderwerk beschreibt, ersehen. Denn weil er im Originale aus Versehen an statt der Worte un olmo mußte gelesen haben un homo oderhuomo: so macht er aus dem verdorreten Ulmenbaume einen schwindsüchtigen Menschen, dessen Geschichte er mit neuen nach dem Zustande des Kranken eingerichteten Umständen einkleidet. Seine Worte sind: – – on trouve une colonne, qui fut posée en ce endroit en 1408 en memoire d'un miracle que Dieu y opera par les merites de Saint Zenobe Evêque de Florence. On apporta devantle corps de ce Saint Evêque, dans le tems qu'on le transportoit de l'Eglise Collegiale de Saint Laurent à celle de Saint Sauveur, un homme etique, tellement sec & decharné, qu'il paroissoit une veritable momie, qui n'eut pas plûtôt touché le cercueil, qu'il recouvra une Santé parfaite avec l' embonpoint & la fraicheur d'un jeune homme. An statt daß das Original desBRVNO hat: – Si trova una Colonna, poco distante, eretta in quel luogo l'anno di nostra salute 408. (soll 1408 seyn) perricordanza di quell' insigne miracolo, che operò S. Zanobi Vescovo Fiorentino, allora quando trasferendo si alla Chiesa di S. Salvadore il suo corpo dall' insigne Collegiata di S. Lorenzo, nel toccar quivi la Bara un olmosecco, incontanente divenne fresco e verdeggiante. pag. 16, edit. ann. 1718. St. Zenobii Leichnam liegt in der Cathedralkirche oder S. Maria del Fiore.


3 Conf. Flor. leCOMTECabinet des Singularités d'Architecture, Peinture, Sculpture & Graveure, Tom. II.


4 Conf, RICHARDSONl. c. p. 146.


5 Ueber den eigentlichen Zunamen des Politianus haben sich die Geschichtschreiber noch nicht vergleichen können. Die Patiniana drücken seinen rechten Namen durch Joannes Parvus aus. Aegidius Menage leugnet schlechterdings, daß er den Namen Bassus geführet habe, und sucht hingegen seine Ahnen in dem berühmten Geschlechte der Cini, in Antibaillet Tom. I, p. 52: Et Vossius le pere, l'auteur de la bibliographie curieuse, & plusieurs autres, l'ont appelé ensuite de ce nom. Cependant il est certain, qu'il s'appeloit Cino, & non pas Easio. Ce qui se justifie par ce fragment d'une lettre de Mr. Magliabecchi a Mr. Bigot, que j'ai produit, dans mes Origines Italiennes au mot Poliziano: Nello scorrere per tanto alcune scritture di Monsignor Sommai, o veduto che esso avera notato chél Poliziano era de' Cini. Il che parendomi uno sprostosito, per averlo sempre veduto, citato per de Bassi, mostrai tal cosa al signor capitan della Rena, che era da me. Et il Signor Capitano subito mirispose, che veramente il Poliziano crade Cini. Die Gelehrsamkeit dieses Mannes war nach der Beschaffenheit der damaligen Zeiten in der That sehr groß, vornehmlich aber hatte er sich in der griechischen Sprache eine ausnehmende Stärke verschaffet. Demetrius Chalkondylas, ein gebohrner Grieche, schien damals die Kenntniß der griechischen Schätze der Gelehrsamkeit als ein Eigenthum zu besitzen. Politianus aber schwächte das Ansehen desselben dergestalt, daß er sich nicht nur von seinen Zuhörern verlassen sehen, sondern auch Florenz zuletzt aus Verdruß verlassen mußte. Der Beyfall des Politianus war so sehr groß, daß seine Zuhörer, als er den Catullus erklärte, mit einmüthigem Munde ausriefen: Dieser Angelus müßte vom Himmel gesandt seyn, weil er seinen Landsmann den römischen Dichter so unvergleichlich schön erläutern könnte. Man lese Joh. Burch. Menkens Abhandlung de his, quibus singularis quidam ac insolitus auditorum applausus contigit a. d. 58. S. Die Dichtkunst erkannte ihn als ihren Liebling, nachdem er von dem Turnierspiele des Julianus von Medices ein Meisterstück geliefert hatte. Paull. IOV. in elog. viror. illustr. c. 38:Politianus a prima statim juventa admirabilis ingenii nomen adeptusest, quum novo illustrique poëmate Iuliani Medicis equestres ludos celebrasset, Luca Polcio nobili poëta omnium confessione superato. Die Schönheit seiner lateinischen Schreibart rühmet der sonst ziemlich eigensinnige Erasmus in Ciceronian. p. m. 151: Fateor Angelum prorsus angelica fuisse mente, rarum naturæ miraculum, ad quodcunque scripti genus applicaret animum, sed nihil ad phrasin Ciceronis diversis virtutibus suspiciendus est. Die äußerliche Gestalt des Politianus war übrigens schlecht und sein Gemüthe lasterhaft. Von seiner Religion kann man nicht viel Rühmens machen, und seine gelehrten Diebstähle bringen ihm bey den Nachkommen Schande. Iac. THOMAS. de plag. litterar. p. 234 sq. Die Art seines Todes verschaffet ihm die wenigste Ehre. Er soll sich auf eine ganz unnatürliche Weise in einen seiner Zuhörer verliebt haben, und darüber an einem hitzigen Fieber in Raserey verstorben seyn. Man lese des Pet. BAYLEDictionaire histor. und den eifrigen Vertheidiger des Politianus den Caspar Barth in Adversar. l. XLVII, c. 5, p. 2192sq.


