119. Mozarteum.

[217] Mannheim 3. Dez. 1778.

Ich habe Sie wegen zwei Sachen um Verzeihung zu bitten; erstens, daß ich Ihnen so lange nicht geschrieben und zweitens, daß ich für diesmal kurz sein muß. Daß ich Ihnen so lange nicht geantwortet, ist kein Mensch Schuld, als Sie selbst, durch Ihren ersten Brief nach Mannheim. Ich hätte mir wahrhaftig niemals vorgestellt, – doch stille, ich will nichts mehr davon sagen, denn es ist nun alles schon vorbei. Künftigen Mitwoch, als den neunten reise ich ab, eher konnte ich nicht; denn weil ich noch ein paar Monate hier zu bleiben glaubte, übernahm ich Scolaren und da wollte ich doch meine 12 Lectionen ausmachen. Ich versichere Sie, Sie können sich gar nicht vorstellen, was für gute und wahre Freunde ich hier habe; mit der Zeit wird es sich gewiß zeigen. Warum ich kurz sein muß? Weil ich die Hände voll zu thun habe. Ich schreibe nun dem Hrn. von Gemmingen und mir selbst zu Liebe den ersten Act der declamirten Oper (die ich hätte schreiben sollen) umsonst, nehme es mit mir, und mache es dann zu Hause aus. Sehen Sie, so groß ist meine Begierde zu dieser Art Composition. Der Herr von Gemmingen ist der Poet, versteht sich, und das Duodrama heißt »Semiramis«.

Künftigen Mitwoch reise ich ab, wissen Sie wohl, mit was für Gelegenheit? Mit dem Herrn Reichsprälaten von Kaisersheim. Als ihm ein guter Freund von mir gesprochen, so kannte er mich gleich vom Namen aus und zeigte viel Vergnügen, mich zum Reisecompagnon zu haben. Er ist (obwohl er ein Pfaff und Prälat ist) ein recht liebenswürdiger Mann. Ich gehe also über Kaisersheim und nicht Stuttgart; da liegt mir aber gar nichts daran, denn es ist gar zu gut, wenn man auf der Reise den Beutel (der ohnehin gering ist)[217] ein wenig sparen kann. Geben Sie mir doch einmal Antwort auf folgende Fragen: Wie gefallen die Comödianten zu Salzburg? Heißt das Mädl, welches singt, nicht Keyserin? Spielt Herr Feiner auch das englische Horn? Ach wenn wir nur auch Klarinette hätten! Sie glauben nicht, was eine Sinfonie mit Flöten, Oboen und Klarinetten für einen herrlichen Effect macht. Ich werde dem Erzbischof bei der ersten Audienz viel Neues erzählen und vielleicht auch einige Vorschläge machen. Ach die Musik könnte bei uns viel schöner und besser sein, wenn der Erzbischof nur wollte. Die Hauptursache, warum sie es nicht ist, ist wohl weil gar zu viele Musiken sind. Ich habe gegen die Cabinetsmusik nichts einzuwenden, nur gegen die großen.

Apropos, Sie schreiben gar nichts, aber ohne Zweifel werden Sie wohl den Koffer erhalten haben, denn sonst müßte es wohl der Herr von Grimm verantworten. Da werden Sie die Arie, die ich der Mademoiselle Weber geschrieben, gefunden haben. Sie können sich nicht vorstellen, was die Arie für einen Effect mit den Instrumenten macht, man sieht's ihr nicht so an, es muß sie aber wahrlich eine Weberin singen. Ich bitte Sie, geben Sie selbe keinem Menschen, denn das wäre die größte Unbilligkeit, die man begehen könnte, indem sie ganz für sie geschrieben und ihr so paßt wie ein Kleid auf den Leib. –

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 217-218.
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