6 So steht es, gleichwie auch in der folgenden ZeilePretereundo.


7 Die merkwürdige Lebensgeschichte dieses Mannes findet man am ausführlichsten in Pet. BAYLEDiction. hist. crit. kürzer aber WEISMANNImemorab. hist. eccles. Tom. I, p. 1206 seq. Von seiner Unschuld hat Joh. Franz Pikus, Graf zu Mirandola und Concordia, eine Schutzschrift hinterlassen, die Joh. Wolf seinen lect. memor. cent. 16 einverleibet hat. Man wurde ihn vielleicht nicht durch den Strang hingerichtet haben, wenn er nicht darauf gedrungen hätte, daß ein Mönch mit der Monstranz vor ihm her durchs Feuergehen sollte. Eine Bedingung von dieser Art konnte nicht erfüllet werden, weil man besorgen mußte, daß die Monstranz verbrennen, mithin die römischen Glaubenslehren einen gewaltigen Stoß bekommen würden.


8 Das Ansehen des Kardinals Baronii und etlicherPatrum, deren Allegorien er folget, thut nichts zur Sache, so wenig als die Worte des von PETRO DRESDENSI verfertigten Weihnachtgesanges, welcher anfängt: Puer natus in Bethlehem, und wornach man singt:


Cognovit Bos & Asinus,

Quod Puer esset Dominus


d.i.


Das Oechslein und das Eselein

Erkannten Gott den Herren sein.


(conf. STRIGENIT. Predigten vom Oechslein und Eselein.) Ja wenn man das Wort φάτνη schlechterdings für eine Futterrinne oder eine solche Maschine nimmt, welche man dem Viehe, um das Futter daraus zu fressen, vorsetzet, so fällt auch die Vermuthung, daß Christus in einem Stalle gebohren worden, hinweg. Lukas Cap. 2 sagt nicht, daß Joseph und Maria sich in φάτνη aufgehalten, sondern nur daß ihr Kind, vermuthlich in Ermangelung eines Bettes oder einer Wiege, darein geleget wordenA1.


9 Bey Bestimmung des Ortes: wohin der neugebohrne Heiland geleget worden: kömmt alles auf eine richtige Erklärung der beyden Worte ϰαταλυμα und φυτνη an. Das erste bedeutet nicht nur einen Raum, wo man lastbare Thiere auszuspannen pfleget, sondern auch überhaupt ein Gebäude, wofür Menschen und Vieh bequeme Gemächer zu finden sind. In der evangelischen Geschichte Marci c. 14, v. 14 wird gefragt: We ist das καταλυμα, in welchem ich das Osterlamm mit meinen Jüngern essen kannt Es ist mehr als allzubegreiflich, daß hier nicht von einem Stalle, sondern von einem Speisesaale die Rede sey. Das letztere Wort φατνη bezeichnet zwar insbesondre eine Krippe, welches die griechische Uebersetzung des Buchs Hiob c. 39, v. 9 sattsam bestätiget: überhaupt aber auch ein tiefes Gefäß, einen Tisch, eine Mulde und ein Körblein. Alle Umstände, welche die Geburt Christi begleitet haben, machen es sehr wahrscheinlich, daß Maria ihr neugebohrnes Kind in ein Körblein oder anderes Gefäß vorsich hingeleget, und in Erwartung einer gnädigen göttlichen Vorsehung unbekümmert gewesen sey. In Wahrheit! es wurde Mühe kosten, das Verfahren der Maria zu entschuldigen, wenn sie ihr zartes Kind in eine Krippe geleget hatte, wo Augen und Mund mit Staub und Heubluhmen hätten erfüllet, und das Kind um sein Gesicht gebracht, oder gar ersticket werden können. Es gehöret nur Kunst darzu, wenn man die ersten Begriffe der Jugend, welche uns bey der Geburt Christi zugleich an einen Stall, Ochsen und Esel gedenken lassen, auf vernünftige Weise wieder auslöschen will!


A1 Der Verfasser setzet hier die Ankunft der Weisen billig bis auf die Zeit der Darstellung Christi im Tempel hinaus. Die Gründe, welche für diese Meynung streiten können, hat M. Laur. Bened. Tribel gesammlet in diss. de Magis post Iesum in templo repræsentatum advenientibus. Ien. 1715.


Quelle:
Johann Georg Keyßler. Neueste Reisen durch Deutschland, Böhmen, Ungarn, die Schweiz, Italien und Lothringen. Theil 1. Hannover 1751, S. 399.
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